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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr.

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mächtiges Anwachsen der Zuversicht und
Sicherheit, Sogar die, welche unlängst noch wie
geschlagen umhergingen, lachen heute wieder
und betrachten mit Zuversicht die Verwaltungs¬
personen. Singen wieder vom "Vaterland",
und sich manchmal versprechend, reden sie
etwas von ihren Plänen und Hoffnungen.
Die Urlauber von der posenschen Demar¬
kationslinie erzählen offen, dasz sie bald auf
das posensche Militär lo-schlagen werden.
Die hiesigen Deutschen ziehen unter der
Maske eines unschuldigen Sichinteressierens
Informationen über die polnischen Fort¬
schritte ein. Nicht bloß in den Städten, aber
auch auf den Dörfern erklären sie mit
Sicherheit:

"Polen hat noch nicht die preußischen
Teile und wir werden sie ihnen auch nicht
geben." Die besser Informierten rechnen
fast mit Sicherheit auf einen Krieg mit Polen,
mit einer Verständigung mit Goltz, Denikin
und den Bolschewismen und rechnen auch mit
Sicherheit darauf, daß die deutschen Truppen
den schmählichen Befehlen aus Berlin nicht
Folge leisten werden. Sie wissen es und
sind sich dessen sicher, daß die Truppen im
Osten und ihre Führer Monarchisten und er¬
gebene Anhänger der Hohenzollern sind. Sie
erwarten also einen Krieg mit Polen, Litauen
und Estland und eine Wiederaufrichtung der
Hohenzollernschen Monarchie. Davon sprechen
sie laut und mit großem Vertrauen, und des¬
halb wächst ihre Zuversicht auch immer
mehr. Und Berlin mobilisiert im stillen.
Nach außen aber petrattiert es wie ein un¬
schuldiges Lamm. Der Koalitionskommission
zeigen sie Potemkinsche Dörfer, klagen, und
haben indessen Militär, Kriegsmaterial und
Munition in Hülle und Fülle. Noch Berlin
kommen sogar aus England Kisten mit
Schokolade, welche aber die ausgehungerten
Deutschen nicht essen, weil sie, wie es ein
gewisser deutscher Militär erklärte, für die
Polen bestimmt ist, weil die Schokolade
arsenikumhaltig und todbringend ist.

Die Koalition droht, die Deutschen aber
machen sich daraus nichts, denn sie glauben,
daß Polen, Litauen und Estland von allen
Seilen angegriffen, nicht aushalten und
kapitulieren werden. Die Deutschen haben
auch Lebensmittel, Me man in Berlin er"

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klärte ..und brauchen deshalb auch nicht
Lebensmittel von der Koalition, sondern sie
wollen sich ihre Vorräte aus den von fremd¬
stämmigen Untertanen bewohnten Distrikten
vervollständigen und damit die dortigen Be¬
wohner zum Hungertode verurteilen. Und
was wird die Koalition beginnen? Die
Deutschen verstehen es so: Auf neue mili¬
tärische Impressionen wird die Koalition sich
nicht mehr einlassen. Und wenn die Deut¬
schen sich mit Rußland vereinigen würden
und der Koalition aufs neue drohen, werden
sie den Friedensvertrag in Fetzen zerreißen
-- und wieder stärker als je sein.

So versteht es der preußisch-deutsche
MachiavellismuS. Sie vergessen aber nur
das eine, daß die Geschicke der Völker höhere
Mächte leiten, daß einer da ist, der wirklich
geduldig, aber auch furchtbar gerecht ist. Er
hat schon einmal den Stolz und die Nichts¬
würdigkeit herabgesetzt, aber wehe, wehe,
wenn sie nochmals mit ihren satanischen
Plänen beginnen sollten. Weder die schwere
Artillerie, die sie nicht abgeliefert haben, noch
die Unterseeboote, noch alle anderen ver¬
steckten Materialien und tödlichen Gase werde"
den Allerhöchsten nicht entkräftigen, noch seine
Pläne durchkreuzen.

Die göttliche Vorsehung regiert und
Wacht -- verlangt aber auch von uns Wach¬
samkeit und Arbeit.

(Wir geben diese Auslassung als Zeichen,
mit welchen Mitteln von Polnischer Seite
die Stimmung verhetzt wird. Die Aus¬
führungen richten sich im übrigen in ihrer
vollendeten Sinnlosigkeit von selbst. D- N.)

"Wmrus Pvlski" (Bochum) Ur. 242 vom
18. Oktober 1919.

Der Kampf mit dem Wuchcrtum und der
Spekulation in Großpolcn.

(Bekanntmachung,) Zur Bekämpfung deS
Wuchers und der Spekulation in den ge¬
wesenen preußischen Distrikten hat der
Minister dieses Distriktes im Dekret vom
27. September d. I, eine spezielle Kommission
zur Bekämpfung des Wuchers und der Spe¬
kulation ins Leben gerufen. Diese Konimission
wird mit aller Unnachsichtlichkeit jede Art
Wucher und Spekulation mit Waren des
täglichen- Gebrauchs und Kriegsmaterial,

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mächtiges Anwachsen der Zuversicht und
Sicherheit, Sogar die, welche unlängst noch wie
geschlagen umhergingen, lachen heute wieder
und betrachten mit Zuversicht die Verwaltungs¬
personen. Singen wieder vom „Vaterland",
und sich manchmal versprechend, reden sie
etwas von ihren Plänen und Hoffnungen.
Die Urlauber von der posenschen Demar¬
kationslinie erzählen offen, dasz sie bald auf
das posensche Militär lo-schlagen werden.
Die hiesigen Deutschen ziehen unter der
Maske eines unschuldigen Sichinteressierens
Informationen über die polnischen Fort¬
schritte ein. Nicht bloß in den Städten, aber
auch auf den Dörfern erklären sie mit
Sicherheit:

„Polen hat noch nicht die preußischen
Teile und wir werden sie ihnen auch nicht
geben." Die besser Informierten rechnen
fast mit Sicherheit auf einen Krieg mit Polen,
mit einer Verständigung mit Goltz, Denikin
und den Bolschewismen und rechnen auch mit
Sicherheit darauf, daß die deutschen Truppen
den schmählichen Befehlen aus Berlin nicht
Folge leisten werden. Sie wissen es und
sind sich dessen sicher, daß die Truppen im
Osten und ihre Führer Monarchisten und er¬
gebene Anhänger der Hohenzollern sind. Sie
erwarten also einen Krieg mit Polen, Litauen
und Estland und eine Wiederaufrichtung der
Hohenzollernschen Monarchie. Davon sprechen
sie laut und mit großem Vertrauen, und des¬
halb wächst ihre Zuversicht auch immer
mehr. Und Berlin mobilisiert im stillen.
Nach außen aber petrattiert es wie ein un¬
schuldiges Lamm. Der Koalitionskommission
zeigen sie Potemkinsche Dörfer, klagen, und
haben indessen Militär, Kriegsmaterial und
Munition in Hülle und Fülle. Noch Berlin
kommen sogar aus England Kisten mit
Schokolade, welche aber die ausgehungerten
Deutschen nicht essen, weil sie, wie es ein
gewisser deutscher Militär erklärte, für die
Polen bestimmt ist, weil die Schokolade
arsenikumhaltig und todbringend ist.

Die Koalition droht, die Deutschen aber
machen sich daraus nichts, denn sie glauben,
daß Polen, Litauen und Estland von allen
Seilen angegriffen, nicht aushalten und
kapitulieren werden. Die Deutschen haben
auch Lebensmittel, Me man in Berlin er«

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klärte ..und brauchen deshalb auch nicht
Lebensmittel von der Koalition, sondern sie
wollen sich ihre Vorräte aus den von fremd¬
stämmigen Untertanen bewohnten Distrikten
vervollständigen und damit die dortigen Be¬
wohner zum Hungertode verurteilen. Und
was wird die Koalition beginnen? Die
Deutschen verstehen es so: Auf neue mili¬
tärische Impressionen wird die Koalition sich
nicht mehr einlassen. Und wenn die Deut¬
schen sich mit Rußland vereinigen würden
und der Koalition aufs neue drohen, werden
sie den Friedensvertrag in Fetzen zerreißen
— und wieder stärker als je sein.

So versteht es der preußisch-deutsche
MachiavellismuS. Sie vergessen aber nur
das eine, daß die Geschicke der Völker höhere
Mächte leiten, daß einer da ist, der wirklich
geduldig, aber auch furchtbar gerecht ist. Er
hat schon einmal den Stolz und die Nichts¬
würdigkeit herabgesetzt, aber wehe, wehe,
wenn sie nochmals mit ihren satanischen
Plänen beginnen sollten. Weder die schwere
Artillerie, die sie nicht abgeliefert haben, noch
die Unterseeboote, noch alle anderen ver¬
steckten Materialien und tödlichen Gase werde»
den Allerhöchsten nicht entkräftigen, noch seine
Pläne durchkreuzen.

Die göttliche Vorsehung regiert und
Wacht — verlangt aber auch von uns Wach¬
samkeit und Arbeit.

(Wir geben diese Auslassung als Zeichen,
mit welchen Mitteln von Polnischer Seite
die Stimmung verhetzt wird. Die Aus¬
führungen richten sich im übrigen in ihrer
vollendeten Sinnlosigkeit von selbst. D- N.)

„Wmrus Pvlski" (Bochum) Ur. 242 vom
18. Oktober 1919.

Der Kampf mit dem Wuchcrtum und der
Spekulation in Großpolcn.

(Bekanntmachung,) Zur Bekämpfung deS
Wuchers und der Spekulation in den ge¬
wesenen preußischen Distrikten hat der
Minister dieses Distriktes im Dekret vom
27. September d. I, eine spezielle Kommission
zur Bekämpfung des Wuchers und der Spe¬
kulation ins Leben gerufen. Diese Konimission
wird mit aller Unnachsichtlichkeit jede Art
Wucher und Spekulation mit Waren des
täglichen- Gebrauchs und Kriegsmaterial,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_336289/536>, abgerufen am 15.01.2025.