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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr.

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Pressestimmen

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übergegangen sind, wa" auf Grund de"
Ministerratsbeschlusses stattfinden wird.

Artikel 6, der über die Zuständigkeit des
Minister" handelt, hat eine große Diskussion
hervorgerufen. Zweifelsohne gehen die
Kompetenzen des Ministers über den Rahmen
der üblichen Rechte eines Ministers hinaus.
Anders kann es nicht sein, weil er besondere
Rechte haben muß als General-Kommandeur
der Truppen, der einen Teil des Landes
besetzt und dort die frühere Administration
hinauswirft und eine neue einführt. Der
Minister wird das Recht haben, Änderungen
in der deutschen und Preußischen Gesetzgebung
durchzuführen. Die Kommission beschloß
dem Artikel 6 noch folgenden Zusatz zu geben:

Sofern eine Verfügung die Änderung
von Gesetzen einschließen sollte, die bisher
in den Landesteilen des preußischen Gebietes
in Kraft waren, so erfordert eine derartige
Verfügung, damit sie bindende Kraft erhält,
die Unterschrift des Staatsoberhauptes und
muß dem Landtag zur Bestätigung vorgelegt
Werden.

In der Kommission entspann sich eine
umfangreiche Diskussion. Es wurde von
allen anerkannt, daß Verfügungen, die die
Gesetze ändern, demLcmdtag vorgelegt werden
müssen, sei es auch erst später. Eine längere
Debatte wurde durch eine sehr kitzliche Frage
hervorgerufen, nämlich, ob derartige Ver¬
fügungen die Unterschrift des Staatsober¬
hauptes erfordern. Die dagegen Oppo¬
nierenden behaupteten, daß eine derartige
Vorschrift den Erlaß von Verfügungen sehr
verzögern würde, wenn der Minister für das
gew. preußische Teilgebiet zum Beispiel in
Thorn oder Danzig wohnen oder weilen und
von dort aus die Verfügungen erlassen würde.
Die Forderung der Unterschrift des Staats¬
oberhauptes würde die Gesetzmäßigkeit dieser
Verfügungen uni mehrere Tage oder Wochen
verzögern. Man könnte sehr leicht annehmen,
daß diejenigen, welche sich diesem Zusatz
widersetzen, gewissermaßen mutwillig das
Staatsoberhaupt von der Bevölkerung des
neuen Gebietes trennen und dadurch die
Popularisierung dieses Namens erschweren
wollten. Das ermächtigt mich zu der Er¬
klärung, daß wir in dem preußischen Gebiet
eine starke Achtung vor dem Recht haben,

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und daß wir uns in jeder Sache auf die
Basis des reellen Rechtes stellen werden.
Und da nun das Staatsoberhaupt diesen
Posten auf Grund eine" Beschlusses des
souveränen Landtages bekleidet, so stehen
wir auf dem rechtlichen Standpunkt, und es
wird niemand unter uns dem Staatsober¬
haupt diejenigen Rechte absprechen, welche
ihm von dem Landtag zuerkannt wurden,
ebenso wird ihm niemand die Anerkennung
und Achtung verweigern, welche diesem Ver¬
treter der Macht gewährt wird. Ich bin
überzeugt, wenn unser Gebiet die Möglich¬
keit erhalten wird, das Staatsoberhaupt zu
begrüßen, so werden wir diese formelle
Stellungnahme nicht nur verstehen aufrecht
zu erhalten, sondern die Anerkennung des
sichtbaren Vertreters der staatlichen Macht
wird einen derartigen spontanen Ausdruck
bekommen wie es damals geschah, wo die
Herren Abgeordneten uns besuchten.

"Przyjaciel Ludu" Ur. 179
vom 19. August 1919.

(Nachstehende Erklärung bringen das vor¬
liegende Blatt sowie fast sämtliche polnischen
Zeitungen des unbesetzten Gebietes West¬
preußens. -- Anm. d. Übers.)

Keine Ursache zur Beunruhigung.

In den breiten Kreisen WestpreufzenS ist
eine lebhafte Beunruhigung aus Anlaß der
polnisch-deutschen Verhandlungen in Thorn.
Danzig und Berlin entstanden. Man be¬
fürchtete zu große Konzessionen von polnischer
Seite und dies besonders in Sachen der
Beamten und Ansiedler. Diese Befürchtungen
sind teils auf Grund unbestätigter Gerüchte,
teils infolge einseitiger Information durch
die deutschen Zeitungen entstanden. Wir
hatten Gelegenheit die amtlichen Protokolle
dieser Verhandlungen zu Prüfen und glaub¬
würdige Informationen zu erlangen. Auf
Grund dieser Daten, die vollständig sicher
sind, stellt sich die Angelegenheit der Beamten
und Kolonisten folgendermaßen dar:

1. Die höheren politischen Beamten (Land¬
räte, erste Bürgermeister) werden sämtlich
durch polnische Kräfte ersetzt werden.

2. Andere Beamte werden entsprechend
den Bedürfnissen des polnischen Staates
zurückgehalten werden. (Es ist das der

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übergegangen sind, wa» auf Grund de»
Ministerratsbeschlusses stattfinden wird.

Artikel 6, der über die Zuständigkeit des
Minister» handelt, hat eine große Diskussion
hervorgerufen. Zweifelsohne gehen die
Kompetenzen des Ministers über den Rahmen
der üblichen Rechte eines Ministers hinaus.
Anders kann es nicht sein, weil er besondere
Rechte haben muß als General-Kommandeur
der Truppen, der einen Teil des Landes
besetzt und dort die frühere Administration
hinauswirft und eine neue einführt. Der
Minister wird das Recht haben, Änderungen
in der deutschen und Preußischen Gesetzgebung
durchzuführen. Die Kommission beschloß
dem Artikel 6 noch folgenden Zusatz zu geben:

Sofern eine Verfügung die Änderung
von Gesetzen einschließen sollte, die bisher
in den Landesteilen des preußischen Gebietes
in Kraft waren, so erfordert eine derartige
Verfügung, damit sie bindende Kraft erhält,
die Unterschrift des Staatsoberhauptes und
muß dem Landtag zur Bestätigung vorgelegt
Werden.

In der Kommission entspann sich eine
umfangreiche Diskussion. Es wurde von
allen anerkannt, daß Verfügungen, die die
Gesetze ändern, demLcmdtag vorgelegt werden
müssen, sei es auch erst später. Eine längere
Debatte wurde durch eine sehr kitzliche Frage
hervorgerufen, nämlich, ob derartige Ver¬
fügungen die Unterschrift des Staatsober¬
hauptes erfordern. Die dagegen Oppo¬
nierenden behaupteten, daß eine derartige
Vorschrift den Erlaß von Verfügungen sehr
verzögern würde, wenn der Minister für das
gew. preußische Teilgebiet zum Beispiel in
Thorn oder Danzig wohnen oder weilen und
von dort aus die Verfügungen erlassen würde.
Die Forderung der Unterschrift des Staats¬
oberhauptes würde die Gesetzmäßigkeit dieser
Verfügungen uni mehrere Tage oder Wochen
verzögern. Man könnte sehr leicht annehmen,
daß diejenigen, welche sich diesem Zusatz
widersetzen, gewissermaßen mutwillig das
Staatsoberhaupt von der Bevölkerung des
neuen Gebietes trennen und dadurch die
Popularisierung dieses Namens erschweren
wollten. Das ermächtigt mich zu der Er¬
klärung, daß wir in dem preußischen Gebiet
eine starke Achtung vor dem Recht haben,

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und daß wir uns in jeder Sache auf die
Basis des reellen Rechtes stellen werden.
Und da nun das Staatsoberhaupt diesen
Posten auf Grund eine» Beschlusses des
souveränen Landtages bekleidet, so stehen
wir auf dem rechtlichen Standpunkt, und es
wird niemand unter uns dem Staatsober¬
haupt diejenigen Rechte absprechen, welche
ihm von dem Landtag zuerkannt wurden,
ebenso wird ihm niemand die Anerkennung
und Achtung verweigern, welche diesem Ver¬
treter der Macht gewährt wird. Ich bin
überzeugt, wenn unser Gebiet die Möglich¬
keit erhalten wird, das Staatsoberhaupt zu
begrüßen, so werden wir diese formelle
Stellungnahme nicht nur verstehen aufrecht
zu erhalten, sondern die Anerkennung des
sichtbaren Vertreters der staatlichen Macht
wird einen derartigen spontanen Ausdruck
bekommen wie es damals geschah, wo die
Herren Abgeordneten uns besuchten.

„Przyjaciel Ludu" Ur. 179
vom 19. August 1919.

(Nachstehende Erklärung bringen das vor¬
liegende Blatt sowie fast sämtliche polnischen
Zeitungen des unbesetzten Gebietes West¬
preußens. — Anm. d. Übers.)

Keine Ursache zur Beunruhigung.

In den breiten Kreisen WestpreufzenS ist
eine lebhafte Beunruhigung aus Anlaß der
polnisch-deutschen Verhandlungen in Thorn.
Danzig und Berlin entstanden. Man be¬
fürchtete zu große Konzessionen von polnischer
Seite und dies besonders in Sachen der
Beamten und Ansiedler. Diese Befürchtungen
sind teils auf Grund unbestätigter Gerüchte,
teils infolge einseitiger Information durch
die deutschen Zeitungen entstanden. Wir
hatten Gelegenheit die amtlichen Protokolle
dieser Verhandlungen zu Prüfen und glaub¬
würdige Informationen zu erlangen. Auf
Grund dieser Daten, die vollständig sicher
sind, stellt sich die Angelegenheit der Beamten
und Kolonisten folgendermaßen dar:

1. Die höheren politischen Beamten (Land¬
räte, erste Bürgermeister) werden sämtlich
durch polnische Kräfte ersetzt werden.

2. Andere Beamte werden entsprechend
den Bedürfnissen des polnischen Staates
zurückgehalten werden. (Es ist das der

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[0456] Pressestimmen übergegangen sind, wa» auf Grund de» Ministerratsbeschlusses stattfinden wird. Artikel 6, der über die Zuständigkeit des Minister» handelt, hat eine große Diskussion hervorgerufen. Zweifelsohne gehen die Kompetenzen des Ministers über den Rahmen der üblichen Rechte eines Ministers hinaus. Anders kann es nicht sein, weil er besondere Rechte haben muß als General-Kommandeur der Truppen, der einen Teil des Landes besetzt und dort die frühere Administration hinauswirft und eine neue einführt. Der Minister wird das Recht haben, Änderungen in der deutschen und Preußischen Gesetzgebung durchzuführen. Die Kommission beschloß dem Artikel 6 noch folgenden Zusatz zu geben: Sofern eine Verfügung die Änderung von Gesetzen einschließen sollte, die bisher in den Landesteilen des preußischen Gebietes in Kraft waren, so erfordert eine derartige Verfügung, damit sie bindende Kraft erhält, die Unterschrift des Staatsoberhauptes und muß dem Landtag zur Bestätigung vorgelegt Werden. In der Kommission entspann sich eine umfangreiche Diskussion. Es wurde von allen anerkannt, daß Verfügungen, die die Gesetze ändern, demLcmdtag vorgelegt werden müssen, sei es auch erst später. Eine längere Debatte wurde durch eine sehr kitzliche Frage hervorgerufen, nämlich, ob derartige Ver¬ fügungen die Unterschrift des Staatsober¬ hauptes erfordern. Die dagegen Oppo¬ nierenden behaupteten, daß eine derartige Vorschrift den Erlaß von Verfügungen sehr verzögern würde, wenn der Minister für das gew. preußische Teilgebiet zum Beispiel in Thorn oder Danzig wohnen oder weilen und von dort aus die Verfügungen erlassen würde. Die Forderung der Unterschrift des Staats¬ oberhauptes würde die Gesetzmäßigkeit dieser Verfügungen uni mehrere Tage oder Wochen verzögern. Man könnte sehr leicht annehmen, daß diejenigen, welche sich diesem Zusatz widersetzen, gewissermaßen mutwillig das Staatsoberhaupt von der Bevölkerung des neuen Gebietes trennen und dadurch die Popularisierung dieses Namens erschweren wollten. Das ermächtigt mich zu der Er¬ klärung, daß wir in dem preußischen Gebiet eine starke Achtung vor dem Recht haben, und daß wir uns in jeder Sache auf die Basis des reellen Rechtes stellen werden. Und da nun das Staatsoberhaupt diesen Posten auf Grund eine» Beschlusses des souveränen Landtages bekleidet, so stehen wir auf dem rechtlichen Standpunkt, und es wird niemand unter uns dem Staatsober¬ haupt diejenigen Rechte absprechen, welche ihm von dem Landtag zuerkannt wurden, ebenso wird ihm niemand die Anerkennung und Achtung verweigern, welche diesem Ver¬ treter der Macht gewährt wird. Ich bin überzeugt, wenn unser Gebiet die Möglich¬ keit erhalten wird, das Staatsoberhaupt zu begrüßen, so werden wir diese formelle Stellungnahme nicht nur verstehen aufrecht zu erhalten, sondern die Anerkennung des sichtbaren Vertreters der staatlichen Macht wird einen derartigen spontanen Ausdruck bekommen wie es damals geschah, wo die Herren Abgeordneten uns besuchten. „Przyjaciel Ludu" Ur. 179 vom 19. August 1919. (Nachstehende Erklärung bringen das vor¬ liegende Blatt sowie fast sämtliche polnischen Zeitungen des unbesetzten Gebietes West¬ preußens. — Anm. d. Übers.) Keine Ursache zur Beunruhigung. In den breiten Kreisen WestpreufzenS ist eine lebhafte Beunruhigung aus Anlaß der polnisch-deutschen Verhandlungen in Thorn. Danzig und Berlin entstanden. Man be¬ fürchtete zu große Konzessionen von polnischer Seite und dies besonders in Sachen der Beamten und Ansiedler. Diese Befürchtungen sind teils auf Grund unbestätigter Gerüchte, teils infolge einseitiger Information durch die deutschen Zeitungen entstanden. Wir hatten Gelegenheit die amtlichen Protokolle dieser Verhandlungen zu Prüfen und glaub¬ würdige Informationen zu erlangen. Auf Grund dieser Daten, die vollständig sicher sind, stellt sich die Angelegenheit der Beamten und Kolonisten folgendermaßen dar: 1. Die höheren politischen Beamten (Land¬ räte, erste Bürgermeister) werden sämtlich durch polnische Kräfte ersetzt werden. 2. Andere Beamte werden entsprechend den Bedürfnissen des polnischen Staates zurückgehalten werden. (Es ist das der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_336289/456>, abgerufen am 15.01.2025.