Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr.Pressestimmen [Beginn Spaltensatz] geführt wird, gibt uns Mittel zu sanftem Über die Getreideausfuhr. Allgemein seitens der Landarbeiier hervorzurufen, einen Es wurde mitgeteilt, daß das schon be¬ Pressestimmen [Beginn Spaltensatz] geführt wird, gibt uns Mittel zu sanftem Über die Getreideausfuhr. Allgemein seitens der Landarbeiier hervorzurufen, einen Es wurde mitgeteilt, daß das schon be¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0447" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/336737"/> <fw type="header" place="top"> Pressestimmen</fw><lb/> <cb type="start"/> <p xml:id="ID_2068" prev="#ID_2067"> geführt wird, gibt uns Mittel zu sanftem<lb/> aber energischem Vorgehen mit wider¬<lb/> spenstigen Beamten. Weiter wurde bemerkt,<lb/> daß die deutschen Beamten schon jetzt er¬<lb/> klären, daß das Deutsche die Amtssprache<lb/> bleibt. Es wurde die Tatsache bestätigt,<lb/> daß der Friedensvertrag wie auch der Zu¬<lb/> satzvertrag zwischen Polen und den Ver¬<lb/> bündeten Mächten die Polnische Sprache als<lb/> Amtssprache anerkennt, und nur gewisse Er¬<lb/> leichterungen für die Minderheit in Gerichts¬<lb/> angelegenheiten bringt. Es soll ihnen die<lb/> Möglichkeit, sich der Muttersprache zu be¬<lb/> dienen, gegeben werden. Der Danziger<lb/> Kreisrat stellte den Antrag, der in folgender<lb/> Weise gekürzt, durchging: „Die Vertreter aller<lb/> Volksräte, vorsammelt in Dirschau am<lb/> 6. Aug. 1919, fordern auf Antrag des Danziger<lb/> Volksrats das Unterkommissariat für West¬<lb/> preußen auf, daß es in den in Aussicht<lb/> stehenden Verhandlungen den Deutschen keine<lb/> Zugeständnisse, die über die Bedingungen<lb/> desFriedenSvertrages hinausgehen, besonders<lb/> betreffs der Beamten, der deutschen Kolonisten<lb/> und der Domänenpächter macht." Sogleich<lb/> wurde Herr Nagorski nach Berlin geschickt,<lb/> mit dem Auftrage, Herrn Laszewski die<lb/> obige angenommene Resolution einzu¬<lb/> händigen.</p> <p xml:id="ID_2069" next="#ID_2070"> Über die Getreideausfuhr. Allgemein<lb/> herrscht die Befürchtung, daß die Deutschen<lb/> die diesjährige Ernte ausführen. Die Be¬<lb/> fürchtung ist nicht ungerechtfertigt. Ver¬<lb/> schiedene Anzeichen weisen darauf hin.<lb/> Unsere Zeitungen haben davon schon ge¬<lb/> meldet. In mehreren Kreisen versuchte die<lb/> Bevölkerung beider Nationalitäten Selbst¬<lb/> hilfe in der Weise, daß Bürgerwehren auf<lb/> den Bahnhöfen Waggons mit Getreide an¬<lb/> hielten, aber die Regierung widersetzte sich<lb/> dem und vollführte oft unter dem Schutze<lb/> des Grenzschutzes die Ausfuhr. Um der<lb/> massenhaften Ausfuhr vorzubeugen, wurden<lb/> verschiedene Mittel vorgeschlagen, z. B.<lb/> Aufrufe, die über die verderblichen Folgen<lb/> des Drusches und der Ausfuhr von Getreide<lb/> belehren. Es wurde auch vorgeschlagen,<lb/> eine Bekanntmachung der künftigen, bereits<lb/> festgesetzten Getreidehöchstpreise des Polnischen<lb/> Staates, die um hundert Prozent und mehr<lb/> höher werden als die jetzigen. Weiter wurde<lb/> geraten, im schlimmsten Falle einen Streik</p> <cb/><lb/> <p xml:id="ID_2070" prev="#ID_2069"> seitens der Landarbeiier hervorzurufen, einen<lb/> Austausch von Getreide für Kohlen, Ma¬<lb/> schinen, künstlichen Dünger usw. Die Dis¬<lb/> kussion über dieje Vorschläge zeigte aber,<lb/> daß keiner von ihnen ein vollständig sicheres<lb/> Mittel ist. Die bisherigen Erfahrungen<lb/> scheinen sich zu bestätigen. Man beschloß,<lb/> daß die einzelnen Kreisräte versuchen müßten,<lb/> die Ausfuhr zu hindern, solange keine ein¬<lb/> heitliche Tätigkeit in folgender Weise zu¬<lb/> stande kommt. Wo es möglich ist, muß man<lb/> mit den Deutschen in Verbindung treten,<lb/> um die Ausfuhr zu hindern: 1. durch Ver¬<lb/> ständigung mit dem Landrat bzw. dem<lb/> Kreisausschuß, 2. die Ausfuhr kann nur im<lb/> Austausch für notwendige Materialien zu¬<lb/> gelassen werden, 3. im Falle des Zwanges<lb/> muß Passiver Widerstand geleistet werden,<lb/> 4. im schlimmsten Falle muß eine Verab¬<lb/> redung mit den Arbeitern betreffs des Aus¬<lb/> drusches von Getreide über den Ortsbedarf<lb/> hinaus getroffen werden, 5. der Drusch muß<lb/> so organisiert werden, daß die Kreisvolks¬<lb/> räte allein oder im Einvernehmen mit den<lb/> deutschen Institutionen den Ausdrusch im<lb/> Kreise regulieren. Es wurde weiter die<lb/> Bildung einer „Lebensmittelabteilung" aus<lb/> den Volksräten heraus beschlossen.</p> <p xml:id="ID_2071"> Es wurde mitgeteilt, daß das schon be¬<lb/> stehende Festkomitee für Westpreußen in<lb/> nächster Zeit Richtlinien zur Nationalfeier<lb/> herausgibt und den Tag des Festes be¬<lb/> stimmt. In freier Aussprache wurde über<lb/> die Arbeiten zur Vorbereitung der Abstim¬<lb/> mung informiert. Dann besprach man die<lb/> dringende Angelegenheit der Vernichtung der<lb/> Wälder durch die Bevölkerung, auch durch<lb/> die polnische. Ein Mittel zur Abhilfe wäre<lb/> eS, überall Forstwächter anzustellen. In<lb/> dieser Hinsicht macht die Bezahlung der ge¬<lb/> waltigen Zahl von Wächter Schwierigkeiten.<lb/> In einigen Kreisen geben der Landrat und<lb/> der Kreisrat Zuschüsse. Die Mittel der<lb/> Kreisräte sind gering und werden dem Übel<lb/> nicht für längere Zeit abhelfen. Man schlug<lb/> also vor, sich an die Polnische Regierung zu<lb/> wenden, um Gelder für die Bezahlung der<lb/> Wächter anzuweisen oder das dafür ausge¬<lb/> legte Geld zu garantieren. Der Kreis Löbau<lb/> erreichte durch die Ankündigung im amt¬<lb/> lichen Kreisblatt gute Erfolge und es wird<lb/> allen Kreisräten geraten, dasselbe zu tun.</p> <cb type="end"/><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0447]
Pressestimmen
geführt wird, gibt uns Mittel zu sanftem
aber energischem Vorgehen mit wider¬
spenstigen Beamten. Weiter wurde bemerkt,
daß die deutschen Beamten schon jetzt er¬
klären, daß das Deutsche die Amtssprache
bleibt. Es wurde die Tatsache bestätigt,
daß der Friedensvertrag wie auch der Zu¬
satzvertrag zwischen Polen und den Ver¬
bündeten Mächten die Polnische Sprache als
Amtssprache anerkennt, und nur gewisse Er¬
leichterungen für die Minderheit in Gerichts¬
angelegenheiten bringt. Es soll ihnen die
Möglichkeit, sich der Muttersprache zu be¬
dienen, gegeben werden. Der Danziger
Kreisrat stellte den Antrag, der in folgender
Weise gekürzt, durchging: „Die Vertreter aller
Volksräte, vorsammelt in Dirschau am
6. Aug. 1919, fordern auf Antrag des Danziger
Volksrats das Unterkommissariat für West¬
preußen auf, daß es in den in Aussicht
stehenden Verhandlungen den Deutschen keine
Zugeständnisse, die über die Bedingungen
desFriedenSvertrages hinausgehen, besonders
betreffs der Beamten, der deutschen Kolonisten
und der Domänenpächter macht." Sogleich
wurde Herr Nagorski nach Berlin geschickt,
mit dem Auftrage, Herrn Laszewski die
obige angenommene Resolution einzu¬
händigen.
Über die Getreideausfuhr. Allgemein
herrscht die Befürchtung, daß die Deutschen
die diesjährige Ernte ausführen. Die Be¬
fürchtung ist nicht ungerechtfertigt. Ver¬
schiedene Anzeichen weisen darauf hin.
Unsere Zeitungen haben davon schon ge¬
meldet. In mehreren Kreisen versuchte die
Bevölkerung beider Nationalitäten Selbst¬
hilfe in der Weise, daß Bürgerwehren auf
den Bahnhöfen Waggons mit Getreide an¬
hielten, aber die Regierung widersetzte sich
dem und vollführte oft unter dem Schutze
des Grenzschutzes die Ausfuhr. Um der
massenhaften Ausfuhr vorzubeugen, wurden
verschiedene Mittel vorgeschlagen, z. B.
Aufrufe, die über die verderblichen Folgen
des Drusches und der Ausfuhr von Getreide
belehren. Es wurde auch vorgeschlagen,
eine Bekanntmachung der künftigen, bereits
festgesetzten Getreidehöchstpreise des Polnischen
Staates, die um hundert Prozent und mehr
höher werden als die jetzigen. Weiter wurde
geraten, im schlimmsten Falle einen Streik
seitens der Landarbeiier hervorzurufen, einen
Austausch von Getreide für Kohlen, Ma¬
schinen, künstlichen Dünger usw. Die Dis¬
kussion über dieje Vorschläge zeigte aber,
daß keiner von ihnen ein vollständig sicheres
Mittel ist. Die bisherigen Erfahrungen
scheinen sich zu bestätigen. Man beschloß,
daß die einzelnen Kreisräte versuchen müßten,
die Ausfuhr zu hindern, solange keine ein¬
heitliche Tätigkeit in folgender Weise zu¬
stande kommt. Wo es möglich ist, muß man
mit den Deutschen in Verbindung treten,
um die Ausfuhr zu hindern: 1. durch Ver¬
ständigung mit dem Landrat bzw. dem
Kreisausschuß, 2. die Ausfuhr kann nur im
Austausch für notwendige Materialien zu¬
gelassen werden, 3. im Falle des Zwanges
muß Passiver Widerstand geleistet werden,
4. im schlimmsten Falle muß eine Verab¬
redung mit den Arbeitern betreffs des Aus¬
drusches von Getreide über den Ortsbedarf
hinaus getroffen werden, 5. der Drusch muß
so organisiert werden, daß die Kreisvolks¬
räte allein oder im Einvernehmen mit den
deutschen Institutionen den Ausdrusch im
Kreise regulieren. Es wurde weiter die
Bildung einer „Lebensmittelabteilung" aus
den Volksräten heraus beschlossen.
Es wurde mitgeteilt, daß das schon be¬
stehende Festkomitee für Westpreußen in
nächster Zeit Richtlinien zur Nationalfeier
herausgibt und den Tag des Festes be¬
stimmt. In freier Aussprache wurde über
die Arbeiten zur Vorbereitung der Abstim¬
mung informiert. Dann besprach man die
dringende Angelegenheit der Vernichtung der
Wälder durch die Bevölkerung, auch durch
die polnische. Ein Mittel zur Abhilfe wäre
eS, überall Forstwächter anzustellen. In
dieser Hinsicht macht die Bezahlung der ge¬
waltigen Zahl von Wächter Schwierigkeiten.
In einigen Kreisen geben der Landrat und
der Kreisrat Zuschüsse. Die Mittel der
Kreisräte sind gering und werden dem Übel
nicht für längere Zeit abhelfen. Man schlug
also vor, sich an die Polnische Regierung zu
wenden, um Gelder für die Bezahlung der
Wächter anzuweisen oder das dafür ausge¬
legte Geld zu garantieren. Der Kreis Löbau
erreichte durch die Ankündigung im amt¬
lichen Kreisblatt gute Erfolge und es wird
allen Kreisräten geraten, dasselbe zu tun.
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