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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr.

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Inhalt: Materialien zur ostdeutschen Frage: Die Aufgaben des Deutschen Voltsrales.
Die deutsche Partei in Polen -- Aus den deutschen Volksräten -- Pressestimmen:
Polnische Presse -- Kleine Mitteilungen.


Materialien zur ostdeutschen Frage


Die Aufgaben des Deutschen Volksrates

(Aus dem "Nachrichtenblatt des Deutschen Volksrats Posens" Ur. >o vom 9. Juli)

In dem Leben jedes einzelnen von uns wie in dem der deutschen Volks¬
gemeinschaft in Gestalt unserer Provinz hat der Friedensschluß Änderungen hervor¬
gerufen, wie sie einschneidender nicht sein können. Sie verschieben die Grund¬
lagen unseres Daseins so vollkommen, wie etwa Naturereignisse von elementarer
Gewalt; und wie die Menschen die Wirkung eines solchen in der ersten Betäubung
nicht klar übersehen, so können wir uns auch heute noch keine deutliche Vorstellung
machen davon, wie sich unser persönliches und staatliches Leben in Zukunft ge¬
stalten wird, wenn wir auch die Dinge seit Monaten sich haben entwickeln sehen.

Trotzdem ist es notwendig, der Zukunft mit möglichster Klarheit entgegen¬
zusehen. Jeder einzelne und die Gesamtheit der Deutschen musz versuchen, schon
jetzt der Schwierigkeiten, welche die neuen Verhältnisse mit sich bringen, Herr zu
werden, die innerlichen und äußerlichen Reibungen und Konflikte zu überwinden,
die keinem erspart bleiben, der gezwungen ist, sich einer neuen Ordnung der Dinge
anzupassen. Nicht einfach ist unter diesen Verhältnissen die Stellung des Deutschen
Volksrates, der sich naturgemäß zur einzigen Instanz entwickelt hat, welche die
deutsche Volksgemeinschaft in Stadt und Provinz vertritt. Es ist klar, daß auch
der Volksrat in gewissem Sinne sich neu orientieren muß. Durste er bisher mit
Recht sich als Vertreter der deutschen Reichsangehörigen in den von Polen besetzten
Preußischen Gebieisteilen fühlen, so ist er in Zukunft die Vertretung polnischer
Staatsangehöriger deutscher Nationalität und der übrigen Deutschen, die auf dem
Posener Gebiet des souveränen polnischen Staates leben. Welche Konsequenzen
sich hieraus ergeben, ist klar ausgesprochen in dem Aufruf, den der Deutsche
Vvltsrat vor kurzem an seine deutschen Mitbürger gerichtet hat. Der Volksrat muß
also seine Tätigkeit aufbauen auf dem Boden der neuen staatlichen Verhältnisse unter
strengster und rückhaltsloser Beobachtung der Verfassung und der Gesetze des Landes,
er muß die durch den Friedensschluß geschaffene Ordnung der Dinge anerkennen.
Es kann keine Rede davon sein, wie es in einem Artikel des "Dziennik Poznanski"
vom 8. Juli augedeutet ist, "an die Vorbereitung einer Jrredenta in Polen" zu denken.
Wir haben das dringende Bedürfnis nach fünf Jahren aller Leiden des Krieges, der
Unruhe und Aufregungen, der Zerrüttung und des Niederganges unserer Wirtschaft,
endlich zu geordneten friedlichen Verhältnissen zurückzukehren; und wir wissen aus


Mitteilungen 22
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Die deutsche Partei in Polen — Aus den deutschen Volksräten — Pressestimmen:
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Die Aufgaben des Deutschen Volksrates

(Aus dem „Nachrichtenblatt des Deutschen Volksrats Posens" Ur. >o vom 9. Juli)

In dem Leben jedes einzelnen von uns wie in dem der deutschen Volks¬
gemeinschaft in Gestalt unserer Provinz hat der Friedensschluß Änderungen hervor¬
gerufen, wie sie einschneidender nicht sein können. Sie verschieben die Grund¬
lagen unseres Daseins so vollkommen, wie etwa Naturereignisse von elementarer
Gewalt; und wie die Menschen die Wirkung eines solchen in der ersten Betäubung
nicht klar übersehen, so können wir uns auch heute noch keine deutliche Vorstellung
machen davon, wie sich unser persönliches und staatliches Leben in Zukunft ge¬
stalten wird, wenn wir auch die Dinge seit Monaten sich haben entwickeln sehen.

Trotzdem ist es notwendig, der Zukunft mit möglichster Klarheit entgegen¬
zusehen. Jeder einzelne und die Gesamtheit der Deutschen musz versuchen, schon
jetzt der Schwierigkeiten, welche die neuen Verhältnisse mit sich bringen, Herr zu
werden, die innerlichen und äußerlichen Reibungen und Konflikte zu überwinden,
die keinem erspart bleiben, der gezwungen ist, sich einer neuen Ordnung der Dinge
anzupassen. Nicht einfach ist unter diesen Verhältnissen die Stellung des Deutschen
Volksrates, der sich naturgemäß zur einzigen Instanz entwickelt hat, welche die
deutsche Volksgemeinschaft in Stadt und Provinz vertritt. Es ist klar, daß auch
der Volksrat in gewissem Sinne sich neu orientieren muß. Durste er bisher mit
Recht sich als Vertreter der deutschen Reichsangehörigen in den von Polen besetzten
Preußischen Gebieisteilen fühlen, so ist er in Zukunft die Vertretung polnischer
Staatsangehöriger deutscher Nationalität und der übrigen Deutschen, die auf dem
Posener Gebiet des souveränen polnischen Staates leben. Welche Konsequenzen
sich hieraus ergeben, ist klar ausgesprochen in dem Aufruf, den der Deutsche
Vvltsrat vor kurzem an seine deutschen Mitbürger gerichtet hat. Der Volksrat muß
also seine Tätigkeit aufbauen auf dem Boden der neuen staatlichen Verhältnisse unter
strengster und rückhaltsloser Beobachtung der Verfassung und der Gesetze des Landes,
er muß die durch den Friedensschluß geschaffene Ordnung der Dinge anerkennen.
Es kann keine Rede davon sein, wie es in einem Artikel des „Dziennik Poznanski"
vom 8. Juli augedeutet ist, „an die Vorbereitung einer Jrredenta in Polen" zu denken.
Wir haben das dringende Bedürfnis nach fünf Jahren aller Leiden des Krieges, der
Unruhe und Aufregungen, der Zerrüttung und des Niederganges unserer Wirtschaft,
endlich zu geordneten friedlichen Verhältnissen zurückzukehren; und wir wissen aus


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[0421] Mitteilungen her DemMen »vitale Polens mi> Westpreusenz Verantwortlich: Carl Georg Bruns Ur. 22Schriftleitung: Bromberg, Weltzienplatz 1"l Fernruf Ur. 32120. August 1919 Inhalt: Materialien zur ostdeutschen Frage: Die Aufgaben des Deutschen Voltsrales. Die deutsche Partei in Polen — Aus den deutschen Volksräten — Pressestimmen: Polnische Presse — Kleine Mitteilungen. Materialien zur ostdeutschen Frage Die Aufgaben des Deutschen Volksrates (Aus dem „Nachrichtenblatt des Deutschen Volksrats Posens" Ur. >o vom 9. Juli) In dem Leben jedes einzelnen von uns wie in dem der deutschen Volks¬ gemeinschaft in Gestalt unserer Provinz hat der Friedensschluß Änderungen hervor¬ gerufen, wie sie einschneidender nicht sein können. Sie verschieben die Grund¬ lagen unseres Daseins so vollkommen, wie etwa Naturereignisse von elementarer Gewalt; und wie die Menschen die Wirkung eines solchen in der ersten Betäubung nicht klar übersehen, so können wir uns auch heute noch keine deutliche Vorstellung machen davon, wie sich unser persönliches und staatliches Leben in Zukunft ge¬ stalten wird, wenn wir auch die Dinge seit Monaten sich haben entwickeln sehen. Trotzdem ist es notwendig, der Zukunft mit möglichster Klarheit entgegen¬ zusehen. Jeder einzelne und die Gesamtheit der Deutschen musz versuchen, schon jetzt der Schwierigkeiten, welche die neuen Verhältnisse mit sich bringen, Herr zu werden, die innerlichen und äußerlichen Reibungen und Konflikte zu überwinden, die keinem erspart bleiben, der gezwungen ist, sich einer neuen Ordnung der Dinge anzupassen. Nicht einfach ist unter diesen Verhältnissen die Stellung des Deutschen Volksrates, der sich naturgemäß zur einzigen Instanz entwickelt hat, welche die deutsche Volksgemeinschaft in Stadt und Provinz vertritt. Es ist klar, daß auch der Volksrat in gewissem Sinne sich neu orientieren muß. Durste er bisher mit Recht sich als Vertreter der deutschen Reichsangehörigen in den von Polen besetzten Preußischen Gebieisteilen fühlen, so ist er in Zukunft die Vertretung polnischer Staatsangehöriger deutscher Nationalität und der übrigen Deutschen, die auf dem Posener Gebiet des souveränen polnischen Staates leben. Welche Konsequenzen sich hieraus ergeben, ist klar ausgesprochen in dem Aufruf, den der Deutsche Vvltsrat vor kurzem an seine deutschen Mitbürger gerichtet hat. Der Volksrat muß also seine Tätigkeit aufbauen auf dem Boden der neuen staatlichen Verhältnisse unter strengster und rückhaltsloser Beobachtung der Verfassung und der Gesetze des Landes, er muß die durch den Friedensschluß geschaffene Ordnung der Dinge anerkennen. Es kann keine Rede davon sein, wie es in einem Artikel des „Dziennik Poznanski" vom 8. Juli augedeutet ist, „an die Vorbereitung einer Jrredenta in Polen" zu denken. Wir haben das dringende Bedürfnis nach fünf Jahren aller Leiden des Krieges, der Unruhe und Aufregungen, der Zerrüttung und des Niederganges unserer Wirtschaft, endlich zu geordneten friedlichen Verhältnissen zurückzukehren; und wir wissen aus Mitteilungen 22

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_336289/421>, abgerufen am 15.01.2025.