Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr.Pressestimmen [Beginn Spaltensatz] Tage abdankten, mahnten zur Einsicht, die Daß auch auf polnischer Seite Neigung Möge es daher der Einsicht aller an den "Kreuzzeitung" vom 30. Juni Ur. 2S7. Die polnische Schreckensherrschaft in Pose". Nach den in den letzten Tagen aus allen Mehrfach wird ferner berichtet, daß den Pressestimmen [Beginn Spaltensatz] Tage abdankten, mahnten zur Einsicht, die Daß auch auf polnischer Seite Neigung Möge es daher der Einsicht aller an den „Kreuzzeitung" vom 30. Juni Ur. 2S7. Die polnische Schreckensherrschaft in Pose». Nach den in den letzten Tagen aus allen Mehrfach wird ferner berichtet, daß den <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0397" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/336687"/> <fw type="header" place="top"> Pressestimmen</fw><lb/> <cb type="start"/> <p xml:id="ID_1633" prev="#ID_1632"> Tage abdankten, mahnten zur Einsicht, die<lb/> obersten Verwaltungsbeamten der zunächst<lb/> beteiligten Provinzen forderten zur Kampf-<lb/> entwqung auf, der ostpreußische Provinzialrat<lb/> wiegelte ab und auch von anderen Seiten<lb/> kamen allerlei Bedenken, daß die vorhandenen<lb/> Machtmittel nicht ausreichen, um mehr zu er¬<lb/> zielen als vielleicht kühne Anfangserfolge, die<lb/> fürs Ganze belanglos wären, aber das<lb/> Deutschtum nur aufs schwerste gefährden<lb/> müßten. Das ist auch der Standpunkt, den<lb/> heute die meisten deutschen Volksräte vertreten.<lb/> Immerhin ist die militärische Lage der Ostmark<lb/> stark genug für erfolgversprechende Verhand¬<lb/> lungen mit den Polen, und zwar auf der<lb/> Grundlage völliger Gleichberechtigung. Da¬<lb/> für die Polnische Zusage und eine Bestätigung<lb/> durch die Entente zu erlangen, nutz für die<lb/> nächsten Tage unsere ernsteste Sorge sein.</p> <p xml:id="ID_1634"> Daß auch auf polnischer Seite Neigung<lb/> für eine Verständigung besteht, haben die<lb/> gestern von uns veröffentlichten Ausführungen<lb/> des „Dziennik Vydgoski" erkennen lassen.<lb/> Man kann vom deutschen Standpunkte aus<lb/> nur wünschen, daß die in diesem Artikel<lb/> vertretene Meinung in weitesten polnischen<lb/> Kreisen zum Durchbruch kommt und von den<lb/> vernünftigen Elementen des Polnischen Volkes<lb/> mit starker Ehrlichkeit auch gegen diejenigen<lb/> vertreten wird, die ans innerstem chauvi¬<lb/> nistischen Trieb, in wildem Siegestaumel,<lb/> alles deutsche Wesen mit Gewalt ausrotten<lb/> möchten. Der Wille zur Verständigung ist<lb/> bei den Deutschen in der Ostmark vorhanden,<lb/> kann aber nur dann zur segensreichen<lb/> Auswirkung kommen, wenn man auf polnischer<lb/> Seite sich zur Erkenntnis durchringt, daß<lb/> das neue polnische Staatswesen auf die<lb/> Deutschen angewiesen ist. Den Schaden,<lb/> der dadurch entsteht, daß die als Staatsbürger<lb/> Zweiter Klasse behandelten Deutschen sich<lb/> widerwillig in die neuen Verhältnisse ein¬<lb/> fügen und ihre wertvollsten Kräfte in der<lb/> Absonderung für sich behalten, trägt der<lb/> Staat.</p> <p xml:id="ID_1635"> Möge es daher der Einsicht aller an den<lb/> schwebenden Verhandlungen beteiligten Kreise<lb/> Klingen, die dringend notwendige Einigung<lb/> herbeizuführen, um unsere Ostmark vor un¬<lb/> übersehbarem Unheil zu bewahrenI</p> <cb/><lb/> <note type="bibl"> „Kreuzzeitung" vom 30. Juni Ur. 2S7.<lb/> Die polnische Schreckensherrschaft in Pose».</note> <p xml:id="ID_1636"> Nach den in den letzten Tagen aus allen<lb/> Teilen der Provinz Posen durch Flüchtlinge<lb/> erneut überbrachten Nachrichten findet Inter-<lb/> nierung der Deutschen in dem gesamten-<lb/> polnischerseits besetzten Gebiete in größtem<lb/> Umfange statt; es handelt sich nach diesen<lb/> Berichten nicht mehr um Hunderte, sondern<lb/> um Tausende aller Stände. In erster Linie<lb/> sind es alle irgendwie hervorragenden<lb/> Deutschen, so in kleinen Städten die Beamten,<lb/> Richter, Anwälte, Geistliche, Arbeiterführer,<lb/> Handwerksmeister usw., vielseitig z. B. in<lb/> Sander, alle überhaupt Wehrfähigen. Aus<lb/> dem teilweise deutschen AnsiedlungSdorfe<lb/> Polajewo sind z. V. allein 60 Deutsche fort¬<lb/> gebracht, in Schildberg bislang SS, jetzt weitere<lb/> 76, an anderen Orten werden sogar Frauen<lb/> interniert, so eine 7l)jährige Dame. Die<lb/> wehrfähigen Deutschen sollen nach der<lb/> Bolschewistenfront, und zwar nach Brest-<lb/> LitowSk und Lemberg gebracht und dort<lb/> zwangsweise gegen die Bolschewisten vorwandt<lb/> werden. Nach weiteren Nachrichten werden<lb/> im Innern der Provinz alle diejenigen<lb/> Deutschen interniert, die sich weigern, sich in die<lb/> polnische Stammrolle eintragen zu lassen,<lb/> weil sie keine Verpflichtung fühlen als Deutsche<lb/> gegen die Ukrainer zu fechten.</p> <p xml:id="ID_1637"> Mehrfach wird ferner berichtet, daß den<lb/> Deutschen Formulare zur Unterzeichnung<lb/> vorgelegt werden, inhalts deren sie den<lb/> Wunsch aussprechen, zu Polen zu kommen;<lb/> im Weigerungsfalle erfolgt gleichfalls Inter-<lb/> nierung. So Wird die Internierung der<lb/> genannten alten Frau auf solche Weigerung<lb/> zurückgeführt. Die Juternierungen erfolgen<lb/> in solchem Umfange, daß mehrfach die An¬<lb/> sicht zum Ausdruck kommt, es geschehe, um<lb/> jede Volksabstimmung unmöglich zu machen.<lb/> Ganz abgesehen von der deutschen, ist auch<lb/> die Posen-Polnische Lokalpresse durch ver¬<lb/> schiedene Anordnungen derart geknebelt, daß<lb/> die Zeitungen sast nur noch Geschäftsanzeigen<lb/> und amtliche Bekanntmachungen enthalten.<lb/> Auch der polnischen Bevölkerung ist die Posener<lb/> Negierung aber nicht mehr überall sicher,<lb/> wozu namentlich der Schlendrian in der<lb/> Verwaltung und die ungeheure Bestechlichkeit<lb/> beiträgt.</p> <cb type="end"/><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0397]
Pressestimmen
Tage abdankten, mahnten zur Einsicht, die
obersten Verwaltungsbeamten der zunächst
beteiligten Provinzen forderten zur Kampf-
entwqung auf, der ostpreußische Provinzialrat
wiegelte ab und auch von anderen Seiten
kamen allerlei Bedenken, daß die vorhandenen
Machtmittel nicht ausreichen, um mehr zu er¬
zielen als vielleicht kühne Anfangserfolge, die
fürs Ganze belanglos wären, aber das
Deutschtum nur aufs schwerste gefährden
müßten. Das ist auch der Standpunkt, den
heute die meisten deutschen Volksräte vertreten.
Immerhin ist die militärische Lage der Ostmark
stark genug für erfolgversprechende Verhand¬
lungen mit den Polen, und zwar auf der
Grundlage völliger Gleichberechtigung. Da¬
für die Polnische Zusage und eine Bestätigung
durch die Entente zu erlangen, nutz für die
nächsten Tage unsere ernsteste Sorge sein.
Daß auch auf polnischer Seite Neigung
für eine Verständigung besteht, haben die
gestern von uns veröffentlichten Ausführungen
des „Dziennik Vydgoski" erkennen lassen.
Man kann vom deutschen Standpunkte aus
nur wünschen, daß die in diesem Artikel
vertretene Meinung in weitesten polnischen
Kreisen zum Durchbruch kommt und von den
vernünftigen Elementen des Polnischen Volkes
mit starker Ehrlichkeit auch gegen diejenigen
vertreten wird, die ans innerstem chauvi¬
nistischen Trieb, in wildem Siegestaumel,
alles deutsche Wesen mit Gewalt ausrotten
möchten. Der Wille zur Verständigung ist
bei den Deutschen in der Ostmark vorhanden,
kann aber nur dann zur segensreichen
Auswirkung kommen, wenn man auf polnischer
Seite sich zur Erkenntnis durchringt, daß
das neue polnische Staatswesen auf die
Deutschen angewiesen ist. Den Schaden,
der dadurch entsteht, daß die als Staatsbürger
Zweiter Klasse behandelten Deutschen sich
widerwillig in die neuen Verhältnisse ein¬
fügen und ihre wertvollsten Kräfte in der
Absonderung für sich behalten, trägt der
Staat.
Möge es daher der Einsicht aller an den
schwebenden Verhandlungen beteiligten Kreise
Klingen, die dringend notwendige Einigung
herbeizuführen, um unsere Ostmark vor un¬
übersehbarem Unheil zu bewahrenI
„Kreuzzeitung" vom 30. Juni Ur. 2S7.
Die polnische Schreckensherrschaft in Pose». Nach den in den letzten Tagen aus allen
Teilen der Provinz Posen durch Flüchtlinge
erneut überbrachten Nachrichten findet Inter-
nierung der Deutschen in dem gesamten-
polnischerseits besetzten Gebiete in größtem
Umfange statt; es handelt sich nach diesen
Berichten nicht mehr um Hunderte, sondern
um Tausende aller Stände. In erster Linie
sind es alle irgendwie hervorragenden
Deutschen, so in kleinen Städten die Beamten,
Richter, Anwälte, Geistliche, Arbeiterführer,
Handwerksmeister usw., vielseitig z. B. in
Sander, alle überhaupt Wehrfähigen. Aus
dem teilweise deutschen AnsiedlungSdorfe
Polajewo sind z. V. allein 60 Deutsche fort¬
gebracht, in Schildberg bislang SS, jetzt weitere
76, an anderen Orten werden sogar Frauen
interniert, so eine 7l)jährige Dame. Die
wehrfähigen Deutschen sollen nach der
Bolschewistenfront, und zwar nach Brest-
LitowSk und Lemberg gebracht und dort
zwangsweise gegen die Bolschewisten vorwandt
werden. Nach weiteren Nachrichten werden
im Innern der Provinz alle diejenigen
Deutschen interniert, die sich weigern, sich in die
polnische Stammrolle eintragen zu lassen,
weil sie keine Verpflichtung fühlen als Deutsche
gegen die Ukrainer zu fechten.
Mehrfach wird ferner berichtet, daß den
Deutschen Formulare zur Unterzeichnung
vorgelegt werden, inhalts deren sie den
Wunsch aussprechen, zu Polen zu kommen;
im Weigerungsfalle erfolgt gleichfalls Inter-
nierung. So Wird die Internierung der
genannten alten Frau auf solche Weigerung
zurückgeführt. Die Juternierungen erfolgen
in solchem Umfange, daß mehrfach die An¬
sicht zum Ausdruck kommt, es geschehe, um
jede Volksabstimmung unmöglich zu machen.
Ganz abgesehen von der deutschen, ist auch
die Posen-Polnische Lokalpresse durch ver¬
schiedene Anordnungen derart geknebelt, daß
die Zeitungen sast nur noch Geschäftsanzeigen
und amtliche Bekanntmachungen enthalten.
Auch der polnischen Bevölkerung ist die Posener
Negierung aber nicht mehr überall sicher,
wozu namentlich der Schlendrian in der
Verwaltung und die ungeheure Bestechlichkeit
beiträgt.
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