Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Kleine Nachrichten

[Beginn Spaltensatz]

Die deutsche Regierung sieht sich daher
veranlaßt, gegen diese jeder Menschlichkeit
hohnsprechende Willkür schärfsten Protest zu
erheben. Sie würde sich, falls die Polen
die verschleppten Deutschen nicht umgehend
in die Heimat zurückführen sollten, genötigt
sehen, entsprechende Gegenmaßnahmen zu
ergreifen. Ehe jedoch die deutsche Negierung
diesen Schritt unternimmt, wäre ich Eurer
Exzellenz dankbar, wenn Sie mir bald¬
möglichst Aufschluß über das Obenerwähnte
zukommen ließen. Es wäre sehr zu wünschen
wenn es dem Einfluß Eurer Exzellenz ge¬
länge, die Polen von ihrem verwerflichen
Borgehen abzubringen, um so bedauerns¬
werten Vorkommnissen vorzubeugen. Im
Auftrage des Reichsministers Erzbcrger darf
ich Eure Exzellenz um beschleunigte Mit¬
teilung ersuchen.

Genehmigen Eure Exzellenz die Ver¬
sicherung meiner ausgezeichneten Hoch¬
achtung.

(gez) von Brentano.

Line polnische Toleranz-
verxflichtung

Der Bevollmächtigte Polens, Paderewski,
wurde gestern vom Viererrat empfangen
und unterzeichnete ein Schriftstück, das
Polen zur Anerkennung der konfessionellen
Gleichberechtigung seiner Bewohner sowohl
hinsichtlich des Kultus wie auch des Unter¬
richts verpflichtet. Es kommt hier vor allen
Dingen der von Wilson geforderte Schutz
der jüdischen Rasse in Betracht.
"Dtsch. Allg. Ztg> vom 30. Juni Ur. 300.

[Spaltenumbruch]

Rücktritt des Oberpräsidenten von
Westvrcnfjexj.j Deir >erst 'seit wenigen
Wochen im Amte befindliche Oberpräsi¬
dent von Westpreußen, der frühere Alto-
naer Oberbürgermeister Schnackenburg,
hat sein Amt niedergelegt. Gestern nach¬
mittag wurde in Danzig folgende Auffor¬
derung des Oberpräsidenten veröffent¬
licht:

Westpreuszen! Als ich mein Amt über¬
nahm, war ich der festen Überzeugung,
daß der uns angebotene Schmachfriede
die gebührende Ablehnung erfahren
würde, daß nimmermehr unser gut deut¬
sches Land den Polen ausgeliefert werde.
Ich hoffte, nach Ablehnung gemeinsam
mit euch mein Bestes und Letztes her¬
geben zu rönnen, um Westpreußen vor
dem Schlimmsten zu bewahren. Die An¬
nahme des Friedensangebotes und damit
die Aufgabe des größten Teiles der Pro¬
vinz stellen mich vor die Pflicht, eine
Politik der Staatsregierung zu vertreten,
zu der ich im entschiedensten Gegensatze
stehe, um bei der Auslieferung meiner
Heimat mitzuwirken. Das kann und Will
ick nicht. Ich habe daher der Staats-
regieruM den Rücktritt von meinem Amte
erklärt, werde jedoch auf meinem Posten
ausharren, solange es mir irgend mög'
lich ist. Ich rufe euch zu: Glaubt trotz¬
dem alle fest >ein eure Zukunft. Das un¬
geheure Unrecht, das euch jetzt angetan
wird, kann unmöglich Bestand haben.

"Germania" Ur. 282 vom 25. Juni. [Ende Spaltensatz]


Verlag Verlag der Grenzboten G. in. v. H" Berlin SW 11, Tempelhofer Ufer ZK-i.
Druck: "Der R-ichsbote", Berlin SW 11.
Kleine Nachrichten

[Beginn Spaltensatz]

Die deutsche Regierung sieht sich daher
veranlaßt, gegen diese jeder Menschlichkeit
hohnsprechende Willkür schärfsten Protest zu
erheben. Sie würde sich, falls die Polen
die verschleppten Deutschen nicht umgehend
in die Heimat zurückführen sollten, genötigt
sehen, entsprechende Gegenmaßnahmen zu
ergreifen. Ehe jedoch die deutsche Negierung
diesen Schritt unternimmt, wäre ich Eurer
Exzellenz dankbar, wenn Sie mir bald¬
möglichst Aufschluß über das Obenerwähnte
zukommen ließen. Es wäre sehr zu wünschen
wenn es dem Einfluß Eurer Exzellenz ge¬
länge, die Polen von ihrem verwerflichen
Borgehen abzubringen, um so bedauerns¬
werten Vorkommnissen vorzubeugen. Im
Auftrage des Reichsministers Erzbcrger darf
ich Eure Exzellenz um beschleunigte Mit¬
teilung ersuchen.

Genehmigen Eure Exzellenz die Ver¬
sicherung meiner ausgezeichneten Hoch¬
achtung.

(gez) von Brentano.

Line polnische Toleranz-
verxflichtung

Der Bevollmächtigte Polens, Paderewski,
wurde gestern vom Viererrat empfangen
und unterzeichnete ein Schriftstück, das
Polen zur Anerkennung der konfessionellen
Gleichberechtigung seiner Bewohner sowohl
hinsichtlich des Kultus wie auch des Unter¬
richts verpflichtet. Es kommt hier vor allen
Dingen der von Wilson geforderte Schutz
der jüdischen Rasse in Betracht.
„Dtsch. Allg. Ztg> vom 30. Juni Ur. 300.

[Spaltenumbruch]

Rücktritt des Oberpräsidenten von
Westvrcnfjexj.j Deir >erst 'seit wenigen
Wochen im Amte befindliche Oberpräsi¬
dent von Westpreußen, der frühere Alto-
naer Oberbürgermeister Schnackenburg,
hat sein Amt niedergelegt. Gestern nach¬
mittag wurde in Danzig folgende Auffor¬
derung des Oberpräsidenten veröffent¬
licht:

Westpreuszen! Als ich mein Amt über¬
nahm, war ich der festen Überzeugung,
daß der uns angebotene Schmachfriede
die gebührende Ablehnung erfahren
würde, daß nimmermehr unser gut deut¬
sches Land den Polen ausgeliefert werde.
Ich hoffte, nach Ablehnung gemeinsam
mit euch mein Bestes und Letztes her¬
geben zu rönnen, um Westpreußen vor
dem Schlimmsten zu bewahren. Die An¬
nahme des Friedensangebotes und damit
die Aufgabe des größten Teiles der Pro¬
vinz stellen mich vor die Pflicht, eine
Politik der Staatsregierung zu vertreten,
zu der ich im entschiedensten Gegensatze
stehe, um bei der Auslieferung meiner
Heimat mitzuwirken. Das kann und Will
ick nicht. Ich habe daher der Staats-
regieruM den Rücktritt von meinem Amte
erklärt, werde jedoch auf meinem Posten
ausharren, solange es mir irgend mög'
lich ist. Ich rufe euch zu: Glaubt trotz¬
dem alle fest >ein eure Zukunft. Das un¬
geheure Unrecht, das euch jetzt angetan
wird, kann unmöglich Bestand haben.

„Germania" Ur. 282 vom 25. Juni. [Ende Spaltensatz]


Verlag Verlag der Grenzboten G. in. v. H„ Berlin SW 11, Tempelhofer Ufer ZK-i.
Druck: „Der R-ichsbote", Berlin SW 11.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0388" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/336678"/>
            <fw type="header" place="top"> Kleine Nachrichten</fw><lb/>
            <cb type="start"/>
            <p xml:id="ID_1564"> Die deutsche Regierung sieht sich daher<lb/>
veranlaßt, gegen diese jeder Menschlichkeit<lb/>
hohnsprechende Willkür schärfsten Protest zu<lb/>
erheben. Sie würde sich, falls die Polen<lb/>
die verschleppten Deutschen nicht umgehend<lb/>
in die Heimat zurückführen sollten, genötigt<lb/>
sehen, entsprechende Gegenmaßnahmen zu<lb/>
ergreifen. Ehe jedoch die deutsche Negierung<lb/>
diesen Schritt unternimmt, wäre ich Eurer<lb/>
Exzellenz dankbar, wenn Sie mir bald¬<lb/>
möglichst Aufschluß über das Obenerwähnte<lb/>
zukommen ließen. Es wäre sehr zu wünschen<lb/>
wenn es dem Einfluß Eurer Exzellenz ge¬<lb/>
länge, die Polen von ihrem verwerflichen<lb/>
Borgehen abzubringen, um so bedauerns¬<lb/>
werten Vorkommnissen vorzubeugen. Im<lb/>
Auftrage des Reichsministers Erzbcrger darf<lb/>
ich Eure Exzellenz um beschleunigte Mit¬<lb/>
teilung ersuchen.</p>
            <p xml:id="ID_1565"> Genehmigen Eure Exzellenz die Ver¬<lb/>
sicherung meiner ausgezeichneten Hoch¬<lb/>
achtung.</p>
            <note type="bibl"> (gez) von Brentano.</note>
            <p xml:id="ID_1566"> Line polnische Toleranz-<lb/>
verxflichtung</p>
            <p xml:id="ID_1567"> Der Bevollmächtigte Polens, Paderewski,<lb/>
wurde gestern vom Viererrat empfangen<lb/>
und unterzeichnete ein Schriftstück, das<lb/>
Polen zur Anerkennung der konfessionellen<lb/>
Gleichberechtigung seiner Bewohner sowohl<lb/>
hinsichtlich des Kultus wie auch des Unter¬<lb/>
richts verpflichtet. Es kommt hier vor allen<lb/>
Dingen der von Wilson geforderte Schutz<lb/>
der jüdischen Rasse in Betracht.<lb/>
&#x201E;Dtsch. Allg. Ztg&gt; vom 30. Juni Ur. 300.</p>
            <cb/><lb/>
            <p xml:id="ID_1568"> Rücktritt des Oberpräsidenten von<lb/>
Westvrcnfjexj.j Deir &gt;erst 'seit wenigen<lb/>
Wochen im Amte befindliche Oberpräsi¬<lb/>
dent von Westpreußen, der frühere Alto-<lb/>
naer Oberbürgermeister Schnackenburg,<lb/>
hat sein Amt niedergelegt. Gestern nach¬<lb/>
mittag wurde in Danzig folgende Auffor¬<lb/>
derung des Oberpräsidenten veröffent¬<lb/>
licht:</p>
            <p xml:id="ID_1569"> Westpreuszen! Als ich mein Amt über¬<lb/>
nahm, war ich der festen Überzeugung,<lb/>
daß der uns angebotene Schmachfriede<lb/>
die gebührende Ablehnung erfahren<lb/>
würde, daß nimmermehr unser gut deut¬<lb/>
sches Land den Polen ausgeliefert werde.<lb/>
Ich hoffte, nach Ablehnung gemeinsam<lb/>
mit euch mein Bestes und Letztes her¬<lb/>
geben zu rönnen, um Westpreußen vor<lb/>
dem Schlimmsten zu bewahren. Die An¬<lb/>
nahme des Friedensangebotes und damit<lb/>
die Aufgabe des größten Teiles der Pro¬<lb/>
vinz stellen mich vor die Pflicht, eine<lb/>
Politik der Staatsregierung zu vertreten,<lb/>
zu der ich im entschiedensten Gegensatze<lb/>
stehe, um bei der Auslieferung meiner<lb/>
Heimat mitzuwirken. Das kann und Will<lb/>
ick nicht. Ich habe daher der Staats-<lb/>
regieruM den Rücktritt von meinem Amte<lb/>
erklärt, werde jedoch auf meinem Posten<lb/>
ausharren, solange es mir irgend mög'<lb/>
lich ist. Ich rufe euch zu: Glaubt trotz¬<lb/>
dem alle fest &gt;ein eure Zukunft. Das un¬<lb/>
geheure Unrecht, das euch jetzt angetan<lb/>
wird, kann unmöglich Bestand haben.</p>
            <note type="bibl"> &#x201E;Germania" Ur. 282 vom 25. Juni.</note>
            <cb type="end"/><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
            <note type="byline"> Verlag Verlag der Grenzboten G. in. v. H&#x201E; Berlin SW 11, Tempelhofer Ufer ZK-i.<lb/>
Druck: &#x201E;Der R-ichsbote", Berlin SW 11.</note><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0388] Kleine Nachrichten Die deutsche Regierung sieht sich daher veranlaßt, gegen diese jeder Menschlichkeit hohnsprechende Willkür schärfsten Protest zu erheben. Sie würde sich, falls die Polen die verschleppten Deutschen nicht umgehend in die Heimat zurückführen sollten, genötigt sehen, entsprechende Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Ehe jedoch die deutsche Negierung diesen Schritt unternimmt, wäre ich Eurer Exzellenz dankbar, wenn Sie mir bald¬ möglichst Aufschluß über das Obenerwähnte zukommen ließen. Es wäre sehr zu wünschen wenn es dem Einfluß Eurer Exzellenz ge¬ länge, die Polen von ihrem verwerflichen Borgehen abzubringen, um so bedauerns¬ werten Vorkommnissen vorzubeugen. Im Auftrage des Reichsministers Erzbcrger darf ich Eure Exzellenz um beschleunigte Mit¬ teilung ersuchen. Genehmigen Eure Exzellenz die Ver¬ sicherung meiner ausgezeichneten Hoch¬ achtung. (gez) von Brentano. Line polnische Toleranz- verxflichtung Der Bevollmächtigte Polens, Paderewski, wurde gestern vom Viererrat empfangen und unterzeichnete ein Schriftstück, das Polen zur Anerkennung der konfessionellen Gleichberechtigung seiner Bewohner sowohl hinsichtlich des Kultus wie auch des Unter¬ richts verpflichtet. Es kommt hier vor allen Dingen der von Wilson geforderte Schutz der jüdischen Rasse in Betracht. „Dtsch. Allg. Ztg> vom 30. Juni Ur. 300. Rücktritt des Oberpräsidenten von Westvrcnfjexj.j Deir >erst 'seit wenigen Wochen im Amte befindliche Oberpräsi¬ dent von Westpreußen, der frühere Alto- naer Oberbürgermeister Schnackenburg, hat sein Amt niedergelegt. Gestern nach¬ mittag wurde in Danzig folgende Auffor¬ derung des Oberpräsidenten veröffent¬ licht: Westpreuszen! Als ich mein Amt über¬ nahm, war ich der festen Überzeugung, daß der uns angebotene Schmachfriede die gebührende Ablehnung erfahren würde, daß nimmermehr unser gut deut¬ sches Land den Polen ausgeliefert werde. Ich hoffte, nach Ablehnung gemeinsam mit euch mein Bestes und Letztes her¬ geben zu rönnen, um Westpreußen vor dem Schlimmsten zu bewahren. Die An¬ nahme des Friedensangebotes und damit die Aufgabe des größten Teiles der Pro¬ vinz stellen mich vor die Pflicht, eine Politik der Staatsregierung zu vertreten, zu der ich im entschiedensten Gegensatze stehe, um bei der Auslieferung meiner Heimat mitzuwirken. Das kann und Will ick nicht. Ich habe daher der Staats- regieruM den Rücktritt von meinem Amte erklärt, werde jedoch auf meinem Posten ausharren, solange es mir irgend mög' lich ist. Ich rufe euch zu: Glaubt trotz¬ dem alle fest >ein eure Zukunft. Das un¬ geheure Unrecht, das euch jetzt angetan wird, kann unmöglich Bestand haben. „Germania" Ur. 282 vom 25. Juni. Verlag Verlag der Grenzboten G. in. v. H„ Berlin SW 11, Tempelhofer Ufer ZK-i. Druck: „Der R-ichsbote", Berlin SW 11.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_336289
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_336289/388
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_336289/388>, abgerufen am 15.01.2025.