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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr.

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Materialien zur ostdeutschen Frage

Sektion IX
Ostpreußen

Die deutsche Reichsregierung erklärt, sie könne keinerlei Lösung annehmen,
durch welche Ostpreußen vom übrigen Deutschland getrennt werde. Demgemäß
ist es notwendig, daran zu erinnern, daß Ostpreußen mehrere Jahrhunderte hin"
durch tatsächlich so vollkommen für sich bestand, daß es bis 1866 in keinem Augen¬
blick in Wahrheit als innerhalb der politischen Grenzen Deutschlands liegend an¬
gesehen wurde; die deutschen Geschichtsschreiber haben stets anerkannt, daß
Ostpreußen kein Land deutschen Ursprungs ist, sondern eine deutsche Kolonie.
Zweifellos wäre es für Deutschland bequem, daß dieses durch das deutsche Schwert
eroberte und seinen Ureinwohnern entrissene Land in unmittelbarer Berührung
mit dem wahren Deutschland bliebe, aber das, was für Deutschland erwünscht
wäre, gibt keinen genügenden Grund ab, um die Fortsetzung der Zerreißung und
Zerstückelung einer anderen Nation zu rechtfertigen. Überdies sind die Interessen
an einer Landverbindung mit Deutschland, die bei den an Zahl noch nicht zwei
Millionen erreichenden deutschen Einwohnern Ostpreußens obwalten, nicht in dem¬
selben Maße vital wie das Interesse der ganzen polnischen Nation an der Er¬
langung eines direkten Zugangs zum Meere.

Der Handel Ostpreußens mit dem übrigen Deutschland vollzieht sich größten¬
teils über See. Für deu Handel der Provinz wird es wenig bedeuten, daß
Westpreußen an Polen zurückgegeben wird; aber für Polen ist es wesentlich,
unmittelbare und ununterbrochene Verbindungen mit Danzig und der übrigen
Küste zu haben vermittels Eisenbahnlinien, die ganz unter der Kontrolle des
polnischen Staates stehen. Die Unbequemlichkeiten, die sich aus der neuen Grenz¬
ziehung für Ostpreußen ergeben, fallen nicht ins Gewicht, wenn man sie mit
denen vergleicht, die jedes andere Arrangement für Polen verursachen würde.

Überdies ist die Bedeutung des Schienenweges, der Ostpreußen mit Deutsch¬
land verbindet, vollkommen im Vertrage anerkannt worden, und es sind Be¬
stimmungen zu diesem Zwecke in ihm aufgenommen worden. Diese Bestimmungen
sind einer sehr sorgfältigen Revision unterzogen worden, und sie geben die voll¬
kommenste Gewißheit, daß die Verbindungen durch das polnische Territorium auf
keinerlei Hindernis treffen werden.

Es ist schwer, die Einwendungen zu begreifen, die von deutscher Seite
gegen das Plebiszit erhoben werden, das in gewissen Gebieten Ostpreußens statt¬
finden soll. Nach allen Informationen gibt es in dem Gebiet von Altenstein
eine beträchtliche polnische Majorität. Demgegenüber behauptet die deutsche Note,
daß dieses Gebiet nicht von einer unbestreitbar polnischen Bevölkerung bewohnt
sei, und sie deutet an, daß die Polen eine Trennung von Deutschland nicht
wünschen. Gerade wegen der Zweifel, die möglicherweise in bezug auf die
politischen Sympathien der Bewohnerschaft bestehen, haben die alliierten und
assoziierten Mächte die Veranstaltung eines Plebiszits in diesem Gebiet beschlossen.
Wo die Zugehörigkeit einer Bevölkerung nicht zweifelhaft ist, ist ein Plebiszit nicht
vonnöten; wo Zweifel bestehen, drängt es sich auf. Man bemerkt mit Über¬
raschung, daß die Deutschen in demselben Augenblick, wo sie sich zur Annahme
des Grundsatzes der freien Verfügung der Bevölkerung bekennen, diejenigen Mittel
verweigern, die die Anwendung dieses Grundsatzes in deutlichster Weise ermöglichen.

Sektion X
Memel

Die alliierten und assoziierten Mächte weigern sich, zuzugeben, daß die
Abtretung des Gebietes von Memel dem Nationalilätenprinzip entgegengesetzt sei.
Das fragliche Gebiet ist immer litauisch gewesen, die Mehrheit der Bevölkerung
ist nach Ursprung und Sprache litauisch. Die Tatsache, daß die Stadt Memel
selbst zu einem großen Teile deutsch ist, rechtfertigt in keiner Weise das Verbleiben
des ganzen Gebietes unter deutscher Hoheit, insbesondere deswegen nicht, weil der
Memeler Hafen Litauens einzigen Ausgang zur See darstellt.


Materialien zur ostdeutschen Frage

Sektion IX
Ostpreußen

Die deutsche Reichsregierung erklärt, sie könne keinerlei Lösung annehmen,
durch welche Ostpreußen vom übrigen Deutschland getrennt werde. Demgemäß
ist es notwendig, daran zu erinnern, daß Ostpreußen mehrere Jahrhunderte hin»
durch tatsächlich so vollkommen für sich bestand, daß es bis 1866 in keinem Augen¬
blick in Wahrheit als innerhalb der politischen Grenzen Deutschlands liegend an¬
gesehen wurde; die deutschen Geschichtsschreiber haben stets anerkannt, daß
Ostpreußen kein Land deutschen Ursprungs ist, sondern eine deutsche Kolonie.
Zweifellos wäre es für Deutschland bequem, daß dieses durch das deutsche Schwert
eroberte und seinen Ureinwohnern entrissene Land in unmittelbarer Berührung
mit dem wahren Deutschland bliebe, aber das, was für Deutschland erwünscht
wäre, gibt keinen genügenden Grund ab, um die Fortsetzung der Zerreißung und
Zerstückelung einer anderen Nation zu rechtfertigen. Überdies sind die Interessen
an einer Landverbindung mit Deutschland, die bei den an Zahl noch nicht zwei
Millionen erreichenden deutschen Einwohnern Ostpreußens obwalten, nicht in dem¬
selben Maße vital wie das Interesse der ganzen polnischen Nation an der Er¬
langung eines direkten Zugangs zum Meere.

Der Handel Ostpreußens mit dem übrigen Deutschland vollzieht sich größten¬
teils über See. Für deu Handel der Provinz wird es wenig bedeuten, daß
Westpreußen an Polen zurückgegeben wird; aber für Polen ist es wesentlich,
unmittelbare und ununterbrochene Verbindungen mit Danzig und der übrigen
Küste zu haben vermittels Eisenbahnlinien, die ganz unter der Kontrolle des
polnischen Staates stehen. Die Unbequemlichkeiten, die sich aus der neuen Grenz¬
ziehung für Ostpreußen ergeben, fallen nicht ins Gewicht, wenn man sie mit
denen vergleicht, die jedes andere Arrangement für Polen verursachen würde.

Überdies ist die Bedeutung des Schienenweges, der Ostpreußen mit Deutsch¬
land verbindet, vollkommen im Vertrage anerkannt worden, und es sind Be¬
stimmungen zu diesem Zwecke in ihm aufgenommen worden. Diese Bestimmungen
sind einer sehr sorgfältigen Revision unterzogen worden, und sie geben die voll¬
kommenste Gewißheit, daß die Verbindungen durch das polnische Territorium auf
keinerlei Hindernis treffen werden.

Es ist schwer, die Einwendungen zu begreifen, die von deutscher Seite
gegen das Plebiszit erhoben werden, das in gewissen Gebieten Ostpreußens statt¬
finden soll. Nach allen Informationen gibt es in dem Gebiet von Altenstein
eine beträchtliche polnische Majorität. Demgegenüber behauptet die deutsche Note,
daß dieses Gebiet nicht von einer unbestreitbar polnischen Bevölkerung bewohnt
sei, und sie deutet an, daß die Polen eine Trennung von Deutschland nicht
wünschen. Gerade wegen der Zweifel, die möglicherweise in bezug auf die
politischen Sympathien der Bewohnerschaft bestehen, haben die alliierten und
assoziierten Mächte die Veranstaltung eines Plebiszits in diesem Gebiet beschlossen.
Wo die Zugehörigkeit einer Bevölkerung nicht zweifelhaft ist, ist ein Plebiszit nicht
vonnöten; wo Zweifel bestehen, drängt es sich auf. Man bemerkt mit Über¬
raschung, daß die Deutschen in demselben Augenblick, wo sie sich zur Annahme
des Grundsatzes der freien Verfügung der Bevölkerung bekennen, diejenigen Mittel
verweigern, die die Anwendung dieses Grundsatzes in deutlichster Weise ermöglichen.

Sektion X
Memel

Die alliierten und assoziierten Mächte weigern sich, zuzugeben, daß die
Abtretung des Gebietes von Memel dem Nationalilätenprinzip entgegengesetzt sei.
Das fragliche Gebiet ist immer litauisch gewesen, die Mehrheit der Bevölkerung
ist nach Ursprung und Sprache litauisch. Die Tatsache, daß die Stadt Memel
selbst zu einem großen Teile deutsch ist, rechtfertigt in keiner Weise das Verbleiben
des ganzen Gebietes unter deutscher Hoheit, insbesondere deswegen nicht, weil der
Memeler Hafen Litauens einzigen Ausgang zur See darstellt.


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[0376] Materialien zur ostdeutschen Frage Sektion IX Ostpreußen Die deutsche Reichsregierung erklärt, sie könne keinerlei Lösung annehmen, durch welche Ostpreußen vom übrigen Deutschland getrennt werde. Demgemäß ist es notwendig, daran zu erinnern, daß Ostpreußen mehrere Jahrhunderte hin» durch tatsächlich so vollkommen für sich bestand, daß es bis 1866 in keinem Augen¬ blick in Wahrheit als innerhalb der politischen Grenzen Deutschlands liegend an¬ gesehen wurde; die deutschen Geschichtsschreiber haben stets anerkannt, daß Ostpreußen kein Land deutschen Ursprungs ist, sondern eine deutsche Kolonie. Zweifellos wäre es für Deutschland bequem, daß dieses durch das deutsche Schwert eroberte und seinen Ureinwohnern entrissene Land in unmittelbarer Berührung mit dem wahren Deutschland bliebe, aber das, was für Deutschland erwünscht wäre, gibt keinen genügenden Grund ab, um die Fortsetzung der Zerreißung und Zerstückelung einer anderen Nation zu rechtfertigen. Überdies sind die Interessen an einer Landverbindung mit Deutschland, die bei den an Zahl noch nicht zwei Millionen erreichenden deutschen Einwohnern Ostpreußens obwalten, nicht in dem¬ selben Maße vital wie das Interesse der ganzen polnischen Nation an der Er¬ langung eines direkten Zugangs zum Meere. Der Handel Ostpreußens mit dem übrigen Deutschland vollzieht sich größten¬ teils über See. Für deu Handel der Provinz wird es wenig bedeuten, daß Westpreußen an Polen zurückgegeben wird; aber für Polen ist es wesentlich, unmittelbare und ununterbrochene Verbindungen mit Danzig und der übrigen Küste zu haben vermittels Eisenbahnlinien, die ganz unter der Kontrolle des polnischen Staates stehen. Die Unbequemlichkeiten, die sich aus der neuen Grenz¬ ziehung für Ostpreußen ergeben, fallen nicht ins Gewicht, wenn man sie mit denen vergleicht, die jedes andere Arrangement für Polen verursachen würde. Überdies ist die Bedeutung des Schienenweges, der Ostpreußen mit Deutsch¬ land verbindet, vollkommen im Vertrage anerkannt worden, und es sind Be¬ stimmungen zu diesem Zwecke in ihm aufgenommen worden. Diese Bestimmungen sind einer sehr sorgfältigen Revision unterzogen worden, und sie geben die voll¬ kommenste Gewißheit, daß die Verbindungen durch das polnische Territorium auf keinerlei Hindernis treffen werden. Es ist schwer, die Einwendungen zu begreifen, die von deutscher Seite gegen das Plebiszit erhoben werden, das in gewissen Gebieten Ostpreußens statt¬ finden soll. Nach allen Informationen gibt es in dem Gebiet von Altenstein eine beträchtliche polnische Majorität. Demgegenüber behauptet die deutsche Note, daß dieses Gebiet nicht von einer unbestreitbar polnischen Bevölkerung bewohnt sei, und sie deutet an, daß die Polen eine Trennung von Deutschland nicht wünschen. Gerade wegen der Zweifel, die möglicherweise in bezug auf die politischen Sympathien der Bewohnerschaft bestehen, haben die alliierten und assoziierten Mächte die Veranstaltung eines Plebiszits in diesem Gebiet beschlossen. Wo die Zugehörigkeit einer Bevölkerung nicht zweifelhaft ist, ist ein Plebiszit nicht vonnöten; wo Zweifel bestehen, drängt es sich auf. Man bemerkt mit Über¬ raschung, daß die Deutschen in demselben Augenblick, wo sie sich zur Annahme des Grundsatzes der freien Verfügung der Bevölkerung bekennen, diejenigen Mittel verweigern, die die Anwendung dieses Grundsatzes in deutlichster Weise ermöglichen. Sektion X Memel Die alliierten und assoziierten Mächte weigern sich, zuzugeben, daß die Abtretung des Gebietes von Memel dem Nationalilätenprinzip entgegengesetzt sei. Das fragliche Gebiet ist immer litauisch gewesen, die Mehrheit der Bevölkerung ist nach Ursprung und Sprache litauisch. Die Tatsache, daß die Stadt Memel selbst zu einem großen Teile deutsch ist, rechtfertigt in keiner Weise das Verbleiben des ganzen Gebietes unter deutscher Hoheit, insbesondere deswegen nicht, weil der Memeler Hafen Litauens einzigen Ausgang zur See darstellt.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_336289/376>, abgerufen am 15.01.2025.