Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr.Materialien zur ostdeutschen Frage tiefer Wirkung gestalten helfen. Auch die Dichtung der Ostmark, die von Heimat Dem Dilettantentheater, soweit eS bereit ist, dem faden Schwank zu entsagen, Und dann: die Kirchen auf! Es wäre eine segensreiche Nebenwirkung der Und dann: es scheint so. als wolle uns dieser Sommer mehr sonnige Tage Müssen unsere Gartenmusiken immer nur trivale Lustbarkeiten mit Kaffec- 2 Nebenbei gefragt: Was läßt sich an Jahrmarktstagen tun? Nicht wenig! 17*
Materialien zur ostdeutschen Frage tiefer Wirkung gestalten helfen. Auch die Dichtung der Ostmark, die von Heimat Dem Dilettantentheater, soweit eS bereit ist, dem faden Schwank zu entsagen, Und dann: die Kirchen auf! Es wäre eine segensreiche Nebenwirkung der Und dann: es scheint so. als wolle uns dieser Sommer mehr sonnige Tage Müssen unsere Gartenmusiken immer nur trivale Lustbarkeiten mit Kaffec- 2 Nebenbei gefragt: Was läßt sich an Jahrmarktstagen tun? Nicht wenig! 17*
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0359" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/336649"/> <fw type="header" place="top"> Materialien zur ostdeutschen Frage</fw><lb/> <p xml:id="ID_1320" prev="#ID_1319"> tiefer Wirkung gestalten helfen. Auch die Dichtung der Ostmark, die von Heimat<lb/> und Deutschtum singt, ist reickier als viele wissen —, auch da stehen von der<lb/> D. V. Vr. Programme zur Verfügung.</p><lb/> <p xml:id="ID_1321"> Dem Dilettantentheater, soweit eS bereit ist, dem faden Schwank zu entsagen,<lb/> böten sich schöne Aufgaben, namentlich, wenn es sich statt mit ganzen Stücken<lb/> einmal auch mit herauslösbaren, leicht darstellbaren Szenen großer Dichtung<lb/> begnügen lernt. Auch unsere Lichtbiloerabende müssen ihr Gesicht wechseln. Der<lb/> „Patriotische" Bilderklimbim freilich ist heute in all seiner Geschmacklosigkeit<lb/> abgetauer als je. Aber das echt deutsche Kunstwerk, sei eS Gemälde oder<lb/> Skulptur, wenn das Wort richtig darauf eingestellt, und das mit der Photographie<lb/> gewonnene Heimatbild, oder die Bilder alter deutscher Städte können Liebe zu<lb/> deutscher Art wecken.</p><lb/> <p xml:id="ID_1322"> Und dann: die Kirchen auf! Es wäre eine segensreiche Nebenwirkung der<lb/> Revolution, wenn diese alte, in der Schweiz längst erreichte Forderung allgemein<lb/> befriedigt würde! Gewiß: der parteipolitischer Arbeit soll sich dieser geweihte<lb/> Versammlungsraum nicht erschließen! Ist der Streit ja auch nicht der — böse —<lb/> Vater der Dinge — der bleibe vor der Kirchentür! Aber unserer deutschen<lb/> Vollsraisache, vor der — wie alle Menschen vor Gott — alle Menschen und<lb/> Parteien, soweit sie nur einen deutschen Staat wollen, gleich viel und gleich wert<lb/> sind, sollten die Türen der deutschen Kirchen sich doch öffnen! Namentlich auch<lb/> 5n uiid Dichtung, Musik und Gesang erfüllten Abenden, die sich nicht nur an den<lb/> Kopf wenden, sondern das deutsche Herz zu erheben trachten. Der Hausbewohner:<lb/> die Orgel kann da ein mächtiger Bundesgenosse sein!</p><lb/> <p xml:id="ID_1323"> Und dann: es scheint so. als wolle uns dieser Sommer mehr sonnige Tage<lb/> bieten, wie das deutsche Sommer sonst im Gebrauch haben. Und wie viele<lb/> Bauschen haben unter freiem Himmel Platz! Nicht überall ist, wie auf der<lb/> -.Schweden-Schanze" in Fcnoon ein natürliches Amphitheater da, dem der deutsche<lb/> Strom und die deutsche Kulturarbeit der längsten Eisenbahnbrücke den rechten<lb/> Hintergrund bauen, aber etwa eine Waldwiese steigt überall an, so daß ein Raum<lb/> Sum Spielen und zum Schauen entsteht. Ein feierlicher Bläserchor beginnt, eine<lb/> Rede und ein Reigentanz folgen, und wenn die nahe Stadt mithilft, führt man<lb/> etwa Scenen aus Schillers ,^Tell" auf: erster Aufzug, vierte Szene und den<lb/> ganzen zweiten Auszug, d. h. die Melchtal-Szene, das Ruder-Attinghausengespräch,<lb/> den Rütlischwur. DaS löst sich gut heraus. Die „Tell"-Szenen selbst entziehen<lb/> nes einfacheren Darstellungsmitteln, weil einmal ein beträchtlicher Schauspieler<lb/> ''°lig ist, und weil sie auch mehr »Szenerie erfordern; doch läßt sich im vierten<lb/> Auszüge, zweite Szene, Attinghausens Sterbeszene noch anfügen. Schillers Kraft,<lb/> unser Volk neu zu begeistern, ist unausschöpfbar. Em Prolog, der Einst und<lb/> Heute verbindet, steht von der Deutschen Vereinigung, Bromberg zur Verfügung.<lb/> Und andere Vorschläge auch!</p><lb/> <p xml:id="ID_1324"> Müssen unsere Gartenmusiken immer nur trivale Lustbarkeiten mit Kaffec-<lb/> Ucitsch und Kegelspiel sein? Sind sie nicht durch Beeinflussung der Programme<lb/> "u ganzen, und z. B. durch eine Rede, der etwa ein gemeinsamer Gesang folgt,<lb/> auf kurze Zeit der deutschen Sache dienstbar zu machen? Der Deutsche Nolksrat<lb/> A'eseritz Hut am Himmelfahrtstage mit einem Gartenkonzert tiefe Wirkung erzielt.<lb/> Aas treffliche Programm steht von der Deutschen Vereinigung, Bromberg, zur<lb/> Verfügung.</p><lb/> <p xml:id="ID_1325"> 2 Nebenbei gefragt: Was läßt sich an Jahrmarktstagen tun? Nicht wenig!<lb/> i>> B. eine Bude aufmachen, in der gute, deutsche Vilddrucke, farbige und schwarze,<lb/> °u haben sind Das ist im Westen schon oft geschehen. Der Dürerbund Dresden-<lb/> ^lnsewitz schickt Listen und hat auch Wandersammlungen. Und unsere guten,<lb/> Maen Büchereien, die von der Dichter-Gedächtnis-Stiftung in Hamburg, der<lb/> Schatzgräber und die anderen lassen sich aufbieten. Diesen Gesundbrunnen für<lb/> ^usere deutschen Volksleser machen heute weniger die 10 Pfg.-Kolportage-Schund-<lb/> Me, als allerhand äußerlich ganz nobel ausgestattete Sammlungen voll seichten.<lb/> ^Hauerschundes wahrhaft unsaubere Konkurrenz.</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 17*</fw><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0359]
Materialien zur ostdeutschen Frage
tiefer Wirkung gestalten helfen. Auch die Dichtung der Ostmark, die von Heimat
und Deutschtum singt, ist reickier als viele wissen —, auch da stehen von der
D. V. Vr. Programme zur Verfügung.
Dem Dilettantentheater, soweit eS bereit ist, dem faden Schwank zu entsagen,
böten sich schöne Aufgaben, namentlich, wenn es sich statt mit ganzen Stücken
einmal auch mit herauslösbaren, leicht darstellbaren Szenen großer Dichtung
begnügen lernt. Auch unsere Lichtbiloerabende müssen ihr Gesicht wechseln. Der
„Patriotische" Bilderklimbim freilich ist heute in all seiner Geschmacklosigkeit
abgetauer als je. Aber das echt deutsche Kunstwerk, sei eS Gemälde oder
Skulptur, wenn das Wort richtig darauf eingestellt, und das mit der Photographie
gewonnene Heimatbild, oder die Bilder alter deutscher Städte können Liebe zu
deutscher Art wecken.
Und dann: die Kirchen auf! Es wäre eine segensreiche Nebenwirkung der
Revolution, wenn diese alte, in der Schweiz längst erreichte Forderung allgemein
befriedigt würde! Gewiß: der parteipolitischer Arbeit soll sich dieser geweihte
Versammlungsraum nicht erschließen! Ist der Streit ja auch nicht der — böse —
Vater der Dinge — der bleibe vor der Kirchentür! Aber unserer deutschen
Vollsraisache, vor der — wie alle Menschen vor Gott — alle Menschen und
Parteien, soweit sie nur einen deutschen Staat wollen, gleich viel und gleich wert
sind, sollten die Türen der deutschen Kirchen sich doch öffnen! Namentlich auch
5n uiid Dichtung, Musik und Gesang erfüllten Abenden, die sich nicht nur an den
Kopf wenden, sondern das deutsche Herz zu erheben trachten. Der Hausbewohner:
die Orgel kann da ein mächtiger Bundesgenosse sein!
Und dann: es scheint so. als wolle uns dieser Sommer mehr sonnige Tage
bieten, wie das deutsche Sommer sonst im Gebrauch haben. Und wie viele
Bauschen haben unter freiem Himmel Platz! Nicht überall ist, wie auf der
-.Schweden-Schanze" in Fcnoon ein natürliches Amphitheater da, dem der deutsche
Strom und die deutsche Kulturarbeit der längsten Eisenbahnbrücke den rechten
Hintergrund bauen, aber etwa eine Waldwiese steigt überall an, so daß ein Raum
Sum Spielen und zum Schauen entsteht. Ein feierlicher Bläserchor beginnt, eine
Rede und ein Reigentanz folgen, und wenn die nahe Stadt mithilft, führt man
etwa Scenen aus Schillers ,^Tell" auf: erster Aufzug, vierte Szene und den
ganzen zweiten Auszug, d. h. die Melchtal-Szene, das Ruder-Attinghausengespräch,
den Rütlischwur. DaS löst sich gut heraus. Die „Tell"-Szenen selbst entziehen
nes einfacheren Darstellungsmitteln, weil einmal ein beträchtlicher Schauspieler
''°lig ist, und weil sie auch mehr »Szenerie erfordern; doch läßt sich im vierten
Auszüge, zweite Szene, Attinghausens Sterbeszene noch anfügen. Schillers Kraft,
unser Volk neu zu begeistern, ist unausschöpfbar. Em Prolog, der Einst und
Heute verbindet, steht von der Deutschen Vereinigung, Bromberg zur Verfügung.
Und andere Vorschläge auch!
Müssen unsere Gartenmusiken immer nur trivale Lustbarkeiten mit Kaffec-
Ucitsch und Kegelspiel sein? Sind sie nicht durch Beeinflussung der Programme
"u ganzen, und z. B. durch eine Rede, der etwa ein gemeinsamer Gesang folgt,
auf kurze Zeit der deutschen Sache dienstbar zu machen? Der Deutsche Nolksrat
A'eseritz Hut am Himmelfahrtstage mit einem Gartenkonzert tiefe Wirkung erzielt.
Aas treffliche Programm steht von der Deutschen Vereinigung, Bromberg, zur
Verfügung.
2 Nebenbei gefragt: Was läßt sich an Jahrmarktstagen tun? Nicht wenig!
i>> B. eine Bude aufmachen, in der gute, deutsche Vilddrucke, farbige und schwarze,
°u haben sind Das ist im Westen schon oft geschehen. Der Dürerbund Dresden-
^lnsewitz schickt Listen und hat auch Wandersammlungen. Und unsere guten,
Maen Büchereien, die von der Dichter-Gedächtnis-Stiftung in Hamburg, der
Schatzgräber und die anderen lassen sich aufbieten. Diesen Gesundbrunnen für
^usere deutschen Volksleser machen heute weniger die 10 Pfg.-Kolportage-Schund-
Me, als allerhand äußerlich ganz nobel ausgestattete Sammlungen voll seichten.
^Hauerschundes wahrhaft unsaubere Konkurrenz.
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