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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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birge erheben, die den Karawcmken gleich¬
wertig seien (die Kärntner haben dies durch
die Photographie eines Reliefs widerlegen
müssen)"der Mißbrauch des Namens"Ossiacher
Tauern", den eine Erhebung von kaum
1100 Meter Höhe führt, und deren willkürliche
Zusammenfassung mit isolierten Bodenan¬
schwellungen von etwa gleicher Höhe zu einem
einheitlichen Gebirge und dergleichen auf die
Unkenntnis der Westländer berechnete "Be¬
weise" breitgetreten. Es ist bezeichnend, daß
Ententeosfiziere, die nach Klagenfurt kamen,
sich wunderten, daß die Stadt nördlich (und
nicht, wie sie gemeint hatten, südlich) von den
Karawcmken liege, sowie daß die slawische
Stadt so rein deutsch sei. Der andere Weg
war, unsere Ausführungen einfach als lächer¬
lich zu bezeichnen und auf einige Nebensachen
gewaltiges Gewicht zu legen, die mehr oder
weniger bestritten werden konnten, und dann
Zu sagen: "Seht, so ist alles, was die
Deutschen vorbringen!" Bezeichnend hierfür
ist eine Besprechung der Denkschrift des
akademischen Senates Graz "Die Südgrenze
der deutschen Steiermark" in der Laibacher
Monatsschrift "Ljubljanski Zoom" vom Juni
1919. Sie hat zwei Verfasser. Der eine
erklärt die Schrift ohne irgendwelche Beweis¬
führung für im Vorhinein durch die sloveni¬
schen Tagesblätter widerlegt und meint, man
sei eines zwecklosen Streites mit dieser Ide¬
ologie satt, man habe sich davon "auf gordische
Weise" befreit. Er setzt also die, Gewalt an
Stelle eines Beweises. Der andere, der
damals noch Privatdozent an der Grazer
Universität war (jetzt hat ihn die Laibacher
Hochschule berufen), zeichnet mit diesem Titel,
> nachdem er die Verfasser und den Senat, dem
ehre Arbeit zur Schande gereiche, als Lügner
beschimpft hat. Er begründet diese Kenn¬
zeichnung mit Seitenlängen Auseinander¬
setzungen, die sich auf eine von slovenischen
Vorkämpfern aufgestellte und in der Schrift
Miterwähnte falsche Etymologie oder auf
Einige falsche oder zweifelhafte Annahmen über
deutsche Lehnwörter im Slovenischen beziehen;
!w ganzen treffen diese Philologischen Ein¬
bände nur einige Zeilen in der 58 Seiten
starken Schrift und nur einen kleinen Teil
teuer Entlehnungen, die dort nicht zur Be¬
gründung des "Annexionismus", sondern als

[Spaltenumbruch]

Beweis für das enge Zusammenleben und
gegenseitige verträgliche Verhältnis beider
Völker vor dem Einsetzen der slawischen Hetz¬
arbeit und selbst nachher noch, angeführt sind.
Selbst wenn alle diese Einwände berechtigt
wären, würden sie also die Grundfragen gar
nicht berühren. Sie sind aber -- wie so
vieles andere in den gegnerischen Schriften --
gar nicht als sachliche Widerlegung gemeint,
sondern sollen nur Oberflächlichen und Übel¬
wollenden eine Handhabe geben, die deutschen
Darlegungen als belanglos abzutun.

Dem stehen auf der andern Seite die
ungeheuren Schwierigkeiten gegenüber, die
wir -- die Propagandastelle der Staats¬
kanzlei und die Abteilung für Minderheiten¬
schutz, die nun ausgelassen sind, die Propa¬
gandastellen der Länder und die Deutsche
Mittelstelle in Graz -- überwinden mußten,
damit ein Teil unserer und der von uns
verbreiteten Schriften in die Hände der
Staatsmänner, Gelehrten und weiterer Leser¬
kreise des neutralen und des damals feind¬
lichen Auslandes gelangten. Verkehrs-
absperrungen und Verkehrserschwerungen,
Antipathien aller Art, die Übersättigung des
neutralen Publikums gegen Propaganda¬
schriften, die durch jene der Gegenseite her¬
beigeführt war und nun unsere später¬
kommenden betraf (sie ist insbesondere beim
Schweizer Buchhandel und den neutralen
Zeitungen fühlbar), der Mangel an persön¬
lichen Beziehungen, die durch den Krieg ganz
abgebrochen waren, das alles wirkte zusammen.
Und dazu kam -- bei der Eile, mit der wir
arbeiten mußten, sehr begreiflich -- die Tücke
des Druckfehlerkobolds. Ein Paar Beispiele.
In der Ausgabe der Innsbrucks Senats¬
denkschrift "l'tiL Unit^ ol 1>roi" Seite 8
steht, daß an Italien Se.600 Deutsche kommen
sollen, statt 2es000 (wie aus Seite 6 zu
sehen) und diese falsche Zahl soll von unseren
Gegnern unter Berufung auf die Schrift ver¬
wertet worden sein. Auf der von der
Deutschen Mittelstelle herausgegebenen, dem
27. Flugblatt sür Deutsch-Österreichs Recht
ebenfalls beigegebenen viersprachigen Karte
"Die Südgrenze Steiermarks und Kärntens"
finde ich, daß die Bachem--Schrettengrenze
statt als nördlichste in drei Sprachen ver¬
sehentlich als südlichste für die Deutschen an-

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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birge erheben, die den Karawcmken gleich¬
wertig seien (die Kärntner haben dies durch
die Photographie eines Reliefs widerlegen
müssen)„der Mißbrauch des Namens„Ossiacher
Tauern", den eine Erhebung von kaum
1100 Meter Höhe führt, und deren willkürliche
Zusammenfassung mit isolierten Bodenan¬
schwellungen von etwa gleicher Höhe zu einem
einheitlichen Gebirge und dergleichen auf die
Unkenntnis der Westländer berechnete „Be¬
weise" breitgetreten. Es ist bezeichnend, daß
Ententeosfiziere, die nach Klagenfurt kamen,
sich wunderten, daß die Stadt nördlich (und
nicht, wie sie gemeint hatten, südlich) von den
Karawcmken liege, sowie daß die slawische
Stadt so rein deutsch sei. Der andere Weg
war, unsere Ausführungen einfach als lächer¬
lich zu bezeichnen und auf einige Nebensachen
gewaltiges Gewicht zu legen, die mehr oder
weniger bestritten werden konnten, und dann
Zu sagen: „Seht, so ist alles, was die
Deutschen vorbringen!" Bezeichnend hierfür
ist eine Besprechung der Denkschrift des
akademischen Senates Graz „Die Südgrenze
der deutschen Steiermark" in der Laibacher
Monatsschrift „Ljubljanski Zoom" vom Juni
1919. Sie hat zwei Verfasser. Der eine
erklärt die Schrift ohne irgendwelche Beweis¬
führung für im Vorhinein durch die sloveni¬
schen Tagesblätter widerlegt und meint, man
sei eines zwecklosen Streites mit dieser Ide¬
ologie satt, man habe sich davon „auf gordische
Weise" befreit. Er setzt also die, Gewalt an
Stelle eines Beweises. Der andere, der
damals noch Privatdozent an der Grazer
Universität war (jetzt hat ihn die Laibacher
Hochschule berufen), zeichnet mit diesem Titel,
> nachdem er die Verfasser und den Senat, dem
ehre Arbeit zur Schande gereiche, als Lügner
beschimpft hat. Er begründet diese Kenn¬
zeichnung mit Seitenlängen Auseinander¬
setzungen, die sich auf eine von slovenischen
Vorkämpfern aufgestellte und in der Schrift
Miterwähnte falsche Etymologie oder auf
Einige falsche oder zweifelhafte Annahmen über
deutsche Lehnwörter im Slovenischen beziehen;
!w ganzen treffen diese Philologischen Ein¬
bände nur einige Zeilen in der 58 Seiten
starken Schrift und nur einen kleinen Teil
teuer Entlehnungen, die dort nicht zur Be¬
gründung des „Annexionismus", sondern als

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Beweis für das enge Zusammenleben und
gegenseitige verträgliche Verhältnis beider
Völker vor dem Einsetzen der slawischen Hetz¬
arbeit und selbst nachher noch, angeführt sind.
Selbst wenn alle diese Einwände berechtigt
wären, würden sie also die Grundfragen gar
nicht berühren. Sie sind aber — wie so
vieles andere in den gegnerischen Schriften —
gar nicht als sachliche Widerlegung gemeint,
sondern sollen nur Oberflächlichen und Übel¬
wollenden eine Handhabe geben, die deutschen
Darlegungen als belanglos abzutun.

Dem stehen auf der andern Seite die
ungeheuren Schwierigkeiten gegenüber, die
wir — die Propagandastelle der Staats¬
kanzlei und die Abteilung für Minderheiten¬
schutz, die nun ausgelassen sind, die Propa¬
gandastellen der Länder und die Deutsche
Mittelstelle in Graz — überwinden mußten,
damit ein Teil unserer und der von uns
verbreiteten Schriften in die Hände der
Staatsmänner, Gelehrten und weiterer Leser¬
kreise des neutralen und des damals feind¬
lichen Auslandes gelangten. Verkehrs-
absperrungen und Verkehrserschwerungen,
Antipathien aller Art, die Übersättigung des
neutralen Publikums gegen Propaganda¬
schriften, die durch jene der Gegenseite her¬
beigeführt war und nun unsere später¬
kommenden betraf (sie ist insbesondere beim
Schweizer Buchhandel und den neutralen
Zeitungen fühlbar), der Mangel an persön¬
lichen Beziehungen, die durch den Krieg ganz
abgebrochen waren, das alles wirkte zusammen.
Und dazu kam — bei der Eile, mit der wir
arbeiten mußten, sehr begreiflich — die Tücke
des Druckfehlerkobolds. Ein Paar Beispiele.
In der Ausgabe der Innsbrucks Senats¬
denkschrift „l'tiL Unit^ ol 1>roi" Seite 8
steht, daß an Italien Se.600 Deutsche kommen
sollen, statt 2es000 (wie aus Seite 6 zu
sehen) und diese falsche Zahl soll von unseren
Gegnern unter Berufung auf die Schrift ver¬
wertet worden sein. Auf der von der
Deutschen Mittelstelle herausgegebenen, dem
27. Flugblatt sür Deutsch-Österreichs Recht
ebenfalls beigegebenen viersprachigen Karte
„Die Südgrenze Steiermarks und Kärntens"
finde ich, daß die Bachem—Schrettengrenze
statt als nördlichste in drei Sprachen ver¬
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_336289/253>, abgerufen am 15.01.2025.