Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Das Problem Gberschlesien

das Interesse der Alliierten mitsprechen, in Oberschlesien Objekte wirtschaftlicher
Ausnutzung unter ihren Einfluß zu bringen. Durch eine gewaltige Achsendrehung
ist das Problem nunmehr ein ganz anderes geworden. Diese Achsendrehung ist
verursacht worden durch zwei mächtige Motoren. Die Kohlenknappheit in ganz
Europa und die Arbeiterbewegung in der ganzen Welt. In der ersten Hälfte
dieses unheilvollen Jahres ahnte noch niemand, zu welcher Katastrophe sich die
Kohlennot auswacksen würde. Heute wird in Amsterdam und Paris ebenso ge¬
froren wie in Berlin, müssen in Norwegen aus Kohlenmangel ebenso ganze ^n-
dustrien stillgelegt werden wie in Deutschland. Darum ist eS heute auch nicht
mehr möglich, über daS reichste Kohlengebiet Europas ausschließlich nach polnischen
Grundsätzen zu entscheiden, hier nutz auch das Selbstbestimmungsrecht der Aoller
schweigen, von dem es übrigens schon seit geraumer Zeit recht still geworden pe.
Sondern mit gebieterischer Notwendigkeit sehen sich die jetzt verantwortlichen
Leiter der Völker in die Zwangslage versetzt, das politische Geschick Oberschlestens
so zu gestalten, daß dadurch die beste Ausnutzung der Kohlenschätze gewährleistet
wird. Hand in Hand hiermit geht die Arbeiterfrage. In jenem Fruhmyr
unseres Mißvergnügens dachten die Leiter der Alliierten, ihrer eigenen Arbeiter
mit leichter Mühe Herr werden zu können. Dieser Glauben hat sich als irrigerwiesen. Die hermetische Abschließung Deutschlands und Rußlands hat teuer
mächtigen Welle nicht stand zu halten vermocht. Daß auch auf diesem Gebiete
die Vorkriegsverhältnisse jemals zurückkehren, können heute wohl nur Phantasten
annehmen. Notwendig aber ist eins, die Bewegung nutz zum Stillstand kommen,
den ungestörten Wiederaufbau ermöglichen. Das ist heute ein Weltproblem.
Sobald aber in irgend einem großen Industriegebiet dieser Zustand Nicht be-
steht, das wirtschaftliche und politische Leben immer von neuem durch Streiks
erschüttert wird, ja auch wenn nur unter der Asche tückisch der Funken glimmt,
stets bereit zu verheerender Flamme auszuschlagen, so lange hat Europa, hat die
Aelt keine Ruhe. Wie jene vernichtenden Gase, mit denen die Volker um Kriege
steh mordeten, dringen jene Gedanken, deren Inbegriff wir Bolschewismus zu
nennen uns gewöhnt haben, unaufhaltsam und aller Schranken spottend in die
Wirtschaft jedes Landes, nur ungleich furchtbarer wie lere Knegsmittel weil ihre
Schnelligkeit so ungeheuer ist und die Entfernung ste ihrer Kraft nicht beraubt.
Nun ist aber Oberschlesien mit seinen gewaltigen Arbeitermassen em Gebiet, nicht
nur der Ansteckung besonders ausgesetzt, sondern vor allem imstande. ,enen ver¬
derblichen Krankheitsstoff besonders rasch und stark zu entwickeln. Hiergegen sicher
Su sein erfordert vor allem das eigenste Interesse jener Lander, die heute die
Vertreter des Kapitalismus sind. . ^ ^

^^^Damit spitzt sich das Problem auf die Frage zu. ob Polen oder Deutsch¬
land eher in der Lage sind, diese Sicherheiten, sowohl für die Kohlenforderungals auch für die Arbeiterbewegung zu gewährleisten. Was heute in Polen, vor-
Wt. ist uns nur zum geringsten Teil bekannt. Sicher ist vieles. waS von
Küchtlingen und Überläufern berichtet wurde, stark übertrieben. Trotzdem glauben
nur alle es zu wissen, daß die Polen nicht das Volk sind, Sicherheit und Ord-
nung zu schaffen oder auch nur zu erhalten. Ein Volk, das unter so viel ein-
lächeren Verhältnissen nicht imstande war, seine nationale Einheit zu eryauen,
kann bei der Vielgestaltigkeit des staatlichen Lebens der Jetztzeit, der ungeheuren
und rascheste Lösung heischenden Fülle schwierigster Probleme, dazu rings um¬
geben von feindlichen Nachbaren unmöglich jenen Aufgaben gerecht werden
Aber nur ein Tor darf wähnen, in diesen Gedankengängen e^glückliche Lösung gefunden zu haben. Denn auch wir unterstehen der Prüfung
und dem Urteil jm r gewiß nicht wohlwollenden Richter denen wir nun caua
ausgeliefert sind. Jeder neue Streik, jedes neue Emporschnellen der Lohne lebe
neue Schwäche der maßgebenden Stellen, nicht nur in Ode^-ete,n Punkte des deutschen Wirtschaftslebens, ätz W Wagschale zu unsren Un-
gunsten steigen. Ist Deutschland ebensowenig imstande. Sicherheit und Ordnung
SU gewährleisten wie Polen, dann kommt Oberschlesien weder zu diesem noch zu


Das Problem Gberschlesien

das Interesse der Alliierten mitsprechen, in Oberschlesien Objekte wirtschaftlicher
Ausnutzung unter ihren Einfluß zu bringen. Durch eine gewaltige Achsendrehung
ist das Problem nunmehr ein ganz anderes geworden. Diese Achsendrehung ist
verursacht worden durch zwei mächtige Motoren. Die Kohlenknappheit in ganz
Europa und die Arbeiterbewegung in der ganzen Welt. In der ersten Hälfte
dieses unheilvollen Jahres ahnte noch niemand, zu welcher Katastrophe sich die
Kohlennot auswacksen würde. Heute wird in Amsterdam und Paris ebenso ge¬
froren wie in Berlin, müssen in Norwegen aus Kohlenmangel ebenso ganze ^n-
dustrien stillgelegt werden wie in Deutschland. Darum ist eS heute auch nicht
mehr möglich, über daS reichste Kohlengebiet Europas ausschließlich nach polnischen
Grundsätzen zu entscheiden, hier nutz auch das Selbstbestimmungsrecht der Aoller
schweigen, von dem es übrigens schon seit geraumer Zeit recht still geworden pe.
Sondern mit gebieterischer Notwendigkeit sehen sich die jetzt verantwortlichen
Leiter der Völker in die Zwangslage versetzt, das politische Geschick Oberschlestens
so zu gestalten, daß dadurch die beste Ausnutzung der Kohlenschätze gewährleistet
wird. Hand in Hand hiermit geht die Arbeiterfrage. In jenem Fruhmyr
unseres Mißvergnügens dachten die Leiter der Alliierten, ihrer eigenen Arbeiter
mit leichter Mühe Herr werden zu können. Dieser Glauben hat sich als irrigerwiesen. Die hermetische Abschließung Deutschlands und Rußlands hat teuer
mächtigen Welle nicht stand zu halten vermocht. Daß auch auf diesem Gebiete
die Vorkriegsverhältnisse jemals zurückkehren, können heute wohl nur Phantasten
annehmen. Notwendig aber ist eins, die Bewegung nutz zum Stillstand kommen,
den ungestörten Wiederaufbau ermöglichen. Das ist heute ein Weltproblem.
Sobald aber in irgend einem großen Industriegebiet dieser Zustand Nicht be-
steht, das wirtschaftliche und politische Leben immer von neuem durch Streiks
erschüttert wird, ja auch wenn nur unter der Asche tückisch der Funken glimmt,
stets bereit zu verheerender Flamme auszuschlagen, so lange hat Europa, hat die
Aelt keine Ruhe. Wie jene vernichtenden Gase, mit denen die Volker um Kriege
steh mordeten, dringen jene Gedanken, deren Inbegriff wir Bolschewismus zu
nennen uns gewöhnt haben, unaufhaltsam und aller Schranken spottend in die
Wirtschaft jedes Landes, nur ungleich furchtbarer wie lere Knegsmittel weil ihre
Schnelligkeit so ungeheuer ist und die Entfernung ste ihrer Kraft nicht beraubt.
Nun ist aber Oberschlesien mit seinen gewaltigen Arbeitermassen em Gebiet, nicht
nur der Ansteckung besonders ausgesetzt, sondern vor allem imstande. ,enen ver¬
derblichen Krankheitsstoff besonders rasch und stark zu entwickeln. Hiergegen sicher
Su sein erfordert vor allem das eigenste Interesse jener Lander, die heute die
Vertreter des Kapitalismus sind. . ^ ^

^^^Damit spitzt sich das Problem auf die Frage zu. ob Polen oder Deutsch¬
land eher in der Lage sind, diese Sicherheiten, sowohl für die Kohlenforderungals auch für die Arbeiterbewegung zu gewährleisten. Was heute in Polen, vor-
Wt. ist uns nur zum geringsten Teil bekannt. Sicher ist vieles. waS von
Küchtlingen und Überläufern berichtet wurde, stark übertrieben. Trotzdem glauben
nur alle es zu wissen, daß die Polen nicht das Volk sind, Sicherheit und Ord-
nung zu schaffen oder auch nur zu erhalten. Ein Volk, das unter so viel ein-
lächeren Verhältnissen nicht imstande war, seine nationale Einheit zu eryauen,
kann bei der Vielgestaltigkeit des staatlichen Lebens der Jetztzeit, der ungeheuren
und rascheste Lösung heischenden Fülle schwierigster Probleme, dazu rings um¬
geben von feindlichen Nachbaren unmöglich jenen Aufgaben gerecht werden
Aber nur ein Tor darf wähnen, in diesen Gedankengängen e^glückliche Lösung gefunden zu haben. Denn auch wir unterstehen der Prüfung
und dem Urteil jm r gewiß nicht wohlwollenden Richter denen wir nun caua
ausgeliefert sind. Jeder neue Streik, jedes neue Emporschnellen der Lohne lebe
neue Schwäche der maßgebenden Stellen, nicht nur in Ode^-ete,n Punkte des deutschen Wirtschaftslebens, ätz W Wagschale zu unsren Un-
gunsten steigen. Ist Deutschland ebensowenig imstande. Sicherheit und Ordnung
SU gewährleisten wie Polen, dann kommt Oberschlesien weder zu diesem noch zu


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0243" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/336533"/>
          <fw type="header" place="top"> Das Problem Gberschlesien</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_909" prev="#ID_908"> das Interesse der Alliierten mitsprechen, in Oberschlesien Objekte wirtschaftlicher<lb/>
Ausnutzung unter ihren Einfluß zu bringen. Durch eine gewaltige Achsendrehung<lb/>
ist das Problem nunmehr ein ganz anderes geworden. Diese Achsendrehung ist<lb/>
verursacht worden durch zwei mächtige Motoren. Die Kohlenknappheit in ganz<lb/>
Europa und die Arbeiterbewegung in der ganzen Welt. In der ersten Hälfte<lb/>
dieses unheilvollen Jahres ahnte noch niemand, zu welcher Katastrophe sich die<lb/>
Kohlennot auswacksen würde. Heute wird in Amsterdam und Paris ebenso ge¬<lb/>
froren wie in Berlin, müssen in Norwegen aus Kohlenmangel ebenso ganze ^n-<lb/>
dustrien stillgelegt werden wie in Deutschland. Darum ist eS heute auch nicht<lb/>
mehr möglich, über daS reichste Kohlengebiet Europas ausschließlich nach polnischen<lb/>
Grundsätzen zu entscheiden, hier nutz auch das Selbstbestimmungsrecht der Aoller<lb/>
schweigen, von dem es übrigens schon seit geraumer Zeit recht still geworden pe.<lb/>
Sondern mit gebieterischer Notwendigkeit sehen sich die jetzt verantwortlichen<lb/>
Leiter der Völker in die Zwangslage versetzt, das politische Geschick Oberschlestens<lb/>
so zu gestalten, daß dadurch die beste Ausnutzung der Kohlenschätze gewährleistet<lb/>
wird. Hand in Hand hiermit geht die Arbeiterfrage. In jenem Fruhmyr<lb/>
unseres Mißvergnügens dachten die Leiter der Alliierten, ihrer eigenen Arbeiter<lb/>
mit leichter Mühe Herr werden zu können. Dieser Glauben hat sich als irrigerwiesen. Die hermetische Abschließung Deutschlands und Rußlands hat teuer<lb/>
mächtigen Welle nicht stand zu halten vermocht. Daß auch auf diesem Gebiete<lb/>
die Vorkriegsverhältnisse jemals zurückkehren, können heute wohl nur Phantasten<lb/>
annehmen. Notwendig aber ist eins, die Bewegung nutz zum Stillstand kommen,<lb/>
den ungestörten Wiederaufbau ermöglichen. Das ist heute ein Weltproblem.<lb/>
Sobald aber in irgend einem großen Industriegebiet dieser Zustand Nicht be-<lb/>
steht, das wirtschaftliche und politische Leben immer von neuem durch Streiks<lb/>
erschüttert wird, ja auch wenn nur unter der Asche tückisch der Funken glimmt,<lb/>
stets bereit zu verheerender Flamme auszuschlagen, so lange hat Europa, hat die<lb/>
Aelt keine Ruhe. Wie jene vernichtenden Gase, mit denen die Volker um Kriege<lb/>
steh mordeten, dringen jene Gedanken, deren Inbegriff wir Bolschewismus zu<lb/>
nennen uns gewöhnt haben, unaufhaltsam und aller Schranken spottend in die<lb/>
Wirtschaft jedes Landes, nur ungleich furchtbarer wie lere Knegsmittel weil ihre<lb/>
Schnelligkeit so ungeheuer ist und die Entfernung ste ihrer Kraft nicht beraubt.<lb/>
Nun ist aber Oberschlesien mit seinen gewaltigen Arbeitermassen em Gebiet, nicht<lb/>
nur der Ansteckung besonders ausgesetzt, sondern vor allem imstande. ,enen ver¬<lb/>
derblichen Krankheitsstoff besonders rasch und stark zu entwickeln. Hiergegen sicher<lb/>
Su sein erfordert vor allem das eigenste Interesse jener Lander, die heute die<lb/>
Vertreter des Kapitalismus sind. . ^ ^ </p><lb/>
          <p xml:id="ID_910" next="#ID_911"> ^^^Damit spitzt sich das Problem auf die Frage zu. ob Polen oder Deutsch¬<lb/>
land eher in der Lage sind, diese Sicherheiten, sowohl für die Kohlenforderungals auch für die Arbeiterbewegung zu gewährleisten. Was heute in Polen, vor-<lb/>
Wt. ist uns nur zum geringsten Teil bekannt. Sicher ist vieles. waS von<lb/>
Küchtlingen und Überläufern berichtet wurde, stark übertrieben. Trotzdem glauben<lb/>
nur alle es zu wissen, daß die Polen nicht das Volk sind, Sicherheit und Ord-<lb/>
nung zu schaffen oder auch nur zu erhalten. Ein Volk, das unter so viel ein-<lb/>
lächeren Verhältnissen nicht imstande war, seine nationale Einheit zu eryauen,<lb/>
kann bei der Vielgestaltigkeit des staatlichen Lebens der Jetztzeit, der ungeheuren<lb/>
und rascheste Lösung heischenden Fülle schwierigster Probleme, dazu rings um¬<lb/>
geben von feindlichen Nachbaren unmöglich jenen Aufgaben gerecht werden<lb/>
Aber nur ein Tor darf wähnen, in diesen Gedankengängen e^glückliche Lösung gefunden zu haben. Denn auch wir unterstehen der Prüfung<lb/>
und dem Urteil jm r gewiß nicht wohlwollenden Richter denen wir nun caua<lb/>
ausgeliefert sind. Jeder neue Streik, jedes neue Emporschnellen der Lohne lebe<lb/>
neue Schwäche der maßgebenden Stellen, nicht nur in Ode^-ete,n Punkte des deutschen Wirtschaftslebens, ätz W Wagschale zu unsren Un-<lb/>
gunsten steigen. Ist Deutschland ebensowenig imstande. Sicherheit und Ordnung<lb/>
SU gewährleisten wie Polen, dann kommt Oberschlesien weder zu diesem noch zu</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0243] Das Problem Gberschlesien das Interesse der Alliierten mitsprechen, in Oberschlesien Objekte wirtschaftlicher Ausnutzung unter ihren Einfluß zu bringen. Durch eine gewaltige Achsendrehung ist das Problem nunmehr ein ganz anderes geworden. Diese Achsendrehung ist verursacht worden durch zwei mächtige Motoren. Die Kohlenknappheit in ganz Europa und die Arbeiterbewegung in der ganzen Welt. In der ersten Hälfte dieses unheilvollen Jahres ahnte noch niemand, zu welcher Katastrophe sich die Kohlennot auswacksen würde. Heute wird in Amsterdam und Paris ebenso ge¬ froren wie in Berlin, müssen in Norwegen aus Kohlenmangel ebenso ganze ^n- dustrien stillgelegt werden wie in Deutschland. Darum ist eS heute auch nicht mehr möglich, über daS reichste Kohlengebiet Europas ausschließlich nach polnischen Grundsätzen zu entscheiden, hier nutz auch das Selbstbestimmungsrecht der Aoller schweigen, von dem es übrigens schon seit geraumer Zeit recht still geworden pe. Sondern mit gebieterischer Notwendigkeit sehen sich die jetzt verantwortlichen Leiter der Völker in die Zwangslage versetzt, das politische Geschick Oberschlestens so zu gestalten, daß dadurch die beste Ausnutzung der Kohlenschätze gewährleistet wird. Hand in Hand hiermit geht die Arbeiterfrage. In jenem Fruhmyr unseres Mißvergnügens dachten die Leiter der Alliierten, ihrer eigenen Arbeiter mit leichter Mühe Herr werden zu können. Dieser Glauben hat sich als irrigerwiesen. Die hermetische Abschließung Deutschlands und Rußlands hat teuer mächtigen Welle nicht stand zu halten vermocht. Daß auch auf diesem Gebiete die Vorkriegsverhältnisse jemals zurückkehren, können heute wohl nur Phantasten annehmen. Notwendig aber ist eins, die Bewegung nutz zum Stillstand kommen, den ungestörten Wiederaufbau ermöglichen. Das ist heute ein Weltproblem. Sobald aber in irgend einem großen Industriegebiet dieser Zustand Nicht be- steht, das wirtschaftliche und politische Leben immer von neuem durch Streiks erschüttert wird, ja auch wenn nur unter der Asche tückisch der Funken glimmt, stets bereit zu verheerender Flamme auszuschlagen, so lange hat Europa, hat die Aelt keine Ruhe. Wie jene vernichtenden Gase, mit denen die Volker um Kriege steh mordeten, dringen jene Gedanken, deren Inbegriff wir Bolschewismus zu nennen uns gewöhnt haben, unaufhaltsam und aller Schranken spottend in die Wirtschaft jedes Landes, nur ungleich furchtbarer wie lere Knegsmittel weil ihre Schnelligkeit so ungeheuer ist und die Entfernung ste ihrer Kraft nicht beraubt. Nun ist aber Oberschlesien mit seinen gewaltigen Arbeitermassen em Gebiet, nicht nur der Ansteckung besonders ausgesetzt, sondern vor allem imstande. ,enen ver¬ derblichen Krankheitsstoff besonders rasch und stark zu entwickeln. Hiergegen sicher Su sein erfordert vor allem das eigenste Interesse jener Lander, die heute die Vertreter des Kapitalismus sind. . ^ ^ ^^^Damit spitzt sich das Problem auf die Frage zu. ob Polen oder Deutsch¬ land eher in der Lage sind, diese Sicherheiten, sowohl für die Kohlenforderungals auch für die Arbeiterbewegung zu gewährleisten. Was heute in Polen, vor- Wt. ist uns nur zum geringsten Teil bekannt. Sicher ist vieles. waS von Küchtlingen und Überläufern berichtet wurde, stark übertrieben. Trotzdem glauben nur alle es zu wissen, daß die Polen nicht das Volk sind, Sicherheit und Ord- nung zu schaffen oder auch nur zu erhalten. Ein Volk, das unter so viel ein- lächeren Verhältnissen nicht imstande war, seine nationale Einheit zu eryauen, kann bei der Vielgestaltigkeit des staatlichen Lebens der Jetztzeit, der ungeheuren und rascheste Lösung heischenden Fülle schwierigster Probleme, dazu rings um¬ geben von feindlichen Nachbaren unmöglich jenen Aufgaben gerecht werden Aber nur ein Tor darf wähnen, in diesen Gedankengängen e^glückliche Lösung gefunden zu haben. Denn auch wir unterstehen der Prüfung und dem Urteil jm r gewiß nicht wohlwollenden Richter denen wir nun caua ausgeliefert sind. Jeder neue Streik, jedes neue Emporschnellen der Lohne lebe neue Schwäche der maßgebenden Stellen, nicht nur in Ode^-ete,n Punkte des deutschen Wirtschaftslebens, ätz W Wagschale zu unsren Un- gunsten steigen. Ist Deutschland ebensowenig imstande. Sicherheit und Ordnung SU gewährleisten wie Polen, dann kommt Oberschlesien weder zu diesem noch zu

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_336289
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_336289/243
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_336289/243>, abgerufen am 15.01.2025.