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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr.

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Ueber deutsch-esthnische Handelsbeziehungen

notwendigsten Bedarfsartikel wie landwirtschaftliche Geräte, Maschinen und
Kunstdünger zu beschaffen.

Die Landwirte waren damit einverstanden. Der Flachs wurde geliefert
und man wartete auf die Gegenleistung. Man wartet noch heute, vergebens.
Die Negierung erfüllt ihre Bedingungen nicht. Wohl hatten die Zwischenhändler
nicht Vorteil, aber auch bei den Landwirten blieb er aus. Jedes wirtschaftliche
Unternehmen aber, welches Schaden bringt, wird ausgeschaltet. Das geschah
auch hier. Der Flachsbau wurde aufs äußerste beschränkt. In der Umgegend
von Dorpat z. B. auf ein Viertel der früher bebauten Fläche.

Wir wissen aber, daß das Fehlen der ausländischen Valuta sich in
unserem Staat am empfindlichsten fühlbar macht. Bis jetzt konnten wir aus¬
ländische Waren für Ostgeld kaufen. Wenn nun dieses ausgeht, was wohl
demnächst geschehen wird, dann sind wir in der größten Not. falls wir nicht
mehr Ausfuhrartikel beschaffen können. Der Flachs war solch ein Ausfuhr-
artikel, mit anderen Worten das Gold für den esthischen Staat".


Hier liegt der Ansatzpunkt, für eine aussichtsreiche Politik der Anbahnung
deutscher Handelsbeziehungen zu Esthland. In einer Zeit, wo die deutsche Mark
überall sank, ist man in Esthland froh. Oberostgeld (die Währung aus der Zeit
der deutschen Besatzung) zu haben. Zahlreiche Inserate in den esthnischen Zeitungen
lauten: "Kaufe Ostgeld." Die Regierung sah sich genötigt, ein Verbot des Handels
mit ausländischer Valuta in den Banken zu erlassen. Der von der Regierung
festgelegte Kurs ist eine deutsche Mark ^ eine esthnische Mark. Das hindert die
beteiligten Kreise aber nicht, für die deutsche Ob-Ost°Mark zwei esthnische Mark
zu zahlen. Man sieht unschwer das Vertrauen, das der esthnische Bauer in
die deutsche Wirtschaft setzt. Die oben erwähnte Zeitung der Landwirte sagt:
Wenn eine Partie deutscher landwirtschaftlicher Geräte usw. im esthnischen Handel
erscheinen würde, fände die Ware nicht reißenden Absatz? - Man könnte darauf
sagen: "So der Maaliit, er hat aber nur eine kleine Gruppe hinter sich."
Dagegen heißt es noch vor kurzem in einem Aussatz von gut unterrichteter Seite
über die Lage in Esthland I


"Die Rechtsparteien, an deren Spitze der ehemalige Ministerpräsident
Pads steht, sind viel stärker, als sich in der Konstituante zahlenmäßig zeigt.
In der Zukunft muß mit ihnen gerechnet werden, wenn sie im Augenblick auch
nur sehr geringen Einfluß auf die Regierung haben. Das führende Organ ist
der "Maaliit", der den Zusammenstoß mit der Landeswehr wiederholt in
schärfster Weise verurteilt hat. Pads sieht offenbar die Notwendigkeit ein, mit
den deutschen Elementen im Lande zu rechnen, und ist gegen deren Vernichtung."

Ebenso aber wie mit landwirtschaftlichen Artikeln, steht es mit anderen
Waren in Esthland. Als ich mich bei kürzlich angekommenen baltischen Flüchtlingen
nach den verschiedenen alten, guten deutschen Firmen erkundigte, bekam ich nur
allzu oft die Antwort: "Ist aus Mangel an Waren ein Kommissionsgeschäft
geworden." Die wie die Pilze aus der Erde geschossenen Kommissionsgeschäfte
handeln mit dem Hausrat, oft mit wunderbaren Kunstschätzen deutscher Emigranten.
Den völligen Mangel an Waren zeigt die in der Dorpater deutschen Zeitung
laut gewordene Klage eines Herrn, der zwanzig Mark für einen einfachen Uhr¬
schlüssel zahlen mußte. In Berlin konnte er zwölf Tage später einen ebensolchen
für fünfundsiebzig Pfennige kaufen.

Das Anknüpfen neuer ist hier nur das Fortführen altgewohnter Handels¬
beziehungen. Die esthnische Regierung legt dem jedenfalls nichts in den Weg.
Nach letzten Meldungen aus Esthland ist die Einfuhr von Eisen, Stahl, Nägeln,
landwirtschaftlichen Maschinen, Salz, Vrennöl, Schmieröl, Petroleum, Benzin,
Naphta, Mahut, Steinkohlen, Juchtenleder, Düngemitteln, von Gras- und Gemüse¬
saaten, Woll-, Bcmmwoll- und Leinengeweben ohne Genehmigung gestattet.

Nun hat zwar der zweite große Konkurrent Deutschlands, Amerika, es
verstanden, Esthland bei seinem schwachen Punkt, der Valuta zu fassen, um einen
Markt für seine Waren zu schaffen. "Paewaleht" berichtet hierüber:


Ueber deutsch-esthnische Handelsbeziehungen

notwendigsten Bedarfsartikel wie landwirtschaftliche Geräte, Maschinen und
Kunstdünger zu beschaffen.

Die Landwirte waren damit einverstanden. Der Flachs wurde geliefert
und man wartete auf die Gegenleistung. Man wartet noch heute, vergebens.
Die Negierung erfüllt ihre Bedingungen nicht. Wohl hatten die Zwischenhändler
nicht Vorteil, aber auch bei den Landwirten blieb er aus. Jedes wirtschaftliche
Unternehmen aber, welches Schaden bringt, wird ausgeschaltet. Das geschah
auch hier. Der Flachsbau wurde aufs äußerste beschränkt. In der Umgegend
von Dorpat z. B. auf ein Viertel der früher bebauten Fläche.

Wir wissen aber, daß das Fehlen der ausländischen Valuta sich in
unserem Staat am empfindlichsten fühlbar macht. Bis jetzt konnten wir aus¬
ländische Waren für Ostgeld kaufen. Wenn nun dieses ausgeht, was wohl
demnächst geschehen wird, dann sind wir in der größten Not. falls wir nicht
mehr Ausfuhrartikel beschaffen können. Der Flachs war solch ein Ausfuhr-
artikel, mit anderen Worten das Gold für den esthischen Staat".


Hier liegt der Ansatzpunkt, für eine aussichtsreiche Politik der Anbahnung
deutscher Handelsbeziehungen zu Esthland. In einer Zeit, wo die deutsche Mark
überall sank, ist man in Esthland froh. Oberostgeld (die Währung aus der Zeit
der deutschen Besatzung) zu haben. Zahlreiche Inserate in den esthnischen Zeitungen
lauten: „Kaufe Ostgeld." Die Regierung sah sich genötigt, ein Verbot des Handels
mit ausländischer Valuta in den Banken zu erlassen. Der von der Regierung
festgelegte Kurs ist eine deutsche Mark ^ eine esthnische Mark. Das hindert die
beteiligten Kreise aber nicht, für die deutsche Ob-Ost°Mark zwei esthnische Mark
zu zahlen. Man sieht unschwer das Vertrauen, das der esthnische Bauer in
die deutsche Wirtschaft setzt. Die oben erwähnte Zeitung der Landwirte sagt:
Wenn eine Partie deutscher landwirtschaftlicher Geräte usw. im esthnischen Handel
erscheinen würde, fände die Ware nicht reißenden Absatz? - Man könnte darauf
sagen: „So der Maaliit, er hat aber nur eine kleine Gruppe hinter sich."
Dagegen heißt es noch vor kurzem in einem Aussatz von gut unterrichteter Seite
über die Lage in Esthland I


„Die Rechtsparteien, an deren Spitze der ehemalige Ministerpräsident
Pads steht, sind viel stärker, als sich in der Konstituante zahlenmäßig zeigt.
In der Zukunft muß mit ihnen gerechnet werden, wenn sie im Augenblick auch
nur sehr geringen Einfluß auf die Regierung haben. Das führende Organ ist
der „Maaliit", der den Zusammenstoß mit der Landeswehr wiederholt in
schärfster Weise verurteilt hat. Pads sieht offenbar die Notwendigkeit ein, mit
den deutschen Elementen im Lande zu rechnen, und ist gegen deren Vernichtung."

Ebenso aber wie mit landwirtschaftlichen Artikeln, steht es mit anderen
Waren in Esthland. Als ich mich bei kürzlich angekommenen baltischen Flüchtlingen
nach den verschiedenen alten, guten deutschen Firmen erkundigte, bekam ich nur
allzu oft die Antwort: „Ist aus Mangel an Waren ein Kommissionsgeschäft
geworden." Die wie die Pilze aus der Erde geschossenen Kommissionsgeschäfte
handeln mit dem Hausrat, oft mit wunderbaren Kunstschätzen deutscher Emigranten.
Den völligen Mangel an Waren zeigt die in der Dorpater deutschen Zeitung
laut gewordene Klage eines Herrn, der zwanzig Mark für einen einfachen Uhr¬
schlüssel zahlen mußte. In Berlin konnte er zwölf Tage später einen ebensolchen
für fünfundsiebzig Pfennige kaufen.

Das Anknüpfen neuer ist hier nur das Fortführen altgewohnter Handels¬
beziehungen. Die esthnische Regierung legt dem jedenfalls nichts in den Weg.
Nach letzten Meldungen aus Esthland ist die Einfuhr von Eisen, Stahl, Nägeln,
landwirtschaftlichen Maschinen, Salz, Vrennöl, Schmieröl, Petroleum, Benzin,
Naphta, Mahut, Steinkohlen, Juchtenleder, Düngemitteln, von Gras- und Gemüse¬
saaten, Woll-, Bcmmwoll- und Leinengeweben ohne Genehmigung gestattet.

Nun hat zwar der zweite große Konkurrent Deutschlands, Amerika, es
verstanden, Esthland bei seinem schwachen Punkt, der Valuta zu fassen, um einen
Markt für seine Waren zu schaffen. „Paewaleht" berichtet hierüber:


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_336289/220>, abgerufen am 15.01.2025.