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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr.

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hier nicht der Ort, -auf diese Frage näher einzugehen. Das leuchtet jedoch ohne
weiteres ein, -daß, wenn und so lange eine solche Auffassung herrscht, solch ein
Prozeß unaufhaltsam fortschreiten wird. Sie wird sich aber nicht durchsetzen.
Erstürben ist bei den Deutschen nur der Wille, so weiter zu leben, wie bisher,
nur dem eigenen oder anderer Leute Wohlbehagen zu dienen. Wir wollen nicht
den Untergang, sondern weiterleben. Tös beweisen uns nicht leere Behaup¬
tungen, sondern die Taten und Leiden der Schützcngrabenmenschen, und ihre
Kinder heißen uns hoffen. Die Jahre des Krieges haben uns Gelegenheit zur
Umkehr geboten. Wir haben sie nicht genützt, saßen zu tief in der uns Deutschen
so unnatürlichen Vergötterung des Mammons drin. Aber wir verzweifeln trotz¬
dem nicht. Allerdings, was in -der Glut von vier Jahren nicht geschmiedet
werden konnte, kann nur in Jahrzehnten kalt gehämmert werden. Wie es
anderen Staaten des Abendlandes gehen wird, das ist ihre Sache. Es ist ein Irr¬
glaube, wir Deutschen müßten mit ihnen steigen und fallen. Unsere Lage ist jetzt
eine so ganz andere wie die ihrige. Auf der bisher mit ihnen gemeinsam ge¬
wandelten Bahn können wir sie niemals wieder einholen, -auch wenn wir wollten.
Wir haben unter uns schon solche, die auf der Suche nach einem neuen, eigenen
Ziele sind. Es kann nicht gefunden werden, ehe denn -wir zuvor ein Volk ge¬
worden sind."

Nicht nur der Augenschein lehrt, daß noch -ein ,Mtaat bei uns besteht,
sondern wir können uns einen staatlosen Zustand überhaupt nicht vorstellen.
Dieser Staat fühlt das Miswerhältnis zwischen sich -als Institution und dem
Volke und will ihm abhelfen, indem -er möglichst vielen Bolksteile-u zu Willen
ist. Wir sagen nichts dagegen, -weil wir glauben, daß darin -für eine notwendige
Übergangszeit das Richtige liegt. Nur müssen -wir uns klar -sein, daß solche Zeit
und solcher Staat der Ausklang einer Epoche ist. Wäre -es anders, dann freilich
würden die Propheten des Unterganges recht behalten- Sind wir erst ein-nun
wieder ein Volk geworden, dann haben wir auch unsere Organe, die unser Wille
zu Organen eines neuen, lebendigen Staates machen wird.

Was sollen Nur tun, um wieder Volk zu -werden? Diese Frage ist gänz¬
lich falsch gestellt. Hier haben wir eines von den Zielen vor uns, die nicht in
erster Linie durch Tun zu erreichen sind, also nicht eine politische Aufgabe, die
bewußtes Handeln zur Herbeiführung eines bestimmten Erfolges für eine Ge¬
meinschaft verlangt. In den Seelen unserer Volksgenossen schlummert noch,
unter vielem Schutt verborgen, die Liebe zu der um ihrer selbst willen und zu
keinem Zweck vorhandenen Volksgemeinschaft. Nicht nur auf dem Lande, wie
der Schützengraben uns überzeugt hat. Dort ist sie am kräftigsten, wo noch kein
bewußtes Gefühl daraus geworden ist, dessen künstliche Züchtung -durchaus ab¬
zulehnen ist. Wo ein bewußtes Gefühl dafür bereits vorhanden ist, da muß es
zur -Gesinnung werden. Die mögliche Aufgabe kann, also nur darin bestehen,
daß wir dem Erwachen, nicht Erwecken dieser stillen gebauten- und wovtelosen
Liebe den Weg frei machen durch Wegrä-umung des Schuttes. Er besteht aus
den vielen Lehren und hohl gewordenen Redensarten, -mit denen so manche aus
Parteigründen diese Liebe totschlagen oder zwangsweise erhalten wollten. Da
sie eine rationale Basis haben, so sind sie auch mit -Vernunftgründen zu be¬
kämpfen. Das erfordert allerdings sehr viel Takt, da die Grenze nach dem
Irrationalen hier nur mit großem Schaden überschritten werden kann. Diese
Liebe richtet sich sowohl auf den Heimatboden als auch auf das Heimatvolk.
Wie weit die Heimat räumlich empfunden -wird, richtet sich nach dem Gesichts¬
kreis der einzelnen. Meist -wird schon das Gefühl eine engere -und eine weitere
Heimat unterscheiden, beeinflußt von dem Anblick und der Erkenntnis äußerer
Tatsachen, -soweit sie den Menschen nahegebracht sind.

Wohl kann also -auch -etwas getan werden, um die Deutschen zu einem
Volke zu machen: Überwindung aller Theorien,, die die Liebe zur Volksgemein¬
schaft verschüttet haben, Ausbildung des wachgewordenen Gefühls zur Ge-


hier nicht der Ort, -auf diese Frage näher einzugehen. Das leuchtet jedoch ohne
weiteres ein, -daß, wenn und so lange eine solche Auffassung herrscht, solch ein
Prozeß unaufhaltsam fortschreiten wird. Sie wird sich aber nicht durchsetzen.
Erstürben ist bei den Deutschen nur der Wille, so weiter zu leben, wie bisher,
nur dem eigenen oder anderer Leute Wohlbehagen zu dienen. Wir wollen nicht
den Untergang, sondern weiterleben. Tös beweisen uns nicht leere Behaup¬
tungen, sondern die Taten und Leiden der Schützcngrabenmenschen, und ihre
Kinder heißen uns hoffen. Die Jahre des Krieges haben uns Gelegenheit zur
Umkehr geboten. Wir haben sie nicht genützt, saßen zu tief in der uns Deutschen
so unnatürlichen Vergötterung des Mammons drin. Aber wir verzweifeln trotz¬
dem nicht. Allerdings, was in -der Glut von vier Jahren nicht geschmiedet
werden konnte, kann nur in Jahrzehnten kalt gehämmert werden. Wie es
anderen Staaten des Abendlandes gehen wird, das ist ihre Sache. Es ist ein Irr¬
glaube, wir Deutschen müßten mit ihnen steigen und fallen. Unsere Lage ist jetzt
eine so ganz andere wie die ihrige. Auf der bisher mit ihnen gemeinsam ge¬
wandelten Bahn können wir sie niemals wieder einholen, -auch wenn wir wollten.
Wir haben unter uns schon solche, die auf der Suche nach einem neuen, eigenen
Ziele sind. Es kann nicht gefunden werden, ehe denn -wir zuvor ein Volk ge¬
worden sind."

Nicht nur der Augenschein lehrt, daß noch -ein ,Mtaat bei uns besteht,
sondern wir können uns einen staatlosen Zustand überhaupt nicht vorstellen.
Dieser Staat fühlt das Miswerhältnis zwischen sich -als Institution und dem
Volke und will ihm abhelfen, indem -er möglichst vielen Bolksteile-u zu Willen
ist. Wir sagen nichts dagegen, -weil wir glauben, daß darin -für eine notwendige
Übergangszeit das Richtige liegt. Nur müssen -wir uns klar -sein, daß solche Zeit
und solcher Staat der Ausklang einer Epoche ist. Wäre -es anders, dann freilich
würden die Propheten des Unterganges recht behalten- Sind wir erst ein-nun
wieder ein Volk geworden, dann haben wir auch unsere Organe, die unser Wille
zu Organen eines neuen, lebendigen Staates machen wird.

Was sollen Nur tun, um wieder Volk zu -werden? Diese Frage ist gänz¬
lich falsch gestellt. Hier haben wir eines von den Zielen vor uns, die nicht in
erster Linie durch Tun zu erreichen sind, also nicht eine politische Aufgabe, die
bewußtes Handeln zur Herbeiführung eines bestimmten Erfolges für eine Ge¬
meinschaft verlangt. In den Seelen unserer Volksgenossen schlummert noch,
unter vielem Schutt verborgen, die Liebe zu der um ihrer selbst willen und zu
keinem Zweck vorhandenen Volksgemeinschaft. Nicht nur auf dem Lande, wie
der Schützengraben uns überzeugt hat. Dort ist sie am kräftigsten, wo noch kein
bewußtes Gefühl daraus geworden ist, dessen künstliche Züchtung -durchaus ab¬
zulehnen ist. Wo ein bewußtes Gefühl dafür bereits vorhanden ist, da muß es
zur -Gesinnung werden. Die mögliche Aufgabe kann, also nur darin bestehen,
daß wir dem Erwachen, nicht Erwecken dieser stillen gebauten- und wovtelosen
Liebe den Weg frei machen durch Wegrä-umung des Schuttes. Er besteht aus
den vielen Lehren und hohl gewordenen Redensarten, -mit denen so manche aus
Parteigründen diese Liebe totschlagen oder zwangsweise erhalten wollten. Da
sie eine rationale Basis haben, so sind sie auch mit -Vernunftgründen zu be¬
kämpfen. Das erfordert allerdings sehr viel Takt, da die Grenze nach dem
Irrationalen hier nur mit großem Schaden überschritten werden kann. Diese
Liebe richtet sich sowohl auf den Heimatboden als auch auf das Heimatvolk.
Wie weit die Heimat räumlich empfunden -wird, richtet sich nach dem Gesichts¬
kreis der einzelnen. Meist -wird schon das Gefühl eine engere -und eine weitere
Heimat unterscheiden, beeinflußt von dem Anblick und der Erkenntnis äußerer
Tatsachen, -soweit sie den Menschen nahegebracht sind.

Wohl kann also -auch -etwas getan werden, um die Deutschen zu einem
Volke zu machen: Überwindung aller Theorien,, die die Liebe zur Volksgemein¬
schaft verschüttet haben, Ausbildung des wachgewordenen Gefühls zur Ge-


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[0204] hier nicht der Ort, -auf diese Frage näher einzugehen. Das leuchtet jedoch ohne weiteres ein, -daß, wenn und so lange eine solche Auffassung herrscht, solch ein Prozeß unaufhaltsam fortschreiten wird. Sie wird sich aber nicht durchsetzen. Erstürben ist bei den Deutschen nur der Wille, so weiter zu leben, wie bisher, nur dem eigenen oder anderer Leute Wohlbehagen zu dienen. Wir wollen nicht den Untergang, sondern weiterleben. Tös beweisen uns nicht leere Behaup¬ tungen, sondern die Taten und Leiden der Schützcngrabenmenschen, und ihre Kinder heißen uns hoffen. Die Jahre des Krieges haben uns Gelegenheit zur Umkehr geboten. Wir haben sie nicht genützt, saßen zu tief in der uns Deutschen so unnatürlichen Vergötterung des Mammons drin. Aber wir verzweifeln trotz¬ dem nicht. Allerdings, was in -der Glut von vier Jahren nicht geschmiedet werden konnte, kann nur in Jahrzehnten kalt gehämmert werden. Wie es anderen Staaten des Abendlandes gehen wird, das ist ihre Sache. Es ist ein Irr¬ glaube, wir Deutschen müßten mit ihnen steigen und fallen. Unsere Lage ist jetzt eine so ganz andere wie die ihrige. Auf der bisher mit ihnen gemeinsam ge¬ wandelten Bahn können wir sie niemals wieder einholen, -auch wenn wir wollten. Wir haben unter uns schon solche, die auf der Suche nach einem neuen, eigenen Ziele sind. Es kann nicht gefunden werden, ehe denn -wir zuvor ein Volk ge¬ worden sind." Nicht nur der Augenschein lehrt, daß noch -ein ,Mtaat bei uns besteht, sondern wir können uns einen staatlosen Zustand überhaupt nicht vorstellen. Dieser Staat fühlt das Miswerhältnis zwischen sich -als Institution und dem Volke und will ihm abhelfen, indem -er möglichst vielen Bolksteile-u zu Willen ist. Wir sagen nichts dagegen, -weil wir glauben, daß darin -für eine notwendige Übergangszeit das Richtige liegt. Nur müssen -wir uns klar -sein, daß solche Zeit und solcher Staat der Ausklang einer Epoche ist. Wäre -es anders, dann freilich würden die Propheten des Unterganges recht behalten- Sind wir erst ein-nun wieder ein Volk geworden, dann haben wir auch unsere Organe, die unser Wille zu Organen eines neuen, lebendigen Staates machen wird. Was sollen Nur tun, um wieder Volk zu -werden? Diese Frage ist gänz¬ lich falsch gestellt. Hier haben wir eines von den Zielen vor uns, die nicht in erster Linie durch Tun zu erreichen sind, also nicht eine politische Aufgabe, die bewußtes Handeln zur Herbeiführung eines bestimmten Erfolges für eine Ge¬ meinschaft verlangt. In den Seelen unserer Volksgenossen schlummert noch, unter vielem Schutt verborgen, die Liebe zu der um ihrer selbst willen und zu keinem Zweck vorhandenen Volksgemeinschaft. Nicht nur auf dem Lande, wie der Schützengraben uns überzeugt hat. Dort ist sie am kräftigsten, wo noch kein bewußtes Gefühl daraus geworden ist, dessen künstliche Züchtung -durchaus ab¬ zulehnen ist. Wo ein bewußtes Gefühl dafür bereits vorhanden ist, da muß es zur -Gesinnung werden. Die mögliche Aufgabe kann, also nur darin bestehen, daß wir dem Erwachen, nicht Erwecken dieser stillen gebauten- und wovtelosen Liebe den Weg frei machen durch Wegrä-umung des Schuttes. Er besteht aus den vielen Lehren und hohl gewordenen Redensarten, -mit denen so manche aus Parteigründen diese Liebe totschlagen oder zwangsweise erhalten wollten. Da sie eine rationale Basis haben, so sind sie auch mit -Vernunftgründen zu be¬ kämpfen. Das erfordert allerdings sehr viel Takt, da die Grenze nach dem Irrationalen hier nur mit großem Schaden überschritten werden kann. Diese Liebe richtet sich sowohl auf den Heimatboden als auch auf das Heimatvolk. Wie weit die Heimat räumlich empfunden -wird, richtet sich nach dem Gesichts¬ kreis der einzelnen. Meist -wird schon das Gefühl eine engere -und eine weitere Heimat unterscheiden, beeinflußt von dem Anblick und der Erkenntnis äußerer Tatsachen, -soweit sie den Menschen nahegebracht sind. Wohl kann also -auch -etwas getan werden, um die Deutschen zu einem Volke zu machen: Überwindung aller Theorien,, die die Liebe zur Volksgemein¬ schaft verschüttet haben, Ausbildung des wachgewordenen Gefühls zur Ge-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_336289/204>, abgerufen am 15.01.2025.