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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr.

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Brauchen wir ein Reichssprachamt?

gesagt sein, daß es nicht mit einer sonstigen bereits bestehenden oder noch zu
schaffenden Reichsbehörde -- etwa einem Neichsschulamt oder einem Reichsamt
zur Pflege des Deutschtums schlechthin -- verbunden werden könnte, im Gegenteil
wäre solche Verbindung sehr zweckmäßig; ebenso dürfte eine nahe Beziehung zu
den Kräften, die heute im Dienste des Reichs am Grimmschen Wörterbuch tätig
sind, unumgänglich und beiden Zwecken von Vorteil sein. Die Kostenfrage, an
der sich bei der heutigen Lage des Reiches vielleicht auch mancher grundsätzliche
Anhänger des Gedankens stoßen möchte, kann ernsthaft nicht ins Gewicht fallen,
denn die Kosten, um die es sich hier handelt, spielen neben den Lasten, die dem
Reiche durch den unglücklichen Ausgang des Krieges auferlegt werden, gar keine
Rolle; und wenn nach dem Zusammenbruch von 1806 das ausgesogene Preußen
sich damals die Universüüt Berlin gründete, um sich selbst wieder einen geistigen
Halt zu geben, so ist dem von allen Seiten mit Auflösung und Zerfall bkdrohten
deutschen Volkstum von heute eine Anstalt, die den eigentlichen Kern und Träger
dieses Volkstums in seiner Sprache stärkt und pflegt, mindestens ebenso sehr ein
dringendes Bedürfnis -- von den unmittelbaren" Erfordernissen des amtlichen
Lebens, von denen oben schon die Rede war, ganz zu schweigen. Zur Frage der
Kosten ist übrigens außerdem zu bemerken, daß in den nächsten Jahren und
Jahrzehnten ja auch eine Reihe von Ausgaben, die das Reich früher zu allerlei
wissenschaftlichen Zwecken wie Altertumsforschung usw. aufwandte, in Wegfall
kommen dürfte; der als dringend notwendig erkannten Aufgabe der deutschen
Sprachpflege aber darf wohl auch das verarmte und niedergeworfene Reich von
heute die gleiche Opferfähigkeit entgegenbringen wie das Reich des Glanzes den
Ausgrabungen von Olympia oder dem Steinmcmnschen Werk über die Sixtinischs
Kapelle. Auch darf hier wohl daran erinnert werden, daß das Neichssprachmnt
SU den Forderungen gehört, die schon im alten Reichstag antragsmäßig behandelt
wurden, und daß es seinerzeit vielleicht nur durch ein Mißverständnis nicht zu
seiner Annahme kam. Im Sommer 1913 wurde von Abgeordneten der Rechten
und des Zentrums ein dahingehender Antrag eingebracht, der auch zahlreiche
Anhänger fand; er wäre zweifellos durchgegangen, wenn damals nicht die National-
uberalen unter Bassermanns Führung unbegreiflicherweise versagt hätten. Ob
Ulm unter den heutigen Verhältnissen, wo die Notwendigkeit verstärkter deutscher
Selbstbesinnung und Selbstbehauptung auch in Kreisen eingesehen wird, die
früher von solcher Erkenntnis weit entfernt waren, ein besseres Schicksal beschieden
sem wird?

Im Jahre 1636 hat Richelieu die französische Akademie gestiftet, die
bekanntlich die Pflege der französischen Sprache von Anfang an zu ihren
wichtigsten Aufgaben zählte. Es waren nicht in erster Reihe gelehrte Neigungen
"der geistige Bestrebungen, die ihn zu dieser Gründung veranlaßten, sondern vor
allem die Absicht, die Sprache der Isis ele Trance, die natürlicherweise die Sprache
der Verwaltungsbehörden des von Paris aus regierten Landes war, gegenüber
ven Provenzalischen, Burgundischen usw. zur unumstritten herrschenden zu
wachen und so aus dem damals noch in viele Stämme und Mundarten zerfallenden
Weiche seines Herrschers eine im wahren Sinn des Wortes einheitliche französische
Nation zu schaffen. Diese Absicht ist ihm bekanntlich im vollsten Maße gelungen
7" un scharfen Gegensatz zum deutschen Volke, dessen sprachliche Verschiedenheiten
Wgar zur politischen Loslösung der westfriestschen und niederfränkischen Bevölkerung
w den Niederlanden geführt haben und trotz unserer äußeren Einheit noch heute
Manche Ursache innerer Stammesgegensätze bilden. Wenn Frankreich in so viel
höherem Maße als Deutschland nach innen und außen sich als einheitliche Nation
n?l! ' 5" daran auch die sprachliche Arbeit der französischen Akademie einen
u'ehe zu unterschätzenden Anteil. Man hat gegen deren Entscheidungen und
"Msetzungen bekanntlich schon manche Vorwürfe erhoben, und es steht außer
un", l l. daß diese Entscheidungen in manchen Fällen tatsächlich unzweckmäßiguno selbst -- so namentlich in einzelnen Schreibungen, Akzentsetzungen und der-
"wichen -- schlechtweg falsch sind. Diese Irrtümer waren überwiegend eine


Grenzboten IV 1919 10
Brauchen wir ein Reichssprachamt?

gesagt sein, daß es nicht mit einer sonstigen bereits bestehenden oder noch zu
schaffenden Reichsbehörde — etwa einem Neichsschulamt oder einem Reichsamt
zur Pflege des Deutschtums schlechthin — verbunden werden könnte, im Gegenteil
wäre solche Verbindung sehr zweckmäßig; ebenso dürfte eine nahe Beziehung zu
den Kräften, die heute im Dienste des Reichs am Grimmschen Wörterbuch tätig
sind, unumgänglich und beiden Zwecken von Vorteil sein. Die Kostenfrage, an
der sich bei der heutigen Lage des Reiches vielleicht auch mancher grundsätzliche
Anhänger des Gedankens stoßen möchte, kann ernsthaft nicht ins Gewicht fallen,
denn die Kosten, um die es sich hier handelt, spielen neben den Lasten, die dem
Reiche durch den unglücklichen Ausgang des Krieges auferlegt werden, gar keine
Rolle; und wenn nach dem Zusammenbruch von 1806 das ausgesogene Preußen
sich damals die Universüüt Berlin gründete, um sich selbst wieder einen geistigen
Halt zu geben, so ist dem von allen Seiten mit Auflösung und Zerfall bkdrohten
deutschen Volkstum von heute eine Anstalt, die den eigentlichen Kern und Träger
dieses Volkstums in seiner Sprache stärkt und pflegt, mindestens ebenso sehr ein
dringendes Bedürfnis — von den unmittelbaren" Erfordernissen des amtlichen
Lebens, von denen oben schon die Rede war, ganz zu schweigen. Zur Frage der
Kosten ist übrigens außerdem zu bemerken, daß in den nächsten Jahren und
Jahrzehnten ja auch eine Reihe von Ausgaben, die das Reich früher zu allerlei
wissenschaftlichen Zwecken wie Altertumsforschung usw. aufwandte, in Wegfall
kommen dürfte; der als dringend notwendig erkannten Aufgabe der deutschen
Sprachpflege aber darf wohl auch das verarmte und niedergeworfene Reich von
heute die gleiche Opferfähigkeit entgegenbringen wie das Reich des Glanzes den
Ausgrabungen von Olympia oder dem Steinmcmnschen Werk über die Sixtinischs
Kapelle. Auch darf hier wohl daran erinnert werden, daß das Neichssprachmnt
SU den Forderungen gehört, die schon im alten Reichstag antragsmäßig behandelt
wurden, und daß es seinerzeit vielleicht nur durch ein Mißverständnis nicht zu
seiner Annahme kam. Im Sommer 1913 wurde von Abgeordneten der Rechten
und des Zentrums ein dahingehender Antrag eingebracht, der auch zahlreiche
Anhänger fand; er wäre zweifellos durchgegangen, wenn damals nicht die National-
uberalen unter Bassermanns Führung unbegreiflicherweise versagt hätten. Ob
Ulm unter den heutigen Verhältnissen, wo die Notwendigkeit verstärkter deutscher
Selbstbesinnung und Selbstbehauptung auch in Kreisen eingesehen wird, die
früher von solcher Erkenntnis weit entfernt waren, ein besseres Schicksal beschieden
sem wird?

Im Jahre 1636 hat Richelieu die französische Akademie gestiftet, die
bekanntlich die Pflege der französischen Sprache von Anfang an zu ihren
wichtigsten Aufgaben zählte. Es waren nicht in erster Reihe gelehrte Neigungen
"der geistige Bestrebungen, die ihn zu dieser Gründung veranlaßten, sondern vor
allem die Absicht, die Sprache der Isis ele Trance, die natürlicherweise die Sprache
der Verwaltungsbehörden des von Paris aus regierten Landes war, gegenüber
ven Provenzalischen, Burgundischen usw. zur unumstritten herrschenden zu
wachen und so aus dem damals noch in viele Stämme und Mundarten zerfallenden
Weiche seines Herrschers eine im wahren Sinn des Wortes einheitliche französische
Nation zu schaffen. Diese Absicht ist ihm bekanntlich im vollsten Maße gelungen
7" un scharfen Gegensatz zum deutschen Volke, dessen sprachliche Verschiedenheiten
Wgar zur politischen Loslösung der westfriestschen und niederfränkischen Bevölkerung
w den Niederlanden geführt haben und trotz unserer äußeren Einheit noch heute
Manche Ursache innerer Stammesgegensätze bilden. Wenn Frankreich in so viel
höherem Maße als Deutschland nach innen und außen sich als einheitliche Nation
n?l! ' 5" daran auch die sprachliche Arbeit der französischen Akademie einen
u'ehe zu unterschätzenden Anteil. Man hat gegen deren Entscheidungen und
»Msetzungen bekanntlich schon manche Vorwürfe erhoben, und es steht außer
un", l l. daß diese Entscheidungen in manchen Fällen tatsächlich unzweckmäßiguno selbst — so namentlich in einzelnen Schreibungen, Akzentsetzungen und der-
«wichen — schlechtweg falsch sind. Diese Irrtümer waren überwiegend eine


Grenzboten IV 1919 10
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[0121] Brauchen wir ein Reichssprachamt? gesagt sein, daß es nicht mit einer sonstigen bereits bestehenden oder noch zu schaffenden Reichsbehörde — etwa einem Neichsschulamt oder einem Reichsamt zur Pflege des Deutschtums schlechthin — verbunden werden könnte, im Gegenteil wäre solche Verbindung sehr zweckmäßig; ebenso dürfte eine nahe Beziehung zu den Kräften, die heute im Dienste des Reichs am Grimmschen Wörterbuch tätig sind, unumgänglich und beiden Zwecken von Vorteil sein. Die Kostenfrage, an der sich bei der heutigen Lage des Reiches vielleicht auch mancher grundsätzliche Anhänger des Gedankens stoßen möchte, kann ernsthaft nicht ins Gewicht fallen, denn die Kosten, um die es sich hier handelt, spielen neben den Lasten, die dem Reiche durch den unglücklichen Ausgang des Krieges auferlegt werden, gar keine Rolle; und wenn nach dem Zusammenbruch von 1806 das ausgesogene Preußen sich damals die Universüüt Berlin gründete, um sich selbst wieder einen geistigen Halt zu geben, so ist dem von allen Seiten mit Auflösung und Zerfall bkdrohten deutschen Volkstum von heute eine Anstalt, die den eigentlichen Kern und Träger dieses Volkstums in seiner Sprache stärkt und pflegt, mindestens ebenso sehr ein dringendes Bedürfnis — von den unmittelbaren" Erfordernissen des amtlichen Lebens, von denen oben schon die Rede war, ganz zu schweigen. Zur Frage der Kosten ist übrigens außerdem zu bemerken, daß in den nächsten Jahren und Jahrzehnten ja auch eine Reihe von Ausgaben, die das Reich früher zu allerlei wissenschaftlichen Zwecken wie Altertumsforschung usw. aufwandte, in Wegfall kommen dürfte; der als dringend notwendig erkannten Aufgabe der deutschen Sprachpflege aber darf wohl auch das verarmte und niedergeworfene Reich von heute die gleiche Opferfähigkeit entgegenbringen wie das Reich des Glanzes den Ausgrabungen von Olympia oder dem Steinmcmnschen Werk über die Sixtinischs Kapelle. Auch darf hier wohl daran erinnert werden, daß das Neichssprachmnt SU den Forderungen gehört, die schon im alten Reichstag antragsmäßig behandelt wurden, und daß es seinerzeit vielleicht nur durch ein Mißverständnis nicht zu seiner Annahme kam. Im Sommer 1913 wurde von Abgeordneten der Rechten und des Zentrums ein dahingehender Antrag eingebracht, der auch zahlreiche Anhänger fand; er wäre zweifellos durchgegangen, wenn damals nicht die National- uberalen unter Bassermanns Führung unbegreiflicherweise versagt hätten. Ob Ulm unter den heutigen Verhältnissen, wo die Notwendigkeit verstärkter deutscher Selbstbesinnung und Selbstbehauptung auch in Kreisen eingesehen wird, die früher von solcher Erkenntnis weit entfernt waren, ein besseres Schicksal beschieden sem wird? Im Jahre 1636 hat Richelieu die französische Akademie gestiftet, die bekanntlich die Pflege der französischen Sprache von Anfang an zu ihren wichtigsten Aufgaben zählte. Es waren nicht in erster Reihe gelehrte Neigungen "der geistige Bestrebungen, die ihn zu dieser Gründung veranlaßten, sondern vor allem die Absicht, die Sprache der Isis ele Trance, die natürlicherweise die Sprache der Verwaltungsbehörden des von Paris aus regierten Landes war, gegenüber ven Provenzalischen, Burgundischen usw. zur unumstritten herrschenden zu wachen und so aus dem damals noch in viele Stämme und Mundarten zerfallenden Weiche seines Herrschers eine im wahren Sinn des Wortes einheitliche französische Nation zu schaffen. Diese Absicht ist ihm bekanntlich im vollsten Maße gelungen 7" un scharfen Gegensatz zum deutschen Volke, dessen sprachliche Verschiedenheiten Wgar zur politischen Loslösung der westfriestschen und niederfränkischen Bevölkerung w den Niederlanden geführt haben und trotz unserer äußeren Einheit noch heute Manche Ursache innerer Stammesgegensätze bilden. Wenn Frankreich in so viel höherem Maße als Deutschland nach innen und außen sich als einheitliche Nation n?l! ' 5" daran auch die sprachliche Arbeit der französischen Akademie einen u'ehe zu unterschätzenden Anteil. Man hat gegen deren Entscheidungen und »Msetzungen bekanntlich schon manche Vorwürfe erhoben, und es steht außer un", l l. daß diese Entscheidungen in manchen Fällen tatsächlich unzweckmäßiguno selbst — so namentlich in einzelnen Schreibungen, Akzentsetzungen und der- «wichen — schlechtweg falsch sind. Diese Irrtümer waren überwiegend eine Grenzboten IV 1919 10

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_336289/121>, abgerufen am 15.01.2025.