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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr.

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vom Altertum zur Gegenwart

tetes, Scaliger und Ronsard die antikisierende Formdichtung, die bis dahin
lateinisch erklungen war, durch Martin Opitz in deutscher Sprache Gemeingut
der Gebildeten, Lessing reinigt den Aristoteles und die griechische Tragödie von
der französischen Schminke, Winckelmann und Herder üben ihre neue Anschauungs¬
weise an griechischer Kunst, an griechischer Dichtung, und die Entdeckung Homers
bildet den Nährboden sür den deutschen Neuhumanismus. Was Roethe über
ihn zu sagen weiß, wie er Goethe und Schiller, F. A. Wolf und W. v. Humboldt
in diesen Rahmen hineinstellt, ja wie er den "befreienden Geist des Hellenentums"
bis in unsere Tage verfolgt und Nietzsche wie Spitteler, Hoffmannsthal,
G. Hauptmann samt all den Neueren in ihrem Verhältnis zur Antike schildert,
das muß man bei ihm selbst nachlesen, wenn man nichts von dem Feingold
seiner wohlabgewogenen Darlegungen einbüßen will."

An den "Übergang von der Antike zum Mittelalter, den wir für einen
Augenblick verlassen hatten, um Zusammengehöriges nicht trennen zu müssen,
reiht sich eine Abhandlung von Walter Goetz über die Wiederaufnahme der
Antike im Mittelalter und in der Renaissance: Italien, in vieler Hinsicht das
Mutterland der europäischen Kultur, läßt in seiner Renaissance nicht so sehr tiefe
Gegensätze zum Mittelalter, sondern vielmehr dessen notwendige Weiterentwicklung
erkennen. Auch bei den andern romanischen und den germanischen Völkern ist
die Antike niemals allein die treibende Kraft zum Neuen gewesen; aber sie hatte
ihre Geltung neben dein vorhandenen Bestreben zur Entfaltung eines eigenen
Kulturlebens. Erst von der Hochrenaissance läßt sich sagen, daß in ihr das
nationale Element im wesentlichen gesiegt hat, wenngleich seine Erhöhung zum
großen Teil auf dem beruht, was ihm das Altertum zugeführt hatte.

Mit außerordentlicher Klarheit bespricht sodann Paul Hensel den Neu¬
humanismus, fragt, worin er dem Humanismus der Renaissance gleiche und
wodurch er sich von ihm unterscheide, und findet, daß auch hier von einer
erstarkten Tradition fort der Weg zu den Quellen gesucht und die Freilegung
origineller Gedanken von der angebauten Tradition erstrebt worden sei, daß es
sich aber nur um eine vorwiegend deutsche Angelegenheit und fast ausschließlich
um die Wiedergewinnung des Griechentums gehandelt habe. Diese Darlegungen
werden erläutert durch wertvolle Ausblicke auf die literarischen Schöpfer und
Träger der ganzen Bewegung, auf Herder und Goethe, auf Schiller und Humboldt,
aber auch auf Hölderlin, F. Schlegel und Schelling.

Nicht weniger anziehend ist die reichhaltige Übersicht, in der Eduard
Spranger das 19.' Jahrhundert und das Altertum behandelt. Indem er für die
Auffassung des Altertums von zwei verschiedenen "Einstellungen", der historischen
und der idealisierenden, ausgeht, findet er als ein Mittleres zwischen beiden "die
Abhängigkeit der Geschichtsauffassung von der jeweiligen Bewußtseinslage der
Gegenwart." Danach unterscheidet er zwischen dem reinen Klassizismus, der
Romantik, bei der sich teils eine mehr politische Bewertung, teils eine besonders
in der bildenden Kunst hervortretende christlich-griechische bemerkbar macht, bis
schließlich die historische Wiederbelebung der antiken Philosophie in den Vorder¬
grund tritt, ferner die durch den jungen Nietzsche angebahnte Neuromantik und
zuletzt eine seit den achtziger Jahren maßgebend gewordene kulturgeschichtliche
Auffassung. Es ist ganz unmöglich, hier im einzelnen auszuführen, wie sich
Sprangers scharfblickendem Auge das Verhältnis der Antike zu den führenden
Geistern der jüngsten Vergangenheit und der Gegenwart darstellt. Das Gesamt-
Siel, das dieser Epoche vorschwebt, läßt sich vielleicht am besten wiedergeben durch
die Worte, mit denen insbesondere die Bestrebungen Jacob Burckhardts gekennzeichnet
Werden: "aus fortschreitender Selbstbesinnung über unser Leben die Antike zu
verstehen und aus diesem Verständnis wieder unser eigenes Leben seelisch aus¬
zuweiden, zu erläutern und zu erhöhen." . ^. . ^ "

Außerordentlich interessant ist es nun, zu sehen, eene diese mehr allgemeinen
Beobachtungen von besonderen Kennern für die verschiedensten Wissensgebiete im
einzelnen als zutreffend nachgewiesen werden. Immer wieder finden wir bestätigt,


vom Altertum zur Gegenwart

tetes, Scaliger und Ronsard die antikisierende Formdichtung, die bis dahin
lateinisch erklungen war, durch Martin Opitz in deutscher Sprache Gemeingut
der Gebildeten, Lessing reinigt den Aristoteles und die griechische Tragödie von
der französischen Schminke, Winckelmann und Herder üben ihre neue Anschauungs¬
weise an griechischer Kunst, an griechischer Dichtung, und die Entdeckung Homers
bildet den Nährboden sür den deutschen Neuhumanismus. Was Roethe über
ihn zu sagen weiß, wie er Goethe und Schiller, F. A. Wolf und W. v. Humboldt
in diesen Rahmen hineinstellt, ja wie er den „befreienden Geist des Hellenentums"
bis in unsere Tage verfolgt und Nietzsche wie Spitteler, Hoffmannsthal,
G. Hauptmann samt all den Neueren in ihrem Verhältnis zur Antike schildert,
das muß man bei ihm selbst nachlesen, wenn man nichts von dem Feingold
seiner wohlabgewogenen Darlegungen einbüßen will."

An den „Übergang von der Antike zum Mittelalter, den wir für einen
Augenblick verlassen hatten, um Zusammengehöriges nicht trennen zu müssen,
reiht sich eine Abhandlung von Walter Goetz über die Wiederaufnahme der
Antike im Mittelalter und in der Renaissance: Italien, in vieler Hinsicht das
Mutterland der europäischen Kultur, läßt in seiner Renaissance nicht so sehr tiefe
Gegensätze zum Mittelalter, sondern vielmehr dessen notwendige Weiterentwicklung
erkennen. Auch bei den andern romanischen und den germanischen Völkern ist
die Antike niemals allein die treibende Kraft zum Neuen gewesen; aber sie hatte
ihre Geltung neben dein vorhandenen Bestreben zur Entfaltung eines eigenen
Kulturlebens. Erst von der Hochrenaissance läßt sich sagen, daß in ihr das
nationale Element im wesentlichen gesiegt hat, wenngleich seine Erhöhung zum
großen Teil auf dem beruht, was ihm das Altertum zugeführt hatte.

Mit außerordentlicher Klarheit bespricht sodann Paul Hensel den Neu¬
humanismus, fragt, worin er dem Humanismus der Renaissance gleiche und
wodurch er sich von ihm unterscheide, und findet, daß auch hier von einer
erstarkten Tradition fort der Weg zu den Quellen gesucht und die Freilegung
origineller Gedanken von der angebauten Tradition erstrebt worden sei, daß es
sich aber nur um eine vorwiegend deutsche Angelegenheit und fast ausschließlich
um die Wiedergewinnung des Griechentums gehandelt habe. Diese Darlegungen
werden erläutert durch wertvolle Ausblicke auf die literarischen Schöpfer und
Träger der ganzen Bewegung, auf Herder und Goethe, auf Schiller und Humboldt,
aber auch auf Hölderlin, F. Schlegel und Schelling.

Nicht weniger anziehend ist die reichhaltige Übersicht, in der Eduard
Spranger das 19.' Jahrhundert und das Altertum behandelt. Indem er für die
Auffassung des Altertums von zwei verschiedenen „Einstellungen", der historischen
und der idealisierenden, ausgeht, findet er als ein Mittleres zwischen beiden „die
Abhängigkeit der Geschichtsauffassung von der jeweiligen Bewußtseinslage der
Gegenwart." Danach unterscheidet er zwischen dem reinen Klassizismus, der
Romantik, bei der sich teils eine mehr politische Bewertung, teils eine besonders
in der bildenden Kunst hervortretende christlich-griechische bemerkbar macht, bis
schließlich die historische Wiederbelebung der antiken Philosophie in den Vorder¬
grund tritt, ferner die durch den jungen Nietzsche angebahnte Neuromantik und
zuletzt eine seit den achtziger Jahren maßgebend gewordene kulturgeschichtliche
Auffassung. Es ist ganz unmöglich, hier im einzelnen auszuführen, wie sich
Sprangers scharfblickendem Auge das Verhältnis der Antike zu den führenden
Geistern der jüngsten Vergangenheit und der Gegenwart darstellt. Das Gesamt-
Siel, das dieser Epoche vorschwebt, läßt sich vielleicht am besten wiedergeben durch
die Worte, mit denen insbesondere die Bestrebungen Jacob Burckhardts gekennzeichnet
Werden: „aus fortschreitender Selbstbesinnung über unser Leben die Antike zu
verstehen und aus diesem Verständnis wieder unser eigenes Leben seelisch aus¬
zuweiden, zu erläutern und zu erhöhen." . ^. . ^ „

Außerordentlich interessant ist es nun, zu sehen, eene diese mehr allgemeinen
Beobachtungen von besonderen Kennern für die verschiedensten Wissensgebiete im
einzelnen als zutreffend nachgewiesen werden. Immer wieder finden wir bestätigt,


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[0101] vom Altertum zur Gegenwart tetes, Scaliger und Ronsard die antikisierende Formdichtung, die bis dahin lateinisch erklungen war, durch Martin Opitz in deutscher Sprache Gemeingut der Gebildeten, Lessing reinigt den Aristoteles und die griechische Tragödie von der französischen Schminke, Winckelmann und Herder üben ihre neue Anschauungs¬ weise an griechischer Kunst, an griechischer Dichtung, und die Entdeckung Homers bildet den Nährboden sür den deutschen Neuhumanismus. Was Roethe über ihn zu sagen weiß, wie er Goethe und Schiller, F. A. Wolf und W. v. Humboldt in diesen Rahmen hineinstellt, ja wie er den „befreienden Geist des Hellenentums" bis in unsere Tage verfolgt und Nietzsche wie Spitteler, Hoffmannsthal, G. Hauptmann samt all den Neueren in ihrem Verhältnis zur Antike schildert, das muß man bei ihm selbst nachlesen, wenn man nichts von dem Feingold seiner wohlabgewogenen Darlegungen einbüßen will." An den „Übergang von der Antike zum Mittelalter, den wir für einen Augenblick verlassen hatten, um Zusammengehöriges nicht trennen zu müssen, reiht sich eine Abhandlung von Walter Goetz über die Wiederaufnahme der Antike im Mittelalter und in der Renaissance: Italien, in vieler Hinsicht das Mutterland der europäischen Kultur, läßt in seiner Renaissance nicht so sehr tiefe Gegensätze zum Mittelalter, sondern vielmehr dessen notwendige Weiterentwicklung erkennen. Auch bei den andern romanischen und den germanischen Völkern ist die Antike niemals allein die treibende Kraft zum Neuen gewesen; aber sie hatte ihre Geltung neben dein vorhandenen Bestreben zur Entfaltung eines eigenen Kulturlebens. Erst von der Hochrenaissance läßt sich sagen, daß in ihr das nationale Element im wesentlichen gesiegt hat, wenngleich seine Erhöhung zum großen Teil auf dem beruht, was ihm das Altertum zugeführt hatte. Mit außerordentlicher Klarheit bespricht sodann Paul Hensel den Neu¬ humanismus, fragt, worin er dem Humanismus der Renaissance gleiche und wodurch er sich von ihm unterscheide, und findet, daß auch hier von einer erstarkten Tradition fort der Weg zu den Quellen gesucht und die Freilegung origineller Gedanken von der angebauten Tradition erstrebt worden sei, daß es sich aber nur um eine vorwiegend deutsche Angelegenheit und fast ausschließlich um die Wiedergewinnung des Griechentums gehandelt habe. Diese Darlegungen werden erläutert durch wertvolle Ausblicke auf die literarischen Schöpfer und Träger der ganzen Bewegung, auf Herder und Goethe, auf Schiller und Humboldt, aber auch auf Hölderlin, F. Schlegel und Schelling. Nicht weniger anziehend ist die reichhaltige Übersicht, in der Eduard Spranger das 19.' Jahrhundert und das Altertum behandelt. Indem er für die Auffassung des Altertums von zwei verschiedenen „Einstellungen", der historischen und der idealisierenden, ausgeht, findet er als ein Mittleres zwischen beiden „die Abhängigkeit der Geschichtsauffassung von der jeweiligen Bewußtseinslage der Gegenwart." Danach unterscheidet er zwischen dem reinen Klassizismus, der Romantik, bei der sich teils eine mehr politische Bewertung, teils eine besonders in der bildenden Kunst hervortretende christlich-griechische bemerkbar macht, bis schließlich die historische Wiederbelebung der antiken Philosophie in den Vorder¬ grund tritt, ferner die durch den jungen Nietzsche angebahnte Neuromantik und zuletzt eine seit den achtziger Jahren maßgebend gewordene kulturgeschichtliche Auffassung. Es ist ganz unmöglich, hier im einzelnen auszuführen, wie sich Sprangers scharfblickendem Auge das Verhältnis der Antike zu den führenden Geistern der jüngsten Vergangenheit und der Gegenwart darstellt. Das Gesamt- Siel, das dieser Epoche vorschwebt, läßt sich vielleicht am besten wiedergeben durch die Worte, mit denen insbesondere die Bestrebungen Jacob Burckhardts gekennzeichnet Werden: „aus fortschreitender Selbstbesinnung über unser Leben die Antike zu verstehen und aus diesem Verständnis wieder unser eigenes Leben seelisch aus¬ zuweiden, zu erläutern und zu erhöhen." . ^. . ^ „ Außerordentlich interessant ist es nun, zu sehen, eene diese mehr allgemeinen Beobachtungen von besonderen Kennern für die verschiedensten Wissensgebiete im einzelnen als zutreffend nachgewiesen werden. Immer wieder finden wir bestätigt,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_336289/101>, abgerufen am 15.01.2025.