Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Materialien zur ostdeutschen Frage

[Beginn Spaltensatz]

Es kamen Nachrichten über die Siege der
Deutschen, schon schien es, daß unter der
Wucht der deutschen Faust die Völker des
Westens fallen werden. Unser Volk blieb sich
treu, es ließ sich vom Schein nicht hinreißen,
denn es glaubte daran, daß die Gerechtigkeit
und Freiheit siegen muß, daß sie siegen muß
"ach Hekatomben von Opfern, nach einem
Meer von Blut und Tränen. Und mit
diesem unverbrüchlichen Glauben hielt auch
s>:in sicheres Bewußtsein stand, daß die Idee
der Freiheit und des Rechts, deren tapfere
Vorkämpfer die Entente, also Frankreich,
England, Italien und die Vereinigten Staaten
waren, über die brutale deutsche Idee der
Macht über das Recht siegen muß.

Die tapferen, siegreichen Kämpfer an der
Marne, auf den Feldern Flanderns, an der
Mosel, in der Champagne, bei Verdun und
um der Piave haben trotz dem veränderlichen
Äriegsglück Wunder von Tapferkeit, Wunder
l'on Heldentum und Aufopferung, sowie Eifer
und Glauben von feiten der Entente hervor¬
gerufen, daß von ihnen eine übermächtige
Kraft ausging, welche schwache und bedrückte
Völker zur Ausdauer anregte. Es war das
die Kraft, welche unseren Glauben stärkte.
Wir wußten nämlich, daß hohe Ideale dort
T>Um waren, für die man sein Blut und
sein Leben gibt. Und als der greise aber
5U gleicher Zeit jugendliche Ministerpräsident
Tlemenceau und Pichon, als Lloyd George,
Orlando und zuletzt der edle Präsident Wilson
das Wort "Polen" aussprachen, fühlten wir,
daß in denselben Tat und Willen enthalten
'se, daß Polen auferstehe.

Dr. Krysiewiecz hielt eine französische
Begrüßungsrede, in der er u. a. sagte:

"Meine HerrenI Ich habe die Ehre, Sie,
Kehrte Herren, im Namen des Obersten
Bollsrates zu begrüßen, welcher während
der jetzigen Übergangszeit bis zum Beschluß
d°s Friedenskongresses die Vertretung aller
Polen, des bisherigen preußischen Teilgebietes
darstellt.

Sie befinden sich hier auf dem Grund
und Boden desjenigen Teiles Polens, auf
welchem vor tausend Jahren die Wiege des
polnischen Reiches stand. Von dem Zerfall
"2 Polnischen Reiches beginnend, mußte

[Spaltenumbruch]

dieser Teil Polens den ganzen furchtbaren
Kampf mit der germanischen Übermacht tragen.

Sie haben in diesem Weltkriege, welcher,
wie Sie sich überzeugt haben, noch nicht zu
Ende ist, erkannt, welchen Zwecken die Macht
und die Kraft des Deutschen Reiches diente
und welche Methoden sie angewendet hat.
Deshalb können Sie auf Grund dieser
eigenen Erfahrungen sich unsere Leiden wäh¬
rend dieser Sklavenzeit vorstellen.

Wenn wir trotzdem widerstanden haben
und heute als Wirte dieser Ländereien Sie
begrüßen können, so wollen Sie darin, bitte,
das Maß unserer Widerstandskraft und be¬
rechtigten Titels der Angehörigkeit zum
freien vereinigten Polen sehen."

Weiter erwähnte Dr. Krysiewicz, daß die
Gäste begrüßt werden als Vertreter der
Entente, die Recht und Gerechtigkeit für alle
bedrängten Völker bringt und jetzt als
Siegerin die Möglichkeit habe, ihr politisches
Programm zu erfüllen, was den Polen die
Überzeugung gebe, daß ihre Sache eine
richtige Beurteilung und eine gute Lösung
für ihr Vaterland seitens der Alliierten be¬
kommen werde. Die Rede schloß mit einem
Hochruf auf die Mächte der Entente.

In Beantwortung dieser Ansprache hielt
Botschafter Noulens eine Rede, die un¬
gefähr die folgenden Worte enthielt:

"Ich danke Ihnen im Namen meiner
Kollegen und in meinem eigenen Namen für
die sympathischen Worte der Begrüßung. Sie
haben richtig daran erinnert, daß wir hier
auf polnischem Boden stehen, von wo die
Dynastie der Piaster hervorgegangen ist, wo
die großartige Entwicklung Polens ihren An¬
fang genommen hat. Der Freiheit beraubt,
haben Sie, meine Herren, Kraft und Aus¬
dauer dem Erbfeinde gegenüber bewiesen.
Die Polen sind auf diesem Boden ein Vor¬
posten, an welchem die deutschen Wellen zer¬
bersten. Der Feind, welcher es verstanden
hat, sich wieder zu organisieren, ist unser
Gegner, aber noch in größerem Maße auch
der Ihrige. In Ihrem Auftreten haben Sie
außer großer Seelenstärke auch die Weisheit
der Beherrschung gezeigt, welche sogar den
Feinden imponierte. Dieses Land, welches
in der Vergangenheit solche große Bedeutung

[Ende Spaltensatz]
Materialien zur ostdeutschen Frage

[Beginn Spaltensatz]

Es kamen Nachrichten über die Siege der
Deutschen, schon schien es, daß unter der
Wucht der deutschen Faust die Völker des
Westens fallen werden. Unser Volk blieb sich
treu, es ließ sich vom Schein nicht hinreißen,
denn es glaubte daran, daß die Gerechtigkeit
und Freiheit siegen muß, daß sie siegen muß
"ach Hekatomben von Opfern, nach einem
Meer von Blut und Tränen. Und mit
diesem unverbrüchlichen Glauben hielt auch
s>:in sicheres Bewußtsein stand, daß die Idee
der Freiheit und des Rechts, deren tapfere
Vorkämpfer die Entente, also Frankreich,
England, Italien und die Vereinigten Staaten
waren, über die brutale deutsche Idee der
Macht über das Recht siegen muß.

Die tapferen, siegreichen Kämpfer an der
Marne, auf den Feldern Flanderns, an der
Mosel, in der Champagne, bei Verdun und
um der Piave haben trotz dem veränderlichen
Äriegsglück Wunder von Tapferkeit, Wunder
l'on Heldentum und Aufopferung, sowie Eifer
und Glauben von feiten der Entente hervor¬
gerufen, daß von ihnen eine übermächtige
Kraft ausging, welche schwache und bedrückte
Völker zur Ausdauer anregte. Es war das
die Kraft, welche unseren Glauben stärkte.
Wir wußten nämlich, daß hohe Ideale dort
T>Um waren, für die man sein Blut und
sein Leben gibt. Und als der greise aber
5U gleicher Zeit jugendliche Ministerpräsident
Tlemenceau und Pichon, als Lloyd George,
Orlando und zuletzt der edle Präsident Wilson
das Wort „Polen" aussprachen, fühlten wir,
daß in denselben Tat und Willen enthalten
'se, daß Polen auferstehe.

Dr. Krysiewiecz hielt eine französische
Begrüßungsrede, in der er u. a. sagte:

»Meine HerrenI Ich habe die Ehre, Sie,
Kehrte Herren, im Namen des Obersten
Bollsrates zu begrüßen, welcher während
der jetzigen Übergangszeit bis zum Beschluß
d°s Friedenskongresses die Vertretung aller
Polen, des bisherigen preußischen Teilgebietes
darstellt.

Sie befinden sich hier auf dem Grund
und Boden desjenigen Teiles Polens, auf
welchem vor tausend Jahren die Wiege des
polnischen Reiches stand. Von dem Zerfall
"2 Polnischen Reiches beginnend, mußte

[Spaltenumbruch]

dieser Teil Polens den ganzen furchtbaren
Kampf mit der germanischen Übermacht tragen.

Sie haben in diesem Weltkriege, welcher,
wie Sie sich überzeugt haben, noch nicht zu
Ende ist, erkannt, welchen Zwecken die Macht
und die Kraft des Deutschen Reiches diente
und welche Methoden sie angewendet hat.
Deshalb können Sie auf Grund dieser
eigenen Erfahrungen sich unsere Leiden wäh¬
rend dieser Sklavenzeit vorstellen.

Wenn wir trotzdem widerstanden haben
und heute als Wirte dieser Ländereien Sie
begrüßen können, so wollen Sie darin, bitte,
das Maß unserer Widerstandskraft und be¬
rechtigten Titels der Angehörigkeit zum
freien vereinigten Polen sehen."

Weiter erwähnte Dr. Krysiewicz, daß die
Gäste begrüßt werden als Vertreter der
Entente, die Recht und Gerechtigkeit für alle
bedrängten Völker bringt und jetzt als
Siegerin die Möglichkeit habe, ihr politisches
Programm zu erfüllen, was den Polen die
Überzeugung gebe, daß ihre Sache eine
richtige Beurteilung und eine gute Lösung
für ihr Vaterland seitens der Alliierten be¬
kommen werde. Die Rede schloß mit einem
Hochruf auf die Mächte der Entente.

In Beantwortung dieser Ansprache hielt
Botschafter Noulens eine Rede, die un¬
gefähr die folgenden Worte enthielt:

„Ich danke Ihnen im Namen meiner
Kollegen und in meinem eigenen Namen für
die sympathischen Worte der Begrüßung. Sie
haben richtig daran erinnert, daß wir hier
auf polnischem Boden stehen, von wo die
Dynastie der Piaster hervorgegangen ist, wo
die großartige Entwicklung Polens ihren An¬
fang genommen hat. Der Freiheit beraubt,
haben Sie, meine Herren, Kraft und Aus¬
dauer dem Erbfeinde gegenüber bewiesen.
Die Polen sind auf diesem Boden ein Vor¬
posten, an welchem die deutschen Wellen zer¬
bersten. Der Feind, welcher es verstanden
hat, sich wieder zu organisieren, ist unser
Gegner, aber noch in größerem Maße auch
der Ihrige. In Ihrem Auftreten haben Sie
außer großer Seelenstärke auch die Weisheit
der Beherrschung gezeigt, welche sogar den
Feinden imponierte. Dieses Land, welches
in der Vergangenheit solche große Bedeutung

[Ende Spaltensatz]
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <pb facs="#f0379" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/335791"/>
              <fw type="header" place="top"> Materialien zur ostdeutschen Frage</fw><lb/>
              <cb type="start"/>
              <p xml:id="ID_1803"> Es kamen Nachrichten über die Siege der<lb/>
Deutschen, schon schien es, daß unter der<lb/>
Wucht der deutschen Faust die Völker des<lb/>
Westens fallen werden. Unser Volk blieb sich<lb/>
treu, es ließ sich vom Schein nicht hinreißen,<lb/>
denn es glaubte daran, daß die Gerechtigkeit<lb/>
und Freiheit siegen muß, daß sie siegen muß<lb/>
"ach Hekatomben von Opfern, nach einem<lb/>
Meer von Blut und Tränen. Und mit<lb/>
diesem unverbrüchlichen Glauben hielt auch<lb/>
s&gt;:in sicheres Bewußtsein stand, daß die Idee<lb/>
der Freiheit und des Rechts, deren tapfere<lb/>
Vorkämpfer die Entente, also Frankreich,<lb/>
England, Italien und die Vereinigten Staaten<lb/>
waren, über die brutale deutsche Idee der<lb/>
Macht über das Recht siegen muß.</p>
              <p xml:id="ID_1804"> Die tapferen, siegreichen Kämpfer an der<lb/>
Marne, auf den Feldern Flanderns, an der<lb/>
Mosel, in der Champagne, bei Verdun und<lb/>
um der Piave haben trotz dem veränderlichen<lb/>
Äriegsglück Wunder von Tapferkeit, Wunder<lb/>
l'on Heldentum und Aufopferung, sowie Eifer<lb/>
und Glauben von feiten der Entente hervor¬<lb/>
gerufen, daß von ihnen eine übermächtige<lb/>
Kraft ausging, welche schwache und bedrückte<lb/>
Völker zur Ausdauer anregte. Es war das<lb/>
die Kraft, welche unseren Glauben stärkte.<lb/>
Wir wußten nämlich, daß hohe Ideale dort<lb/>
T&gt;Um waren, für die man sein Blut und<lb/>
sein Leben gibt. Und als der greise aber<lb/>
5U gleicher Zeit jugendliche Ministerpräsident<lb/>
Tlemenceau und Pichon, als Lloyd George,<lb/>
Orlando und zuletzt der edle Präsident Wilson<lb/>
das Wort &#x201E;Polen" aussprachen, fühlten wir,<lb/>
daß in denselben Tat und Willen enthalten<lb/>
'se, daß Polen auferstehe.</p>
              <p xml:id="ID_1805"> Dr. Krysiewiecz hielt eine französische<lb/>
Begrüßungsrede, in der er u. a. sagte:</p>
              <p xml:id="ID_1806"> »Meine HerrenI Ich habe die Ehre, Sie,<lb/>
Kehrte Herren, im Namen des Obersten<lb/>
Bollsrates zu begrüßen, welcher während<lb/>
der jetzigen Übergangszeit bis zum Beschluß<lb/>
d°s Friedenskongresses die Vertretung aller<lb/>
Polen, des bisherigen preußischen Teilgebietes<lb/>
darstellt.</p>
              <p xml:id="ID_1807" next="#ID_1808"> Sie befinden sich hier auf dem Grund<lb/>
und Boden desjenigen Teiles Polens, auf<lb/>
welchem vor tausend Jahren die Wiege des<lb/>
polnischen Reiches stand. Von dem Zerfall<lb/>
"2 Polnischen Reiches beginnend, mußte</p>
              <cb/><lb/>
              <p xml:id="ID_1808" prev="#ID_1807"> dieser Teil Polens den ganzen furchtbaren<lb/>
Kampf mit der germanischen Übermacht tragen.</p>
              <p xml:id="ID_1809"> Sie haben in diesem Weltkriege, welcher,<lb/>
wie Sie sich überzeugt haben, noch nicht zu<lb/>
Ende ist, erkannt, welchen Zwecken die Macht<lb/>
und die Kraft des Deutschen Reiches diente<lb/>
und welche Methoden sie angewendet hat.<lb/>
Deshalb können Sie auf Grund dieser<lb/>
eigenen Erfahrungen sich unsere Leiden wäh¬<lb/>
rend dieser Sklavenzeit vorstellen.</p>
              <p xml:id="ID_1810"> Wenn wir trotzdem widerstanden haben<lb/>
und heute als Wirte dieser Ländereien Sie<lb/>
begrüßen können, so wollen Sie darin, bitte,<lb/>
das Maß unserer Widerstandskraft und be¬<lb/>
rechtigten Titels der Angehörigkeit zum<lb/>
freien vereinigten Polen sehen."</p>
              <p xml:id="ID_1811"> Weiter erwähnte Dr. Krysiewicz, daß die<lb/>
Gäste begrüßt werden als Vertreter der<lb/>
Entente, die Recht und Gerechtigkeit für alle<lb/>
bedrängten Völker bringt und jetzt als<lb/>
Siegerin die Möglichkeit habe, ihr politisches<lb/>
Programm zu erfüllen, was den Polen die<lb/>
Überzeugung gebe, daß ihre Sache eine<lb/>
richtige Beurteilung und eine gute Lösung<lb/>
für ihr Vaterland seitens der Alliierten be¬<lb/>
kommen werde. Die Rede schloß mit einem<lb/>
Hochruf auf die Mächte der Entente.</p>
              <p xml:id="ID_1812"> In Beantwortung dieser Ansprache hielt<lb/>
Botschafter Noulens eine Rede, die un¬<lb/>
gefähr die folgenden Worte enthielt:</p>
              <p xml:id="ID_1813" next="#ID_1814"> &#x201E;Ich danke Ihnen im Namen meiner<lb/>
Kollegen und in meinem eigenen Namen für<lb/>
die sympathischen Worte der Begrüßung. Sie<lb/>
haben richtig daran erinnert, daß wir hier<lb/>
auf polnischem Boden stehen, von wo die<lb/>
Dynastie der Piaster hervorgegangen ist, wo<lb/>
die großartige Entwicklung Polens ihren An¬<lb/>
fang genommen hat. Der Freiheit beraubt,<lb/>
haben Sie, meine Herren, Kraft und Aus¬<lb/>
dauer dem Erbfeinde gegenüber bewiesen.<lb/>
Die Polen sind auf diesem Boden ein Vor¬<lb/>
posten, an welchem die deutschen Wellen zer¬<lb/>
bersten. Der Feind, welcher es verstanden<lb/>
hat, sich wieder zu organisieren, ist unser<lb/>
Gegner, aber noch in größerem Maße auch<lb/>
der Ihrige. In Ihrem Auftreten haben Sie<lb/>
außer großer Seelenstärke auch die Weisheit<lb/>
der Beherrschung gezeigt, welche sogar den<lb/>
Feinden imponierte. Dieses Land, welches<lb/>
in der Vergangenheit solche große Bedeutung</p>
              <cb type="end"/><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0379] Materialien zur ostdeutschen Frage Es kamen Nachrichten über die Siege der Deutschen, schon schien es, daß unter der Wucht der deutschen Faust die Völker des Westens fallen werden. Unser Volk blieb sich treu, es ließ sich vom Schein nicht hinreißen, denn es glaubte daran, daß die Gerechtigkeit und Freiheit siegen muß, daß sie siegen muß "ach Hekatomben von Opfern, nach einem Meer von Blut und Tränen. Und mit diesem unverbrüchlichen Glauben hielt auch s>:in sicheres Bewußtsein stand, daß die Idee der Freiheit und des Rechts, deren tapfere Vorkämpfer die Entente, also Frankreich, England, Italien und die Vereinigten Staaten waren, über die brutale deutsche Idee der Macht über das Recht siegen muß. Die tapferen, siegreichen Kämpfer an der Marne, auf den Feldern Flanderns, an der Mosel, in der Champagne, bei Verdun und um der Piave haben trotz dem veränderlichen Äriegsglück Wunder von Tapferkeit, Wunder l'on Heldentum und Aufopferung, sowie Eifer und Glauben von feiten der Entente hervor¬ gerufen, daß von ihnen eine übermächtige Kraft ausging, welche schwache und bedrückte Völker zur Ausdauer anregte. Es war das die Kraft, welche unseren Glauben stärkte. Wir wußten nämlich, daß hohe Ideale dort T>Um waren, für die man sein Blut und sein Leben gibt. Und als der greise aber 5U gleicher Zeit jugendliche Ministerpräsident Tlemenceau und Pichon, als Lloyd George, Orlando und zuletzt der edle Präsident Wilson das Wort „Polen" aussprachen, fühlten wir, daß in denselben Tat und Willen enthalten 'se, daß Polen auferstehe. Dr. Krysiewiecz hielt eine französische Begrüßungsrede, in der er u. a. sagte: »Meine HerrenI Ich habe die Ehre, Sie, Kehrte Herren, im Namen des Obersten Bollsrates zu begrüßen, welcher während der jetzigen Übergangszeit bis zum Beschluß d°s Friedenskongresses die Vertretung aller Polen, des bisherigen preußischen Teilgebietes darstellt. Sie befinden sich hier auf dem Grund und Boden desjenigen Teiles Polens, auf welchem vor tausend Jahren die Wiege des polnischen Reiches stand. Von dem Zerfall "2 Polnischen Reiches beginnend, mußte dieser Teil Polens den ganzen furchtbaren Kampf mit der germanischen Übermacht tragen. Sie haben in diesem Weltkriege, welcher, wie Sie sich überzeugt haben, noch nicht zu Ende ist, erkannt, welchen Zwecken die Macht und die Kraft des Deutschen Reiches diente und welche Methoden sie angewendet hat. Deshalb können Sie auf Grund dieser eigenen Erfahrungen sich unsere Leiden wäh¬ rend dieser Sklavenzeit vorstellen. Wenn wir trotzdem widerstanden haben und heute als Wirte dieser Ländereien Sie begrüßen können, so wollen Sie darin, bitte, das Maß unserer Widerstandskraft und be¬ rechtigten Titels der Angehörigkeit zum freien vereinigten Polen sehen." Weiter erwähnte Dr. Krysiewicz, daß die Gäste begrüßt werden als Vertreter der Entente, die Recht und Gerechtigkeit für alle bedrängten Völker bringt und jetzt als Siegerin die Möglichkeit habe, ihr politisches Programm zu erfüllen, was den Polen die Überzeugung gebe, daß ihre Sache eine richtige Beurteilung und eine gute Lösung für ihr Vaterland seitens der Alliierten be¬ kommen werde. Die Rede schloß mit einem Hochruf auf die Mächte der Entente. In Beantwortung dieser Ansprache hielt Botschafter Noulens eine Rede, die un¬ gefähr die folgenden Worte enthielt: „Ich danke Ihnen im Namen meiner Kollegen und in meinem eigenen Namen für die sympathischen Worte der Begrüßung. Sie haben richtig daran erinnert, daß wir hier auf polnischem Boden stehen, von wo die Dynastie der Piaster hervorgegangen ist, wo die großartige Entwicklung Polens ihren An¬ fang genommen hat. Der Freiheit beraubt, haben Sie, meine Herren, Kraft und Aus¬ dauer dem Erbfeinde gegenüber bewiesen. Die Polen sind auf diesem Boden ein Vor¬ posten, an welchem die deutschen Wellen zer¬ bersten. Der Feind, welcher es verstanden hat, sich wieder zu organisieren, ist unser Gegner, aber noch in größerem Maße auch der Ihrige. In Ihrem Auftreten haben Sie außer großer Seelenstärke auch die Weisheit der Beherrschung gezeigt, welche sogar den Feinden imponierte. Dieses Land, welches in der Vergangenheit solche große Bedeutung

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/379
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/379>, abgerufen am 18.12.2024.