Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Bedeutung der baltischen Landwirtschaft für Deutschland

Arbeit dargetan. Es gibt keinen Zweig der Landwirtschaft, der bei zielbewußter
Arbeit hier nicht zum Erfolge führen könnte; braucht man doch nur zu erinnern
an die Namen, wie z. B. v. Knieriem, George Thoas. v. Oettingen, v. Blanken-
hagen, v. der Nvpp. v. zur Mühlen, v. Grunewalde, Dr. Stegemann, v, Midden-
dorf, v. Seydlitz, Karl Schmidt, v. Hunnins, Sennner und dergleichen mehr.
Aufgabe der kommenden Staatengesüge wird es daher sein, das Hauptaugenmerk
auf die Hebung dieses ersten und bedeutungsvollsten Wirtschaftsgebietes zu lenken.




Bei der eigentümlichen geographischen, politischen und wirtschaftlichen Lage
des Baltikums werden der lettische und chemische Staat gezwungen sein, An¬
lehnung an größere Staatsgebilde zu suchen. Eine solche bei Deutschland zu
finden, wird selbst unter den heutigen Verhältnissen für beide Teile von Vorteil sein.

Da uns der Westen als gleichberechtigter Erzeuger und Abnehmer auf lange
Jahre hinaus versperrt sein wird, ist unser zukünftiges Arbeitsgebiet der Osten.
Ihn zu erreichen, wird voraussichtlich nur möglich sein, den Weg über das
Baltikum zu nehmen.

Einen wirtschaftlichen Aufschwung können Lett- und Estland nur nehmen
durch großzügige Ausgestaltung ihres Vorkehrswesens, der Landesmelioration und
der Vesiedclung. Es liegt ans der Hand, daß sie allein hierzu nicht imstande
sind. Für deutsche Ingenieure, Land- und Forstwirte, Kultnringenienre, Bau¬
meister und Kaufleute wird sich daher dauernd dort ein großes Feld der Tätigkeit
bieten. Bei der Erschließung der ungeheuren Flächen unmeliorierten Moor- und
Urlaubes werden der lettische und chemische Staat auf deutsche Gelehrte, Praktiker
und Erfahrungen deutscher Fachorganisativnen angewiesen sein.

Vor dem Kriege teilten sich Deutschland, Schweden und Amerika -- aller¬
dings unter starkem Übergewicht von Amerika -- in die Lieferung von landwirt¬
schaftlichen Maschinen und Geräten. Mit Ausnahme des Chilesalpeters und des
Ammoniaks wurden fast alle Düngemittel aus Deutschland bezogen.

Durch den Krieg ist in den weitesten Kreisen unseres Vaterlandes das
Interesse für das Baltikum geweckt worden. Von unserer Verwaltung ist das
baltische Genossenschaftswesen neu ins Leben gerufen und zum Teil noch heute
tätig. Zahlreiche wirtschaftliche Anlagen sind während des Krieges erbaut und
dem Lande belassen. Tausende von Beziehungen sind durch unsere Truppen
während der Zeit unserer Besetzung im Baltikum angeknüpft.

Es heißt also nur an altes oder neues wieder anknüpfet? und unter Be¬
rücksichtigung der heutigen Verhältnisse entsprechend um- bzw. auszubauen, um
im beiderseitigen Interesse mit Vorteil dauernd gute Beziehungen zu erhalten.

Zahlenmäßige Berechnungen irgendwelcher Art unter den augenblicklichen
Umständen anzustellen, ist zweckloses Unternehmen. Für Kulturarbeit ist aber das
Baltikum ein Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Das steht einwandfrei fest
und ist wohl jedem klar geworden, der einmal Gelegenheit gehabt hat, sich
persönlich vom Stand der Dinge zu überzeugen.




Die Bedeutung der baltischen Landwirtschaft für Deutschland

Arbeit dargetan. Es gibt keinen Zweig der Landwirtschaft, der bei zielbewußter
Arbeit hier nicht zum Erfolge führen könnte; braucht man doch nur zu erinnern
an die Namen, wie z. B. v. Knieriem, George Thoas. v. Oettingen, v. Blanken-
hagen, v. der Nvpp. v. zur Mühlen, v. Grunewalde, Dr. Stegemann, v, Midden-
dorf, v. Seydlitz, Karl Schmidt, v. Hunnins, Sennner und dergleichen mehr.
Aufgabe der kommenden Staatengesüge wird es daher sein, das Hauptaugenmerk
auf die Hebung dieses ersten und bedeutungsvollsten Wirtschaftsgebietes zu lenken.




Bei der eigentümlichen geographischen, politischen und wirtschaftlichen Lage
des Baltikums werden der lettische und chemische Staat gezwungen sein, An¬
lehnung an größere Staatsgebilde zu suchen. Eine solche bei Deutschland zu
finden, wird selbst unter den heutigen Verhältnissen für beide Teile von Vorteil sein.

Da uns der Westen als gleichberechtigter Erzeuger und Abnehmer auf lange
Jahre hinaus versperrt sein wird, ist unser zukünftiges Arbeitsgebiet der Osten.
Ihn zu erreichen, wird voraussichtlich nur möglich sein, den Weg über das
Baltikum zu nehmen.

Einen wirtschaftlichen Aufschwung können Lett- und Estland nur nehmen
durch großzügige Ausgestaltung ihres Vorkehrswesens, der Landesmelioration und
der Vesiedclung. Es liegt ans der Hand, daß sie allein hierzu nicht imstande
sind. Für deutsche Ingenieure, Land- und Forstwirte, Kultnringenienre, Bau¬
meister und Kaufleute wird sich daher dauernd dort ein großes Feld der Tätigkeit
bieten. Bei der Erschließung der ungeheuren Flächen unmeliorierten Moor- und
Urlaubes werden der lettische und chemische Staat auf deutsche Gelehrte, Praktiker
und Erfahrungen deutscher Fachorganisativnen angewiesen sein.

Vor dem Kriege teilten sich Deutschland, Schweden und Amerika — aller¬
dings unter starkem Übergewicht von Amerika — in die Lieferung von landwirt¬
schaftlichen Maschinen und Geräten. Mit Ausnahme des Chilesalpeters und des
Ammoniaks wurden fast alle Düngemittel aus Deutschland bezogen.

Durch den Krieg ist in den weitesten Kreisen unseres Vaterlandes das
Interesse für das Baltikum geweckt worden. Von unserer Verwaltung ist das
baltische Genossenschaftswesen neu ins Leben gerufen und zum Teil noch heute
tätig. Zahlreiche wirtschaftliche Anlagen sind während des Krieges erbaut und
dem Lande belassen. Tausende von Beziehungen sind durch unsere Truppen
während der Zeit unserer Besetzung im Baltikum angeknüpft.

Es heißt also nur an altes oder neues wieder anknüpfet? und unter Be¬
rücksichtigung der heutigen Verhältnisse entsprechend um- bzw. auszubauen, um
im beiderseitigen Interesse mit Vorteil dauernd gute Beziehungen zu erhalten.

Zahlenmäßige Berechnungen irgendwelcher Art unter den augenblicklichen
Umständen anzustellen, ist zweckloses Unternehmen. Für Kulturarbeit ist aber das
Baltikum ein Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Das steht einwandfrei fest
und ist wohl jedem klar geworden, der einmal Gelegenheit gehabt hat, sich
persönlich vom Stand der Dinge zu überzeugen.




<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0252" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/335662"/>
          <fw type="header" place="top"> Die Bedeutung der baltischen Landwirtschaft für Deutschland</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1037" prev="#ID_1036"> Arbeit dargetan. Es gibt keinen Zweig der Landwirtschaft, der bei zielbewußter<lb/>
Arbeit hier nicht zum Erfolge führen könnte; braucht man doch nur zu erinnern<lb/>
an die Namen, wie z. B. v. Knieriem, George Thoas. v. Oettingen, v. Blanken-<lb/>
hagen, v. der Nvpp. v. zur Mühlen, v. Grunewalde, Dr. Stegemann, v, Midden-<lb/>
dorf, v. Seydlitz, Karl Schmidt, v. Hunnins, Sennner und dergleichen mehr.<lb/>
Aufgabe der kommenden Staatengesüge wird es daher sein, das Hauptaugenmerk<lb/>
auf die Hebung dieses ersten und bedeutungsvollsten Wirtschaftsgebietes zu lenken.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p xml:id="ID_1038"> Bei der eigentümlichen geographischen, politischen und wirtschaftlichen Lage<lb/>
des Baltikums werden der lettische und chemische Staat gezwungen sein, An¬<lb/>
lehnung an größere Staatsgebilde zu suchen. Eine solche bei Deutschland zu<lb/>
finden, wird selbst unter den heutigen Verhältnissen für beide Teile von Vorteil sein.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1039"> Da uns der Westen als gleichberechtigter Erzeuger und Abnehmer auf lange<lb/>
Jahre hinaus versperrt sein wird, ist unser zukünftiges Arbeitsgebiet der Osten.<lb/>
Ihn zu erreichen, wird voraussichtlich nur möglich sein, den Weg über das<lb/>
Baltikum zu nehmen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1040"> Einen wirtschaftlichen Aufschwung können Lett- und Estland nur nehmen<lb/>
durch großzügige Ausgestaltung ihres Vorkehrswesens, der Landesmelioration und<lb/>
der Vesiedclung. Es liegt ans der Hand, daß sie allein hierzu nicht imstande<lb/>
sind. Für deutsche Ingenieure, Land- und Forstwirte, Kultnringenienre, Bau¬<lb/>
meister und Kaufleute wird sich daher dauernd dort ein großes Feld der Tätigkeit<lb/>
bieten. Bei der Erschließung der ungeheuren Flächen unmeliorierten Moor- und<lb/>
Urlaubes werden der lettische und chemische Staat auf deutsche Gelehrte, Praktiker<lb/>
und Erfahrungen deutscher Fachorganisativnen angewiesen sein.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1041"> Vor dem Kriege teilten sich Deutschland, Schweden und Amerika &#x2014; aller¬<lb/>
dings unter starkem Übergewicht von Amerika &#x2014; in die Lieferung von landwirt¬<lb/>
schaftlichen Maschinen und Geräten. Mit Ausnahme des Chilesalpeters und des<lb/>
Ammoniaks wurden fast alle Düngemittel aus Deutschland bezogen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1042"> Durch den Krieg ist in den weitesten Kreisen unseres Vaterlandes das<lb/>
Interesse für das Baltikum geweckt worden. Von unserer Verwaltung ist das<lb/>
baltische Genossenschaftswesen neu ins Leben gerufen und zum Teil noch heute<lb/>
tätig. Zahlreiche wirtschaftliche Anlagen sind während des Krieges erbaut und<lb/>
dem Lande belassen. Tausende von Beziehungen sind durch unsere Truppen<lb/>
während der Zeit unserer Besetzung im Baltikum angeknüpft.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1043"> Es heißt also nur an altes oder neues wieder anknüpfet? und unter Be¬<lb/>
rücksichtigung der heutigen Verhältnisse entsprechend um- bzw. auszubauen, um<lb/>
im beiderseitigen Interesse mit Vorteil dauernd gute Beziehungen zu erhalten.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1044"> Zahlenmäßige Berechnungen irgendwelcher Art unter den augenblicklichen<lb/>
Umständen anzustellen, ist zweckloses Unternehmen. Für Kulturarbeit ist aber das<lb/>
Baltikum ein Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Das steht einwandfrei fest<lb/>
und ist wohl jedem klar geworden, der einmal Gelegenheit gehabt hat, sich<lb/>
persönlich vom Stand der Dinge zu überzeugen.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0252] Die Bedeutung der baltischen Landwirtschaft für Deutschland Arbeit dargetan. Es gibt keinen Zweig der Landwirtschaft, der bei zielbewußter Arbeit hier nicht zum Erfolge führen könnte; braucht man doch nur zu erinnern an die Namen, wie z. B. v. Knieriem, George Thoas. v. Oettingen, v. Blanken- hagen, v. der Nvpp. v. zur Mühlen, v. Grunewalde, Dr. Stegemann, v, Midden- dorf, v. Seydlitz, Karl Schmidt, v. Hunnins, Sennner und dergleichen mehr. Aufgabe der kommenden Staatengesüge wird es daher sein, das Hauptaugenmerk auf die Hebung dieses ersten und bedeutungsvollsten Wirtschaftsgebietes zu lenken. Bei der eigentümlichen geographischen, politischen und wirtschaftlichen Lage des Baltikums werden der lettische und chemische Staat gezwungen sein, An¬ lehnung an größere Staatsgebilde zu suchen. Eine solche bei Deutschland zu finden, wird selbst unter den heutigen Verhältnissen für beide Teile von Vorteil sein. Da uns der Westen als gleichberechtigter Erzeuger und Abnehmer auf lange Jahre hinaus versperrt sein wird, ist unser zukünftiges Arbeitsgebiet der Osten. Ihn zu erreichen, wird voraussichtlich nur möglich sein, den Weg über das Baltikum zu nehmen. Einen wirtschaftlichen Aufschwung können Lett- und Estland nur nehmen durch großzügige Ausgestaltung ihres Vorkehrswesens, der Landesmelioration und der Vesiedclung. Es liegt ans der Hand, daß sie allein hierzu nicht imstande sind. Für deutsche Ingenieure, Land- und Forstwirte, Kultnringenienre, Bau¬ meister und Kaufleute wird sich daher dauernd dort ein großes Feld der Tätigkeit bieten. Bei der Erschließung der ungeheuren Flächen unmeliorierten Moor- und Urlaubes werden der lettische und chemische Staat auf deutsche Gelehrte, Praktiker und Erfahrungen deutscher Fachorganisativnen angewiesen sein. Vor dem Kriege teilten sich Deutschland, Schweden und Amerika — aller¬ dings unter starkem Übergewicht von Amerika — in die Lieferung von landwirt¬ schaftlichen Maschinen und Geräten. Mit Ausnahme des Chilesalpeters und des Ammoniaks wurden fast alle Düngemittel aus Deutschland bezogen. Durch den Krieg ist in den weitesten Kreisen unseres Vaterlandes das Interesse für das Baltikum geweckt worden. Von unserer Verwaltung ist das baltische Genossenschaftswesen neu ins Leben gerufen und zum Teil noch heute tätig. Zahlreiche wirtschaftliche Anlagen sind während des Krieges erbaut und dem Lande belassen. Tausende von Beziehungen sind durch unsere Truppen während der Zeit unserer Besetzung im Baltikum angeknüpft. Es heißt also nur an altes oder neues wieder anknüpfet? und unter Be¬ rücksichtigung der heutigen Verhältnisse entsprechend um- bzw. auszubauen, um im beiderseitigen Interesse mit Vorteil dauernd gute Beziehungen zu erhalten. Zahlenmäßige Berechnungen irgendwelcher Art unter den augenblicklichen Umständen anzustellen, ist zweckloses Unternehmen. Für Kulturarbeit ist aber das Baltikum ein Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Das steht einwandfrei fest und ist wohl jedem klar geworden, der einmal Gelegenheit gehabt hat, sich persönlich vom Stand der Dinge zu überzeugen.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/252
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/252>, abgerufen am 09.11.2024.