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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.

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Die Bedeutung der baltischen Landwirtschaft für Deutschland

Besonders bedauerlich gestalteten sich die Verhältnisse für Kurland. Durch
die systematisch betriebene Evakuierung der kurländischen Viehbestände, des toten
Inventars und der bäuerlichen Bewohner wurde Kurland in einem landwirtschaftlich
wenig leistungsfähigen Zustande damals von uns übernommen. Nur den Plan-
mäßigen und zielbewußter Maßnahmen der deutschen Verwaltungsbehörden ist es
zu danken, daß die kurlündische Landwirtschaft nicht zugrunde ging. Die großen
und dauernden Aufwendungen unserer Verwaltung zur Hebung der Landwirtschaft
legen beredtes Zeugnis dafür ab. Sind doch für Kurland an Saaten für etwa
2 Millionen, an Vieh für etwa 3 Millionen, an landwirtschaftlichen Maschinen
und Geräten für 4,2 Millionen Mark, sür Liv- und Estland für mehrere
Millionen Mark Getreide, vor allen: Gemüsesämereien und für beinahe 2 Millionen
Mark landwirtschaftliche Maschinen und Geräte eingeführt worden, ganz abgesehen
von den großen Aufwendungen für Feld- und Förderbahnen und für sonstige
landwirtschaftliche Erfordernisse.

Günstiger gestalteten sich die Verhältnisse sür Liv- und Estland. Selbst die
nach der russischen Revolution 1917 über die Provinzen brausende bolschewistische
Welle im Januar-Februar 1918 schädigten die Landwirtschaft bis auf die durch
die Kampfhandlungen um Riga zerstörte sogenannte tote Zone im allgemeinen
nur örtlich. Wäre nicht der plötzliche Umschwung in der gesamten Kriegslage
eingetreten, so wären die verderblichen Einwirkungen der Zeit kurz vor der
Befreiung Liv- und Estlands wohl bald überwunden gewesen.

Die politische Entwicklung der Dinge wurde aber allmählich für die baltische
Landwirtschaft verhängnisvoll. Die Selbständigmachnng Estlands und Lettlands
und der Zusammenbruch Deutschlands führten fast zu ihrer Vernichtung. Durch
die Ohnmacht der neuen Staaten angestachelt, überflutete der Bolschewismus das
Land. Was sich an verwertbaren Vorräten und Erzeugnissen noch im Lande
befand, mußte durch Willkürakte den plündernden Banden preisgegeben werden.
Bis auf geringe Teile Kurlands und des Nordens konnten die Provinzen und
selbst die vorgelagerten Inseln, Osel, Dagö und Moon nicht vor der Zerrüttung
bewahrt werden. Wie sich die Gesamtlage der baltischen Landwirtschaft nach einer
coll. Befreiung vom bolschewistischen Joche tatsächlich darstellen wird, ist, auch
nur annähernd zu sagen, heute noch nicht möglich. Das eine aber steht zweifels¬
frei fest, daß sie in ihren Grundfesten ans das allerbedenklichste und gefährlichste
erschüttert worden ist.

Wie sich aus diesen Zuständen nach Eintritt normaler Verhältnisse ein
Wiederaufbau der baltischen Landwirtschaft gestalten wird, ist heute noch unklar.
Andererseits ist es aber klar, daß eine Gesundung des gesamten Wirtschaftslebens
un Baltikum nur durch die Land- und Forstwirtschaft vor sich gehen kann, da
dies die umfassendsten und grundlegendsten Zweige des gesamten baltischen Wirt¬
schaftslebens sind. Wenngleich die Landwirtschaft sich dort vor Ausbruch des
Krieges teilweise erst im Anfangsstadium ihrer Entwicklungsmöglichkeiten befand,
so sind sür sie doch eine Fülle von Möglichkeiten gegeben. Der im großen und
ganzen fruchtbare Boden bietet in Verbinonng mit dem dortigen Klima die Grund¬
lage für eine namentlich in der Viehzucht und Viehhaltung entwicklungsfähige
Landwirtschaft. Die großen Moore und die bisher noch ungepflegten Buschgras-
ländereien harren noch der Aufschließung und der Umwandlung in ertragreiche
Acker, Wiesen und Weiden. Ebenso können die zahlreichen Seen und Flüsse,
sowie die Küsten und Hochseefischerei zu ertragreichsten Betrieben ausgebaut
werden. Entsprechend sind auch alle anderen landwirtschaftlichen Zweige --
insbesondere der Flachsbau -- erheblich zu steigern.

Trotz aller Schwierigkeiten, die zweifellos in schier erdrückenden Maße vor¬
handen sein werden, gibt es einen Weg, nämlich da wieder anzufangen, wo sich
fester Grund in den einzelnen Wirtschaftszweigen vorfinden wird.

Daß die Landwirtschaft im Baltikum im höchsten Grade entwicklungsfähig
>se. haben auf allen ihren Gebieten die führenden Männer der baltischen Land¬
wirtschaft in überzeugender Weise in der Praxis und in ihrer wissenschaftlichen


Die Bedeutung der baltischen Landwirtschaft für Deutschland

Besonders bedauerlich gestalteten sich die Verhältnisse für Kurland. Durch
die systematisch betriebene Evakuierung der kurländischen Viehbestände, des toten
Inventars und der bäuerlichen Bewohner wurde Kurland in einem landwirtschaftlich
wenig leistungsfähigen Zustande damals von uns übernommen. Nur den Plan-
mäßigen und zielbewußter Maßnahmen der deutschen Verwaltungsbehörden ist es
zu danken, daß die kurlündische Landwirtschaft nicht zugrunde ging. Die großen
und dauernden Aufwendungen unserer Verwaltung zur Hebung der Landwirtschaft
legen beredtes Zeugnis dafür ab. Sind doch für Kurland an Saaten für etwa
2 Millionen, an Vieh für etwa 3 Millionen, an landwirtschaftlichen Maschinen
und Geräten für 4,2 Millionen Mark, sür Liv- und Estland für mehrere
Millionen Mark Getreide, vor allen: Gemüsesämereien und für beinahe 2 Millionen
Mark landwirtschaftliche Maschinen und Geräte eingeführt worden, ganz abgesehen
von den großen Aufwendungen für Feld- und Förderbahnen und für sonstige
landwirtschaftliche Erfordernisse.

Günstiger gestalteten sich die Verhältnisse sür Liv- und Estland. Selbst die
nach der russischen Revolution 1917 über die Provinzen brausende bolschewistische
Welle im Januar-Februar 1918 schädigten die Landwirtschaft bis auf die durch
die Kampfhandlungen um Riga zerstörte sogenannte tote Zone im allgemeinen
nur örtlich. Wäre nicht der plötzliche Umschwung in der gesamten Kriegslage
eingetreten, so wären die verderblichen Einwirkungen der Zeit kurz vor der
Befreiung Liv- und Estlands wohl bald überwunden gewesen.

Die politische Entwicklung der Dinge wurde aber allmählich für die baltische
Landwirtschaft verhängnisvoll. Die Selbständigmachnng Estlands und Lettlands
und der Zusammenbruch Deutschlands führten fast zu ihrer Vernichtung. Durch
die Ohnmacht der neuen Staaten angestachelt, überflutete der Bolschewismus das
Land. Was sich an verwertbaren Vorräten und Erzeugnissen noch im Lande
befand, mußte durch Willkürakte den plündernden Banden preisgegeben werden.
Bis auf geringe Teile Kurlands und des Nordens konnten die Provinzen und
selbst die vorgelagerten Inseln, Osel, Dagö und Moon nicht vor der Zerrüttung
bewahrt werden. Wie sich die Gesamtlage der baltischen Landwirtschaft nach einer
coll. Befreiung vom bolschewistischen Joche tatsächlich darstellen wird, ist, auch
nur annähernd zu sagen, heute noch nicht möglich. Das eine aber steht zweifels¬
frei fest, daß sie in ihren Grundfesten ans das allerbedenklichste und gefährlichste
erschüttert worden ist.

Wie sich aus diesen Zuständen nach Eintritt normaler Verhältnisse ein
Wiederaufbau der baltischen Landwirtschaft gestalten wird, ist heute noch unklar.
Andererseits ist es aber klar, daß eine Gesundung des gesamten Wirtschaftslebens
un Baltikum nur durch die Land- und Forstwirtschaft vor sich gehen kann, da
dies die umfassendsten und grundlegendsten Zweige des gesamten baltischen Wirt¬
schaftslebens sind. Wenngleich die Landwirtschaft sich dort vor Ausbruch des
Krieges teilweise erst im Anfangsstadium ihrer Entwicklungsmöglichkeiten befand,
so sind sür sie doch eine Fülle von Möglichkeiten gegeben. Der im großen und
ganzen fruchtbare Boden bietet in Verbinonng mit dem dortigen Klima die Grund¬
lage für eine namentlich in der Viehzucht und Viehhaltung entwicklungsfähige
Landwirtschaft. Die großen Moore und die bisher noch ungepflegten Buschgras-
ländereien harren noch der Aufschließung und der Umwandlung in ertragreiche
Acker, Wiesen und Weiden. Ebenso können die zahlreichen Seen und Flüsse,
sowie die Küsten und Hochseefischerei zu ertragreichsten Betrieben ausgebaut
werden. Entsprechend sind auch alle anderen landwirtschaftlichen Zweige —
insbesondere der Flachsbau — erheblich zu steigern.

Trotz aller Schwierigkeiten, die zweifellos in schier erdrückenden Maße vor¬
handen sein werden, gibt es einen Weg, nämlich da wieder anzufangen, wo sich
fester Grund in den einzelnen Wirtschaftszweigen vorfinden wird.

Daß die Landwirtschaft im Baltikum im höchsten Grade entwicklungsfähig
>se. haben auf allen ihren Gebieten die führenden Männer der baltischen Land¬
wirtschaft in überzeugender Weise in der Praxis und in ihrer wissenschaftlichen


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[0251] Die Bedeutung der baltischen Landwirtschaft für Deutschland Besonders bedauerlich gestalteten sich die Verhältnisse für Kurland. Durch die systematisch betriebene Evakuierung der kurländischen Viehbestände, des toten Inventars und der bäuerlichen Bewohner wurde Kurland in einem landwirtschaftlich wenig leistungsfähigen Zustande damals von uns übernommen. Nur den Plan- mäßigen und zielbewußter Maßnahmen der deutschen Verwaltungsbehörden ist es zu danken, daß die kurlündische Landwirtschaft nicht zugrunde ging. Die großen und dauernden Aufwendungen unserer Verwaltung zur Hebung der Landwirtschaft legen beredtes Zeugnis dafür ab. Sind doch für Kurland an Saaten für etwa 2 Millionen, an Vieh für etwa 3 Millionen, an landwirtschaftlichen Maschinen und Geräten für 4,2 Millionen Mark, sür Liv- und Estland für mehrere Millionen Mark Getreide, vor allen: Gemüsesämereien und für beinahe 2 Millionen Mark landwirtschaftliche Maschinen und Geräte eingeführt worden, ganz abgesehen von den großen Aufwendungen für Feld- und Förderbahnen und für sonstige landwirtschaftliche Erfordernisse. Günstiger gestalteten sich die Verhältnisse sür Liv- und Estland. Selbst die nach der russischen Revolution 1917 über die Provinzen brausende bolschewistische Welle im Januar-Februar 1918 schädigten die Landwirtschaft bis auf die durch die Kampfhandlungen um Riga zerstörte sogenannte tote Zone im allgemeinen nur örtlich. Wäre nicht der plötzliche Umschwung in der gesamten Kriegslage eingetreten, so wären die verderblichen Einwirkungen der Zeit kurz vor der Befreiung Liv- und Estlands wohl bald überwunden gewesen. Die politische Entwicklung der Dinge wurde aber allmählich für die baltische Landwirtschaft verhängnisvoll. Die Selbständigmachnng Estlands und Lettlands und der Zusammenbruch Deutschlands führten fast zu ihrer Vernichtung. Durch die Ohnmacht der neuen Staaten angestachelt, überflutete der Bolschewismus das Land. Was sich an verwertbaren Vorräten und Erzeugnissen noch im Lande befand, mußte durch Willkürakte den plündernden Banden preisgegeben werden. Bis auf geringe Teile Kurlands und des Nordens konnten die Provinzen und selbst die vorgelagerten Inseln, Osel, Dagö und Moon nicht vor der Zerrüttung bewahrt werden. Wie sich die Gesamtlage der baltischen Landwirtschaft nach einer coll. Befreiung vom bolschewistischen Joche tatsächlich darstellen wird, ist, auch nur annähernd zu sagen, heute noch nicht möglich. Das eine aber steht zweifels¬ frei fest, daß sie in ihren Grundfesten ans das allerbedenklichste und gefährlichste erschüttert worden ist. Wie sich aus diesen Zuständen nach Eintritt normaler Verhältnisse ein Wiederaufbau der baltischen Landwirtschaft gestalten wird, ist heute noch unklar. Andererseits ist es aber klar, daß eine Gesundung des gesamten Wirtschaftslebens un Baltikum nur durch die Land- und Forstwirtschaft vor sich gehen kann, da dies die umfassendsten und grundlegendsten Zweige des gesamten baltischen Wirt¬ schaftslebens sind. Wenngleich die Landwirtschaft sich dort vor Ausbruch des Krieges teilweise erst im Anfangsstadium ihrer Entwicklungsmöglichkeiten befand, so sind sür sie doch eine Fülle von Möglichkeiten gegeben. Der im großen und ganzen fruchtbare Boden bietet in Verbinonng mit dem dortigen Klima die Grund¬ lage für eine namentlich in der Viehzucht und Viehhaltung entwicklungsfähige Landwirtschaft. Die großen Moore und die bisher noch ungepflegten Buschgras- ländereien harren noch der Aufschließung und der Umwandlung in ertragreiche Acker, Wiesen und Weiden. Ebenso können die zahlreichen Seen und Flüsse, sowie die Küsten und Hochseefischerei zu ertragreichsten Betrieben ausgebaut werden. Entsprechend sind auch alle anderen landwirtschaftlichen Zweige — insbesondere der Flachsbau — erheblich zu steigern. Trotz aller Schwierigkeiten, die zweifellos in schier erdrückenden Maße vor¬ handen sein werden, gibt es einen Weg, nämlich da wieder anzufangen, wo sich fester Grund in den einzelnen Wirtschaftszweigen vorfinden wird. Daß die Landwirtschaft im Baltikum im höchsten Grade entwicklungsfähig >se. haben auf allen ihren Gebieten die führenden Männer der baltischen Land¬ wirtschaft in überzeugender Weise in der Praxis und in ihrer wissenschaftlichen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/251>, abgerufen am 01.09.2024.