Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
ur Friedenslage

Alliierten verfochten werden, dürfte keinem Zweifel unterliegen. Ebensosehr ist
es aber zweifellos, daß bei dem Abschluß der uns überreichten Friedensbedingungen
diejenigen Stimmen im feindlichen Lager durchgedrungen sind, die die dauernde
Unschädlichmachung, die dauernde Ausschaltung Deutschlands zum Ziele haben.
Man muß sich eins klar machen. Ein Friede, der Deutschland als Ganzes
lebensfähig erhält, muß sich in jedem Hauptpunkte von der Grundlage der
gegenwärtigen Bedingungen entfernen. Man kann direkt sagen, er darf nller-
höchstens so weit gehen, wie die deutschen Gegenvorschläge. Gerade wenn man
sich aber klar macht, daß der Zusammenhalt unter den Alliierten auf durchaus
schmaler Grundlage beruht, erscheint es wenig wahrscheinlich, daß bei unseren
Gegnern die Stimmen den Ausschlag geben werden, die auf die Erhaltung der
deutschen Lebensfähigkeit abzielen."

Walter Rathenau hat jüngst in der "Zukunft die Forderung aufgestellt,
wenn es nicht gelänge mit den Versailler Verhandlungen zum Ziele zu kommen,
dann müsse den alliierten Regierungen sofort das Auflösuugsdekret der deutschen
Nationalversammlung und die NücktrittSerklärungen des deutschen Reichspräsidenten
und sämtlicher Minister überreicht, die Erklärung abgegeben werden, Deutschland
verzichte auf jeden aktiven oder passiven Widerstand, der gesamte Vehördenapparat
stelle sich der Entente zur Verfügung, aber keine deutsche Negierung könne für die
Leitung der deutschen Geschicke jetzt noch die Verantwortung übernehmen. Diese
Verantwortung läge jetzt der Entente ob. Das weitere müsse man der klar vor¬
aussehbaren Entwicklung der Dinge überlassen. Es ist bedauerlich, daß Rathenau
verschwiegen hat, wie diese klar voraussehbare Entwicklung aussieht. Meines
Erachtens müssen wir uns immer wieder sagen, wenn wir versuchen, eine klare
innere Stellung zu gewinnen, daß es völlig ausgeschlossen ist, bei den tausend-
fachen ineinanderverwickellen Kräften, die zurzeit in der Welt teils schon sichtbar
sind, teils erst schwer erkennbar unter der Oberfläche garen, mit auch nur
annähernder Sicherheit den Lauf der Dinge vorauszuberechnen, den diese oder
jene Entscheidung zur Folge haben wird. Man kann nur gewisse Möglichkeiten
sehen, und das einzige, was man tun kann, ist zu versuchen, die allersch um nisten
Möglichkeiten abzuschneiden. Eine starke Möglichkeit ist, daß die Entente im Falle
des Nichtzustandekommens eines Friedensabschlusses auf den Zerfall Deutschlands
hinarbeiten wird. Die starken Begünstigungen, die die westlichen Absonderungs¬
bestrebungen finden, sind doch kaum zufällig. Und ob die Art und das Ausmaß
eines etwaigen militärischen Vorgehens gegen Deutschland nicht auch unter diesem
Gesichtspunkt erfolgen wird, ist zum mindesten zweifelhaft.

Können wir dieser Gefahr gegenüber etwas tun? Wir können es jedenfalls
nicht durch die Annahme von Friedensbedingungen, die in den Gtundzügen mit
den uns jetzt vorliegenden übereinstimmen. Denn daß die Ausführung dieser Be¬
dingungen eine völlige wirtschaftliche und seelische Verelendung Deutschlands zur
Folge haben wird, darüber besteht ein Zweifel nicht. Nun sagen die Verfechier
der Annahme um jeden Preis, ein solcher Friede sei auf die Dauer innerlich
unhaltbar, und er werde einmal einer grundlegenden Revision unterzogen werden
müssen. Vielleicht ist das richtig. Aber auch der Zustand, der durch eine plan¬
mäßige Zerstücklung Deutschlands herbeigeführt wird, kann Dauer nicht besitzen-
Und es kann sehr wohl die Frage gestellt werden, ob nicht die Krantheitskeime,
die im letzteren Falle dem Weltorganismus eingeführt werden, die stärkeren sind.
Daß allgemein menschlich betrachtet und für das Schicksal des einzelnen Menschen
das Elend in Deutschland bei der Annahme der unsere Zukunft vernichtenden
Bedingungen auf die Dauer größer sein wird, als bei der Ablehnung, diese Aw
nähme ist durch nichts gerechtfertigt. Entscheidend für die Frage, ob es en'e
deutsche Zukunft geben wird oder nicht, bleibt in beiden Fällen allein der Wille
des deutschen Volkes. Gegen den starken Willen eines in seinen Grundanlagen
jugendstarken Volkes und den unerschütterlichen Einheitswillen eines Volkes ist aus
die Dauer jede gegnerische Koalition machtlos. Die Frage kann nur sein, nnter
welchen Bedingungen dieser Wille die relativ günstigen Entivicklungsmöglichkeiteu


ur Friedenslage

Alliierten verfochten werden, dürfte keinem Zweifel unterliegen. Ebensosehr ist
es aber zweifellos, daß bei dem Abschluß der uns überreichten Friedensbedingungen
diejenigen Stimmen im feindlichen Lager durchgedrungen sind, die die dauernde
Unschädlichmachung, die dauernde Ausschaltung Deutschlands zum Ziele haben.
Man muß sich eins klar machen. Ein Friede, der Deutschland als Ganzes
lebensfähig erhält, muß sich in jedem Hauptpunkte von der Grundlage der
gegenwärtigen Bedingungen entfernen. Man kann direkt sagen, er darf nller-
höchstens so weit gehen, wie die deutschen Gegenvorschläge. Gerade wenn man
sich aber klar macht, daß der Zusammenhalt unter den Alliierten auf durchaus
schmaler Grundlage beruht, erscheint es wenig wahrscheinlich, daß bei unseren
Gegnern die Stimmen den Ausschlag geben werden, die auf die Erhaltung der
deutschen Lebensfähigkeit abzielen."

Walter Rathenau hat jüngst in der „Zukunft die Forderung aufgestellt,
wenn es nicht gelänge mit den Versailler Verhandlungen zum Ziele zu kommen,
dann müsse den alliierten Regierungen sofort das Auflösuugsdekret der deutschen
Nationalversammlung und die NücktrittSerklärungen des deutschen Reichspräsidenten
und sämtlicher Minister überreicht, die Erklärung abgegeben werden, Deutschland
verzichte auf jeden aktiven oder passiven Widerstand, der gesamte Vehördenapparat
stelle sich der Entente zur Verfügung, aber keine deutsche Negierung könne für die
Leitung der deutschen Geschicke jetzt noch die Verantwortung übernehmen. Diese
Verantwortung läge jetzt der Entente ob. Das weitere müsse man der klar vor¬
aussehbaren Entwicklung der Dinge überlassen. Es ist bedauerlich, daß Rathenau
verschwiegen hat, wie diese klar voraussehbare Entwicklung aussieht. Meines
Erachtens müssen wir uns immer wieder sagen, wenn wir versuchen, eine klare
innere Stellung zu gewinnen, daß es völlig ausgeschlossen ist, bei den tausend-
fachen ineinanderverwickellen Kräften, die zurzeit in der Welt teils schon sichtbar
sind, teils erst schwer erkennbar unter der Oberfläche garen, mit auch nur
annähernder Sicherheit den Lauf der Dinge vorauszuberechnen, den diese oder
jene Entscheidung zur Folge haben wird. Man kann nur gewisse Möglichkeiten
sehen, und das einzige, was man tun kann, ist zu versuchen, die allersch um nisten
Möglichkeiten abzuschneiden. Eine starke Möglichkeit ist, daß die Entente im Falle
des Nichtzustandekommens eines Friedensabschlusses auf den Zerfall Deutschlands
hinarbeiten wird. Die starken Begünstigungen, die die westlichen Absonderungs¬
bestrebungen finden, sind doch kaum zufällig. Und ob die Art und das Ausmaß
eines etwaigen militärischen Vorgehens gegen Deutschland nicht auch unter diesem
Gesichtspunkt erfolgen wird, ist zum mindesten zweifelhaft.

Können wir dieser Gefahr gegenüber etwas tun? Wir können es jedenfalls
nicht durch die Annahme von Friedensbedingungen, die in den Gtundzügen mit
den uns jetzt vorliegenden übereinstimmen. Denn daß die Ausführung dieser Be¬
dingungen eine völlige wirtschaftliche und seelische Verelendung Deutschlands zur
Folge haben wird, darüber besteht ein Zweifel nicht. Nun sagen die Verfechier
der Annahme um jeden Preis, ein solcher Friede sei auf die Dauer innerlich
unhaltbar, und er werde einmal einer grundlegenden Revision unterzogen werden
müssen. Vielleicht ist das richtig. Aber auch der Zustand, der durch eine plan¬
mäßige Zerstücklung Deutschlands herbeigeführt wird, kann Dauer nicht besitzen-
Und es kann sehr wohl die Frage gestellt werden, ob nicht die Krantheitskeime,
die im letzteren Falle dem Weltorganismus eingeführt werden, die stärkeren sind.
Daß allgemein menschlich betrachtet und für das Schicksal des einzelnen Menschen
das Elend in Deutschland bei der Annahme der unsere Zukunft vernichtenden
Bedingungen auf die Dauer größer sein wird, als bei der Ablehnung, diese Aw
nähme ist durch nichts gerechtfertigt. Entscheidend für die Frage, ob es en'e
deutsche Zukunft geben wird oder nicht, bleibt in beiden Fällen allein der Wille
des deutschen Volkes. Gegen den starken Willen eines in seinen Grundanlagen
jugendstarken Volkes und den unerschütterlichen Einheitswillen eines Volkes ist aus
die Dauer jede gegnerische Koalition machtlos. Die Frage kann nur sein, nnter
welchen Bedingungen dieser Wille die relativ günstigen Entivicklungsmöglichkeiteu


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0248" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/335658"/>
          <fw type="header" place="top"> ur Friedenslage</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1012" prev="#ID_1011"> Alliierten verfochten werden, dürfte keinem Zweifel unterliegen. Ebensosehr ist<lb/>
es aber zweifellos, daß bei dem Abschluß der uns überreichten Friedensbedingungen<lb/>
diejenigen Stimmen im feindlichen Lager durchgedrungen sind, die die dauernde<lb/>
Unschädlichmachung, die dauernde Ausschaltung Deutschlands zum Ziele haben.<lb/>
Man muß sich eins klar machen. Ein Friede, der Deutschland als Ganzes<lb/>
lebensfähig erhält, muß sich in jedem Hauptpunkte von der Grundlage der<lb/>
gegenwärtigen Bedingungen entfernen. Man kann direkt sagen, er darf nller-<lb/>
höchstens so weit gehen, wie die deutschen Gegenvorschläge. Gerade wenn man<lb/>
sich aber klar macht, daß der Zusammenhalt unter den Alliierten auf durchaus<lb/>
schmaler Grundlage beruht, erscheint es wenig wahrscheinlich, daß bei unseren<lb/>
Gegnern die Stimmen den Ausschlag geben werden, die auf die Erhaltung der<lb/>
deutschen Lebensfähigkeit abzielen."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1013"> Walter Rathenau hat jüngst in der &#x201E;Zukunft die Forderung aufgestellt,<lb/>
wenn es nicht gelänge mit den Versailler Verhandlungen zum Ziele zu kommen,<lb/>
dann müsse den alliierten Regierungen sofort das Auflösuugsdekret der deutschen<lb/>
Nationalversammlung und die NücktrittSerklärungen des deutschen Reichspräsidenten<lb/>
und sämtlicher Minister überreicht, die Erklärung abgegeben werden, Deutschland<lb/>
verzichte auf jeden aktiven oder passiven Widerstand, der gesamte Vehördenapparat<lb/>
stelle sich der Entente zur Verfügung, aber keine deutsche Negierung könne für die<lb/>
Leitung der deutschen Geschicke jetzt noch die Verantwortung übernehmen. Diese<lb/>
Verantwortung läge jetzt der Entente ob. Das weitere müsse man der klar vor¬<lb/>
aussehbaren Entwicklung der Dinge überlassen. Es ist bedauerlich, daß Rathenau<lb/>
verschwiegen hat, wie diese klar voraussehbare Entwicklung aussieht. Meines<lb/>
Erachtens müssen wir uns immer wieder sagen, wenn wir versuchen, eine klare<lb/>
innere Stellung zu gewinnen, daß es völlig ausgeschlossen ist, bei den tausend-<lb/>
fachen ineinanderverwickellen Kräften, die zurzeit in der Welt teils schon sichtbar<lb/>
sind, teils erst schwer erkennbar unter der Oberfläche garen, mit auch nur<lb/>
annähernder Sicherheit den Lauf der Dinge vorauszuberechnen, den diese oder<lb/>
jene Entscheidung zur Folge haben wird. Man kann nur gewisse Möglichkeiten<lb/>
sehen, und das einzige, was man tun kann, ist zu versuchen, die allersch um nisten<lb/>
Möglichkeiten abzuschneiden. Eine starke Möglichkeit ist, daß die Entente im Falle<lb/>
des Nichtzustandekommens eines Friedensabschlusses auf den Zerfall Deutschlands<lb/>
hinarbeiten wird. Die starken Begünstigungen, die die westlichen Absonderungs¬<lb/>
bestrebungen finden, sind doch kaum zufällig. Und ob die Art und das Ausmaß<lb/>
eines etwaigen militärischen Vorgehens gegen Deutschland nicht auch unter diesem<lb/>
Gesichtspunkt erfolgen wird, ist zum mindesten zweifelhaft.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1014" next="#ID_1015"> Können wir dieser Gefahr gegenüber etwas tun? Wir können es jedenfalls<lb/>
nicht durch die Annahme von Friedensbedingungen, die in den Gtundzügen mit<lb/>
den uns jetzt vorliegenden übereinstimmen. Denn daß die Ausführung dieser Be¬<lb/>
dingungen eine völlige wirtschaftliche und seelische Verelendung Deutschlands zur<lb/>
Folge haben wird, darüber besteht ein Zweifel nicht. Nun sagen die Verfechier<lb/>
der Annahme um jeden Preis, ein solcher Friede sei auf die Dauer innerlich<lb/>
unhaltbar, und er werde einmal einer grundlegenden Revision unterzogen werden<lb/>
müssen. Vielleicht ist das richtig. Aber auch der Zustand, der durch eine plan¬<lb/>
mäßige Zerstücklung Deutschlands herbeigeführt wird, kann Dauer nicht besitzen-<lb/>
Und es kann sehr wohl die Frage gestellt werden, ob nicht die Krantheitskeime,<lb/>
die im letzteren Falle dem Weltorganismus eingeführt werden, die stärkeren sind.<lb/>
Daß allgemein menschlich betrachtet und für das Schicksal des einzelnen Menschen<lb/>
das Elend in Deutschland bei der Annahme der unsere Zukunft vernichtenden<lb/>
Bedingungen auf die Dauer größer sein wird, als bei der Ablehnung, diese Aw<lb/>
nähme ist durch nichts gerechtfertigt. Entscheidend für die Frage, ob es en'e<lb/>
deutsche Zukunft geben wird oder nicht, bleibt in beiden Fällen allein der Wille<lb/>
des deutschen Volkes. Gegen den starken Willen eines in seinen Grundanlagen<lb/>
jugendstarken Volkes und den unerschütterlichen Einheitswillen eines Volkes ist aus<lb/>
die Dauer jede gegnerische Koalition machtlos. Die Frage kann nur sein, nnter<lb/>
welchen Bedingungen dieser Wille die relativ günstigen Entivicklungsmöglichkeiteu</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0248] ur Friedenslage Alliierten verfochten werden, dürfte keinem Zweifel unterliegen. Ebensosehr ist es aber zweifellos, daß bei dem Abschluß der uns überreichten Friedensbedingungen diejenigen Stimmen im feindlichen Lager durchgedrungen sind, die die dauernde Unschädlichmachung, die dauernde Ausschaltung Deutschlands zum Ziele haben. Man muß sich eins klar machen. Ein Friede, der Deutschland als Ganzes lebensfähig erhält, muß sich in jedem Hauptpunkte von der Grundlage der gegenwärtigen Bedingungen entfernen. Man kann direkt sagen, er darf nller- höchstens so weit gehen, wie die deutschen Gegenvorschläge. Gerade wenn man sich aber klar macht, daß der Zusammenhalt unter den Alliierten auf durchaus schmaler Grundlage beruht, erscheint es wenig wahrscheinlich, daß bei unseren Gegnern die Stimmen den Ausschlag geben werden, die auf die Erhaltung der deutschen Lebensfähigkeit abzielen." Walter Rathenau hat jüngst in der „Zukunft die Forderung aufgestellt, wenn es nicht gelänge mit den Versailler Verhandlungen zum Ziele zu kommen, dann müsse den alliierten Regierungen sofort das Auflösuugsdekret der deutschen Nationalversammlung und die NücktrittSerklärungen des deutschen Reichspräsidenten und sämtlicher Minister überreicht, die Erklärung abgegeben werden, Deutschland verzichte auf jeden aktiven oder passiven Widerstand, der gesamte Vehördenapparat stelle sich der Entente zur Verfügung, aber keine deutsche Negierung könne für die Leitung der deutschen Geschicke jetzt noch die Verantwortung übernehmen. Diese Verantwortung läge jetzt der Entente ob. Das weitere müsse man der klar vor¬ aussehbaren Entwicklung der Dinge überlassen. Es ist bedauerlich, daß Rathenau verschwiegen hat, wie diese klar voraussehbare Entwicklung aussieht. Meines Erachtens müssen wir uns immer wieder sagen, wenn wir versuchen, eine klare innere Stellung zu gewinnen, daß es völlig ausgeschlossen ist, bei den tausend- fachen ineinanderverwickellen Kräften, die zurzeit in der Welt teils schon sichtbar sind, teils erst schwer erkennbar unter der Oberfläche garen, mit auch nur annähernder Sicherheit den Lauf der Dinge vorauszuberechnen, den diese oder jene Entscheidung zur Folge haben wird. Man kann nur gewisse Möglichkeiten sehen, und das einzige, was man tun kann, ist zu versuchen, die allersch um nisten Möglichkeiten abzuschneiden. Eine starke Möglichkeit ist, daß die Entente im Falle des Nichtzustandekommens eines Friedensabschlusses auf den Zerfall Deutschlands hinarbeiten wird. Die starken Begünstigungen, die die westlichen Absonderungs¬ bestrebungen finden, sind doch kaum zufällig. Und ob die Art und das Ausmaß eines etwaigen militärischen Vorgehens gegen Deutschland nicht auch unter diesem Gesichtspunkt erfolgen wird, ist zum mindesten zweifelhaft. Können wir dieser Gefahr gegenüber etwas tun? Wir können es jedenfalls nicht durch die Annahme von Friedensbedingungen, die in den Gtundzügen mit den uns jetzt vorliegenden übereinstimmen. Denn daß die Ausführung dieser Be¬ dingungen eine völlige wirtschaftliche und seelische Verelendung Deutschlands zur Folge haben wird, darüber besteht ein Zweifel nicht. Nun sagen die Verfechier der Annahme um jeden Preis, ein solcher Friede sei auf die Dauer innerlich unhaltbar, und er werde einmal einer grundlegenden Revision unterzogen werden müssen. Vielleicht ist das richtig. Aber auch der Zustand, der durch eine plan¬ mäßige Zerstücklung Deutschlands herbeigeführt wird, kann Dauer nicht besitzen- Und es kann sehr wohl die Frage gestellt werden, ob nicht die Krantheitskeime, die im letzteren Falle dem Weltorganismus eingeführt werden, die stärkeren sind. Daß allgemein menschlich betrachtet und für das Schicksal des einzelnen Menschen das Elend in Deutschland bei der Annahme der unsere Zukunft vernichtenden Bedingungen auf die Dauer größer sein wird, als bei der Ablehnung, diese Aw nähme ist durch nichts gerechtfertigt. Entscheidend für die Frage, ob es en'e deutsche Zukunft geben wird oder nicht, bleibt in beiden Fällen allein der Wille des deutschen Volkes. Gegen den starken Willen eines in seinen Grundanlagen jugendstarken Volkes und den unerschütterlichen Einheitswillen eines Volkes ist aus die Dauer jede gegnerische Koalition machtlos. Die Frage kann nur sein, nnter welchen Bedingungen dieser Wille die relativ günstigen Entivicklungsmöglichkeiteu

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/248
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/248>, abgerufen am 18.12.2024.