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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.

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Das Staatstheater

Es zeugt von der tiefsten Einsicht in das Wesen der Schauspielkunst und greift
weit in die Zukunft hinaus, wenn der Kaiser die Notwendigkeit der Selbst"
regierung der Künstler so weit erkannte, daß er dem Wiener Nationaltheater nach
französischem Vorbilde eine republikanische Verfassung gab, deren Prinzipien dann
später von Dalberg in Mannheim, Schröder in Homburg u. a, aufgenommen
wurden. Vielerorts folgten die Hof- und Stadttheater dem Beispiel Josephs.
Die Natioraltheater wurden allgemein, und die Schauspielkunst nahm, geführt
von Meistern wie Ethos, Schröder, Jffland, dank ihrer gesunden Organisation
eine rasche und nationale Entwicklung

Von jeher waren die Errungenschaften der Schauspielkunst wieder in Frage
gestellt, wenn die Männer, denen sie zu danken waren, ausschieden; denn dem
Theater hatten Einrichtungen gefehlt, welche die Weiterbildung des Erworbenen
von den Persönlichkeiten unabhängig machten. Als die eigentliche Ursache des
schnellen Aufschwungs, den es jetzt genommen hatte, muß man deshalb seine
Organisation betrachten. Organisation war es, die das Theater nötig hatte; sein
weiterer gedeihlicher Fortschritt hing daher von der konsequenten Fortbildung
dessen ab, was Joseph der Zweite begonnen hatte, um die Kunst in sich selbst
ihren Schwerpunkt und die Kraft zu fortwährender Erneuerung finden zu lassen,
um sie fähig zu machen, die erreichte Entwicklung den höheren Kulturzwecken der
menschlichen Gesellschaft anzuschließen. Es galt, die erfolgreich beschrittene Reform
als höhere Notwendigkeit zu erkennen und zu behaupten. Je lebhafter sich die
Schwingen des Staatslebens regten, je einsichtsvoller sich der Staat seiner Ver¬
pflichtungen gegen die Nation erinnerte, um so mehr traten auch die Theater-
reformfragen in den Vordergrund des allgemeinen Interesses. Ein verheißungs¬
voller Schritt, der das deutsche Nationaltheater seiner höchsten Idee näher
gebracht hätte, geschah in Preußen zur Zeit seiner Erniedrigung. Angeregt von
W. v. Humboldt erging am 16. Dezember 1808 von Königsberg ein königliches
Publikandum, das das Theater den Anstalten zuzählte, die Einfluß auf die
allgemeine Bildung haben und sie deshalb gleich den Akademien der Wissenschaften
und Künste der Sektion des Ministeriums für den öffentlichen Unterricht und
Kultus unterordnete. Das Schicksal dieser Verordnung, die. wenn sie ins Leben
getreten wäre, der dramatischen Kunst ein organisches Gedeihen gewährleistet
hatte, ist bezeichnend für den weiteren Verlauf der so hoffnungsvoll begonnenen
Entwicklung. Wie so manche andere tüchtige Maßregel aus der preußischen
Neformzeit war auch die geplante künstlerische Reorganisation in dem Maße zur
Unfruchtbarkeit verurteilt, als der preußische Staat seine weitgesteckten Ziele wieder
vergaß. Schon nach zwei Jahren reihte die veränderte Bestimmung über die
Verfassung der Behörden das Theater unter die öffentlichen Anstalten "zur Be¬
quemlichkeit und zum Vergnügen"."

"Zur Bequemlichkeit und zum VergnügenI Damit war der Weg vor¬
gezeichnet, den das deutsche Theater nun wieder betrat. Daran wurde auch
dadurch nichts geändert, daß seit dem Wiener Kongreß die Fürsten Deutschlands
es für ihre gemeinsame Aufgabe hielten, in ihren Residenzen das Theater unter
ihren unmittelbaren Schutz zu stellen. Indem auch in den konstitutionell regierten
Staaten die Nation die Verfügung über das Theater dem Hofe überließ, begab
sie sich stillschweigend des Anspruchs, den sie bisher daran zu haben glaubte. Aus
dem "Nationaltheater" wurde folgerichtig das "Hoftheater", das die Grundsätze
Josephs des Zweiten wieder aufgab. Was bei der Neuordnung einzig und
allein gedieh, war in Anbetracht der hohen fürstlichen Subvention nur die
materielle Seite der Kunst. Die cnischeidcnde Tatsache aber, daß an die Spitze
der Theaterverwaltung künstlerisch nicht gebildete Hofbeamte traten, mußte den
Geist der von ihnen geleiteten Institute aufs Empfindlichste beeinträchtigen. Die
höhere geistige Mitarbeit der Nation mußte von einem Theater ausgeschlossen bleiben,
dessen Verwaltung der Nation nicht verantwortlich war. Der Intendant war
nnr dem Fürsten verantwortlich; in dem persönlichen Geschmack des Fürsten, nicht
zuletzt aber auch in dem Maße seiner Anteilnahme für das Theater lag die einzige


Das Staatstheater

Es zeugt von der tiefsten Einsicht in das Wesen der Schauspielkunst und greift
weit in die Zukunft hinaus, wenn der Kaiser die Notwendigkeit der Selbst»
regierung der Künstler so weit erkannte, daß er dem Wiener Nationaltheater nach
französischem Vorbilde eine republikanische Verfassung gab, deren Prinzipien dann
später von Dalberg in Mannheim, Schröder in Homburg u. a, aufgenommen
wurden. Vielerorts folgten die Hof- und Stadttheater dem Beispiel Josephs.
Die Natioraltheater wurden allgemein, und die Schauspielkunst nahm, geführt
von Meistern wie Ethos, Schröder, Jffland, dank ihrer gesunden Organisation
eine rasche und nationale Entwicklung

Von jeher waren die Errungenschaften der Schauspielkunst wieder in Frage
gestellt, wenn die Männer, denen sie zu danken waren, ausschieden; denn dem
Theater hatten Einrichtungen gefehlt, welche die Weiterbildung des Erworbenen
von den Persönlichkeiten unabhängig machten. Als die eigentliche Ursache des
schnellen Aufschwungs, den es jetzt genommen hatte, muß man deshalb seine
Organisation betrachten. Organisation war es, die das Theater nötig hatte; sein
weiterer gedeihlicher Fortschritt hing daher von der konsequenten Fortbildung
dessen ab, was Joseph der Zweite begonnen hatte, um die Kunst in sich selbst
ihren Schwerpunkt und die Kraft zu fortwährender Erneuerung finden zu lassen,
um sie fähig zu machen, die erreichte Entwicklung den höheren Kulturzwecken der
menschlichen Gesellschaft anzuschließen. Es galt, die erfolgreich beschrittene Reform
als höhere Notwendigkeit zu erkennen und zu behaupten. Je lebhafter sich die
Schwingen des Staatslebens regten, je einsichtsvoller sich der Staat seiner Ver¬
pflichtungen gegen die Nation erinnerte, um so mehr traten auch die Theater-
reformfragen in den Vordergrund des allgemeinen Interesses. Ein verheißungs¬
voller Schritt, der das deutsche Nationaltheater seiner höchsten Idee näher
gebracht hätte, geschah in Preußen zur Zeit seiner Erniedrigung. Angeregt von
W. v. Humboldt erging am 16. Dezember 1808 von Königsberg ein königliches
Publikandum, das das Theater den Anstalten zuzählte, die Einfluß auf die
allgemeine Bildung haben und sie deshalb gleich den Akademien der Wissenschaften
und Künste der Sektion des Ministeriums für den öffentlichen Unterricht und
Kultus unterordnete. Das Schicksal dieser Verordnung, die. wenn sie ins Leben
getreten wäre, der dramatischen Kunst ein organisches Gedeihen gewährleistet
hatte, ist bezeichnend für den weiteren Verlauf der so hoffnungsvoll begonnenen
Entwicklung. Wie so manche andere tüchtige Maßregel aus der preußischen
Neformzeit war auch die geplante künstlerische Reorganisation in dem Maße zur
Unfruchtbarkeit verurteilt, als der preußische Staat seine weitgesteckten Ziele wieder
vergaß. Schon nach zwei Jahren reihte die veränderte Bestimmung über die
Verfassung der Behörden das Theater unter die öffentlichen Anstalten „zur Be¬
quemlichkeit und zum Vergnügen"."

„Zur Bequemlichkeit und zum VergnügenI Damit war der Weg vor¬
gezeichnet, den das deutsche Theater nun wieder betrat. Daran wurde auch
dadurch nichts geändert, daß seit dem Wiener Kongreß die Fürsten Deutschlands
es für ihre gemeinsame Aufgabe hielten, in ihren Residenzen das Theater unter
ihren unmittelbaren Schutz zu stellen. Indem auch in den konstitutionell regierten
Staaten die Nation die Verfügung über das Theater dem Hofe überließ, begab
sie sich stillschweigend des Anspruchs, den sie bisher daran zu haben glaubte. Aus
dem „Nationaltheater" wurde folgerichtig das „Hoftheater", das die Grundsätze
Josephs des Zweiten wieder aufgab. Was bei der Neuordnung einzig und
allein gedieh, war in Anbetracht der hohen fürstlichen Subvention nur die
materielle Seite der Kunst. Die cnischeidcnde Tatsache aber, daß an die Spitze
der Theaterverwaltung künstlerisch nicht gebildete Hofbeamte traten, mußte den
Geist der von ihnen geleiteten Institute aufs Empfindlichste beeinträchtigen. Die
höhere geistige Mitarbeit der Nation mußte von einem Theater ausgeschlossen bleiben,
dessen Verwaltung der Nation nicht verantwortlich war. Der Intendant war
nnr dem Fürsten verantwortlich; in dem persönlichen Geschmack des Fürsten, nicht
zuletzt aber auch in dem Maße seiner Anteilnahme für das Theater lag die einzige


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[0220] Das Staatstheater Es zeugt von der tiefsten Einsicht in das Wesen der Schauspielkunst und greift weit in die Zukunft hinaus, wenn der Kaiser die Notwendigkeit der Selbst» regierung der Künstler so weit erkannte, daß er dem Wiener Nationaltheater nach französischem Vorbilde eine republikanische Verfassung gab, deren Prinzipien dann später von Dalberg in Mannheim, Schröder in Homburg u. a, aufgenommen wurden. Vielerorts folgten die Hof- und Stadttheater dem Beispiel Josephs. Die Natioraltheater wurden allgemein, und die Schauspielkunst nahm, geführt von Meistern wie Ethos, Schröder, Jffland, dank ihrer gesunden Organisation eine rasche und nationale Entwicklung Von jeher waren die Errungenschaften der Schauspielkunst wieder in Frage gestellt, wenn die Männer, denen sie zu danken waren, ausschieden; denn dem Theater hatten Einrichtungen gefehlt, welche die Weiterbildung des Erworbenen von den Persönlichkeiten unabhängig machten. Als die eigentliche Ursache des schnellen Aufschwungs, den es jetzt genommen hatte, muß man deshalb seine Organisation betrachten. Organisation war es, die das Theater nötig hatte; sein weiterer gedeihlicher Fortschritt hing daher von der konsequenten Fortbildung dessen ab, was Joseph der Zweite begonnen hatte, um die Kunst in sich selbst ihren Schwerpunkt und die Kraft zu fortwährender Erneuerung finden zu lassen, um sie fähig zu machen, die erreichte Entwicklung den höheren Kulturzwecken der menschlichen Gesellschaft anzuschließen. Es galt, die erfolgreich beschrittene Reform als höhere Notwendigkeit zu erkennen und zu behaupten. Je lebhafter sich die Schwingen des Staatslebens regten, je einsichtsvoller sich der Staat seiner Ver¬ pflichtungen gegen die Nation erinnerte, um so mehr traten auch die Theater- reformfragen in den Vordergrund des allgemeinen Interesses. Ein verheißungs¬ voller Schritt, der das deutsche Nationaltheater seiner höchsten Idee näher gebracht hätte, geschah in Preußen zur Zeit seiner Erniedrigung. Angeregt von W. v. Humboldt erging am 16. Dezember 1808 von Königsberg ein königliches Publikandum, das das Theater den Anstalten zuzählte, die Einfluß auf die allgemeine Bildung haben und sie deshalb gleich den Akademien der Wissenschaften und Künste der Sektion des Ministeriums für den öffentlichen Unterricht und Kultus unterordnete. Das Schicksal dieser Verordnung, die. wenn sie ins Leben getreten wäre, der dramatischen Kunst ein organisches Gedeihen gewährleistet hatte, ist bezeichnend für den weiteren Verlauf der so hoffnungsvoll begonnenen Entwicklung. Wie so manche andere tüchtige Maßregel aus der preußischen Neformzeit war auch die geplante künstlerische Reorganisation in dem Maße zur Unfruchtbarkeit verurteilt, als der preußische Staat seine weitgesteckten Ziele wieder vergaß. Schon nach zwei Jahren reihte die veränderte Bestimmung über die Verfassung der Behörden das Theater unter die öffentlichen Anstalten „zur Be¬ quemlichkeit und zum Vergnügen"." „Zur Bequemlichkeit und zum VergnügenI Damit war der Weg vor¬ gezeichnet, den das deutsche Theater nun wieder betrat. Daran wurde auch dadurch nichts geändert, daß seit dem Wiener Kongreß die Fürsten Deutschlands es für ihre gemeinsame Aufgabe hielten, in ihren Residenzen das Theater unter ihren unmittelbaren Schutz zu stellen. Indem auch in den konstitutionell regierten Staaten die Nation die Verfügung über das Theater dem Hofe überließ, begab sie sich stillschweigend des Anspruchs, den sie bisher daran zu haben glaubte. Aus dem „Nationaltheater" wurde folgerichtig das „Hoftheater", das die Grundsätze Josephs des Zweiten wieder aufgab. Was bei der Neuordnung einzig und allein gedieh, war in Anbetracht der hohen fürstlichen Subvention nur die materielle Seite der Kunst. Die cnischeidcnde Tatsache aber, daß an die Spitze der Theaterverwaltung künstlerisch nicht gebildete Hofbeamte traten, mußte den Geist der von ihnen geleiteten Institute aufs Empfindlichste beeinträchtigen. Die höhere geistige Mitarbeit der Nation mußte von einem Theater ausgeschlossen bleiben, dessen Verwaltung der Nation nicht verantwortlich war. Der Intendant war nnr dem Fürsten verantwortlich; in dem persönlichen Geschmack des Fürsten, nicht zuletzt aber auch in dem Maße seiner Anteilnahme für das Theater lag die einzige

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/220>, abgerufen am 27.07.2024.