Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.Der Jenaer Parteitag der Deutschen Volkspartei Pfalz -- an Umfang doch immer nur etwa den beiden Provinzen Rheinland urd Sollte es also zur Bildung eines größeren Schwabens kommen, so wäre Der Jenaer Parteitag der Deutschen Volkspartei Dr. Karl Luchheim von le Novemberrevolution hat das alte Parteiwesen Deutschlands zwar Der Jenaer Parteitag der Deutschen Volkspartei Pfalz — an Umfang doch immer nur etwa den beiden Provinzen Rheinland urd Sollte es also zur Bildung eines größeren Schwabens kommen, so wäre Der Jenaer Parteitag der Deutschen Volkspartei Dr. Karl Luchheim von le Novemberrevolution hat das alte Parteiwesen Deutschlands zwar <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0170" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/335580"/> <fw type="header" place="top"> Der Jenaer Parteitag der Deutschen Volkspartei</fw><lb/> <p xml:id="ID_723" prev="#ID_722"> Pfalz — an Umfang doch immer nur etwa den beiden Provinzen Rheinland urd<lb/> Hessen-Nassau gleich; Preußen wäre immer noch um rund 300 000 Quadrat¬<lb/> kilometer größer! I Mit Vorarlberg und der Pfalz wäre das neue Land etwa so<lb/> groß wie Posen und Westpreußen zusammengenommen. Also für Größenwahn<lb/> noch kein GrundI Dennoch aber läge die Gefahr nahe, daß eine mächtige üdcr-<lb/> schntzung der eigenen Bedeutung einsetzte. Und hier gleitet unser Problem in das<lb/> andere hinüber! ob die Schaffung größerer Staatsverbande in Deutschland über¬<lb/> haupt ratsam ist, odcr ob nicht eine allgemeine Aufteilung in etwa gleich große<lb/> KUllurprovinzen mit Selbstverwaltung — aber ohne Staatshoheit — die beste<lb/> Lösung wäre, um die alten Qbelstände und die dauernden Verstimmungen im<lb/> Reich zu beseitigen. Schwaben könnte dann als Kultnrprovinz ebenso blühen<lb/> und befruchten, wie als Staat, und mit der durch diese Kuliurprovinzen gc-<lb/> geschaffcnen Homogennät der einzelnen Neichöbestandteile wäre der sonst nimmer¬<lb/> mehr auszugleichende und zu verwischende Übelstand beseitigt, der sich aus der<lb/> Verschiedenheit der Größe und Machtmittel Preußens gegenüber den ihm ver¬<lb/> fassungsgemäß „gleichberechtigten" Kleineren ergibt und der auch in dem neuen<lb/> Deutschland bei den Ansprüchen dieser Kleineren in ihrer Gesamtheit nun einmal<lb/> uur Schwächung unserer Lebenskraft bedeutet.</p><lb/> <p xml:id="ID_724"> Sollte es also zur Bildung eines größeren Schwabens kommen, so wäre<lb/> damit abermals eine Gelegenheit gegeben, ernstlich an die Neugestaltung<lb/> Deutschlands zu gehen, was durch Kurzsichtigkeit und Eigennutz bisher in Weimar<lb/> leider vereitelt und hintertrieben worden ist.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Der Jenaer Parteitag der Deutschen Volkspartei<lb/><note type="byline"> Dr. Karl Luchheim</note> von </head><lb/> <p xml:id="ID_725" next="#ID_726"> le Novemberrevolution hat das alte Parteiwesen Deutschlands zwar<lb/> nicht völlig aufgelöst, aber doch stark erschüttert. Vor allem ist mit<lb/> dein Bismurckschen Reichsbau auch die „Partei der Reichsgründung",<lb/> z die Nationalliberale Partei verschwunden. Als die demokratische<lb/> A^W^M^ Sammeltrompete in Berlin geblasen wurde, haben sich viele National-<lb/> liberale der Deutschen demokratischen Partei angeschlossen und den<lb/> heterogenen Elementen dieses Lagers, das Dreiviertelssvzialisten neben Manchester-<lb/> männern und den Stimmführern des BörsenliberalismuS umfaßt, noch ein neues<lb/> hinzugefügt Ein noch größerer Teil der alten Nationalliberalen ist aber zu der<lb/> ziemlich verspätet gegründeten Deutschen Volkspartei gegangen, die zwischen den<lb/> größeren Pcuteien in Weimar und im Preußenparlament ja etwas über zwanzig<lb/> Sitze errungen hat und außerdem in den Landesvertretungen wenigstens einiger<lb/> Bundesstaaten kleine Fraktionen hat bilden können. Es ist kein Zweifel, daß die<lb/> Erfolge dort errungen wurden, wo die enden nationalliberalen Organisationen zur<lb/> Nottspartei übergegangen sind. Was die Volkspartei augenblicklich hat, verdankt<lb/> sie größtenteils dem nationalliberalen Erbe. ' Und so hat dann auch der erste<lb/> Parteitag, der am 12. und 13. April in Jena stattgefunden hat, deutlich genug<lb/> betont, daß mau sich als Nachfolger der Nationalliberalen fühle. Es lagen sogar<lb/> Anträge vor, die den alten Namen wieder hergestellt wissen wollten. Aber sie sind<lb/> mit gutem Grunde abgelehnt worden. Daß trotzdem einige Redner mit einer<lb/> gewissen Absichtlichkeit ihre nationalliberale Farbe hervorhoben, wird man alten<lb/> Parteiveteranen nicht allzusehr verdenken. Auch Professor Kahl betonte in seiner<lb/> Eröffnungsansprache, die Partei habe nur ein neues Gewand übergezogen; der<lb/> Geist sei der alte geblieben. Kahl dachte dabei, wie aus seinen Worten hervor¬<lb/> ging, hauptsächlich an den Geist der Pietät gegen das Kaisertum und den Vismarck-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0170]
Der Jenaer Parteitag der Deutschen Volkspartei
Pfalz — an Umfang doch immer nur etwa den beiden Provinzen Rheinland urd
Hessen-Nassau gleich; Preußen wäre immer noch um rund 300 000 Quadrat¬
kilometer größer! I Mit Vorarlberg und der Pfalz wäre das neue Land etwa so
groß wie Posen und Westpreußen zusammengenommen. Also für Größenwahn
noch kein GrundI Dennoch aber läge die Gefahr nahe, daß eine mächtige üdcr-
schntzung der eigenen Bedeutung einsetzte. Und hier gleitet unser Problem in das
andere hinüber! ob die Schaffung größerer Staatsverbande in Deutschland über¬
haupt ratsam ist, odcr ob nicht eine allgemeine Aufteilung in etwa gleich große
KUllurprovinzen mit Selbstverwaltung — aber ohne Staatshoheit — die beste
Lösung wäre, um die alten Qbelstände und die dauernden Verstimmungen im
Reich zu beseitigen. Schwaben könnte dann als Kultnrprovinz ebenso blühen
und befruchten, wie als Staat, und mit der durch diese Kuliurprovinzen gc-
geschaffcnen Homogennät der einzelnen Neichöbestandteile wäre der sonst nimmer¬
mehr auszugleichende und zu verwischende Übelstand beseitigt, der sich aus der
Verschiedenheit der Größe und Machtmittel Preußens gegenüber den ihm ver¬
fassungsgemäß „gleichberechtigten" Kleineren ergibt und der auch in dem neuen
Deutschland bei den Ansprüchen dieser Kleineren in ihrer Gesamtheit nun einmal
uur Schwächung unserer Lebenskraft bedeutet.
Sollte es also zur Bildung eines größeren Schwabens kommen, so wäre
damit abermals eine Gelegenheit gegeben, ernstlich an die Neugestaltung
Deutschlands zu gehen, was durch Kurzsichtigkeit und Eigennutz bisher in Weimar
leider vereitelt und hintertrieben worden ist.
Der Jenaer Parteitag der Deutschen Volkspartei
Dr. Karl Luchheim von
le Novemberrevolution hat das alte Parteiwesen Deutschlands zwar
nicht völlig aufgelöst, aber doch stark erschüttert. Vor allem ist mit
dein Bismurckschen Reichsbau auch die „Partei der Reichsgründung",
z die Nationalliberale Partei verschwunden. Als die demokratische
A^W^M^ Sammeltrompete in Berlin geblasen wurde, haben sich viele National-
liberale der Deutschen demokratischen Partei angeschlossen und den
heterogenen Elementen dieses Lagers, das Dreiviertelssvzialisten neben Manchester-
männern und den Stimmführern des BörsenliberalismuS umfaßt, noch ein neues
hinzugefügt Ein noch größerer Teil der alten Nationalliberalen ist aber zu der
ziemlich verspätet gegründeten Deutschen Volkspartei gegangen, die zwischen den
größeren Pcuteien in Weimar und im Preußenparlament ja etwas über zwanzig
Sitze errungen hat und außerdem in den Landesvertretungen wenigstens einiger
Bundesstaaten kleine Fraktionen hat bilden können. Es ist kein Zweifel, daß die
Erfolge dort errungen wurden, wo die enden nationalliberalen Organisationen zur
Nottspartei übergegangen sind. Was die Volkspartei augenblicklich hat, verdankt
sie größtenteils dem nationalliberalen Erbe. ' Und so hat dann auch der erste
Parteitag, der am 12. und 13. April in Jena stattgefunden hat, deutlich genug
betont, daß mau sich als Nachfolger der Nationalliberalen fühle. Es lagen sogar
Anträge vor, die den alten Namen wieder hergestellt wissen wollten. Aber sie sind
mit gutem Grunde abgelehnt worden. Daß trotzdem einige Redner mit einer
gewissen Absichtlichkeit ihre nationalliberale Farbe hervorhoben, wird man alten
Parteiveteranen nicht allzusehr verdenken. Auch Professor Kahl betonte in seiner
Eröffnungsansprache, die Partei habe nur ein neues Gewand übergezogen; der
Geist sei der alte geblieben. Kahl dachte dabei, wie aus seinen Worten hervor¬
ging, hauptsächlich an den Geist der Pietät gegen das Kaisertum und den Vismarck-
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