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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.

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Zum südwestdeutsche" Problem

schwachen bezeichnet werden, während der Begriff "Niederschwaben" nicht geläufig
ist. Der Name Schwaben besteht ferner fort in dem bayrischen Kreise "Schwaben
und Neuburg" mit den Städten Augsburg, Nördlingen, Memmingen, Kempten,
Lindau. Die Hohenzollern dagegen bezeichnen sich, obschon sie "schwäbisch" sprechen,
jedenfalls politisch als Hohenzollern, und in Baden ist der Begriff des Schwä¬
bischen vollkommen verschwunden, bzw. gänzlich dem Württembergischen überlassen
worden. Der Schwarzwälder und der Bewohner der oberbadischen Rheinebene
bezeichnet sich im Gegensatz dazu als Alemannen. In Vorarlberg vollends denkt
kein Mensch daran, ein Schwabe sein zu sollen.

Trotzdem hat, wie gesagt, der Gedanke Wurzel geschlagen, die altschwäbische
Gemeinsamkeit Wiederaufleben zu lassen; ja, es gibt sogar in der alemannischen
Schweiz Leute, welche ihm Interesse entgegenbringen.

Ausgegangen ist die Propaganda von Württemberg und hat dort auch schou
wiederholt in der Laudesversammlung warme Befürwortung gefunden. Baden
folgte zögernd; aber trotz mehrfacher Einsprüche (z. B. von seiten der Freiburger
Handelskammer) hat das Negierungsorgan, die "Karlsruher Zeitung", Stellung
dazu genommen, mit der Bemerkung, daß die Sache "eine gewisse Aufmerksamkeit
verdiene" und das; die Behandlung in der Öffentlichkeit "nützlich" erscheine.
I" Hohenzollern ist der Kommunallandtag zu einem förmlichen Beschluß in der
^>cige gekommen, unter dem Vorsitz des Regierungspräsidenten Grafen Brühl.
Mau stimmte zu, daß Hohenzollern "sich dem Zustandekommen einer Republik
Schwaben" nicht werde "entziehen" können; daß "an sich kein Anlaß" vorliege,
sich von Preußen zu trennen; daß "das Volk gehört werden" solle. In Bayrisch
Schwaben hat die Stadt Memmingen offen den Wunsch ausgesprochen, an Württem¬
berg zu kommen; ebenso ist Neu'Ulm für den Anschluß an den Nachbarn. Vor-
arlberg ist zunächst für Anschluß an die Schweiz. Die Schweiz hat sich jedoch
wenig'"eroberungslustig" gezeigt und bestimmte Bedingungen gestellt. Sollte es
nicht zur Einigung kommen, so steht auch Vorarlberg dem Gedanken, sich einem
neuen Schwaben anzuschließen, geneigt gegenüber.

So liegen die Dinge heute (Ende April). Man scheint sie in Norddeutschland
mit einem gewissen Mißtrauen zu betrachten und in diesen: Siammeserwachen
eine separatistische Bewegung sehen zu wollen, wie sie leider im Rheinland und,
was den Bestand Preußens betrifft, in Hannover vorliegt. Von Separatismus
kann man im alten Schwaben aber nur im Hinblick auf den bayrischen Kreis
und auf Hohenzollern sprechen, indem dadurch Bayern und Preußen angetastet
werden. Im Ganzen genommen handelt es sich um eine Einheitsbewegung, die
das Reich als solches nicht absichtlich schädigend berührt, sondern im Gegenteil
den Zielen derjenigen entspricht, die auch eine Zusammenlegung der thüringischen
Kleinstaaten unter Einschluß von Erfurt oder die Schaffung eines rheinsrünrischen
und mninfränkischen Staatsgebildes befürworten.

Freilich hat die Gründung eines südwestlichen Freistaats Schwaben einen
Haken. Das ist die stammliche Gestaltung Badens, das aus zwei ziemlich gleich
großen Hälften besteht, von denen die eine fränkisch, die andere alemannisch
(-- schwäbisch) ist. Die fränkische Hälste mit Mannheim und Heidelberg empfindet
ihre Stammesart ebenso deutlich, wie man sie seinerseits in Württemberg verspürt.
Aber die fränkische Stcmnncsart neigt nicht nach Süden, sondern in die Rhein-
pfalz hinüber. Daher wird der Plan, Württemberg und Baden, so wie sie sind
einfach mit einander zu vereinigen, hier empfindlich durchkreuzt, und andererseits
läßt das badische Staatsgefühl den Gedanken einer Teilung nicht zu. Man ist
deshalb auch auf den Gedanken gekommen, dem eigentlichen Schwaben nebst
Zlcordbaden auch die Pfalz anzugliedern. Dies geht über das Stammesproblem
natürlich weit hinaus und kann nur mit wirtschaftlicher Begründung empfohlen
werden, um es überhaupt zur Besprechung zu bringen.

Es ist aber interessant, daß dies gerade von württembergischer Seite
geschehen ist. Denn damit fallen alle Gründe, die sonst gegen eine politische
.'.Gleichmacherei" in Deutschland (im einheitlichen Sinne) erhoben werden, plötzlich


Zum südwestdeutsche» Problem

schwachen bezeichnet werden, während der Begriff „Niederschwaben" nicht geläufig
ist. Der Name Schwaben besteht ferner fort in dem bayrischen Kreise „Schwaben
und Neuburg" mit den Städten Augsburg, Nördlingen, Memmingen, Kempten,
Lindau. Die Hohenzollern dagegen bezeichnen sich, obschon sie „schwäbisch" sprechen,
jedenfalls politisch als Hohenzollern, und in Baden ist der Begriff des Schwä¬
bischen vollkommen verschwunden, bzw. gänzlich dem Württembergischen überlassen
worden. Der Schwarzwälder und der Bewohner der oberbadischen Rheinebene
bezeichnet sich im Gegensatz dazu als Alemannen. In Vorarlberg vollends denkt
kein Mensch daran, ein Schwabe sein zu sollen.

Trotzdem hat, wie gesagt, der Gedanke Wurzel geschlagen, die altschwäbische
Gemeinsamkeit Wiederaufleben zu lassen; ja, es gibt sogar in der alemannischen
Schweiz Leute, welche ihm Interesse entgegenbringen.

Ausgegangen ist die Propaganda von Württemberg und hat dort auch schou
wiederholt in der Laudesversammlung warme Befürwortung gefunden. Baden
folgte zögernd; aber trotz mehrfacher Einsprüche (z. B. von seiten der Freiburger
Handelskammer) hat das Negierungsorgan, die „Karlsruher Zeitung", Stellung
dazu genommen, mit der Bemerkung, daß die Sache „eine gewisse Aufmerksamkeit
verdiene" und das; die Behandlung in der Öffentlichkeit „nützlich" erscheine.
I» Hohenzollern ist der Kommunallandtag zu einem förmlichen Beschluß in der
^>cige gekommen, unter dem Vorsitz des Regierungspräsidenten Grafen Brühl.
Mau stimmte zu, daß Hohenzollern „sich dem Zustandekommen einer Republik
Schwaben" nicht werde „entziehen" können; daß „an sich kein Anlaß" vorliege,
sich von Preußen zu trennen; daß „das Volk gehört werden" solle. In Bayrisch
Schwaben hat die Stadt Memmingen offen den Wunsch ausgesprochen, an Württem¬
berg zu kommen; ebenso ist Neu'Ulm für den Anschluß an den Nachbarn. Vor-
arlberg ist zunächst für Anschluß an die Schweiz. Die Schweiz hat sich jedoch
wenig'„eroberungslustig" gezeigt und bestimmte Bedingungen gestellt. Sollte es
nicht zur Einigung kommen, so steht auch Vorarlberg dem Gedanken, sich einem
neuen Schwaben anzuschließen, geneigt gegenüber.

So liegen die Dinge heute (Ende April). Man scheint sie in Norddeutschland
mit einem gewissen Mißtrauen zu betrachten und in diesen: Siammeserwachen
eine separatistische Bewegung sehen zu wollen, wie sie leider im Rheinland und,
was den Bestand Preußens betrifft, in Hannover vorliegt. Von Separatismus
kann man im alten Schwaben aber nur im Hinblick auf den bayrischen Kreis
und auf Hohenzollern sprechen, indem dadurch Bayern und Preußen angetastet
werden. Im Ganzen genommen handelt es sich um eine Einheitsbewegung, die
das Reich als solches nicht absichtlich schädigend berührt, sondern im Gegenteil
den Zielen derjenigen entspricht, die auch eine Zusammenlegung der thüringischen
Kleinstaaten unter Einschluß von Erfurt oder die Schaffung eines rheinsrünrischen
und mninfränkischen Staatsgebildes befürworten.

Freilich hat die Gründung eines südwestlichen Freistaats Schwaben einen
Haken. Das ist die stammliche Gestaltung Badens, das aus zwei ziemlich gleich
großen Hälften besteht, von denen die eine fränkisch, die andere alemannisch
(-- schwäbisch) ist. Die fränkische Hälste mit Mannheim und Heidelberg empfindet
ihre Stammesart ebenso deutlich, wie man sie seinerseits in Württemberg verspürt.
Aber die fränkische Stcmnncsart neigt nicht nach Süden, sondern in die Rhein-
pfalz hinüber. Daher wird der Plan, Württemberg und Baden, so wie sie sind
einfach mit einander zu vereinigen, hier empfindlich durchkreuzt, und andererseits
läßt das badische Staatsgefühl den Gedanken einer Teilung nicht zu. Man ist
deshalb auch auf den Gedanken gekommen, dem eigentlichen Schwaben nebst
Zlcordbaden auch die Pfalz anzugliedern. Dies geht über das Stammesproblem
natürlich weit hinaus und kann nur mit wirtschaftlicher Begründung empfohlen
werden, um es überhaupt zur Besprechung zu bringen.

Es ist aber interessant, daß dies gerade von württembergischer Seite
geschehen ist. Denn damit fallen alle Gründe, die sonst gegen eine politische
.'.Gleichmacherei" in Deutschland (im einheitlichen Sinne) erhoben werden, plötzlich


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[0167] Zum südwestdeutsche» Problem schwachen bezeichnet werden, während der Begriff „Niederschwaben" nicht geläufig ist. Der Name Schwaben besteht ferner fort in dem bayrischen Kreise „Schwaben und Neuburg" mit den Städten Augsburg, Nördlingen, Memmingen, Kempten, Lindau. Die Hohenzollern dagegen bezeichnen sich, obschon sie „schwäbisch" sprechen, jedenfalls politisch als Hohenzollern, und in Baden ist der Begriff des Schwä¬ bischen vollkommen verschwunden, bzw. gänzlich dem Württembergischen überlassen worden. Der Schwarzwälder und der Bewohner der oberbadischen Rheinebene bezeichnet sich im Gegensatz dazu als Alemannen. In Vorarlberg vollends denkt kein Mensch daran, ein Schwabe sein zu sollen. Trotzdem hat, wie gesagt, der Gedanke Wurzel geschlagen, die altschwäbische Gemeinsamkeit Wiederaufleben zu lassen; ja, es gibt sogar in der alemannischen Schweiz Leute, welche ihm Interesse entgegenbringen. Ausgegangen ist die Propaganda von Württemberg und hat dort auch schou wiederholt in der Laudesversammlung warme Befürwortung gefunden. Baden folgte zögernd; aber trotz mehrfacher Einsprüche (z. B. von seiten der Freiburger Handelskammer) hat das Negierungsorgan, die „Karlsruher Zeitung", Stellung dazu genommen, mit der Bemerkung, daß die Sache „eine gewisse Aufmerksamkeit verdiene" und das; die Behandlung in der Öffentlichkeit „nützlich" erscheine. I» Hohenzollern ist der Kommunallandtag zu einem förmlichen Beschluß in der ^>cige gekommen, unter dem Vorsitz des Regierungspräsidenten Grafen Brühl. Mau stimmte zu, daß Hohenzollern „sich dem Zustandekommen einer Republik Schwaben" nicht werde „entziehen" können; daß „an sich kein Anlaß" vorliege, sich von Preußen zu trennen; daß „das Volk gehört werden" solle. In Bayrisch Schwaben hat die Stadt Memmingen offen den Wunsch ausgesprochen, an Württem¬ berg zu kommen; ebenso ist Neu'Ulm für den Anschluß an den Nachbarn. Vor- arlberg ist zunächst für Anschluß an die Schweiz. Die Schweiz hat sich jedoch wenig'„eroberungslustig" gezeigt und bestimmte Bedingungen gestellt. Sollte es nicht zur Einigung kommen, so steht auch Vorarlberg dem Gedanken, sich einem neuen Schwaben anzuschließen, geneigt gegenüber. So liegen die Dinge heute (Ende April). Man scheint sie in Norddeutschland mit einem gewissen Mißtrauen zu betrachten und in diesen: Siammeserwachen eine separatistische Bewegung sehen zu wollen, wie sie leider im Rheinland und, was den Bestand Preußens betrifft, in Hannover vorliegt. Von Separatismus kann man im alten Schwaben aber nur im Hinblick auf den bayrischen Kreis und auf Hohenzollern sprechen, indem dadurch Bayern und Preußen angetastet werden. Im Ganzen genommen handelt es sich um eine Einheitsbewegung, die das Reich als solches nicht absichtlich schädigend berührt, sondern im Gegenteil den Zielen derjenigen entspricht, die auch eine Zusammenlegung der thüringischen Kleinstaaten unter Einschluß von Erfurt oder die Schaffung eines rheinsrünrischen und mninfränkischen Staatsgebildes befürworten. Freilich hat die Gründung eines südwestlichen Freistaats Schwaben einen Haken. Das ist die stammliche Gestaltung Badens, das aus zwei ziemlich gleich großen Hälften besteht, von denen die eine fränkisch, die andere alemannisch (-- schwäbisch) ist. Die fränkische Hälste mit Mannheim und Heidelberg empfindet ihre Stammesart ebenso deutlich, wie man sie seinerseits in Württemberg verspürt. Aber die fränkische Stcmnncsart neigt nicht nach Süden, sondern in die Rhein- pfalz hinüber. Daher wird der Plan, Württemberg und Baden, so wie sie sind einfach mit einander zu vereinigen, hier empfindlich durchkreuzt, und andererseits läßt das badische Staatsgefühl den Gedanken einer Teilung nicht zu. Man ist deshalb auch auf den Gedanken gekommen, dem eigentlichen Schwaben nebst Zlcordbaden auch die Pfalz anzugliedern. Dies geht über das Stammesproblem natürlich weit hinaus und kann nur mit wirtschaftlicher Begründung empfohlen werden, um es überhaupt zur Besprechung zu bringen. Es ist aber interessant, daß dies gerade von württembergischer Seite geschehen ist. Denn damit fallen alle Gründe, die sonst gegen eine politische .'.Gleichmacherei" in Deutschland (im einheitlichen Sinne) erhoben werden, plötzlich

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/167>, abgerufen am 18.12.2024.