Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.Revolutionsliteraten nämlich sofern unser Volk leben soll, ist Kohle notwendig. Daß das deutsche Auch das mit der Kohlenproduktion ist nur ein Gleichnis. Genau ebenso Mir scheint, das ist es, was ihr nicht begreift. Ihr nehmt das alles zu, Von "Realpolitikern, die ihr bekämpft, -weil ihr "in neuen Abzeichen kein Revolutionsliteraten nämlich sofern unser Volk leben soll, ist Kohle notwendig. Daß das deutsche Auch das mit der Kohlenproduktion ist nur ein Gleichnis. Genau ebenso Mir scheint, das ist es, was ihr nicht begreift. Ihr nehmt das alles zu, Von „Realpolitikern, die ihr bekämpft, -weil ihr „in neuen Abzeichen kein <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0134" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/335544"/> <fw type="header" place="top"> Revolutionsliteraten</fw><lb/> <p xml:id="ID_523" prev="#ID_522"> nämlich sofern unser Volk leben soll, ist Kohle notwendig. Daß das deutsche<lb/> Volk leben soll, darüber freilich müssen »wir uns einig sein, sonst können wir nicht<lb/> disputieren. Aber wenn es also leben soll, so ist die Arbeit der Berateute, und<lb/> der Eisenbahner, die das Produkt transportieren, und der Handwerker, die die<lb/> Waggons reparieren, unbedingt notwendig. Rätesystem? Lohnerhöhungen?<lb/> Verkürzte Schichten? In Gottes Namen, wenn die Bergleute dadurch arbeits¬<lb/> williger werden; unter gar keinen Umstünden, wenn die Leistungen darüber<lb/> zurückgehen!</p><lb/> <p xml:id="ID_524"> Auch das mit der Kohlenproduktion ist nur ein Gleichnis. Genau ebenso<lb/> verhält es sich mit der Politik überhaupt. Auch in der Politik handelt es sich<lb/> nicht um Kultur, Ethik und Ziel, trotz den Aktivisten. Politik bezieht sich aus<lb/> Vordergrunds interesser, auf hypothetische Imperative, aus Maschinerie und<lb/> Apparat. Alles Wesentliche liegt jenseits oder außerhalb der Politik. Politik<lb/> monte nicht das, was >z,u allerletzt nottut, und kann es nicht erledigen; sie vermag<lb/> nur das Körperliche, das Äußere, das Zufällige zu arrangieren und einiger¬<lb/> maßen im Zaume zu halten, damit das Wertvolle ungestört, aber immer noch<lb/> kümmerlich genug, sich entfalten kann. Politik ist daher niemals im letzten<lb/> Sinne wertvoll, und ihre Hilfsmittel sind es auch nicht; nicht Parlamente noch<lb/> Konstitutionen, noch Wahlen, noch Demokratie, noch Rätesystem; und auch nicht<lb/> Revolution.</p><lb/> <p xml:id="ID_525"> Mir scheint, das ist es, was ihr nicht begreift. Ihr nehmt das alles zu,<lb/> wichtig, ihr haltet für Sinn und Zweck, Mas nur Mittel des Mittels ist. Und<lb/> infolgedessen begreift ihr auch das andere, nicht: daß man diese Mittel wollen<lb/> muß, daß man den Apparat in Ordnung zu dringen und in Ordnung zu halten<lb/> hat, und das; über diese kahle Forderung des -Tages und nüchterne Pflicht¬<lb/> erfüllung einem keine hohen Gefühle, keine schönen Gesinnungen, kein revolu¬<lb/> tionäres Pathos hinweghelfen.. Schätze ihr Politik -im ganzen zu hoch, so schätzt<lb/> ihr die politischen Notwendigkeiten zu gering. Ihr seid, an es -kurz zu sagen, zu<lb/> fein, um ganz einfach Politik zu machen, wie ihr euch zu vornehm dünken würdet,<lb/> Sie Stellung eines Hotelportiers anzunehmen, um euer Brot zu verdienen. Und<lb/> weil ihr euch nicht überwinden könnt, Politik zu treiben, als was sie getrieben<lb/> werden muß, nämlich -als die ungeistige -und stimmunglvse Erledigung dessen,<lb/> was der Tag fordert, darum versucht ihr, sie mit Geist und Stimmung zu ver¬<lb/> mengen und euch mit radikalen Faltenwurf eine Haltung zu geben. Ich nehme<lb/> es keinem übel, der sich vom politischen Handwerk rein halten will; aber dann<lb/> heißt -es für ihn: Hände weg! In die politische Praxis hinabzusteigen, ist für die<lb/> Geistige» und Produktiven Entsagung und Demütigung, wie sie sich haben<lb/> demütigen und entsagen müssen, als ihnen der Staat 1914 Gewehr oder Spaten<lb/> in die Hand drückte; unter Umständen ist es auch Abfall von ihrer eingeborenen<lb/> Aufgabe. Ader mit euren literarischen Negationen helft ihr keinen einzigen<lb/> Güterwagen ins Rollen bringen, keinen Acker pflügen und keinen Hunger stillen.<lb/> "</p><lb/> <p xml:id="ID_526" next="#ID_527"> Von „Realpolitikern, die ihr bekämpft, -weil ihr „in neuen Abzeichen kein<lb/> Heil" seht, lese ich irgendwo in einer programmatischen Rechtfertigung. Bei dieser<lb/> Wendung will ich -euch festhalten. Wer hat denn behauptet, daß die neuen<lb/> Abzeichen das Heil bringen? Welcher halbwegs disziplinierte Kopf begreift denn<lb/> nicht, daß ob die Abzeichen als Achselstücke aus der Schulter oder als streife» am<lb/> Arnrel getragen -wenden, gehüpft wie gesprungen ist? Aber eben weil nichts daraus<lb/> ankommt, und weil nun einmal eine kompakte Vielheit an Tressen und Schnüren<lb/> der alten Zeit Anstoß nimmt, warum soll man ihr den Gefallen nicht tun und<lb/> ihrem Kindlichen Eigensinn nicht nachgeben? Jedoch auf etwas anderes kommt<lb/> es -an, und das ist's, was ihr mit dieser Wendung -und vielen ähnlichen dis¬<lb/> kreditiert: ob es überhaupt militärische Vorgesetzte geben soll oder nicht, und ob<lb/> wir also eine bewaffnete Macht haben werden oder nicht. Sich entsetzen vor<lb/> vergossenem Bruderblut, sich entrüsten über Ausschreitungen und Roheiten derer,<lb/> die im Namen der Ordnung bewaffnet -worden sind, ist furchtbar billig. Wenn<lb/> Betriebe sabotiert, Zufuhren unterbunden, Magazine geplündert werden: wollt<lb/> ihr, daß man die Schädlinge, sie seien nun Verbrecher oder Phantasie», gewähren</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0134]
Revolutionsliteraten
nämlich sofern unser Volk leben soll, ist Kohle notwendig. Daß das deutsche
Volk leben soll, darüber freilich müssen »wir uns einig sein, sonst können wir nicht
disputieren. Aber wenn es also leben soll, so ist die Arbeit der Berateute, und
der Eisenbahner, die das Produkt transportieren, und der Handwerker, die die
Waggons reparieren, unbedingt notwendig. Rätesystem? Lohnerhöhungen?
Verkürzte Schichten? In Gottes Namen, wenn die Bergleute dadurch arbeits¬
williger werden; unter gar keinen Umstünden, wenn die Leistungen darüber
zurückgehen!
Auch das mit der Kohlenproduktion ist nur ein Gleichnis. Genau ebenso
verhält es sich mit der Politik überhaupt. Auch in der Politik handelt es sich
nicht um Kultur, Ethik und Ziel, trotz den Aktivisten. Politik bezieht sich aus
Vordergrunds interesser, auf hypothetische Imperative, aus Maschinerie und
Apparat. Alles Wesentliche liegt jenseits oder außerhalb der Politik. Politik
monte nicht das, was >z,u allerletzt nottut, und kann es nicht erledigen; sie vermag
nur das Körperliche, das Äußere, das Zufällige zu arrangieren und einiger¬
maßen im Zaume zu halten, damit das Wertvolle ungestört, aber immer noch
kümmerlich genug, sich entfalten kann. Politik ist daher niemals im letzten
Sinne wertvoll, und ihre Hilfsmittel sind es auch nicht; nicht Parlamente noch
Konstitutionen, noch Wahlen, noch Demokratie, noch Rätesystem; und auch nicht
Revolution.
Mir scheint, das ist es, was ihr nicht begreift. Ihr nehmt das alles zu,
wichtig, ihr haltet für Sinn und Zweck, Mas nur Mittel des Mittels ist. Und
infolgedessen begreift ihr auch das andere, nicht: daß man diese Mittel wollen
muß, daß man den Apparat in Ordnung zu dringen und in Ordnung zu halten
hat, und das; über diese kahle Forderung des -Tages und nüchterne Pflicht¬
erfüllung einem keine hohen Gefühle, keine schönen Gesinnungen, kein revolu¬
tionäres Pathos hinweghelfen.. Schätze ihr Politik -im ganzen zu hoch, so schätzt
ihr die politischen Notwendigkeiten zu gering. Ihr seid, an es -kurz zu sagen, zu
fein, um ganz einfach Politik zu machen, wie ihr euch zu vornehm dünken würdet,
Sie Stellung eines Hotelportiers anzunehmen, um euer Brot zu verdienen. Und
weil ihr euch nicht überwinden könnt, Politik zu treiben, als was sie getrieben
werden muß, nämlich -als die ungeistige -und stimmunglvse Erledigung dessen,
was der Tag fordert, darum versucht ihr, sie mit Geist und Stimmung zu ver¬
mengen und euch mit radikalen Faltenwurf eine Haltung zu geben. Ich nehme
es keinem übel, der sich vom politischen Handwerk rein halten will; aber dann
heißt -es für ihn: Hände weg! In die politische Praxis hinabzusteigen, ist für die
Geistige» und Produktiven Entsagung und Demütigung, wie sie sich haben
demütigen und entsagen müssen, als ihnen der Staat 1914 Gewehr oder Spaten
in die Hand drückte; unter Umständen ist es auch Abfall von ihrer eingeborenen
Aufgabe. Ader mit euren literarischen Negationen helft ihr keinen einzigen
Güterwagen ins Rollen bringen, keinen Acker pflügen und keinen Hunger stillen.
"
Von „Realpolitikern, die ihr bekämpft, -weil ihr „in neuen Abzeichen kein
Heil" seht, lese ich irgendwo in einer programmatischen Rechtfertigung. Bei dieser
Wendung will ich -euch festhalten. Wer hat denn behauptet, daß die neuen
Abzeichen das Heil bringen? Welcher halbwegs disziplinierte Kopf begreift denn
nicht, daß ob die Abzeichen als Achselstücke aus der Schulter oder als streife» am
Arnrel getragen -wenden, gehüpft wie gesprungen ist? Aber eben weil nichts daraus
ankommt, und weil nun einmal eine kompakte Vielheit an Tressen und Schnüren
der alten Zeit Anstoß nimmt, warum soll man ihr den Gefallen nicht tun und
ihrem Kindlichen Eigensinn nicht nachgeben? Jedoch auf etwas anderes kommt
es -an, und das ist's, was ihr mit dieser Wendung -und vielen ähnlichen dis¬
kreditiert: ob es überhaupt militärische Vorgesetzte geben soll oder nicht, und ob
wir also eine bewaffnete Macht haben werden oder nicht. Sich entsetzen vor
vergossenem Bruderblut, sich entrüsten über Ausschreitungen und Roheiten derer,
die im Namen der Ordnung bewaffnet -worden sind, ist furchtbar billig. Wenn
Betriebe sabotiert, Zufuhren unterbunden, Magazine geplündert werden: wollt
ihr, daß man die Schädlinge, sie seien nun Verbrecher oder Phantasie», gewähren
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