Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.Hundert Jahre Fr- Wilh. Grunow Verlag 1843 leiteten, und mit ihnen ihren Weg. Anfangs gingen die "Grenzboten" unter ihnen Aber Verlag wie Zeitschrift waren zu solid aufgebaut und festgewurzelt, als AIs Fr. Wilhelms 1845 geborener Sohn Johannes Grunow den Verlag Der Buchverlag hing nun enger denn je mit den "Grenzboten zusammen. Hundert Jahre Fr- Wilh. Grunow Verlag 1843 leiteten, und mit ihnen ihren Weg. Anfangs gingen die „Grenzboten" unter ihnen Aber Verlag wie Zeitschrift waren zu solid aufgebaut und festgewurzelt, als AIs Fr. Wilhelms 1845 geborener Sohn Johannes Grunow den Verlag Der Buchverlag hing nun enger denn je mit den „Grenzboten zusammen. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0130" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/335540"/> <fw type="header" place="top"> Hundert Jahre Fr- Wilh. Grunow Verlag</fw><lb/> <p xml:id="ID_503" prev="#ID_502"> 1843 leiteten, und mit ihnen ihren Weg. Anfangs gingen die „Grenzboten" unter ihnen<lb/> zurück. Als sie sich aber infolge preußischen Regierungseinflusses von der Politik ab¬<lb/> wandten und besonders nur noch das Gebiet der Literatur, Kunst und .Kulturgeschichte<lb/> pflegten, schufen sie sich wieder einen großen Ruf. Julian Schmidt focht in ihnen<lb/> seine auf mehr ethische als aesthetische Prinzipien gegründeten Kämpfe gegen das<lb/> junge Deutschland für die romantische Schule durch. Seine Aufsätze und Kritiken<lb/> erregten Aufsehen. Auch Gustav Freytags Arbeiten, die damals besonders „die<lb/> Bilder aus der deutschen Vergangenheit" entwarfen, konnten nicht übersehen werden.<lb/> In der Politik hielten die „Grenzboten" sich weiter zu den oppositionellen Alt-<lb/> liberalen gegen Bisniarck, auch als an Stelle Julian Schmidts 1865 Dr. Max<lb/> Jordan, der spätere Direktor der Nationalgalerie, getreten war. In jenen Jahren<lb/> kam infolge Gustav Freytags starrem Festhalten auch am religiösen Liberalismus<lb/> eine zeitweise Entfremdung zwischen Verlag und Redaktion auf, denn Fr. Wilh.<lb/> Grunow war ein strenggläubiger Mann, dessen Ansichten denen der „Zeitschrift"<lb/> widersprachen. Das führte, nach der vorübergehenden redaktionellen Mitarbeit<lb/> von Dr. Moritz Busch und Dr. Julius Eckart im Jahre 1870, schließlich zum<lb/> Bruch zwischen Gustav Freytag und Fr. Wilh. Grunow. Dieser wurde alleiniger<lb/> Inhaber und suchte nun mit dem nationalliberalen Sohne Robert Blums, Dr.<lb/> Hans Vlum, die Wochenschrift auf eigene Faust gegen das von Gustav Freytag<lb/> bei S. Htrzel sofort gegründete Konkurrenzunternehmen „Im neuen Reich" fort¬<lb/> zuführen. Es waren die schwersten Jahre, die die „Grenzboten" und mit ihnen<lb/> der Verlag damals bis zum Tode Fr. Wilh. Grunows durchmachten. Gustav<lb/> Freytag wollte beiden schon das Ende voraussagen.</p><lb/> <p xml:id="ID_504"> Aber Verlag wie Zeitschrift waren zu solid aufgebaut und festgewurzelt, als<lb/> daß ein vorübergehender Rückgang sie hätte zu Fall bringen können. Der Buch¬<lb/> verlag stand nach wie vor in voller Blüte. Fr. Wilh. Grunow hatte ihn syste¬<lb/> matisch ausgebaut für das politisch-historische und belletristische Gebiet.</p><lb/> <p xml:id="ID_505"> AIs Fr. Wilhelms 1845 geborener Sohn Johannes Grunow den Verlag<lb/> 1877 übernahm, war seine Aufgabe der Wiederaufbau der „Grenzboten" und der<lb/> Ausbau der Buchabteilung. Mit wahrem Feuereifer machte Johannes Grunow<lb/> sich an die Umgestaltung und Hebung der „Grenzboten". Indem er die Leitung<lb/> in die Hand nahm — für die nächsten achtundzwanzig Jahre — gab er ihnen<lb/> Ziel und Richtung. Er wollte sie zu einem führenden Organ der nationalen<lb/> Presse machen, zu einem Organ aller unabhängigen Geister, die etwas eigen Ge¬<lb/> dachtes und Erlebtes, Selbständiges und Führendes zu sagen hatten. Das gelang<lb/> ihm völlig; sein Freund Dr. G. Wustmaun war ihm dabei vom 1. Januar 1879<lb/> un, da Dr. Hans Blum ausschied, ein treuer Redakteur und Mitarbeiter. Die<lb/> älteren Leser der „Grenzboten" erinnern sich des Wirkens jenes unvergleichlichen,<lb/> mit ungeheurer Arbeitskraft begabten Mannes, der es in seiner Liebe zur deutschen<lb/> Sprache sich nicht nehmen ließ, jeden Aufsatz der „Grenzboten", jeden Romcm-<lb/> und Novellenband seines Verlages stilistisch durchzuackern, gewiß noch auf die<lb/> lebendigste Weise. Denn unvergeßlich war in der Tat sein Weg als „Grenzboten"-<lb/> Herausgeber und Verleger."</p><lb/> <p xml:id="ID_506" next="#ID_507"> Der Buchverlag hing nun enger denn je mit den „Grenzboten zusammen.<lb/> Was an nationalökonomischen Werken, wie die von Carl Jentsch, darunter dessen<lb/> heute in fast fünfzigtausend Exemplaren verbreitete, unübertreffliche „Volkswirtschafts¬<lb/> lehre", was ein kulturhistorischen Arbeiten wie von M. Busch, A. Philipp!, O.Kaemmel,<lb/> O. E. Schmidt u. u, aus der Sprachwissenschaft — G. Wustmanns berühmte<lb/> „Allerhand Sprachdummheiten", E. Meyers „Schöpfung der Sprache", Philippis<lb/> „Kunst der Rede" usw. — an Kunstwissenschaft — Rosenbergs große 5wnstgeschichte,<lb/> Kretzschmars musikalische Aufsätze u. a. in. hervortrat, was die Politik des Tages<lb/> von ihren sozialen Fragen an bis zu den Judenproblemen, Wahlrechtsnöten, was<lb/> die Nechlssprechung, Kirche, Schule, Theologie und Philosophie an Bedeutenden<lb/> in jenen Kaiserreichjahrcn erscheinen ließen, Johannes Grunows Wirken machte<lb/> sich überall bemerkbar, seitdem er mit der Herausgabe von Dr. M. Buschs Charakter¬<lb/> bilde „Unser Reichskanzler", „Graf Bisniarck und seine Leute" (1878), „Tagebuch-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0130]
Hundert Jahre Fr- Wilh. Grunow Verlag
1843 leiteten, und mit ihnen ihren Weg. Anfangs gingen die „Grenzboten" unter ihnen
zurück. Als sie sich aber infolge preußischen Regierungseinflusses von der Politik ab¬
wandten und besonders nur noch das Gebiet der Literatur, Kunst und .Kulturgeschichte
pflegten, schufen sie sich wieder einen großen Ruf. Julian Schmidt focht in ihnen
seine auf mehr ethische als aesthetische Prinzipien gegründeten Kämpfe gegen das
junge Deutschland für die romantische Schule durch. Seine Aufsätze und Kritiken
erregten Aufsehen. Auch Gustav Freytags Arbeiten, die damals besonders „die
Bilder aus der deutschen Vergangenheit" entwarfen, konnten nicht übersehen werden.
In der Politik hielten die „Grenzboten" sich weiter zu den oppositionellen Alt-
liberalen gegen Bisniarck, auch als an Stelle Julian Schmidts 1865 Dr. Max
Jordan, der spätere Direktor der Nationalgalerie, getreten war. In jenen Jahren
kam infolge Gustav Freytags starrem Festhalten auch am religiösen Liberalismus
eine zeitweise Entfremdung zwischen Verlag und Redaktion auf, denn Fr. Wilh.
Grunow war ein strenggläubiger Mann, dessen Ansichten denen der „Zeitschrift"
widersprachen. Das führte, nach der vorübergehenden redaktionellen Mitarbeit
von Dr. Moritz Busch und Dr. Julius Eckart im Jahre 1870, schließlich zum
Bruch zwischen Gustav Freytag und Fr. Wilh. Grunow. Dieser wurde alleiniger
Inhaber und suchte nun mit dem nationalliberalen Sohne Robert Blums, Dr.
Hans Vlum, die Wochenschrift auf eigene Faust gegen das von Gustav Freytag
bei S. Htrzel sofort gegründete Konkurrenzunternehmen „Im neuen Reich" fort¬
zuführen. Es waren die schwersten Jahre, die die „Grenzboten" und mit ihnen
der Verlag damals bis zum Tode Fr. Wilh. Grunows durchmachten. Gustav
Freytag wollte beiden schon das Ende voraussagen.
Aber Verlag wie Zeitschrift waren zu solid aufgebaut und festgewurzelt, als
daß ein vorübergehender Rückgang sie hätte zu Fall bringen können. Der Buch¬
verlag stand nach wie vor in voller Blüte. Fr. Wilh. Grunow hatte ihn syste¬
matisch ausgebaut für das politisch-historische und belletristische Gebiet.
AIs Fr. Wilhelms 1845 geborener Sohn Johannes Grunow den Verlag
1877 übernahm, war seine Aufgabe der Wiederaufbau der „Grenzboten" und der
Ausbau der Buchabteilung. Mit wahrem Feuereifer machte Johannes Grunow
sich an die Umgestaltung und Hebung der „Grenzboten". Indem er die Leitung
in die Hand nahm — für die nächsten achtundzwanzig Jahre — gab er ihnen
Ziel und Richtung. Er wollte sie zu einem führenden Organ der nationalen
Presse machen, zu einem Organ aller unabhängigen Geister, die etwas eigen Ge¬
dachtes und Erlebtes, Selbständiges und Führendes zu sagen hatten. Das gelang
ihm völlig; sein Freund Dr. G. Wustmaun war ihm dabei vom 1. Januar 1879
un, da Dr. Hans Blum ausschied, ein treuer Redakteur und Mitarbeiter. Die
älteren Leser der „Grenzboten" erinnern sich des Wirkens jenes unvergleichlichen,
mit ungeheurer Arbeitskraft begabten Mannes, der es in seiner Liebe zur deutschen
Sprache sich nicht nehmen ließ, jeden Aufsatz der „Grenzboten", jeden Romcm-
und Novellenband seines Verlages stilistisch durchzuackern, gewiß noch auf die
lebendigste Weise. Denn unvergeßlich war in der Tat sein Weg als „Grenzboten"-
Herausgeber und Verleger."
Der Buchverlag hing nun enger denn je mit den „Grenzboten zusammen.
Was an nationalökonomischen Werken, wie die von Carl Jentsch, darunter dessen
heute in fast fünfzigtausend Exemplaren verbreitete, unübertreffliche „Volkswirtschafts¬
lehre", was ein kulturhistorischen Arbeiten wie von M. Busch, A. Philipp!, O.Kaemmel,
O. E. Schmidt u. u, aus der Sprachwissenschaft — G. Wustmanns berühmte
„Allerhand Sprachdummheiten", E. Meyers „Schöpfung der Sprache", Philippis
„Kunst der Rede" usw. — an Kunstwissenschaft — Rosenbergs große 5wnstgeschichte,
Kretzschmars musikalische Aufsätze u. a. in. hervortrat, was die Politik des Tages
von ihren sozialen Fragen an bis zu den Judenproblemen, Wahlrechtsnöten, was
die Nechlssprechung, Kirche, Schule, Theologie und Philosophie an Bedeutenden
in jenen Kaiserreichjahrcn erscheinen ließen, Johannes Grunows Wirken machte
sich überall bemerkbar, seitdem er mit der Herausgabe von Dr. M. Buschs Charakter¬
bilde „Unser Reichskanzler", „Graf Bisniarck und seine Leute" (1878), „Tagebuch-
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