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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Erstes Vierteljahr.

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Der Todesgang unserer Volkswirtschaft

UM 95 Millionen Mark übersteigen. Die Aufständischen der Berliner Daimler
Motorenwerke verlangten Tagelohn von 25 Mark für gelernte und von 20 Mark
für ungelernte Arbeiter. Bei achtstündiger Arbeitszeit macht das einen Stunden¬
lohn von 3,15 Mark bzw. 2,50 Mark aus und ein Jahresgehalt von 7500 bzw.
6000 Mark. Bei der infolge der Kohlennot auf 5 Stunden herabgesetzten
Arbeitszeit .kostet dem Unternehmer die Arbeitsstunde 5 bzw. 4 Mark. Hinzu
kommen dann noch die Teuerungszulagen, Prämien, Vergütung von Über¬
stunden wie sie bereits gewährt wurden. Bei den Firmen Siemers u. Hälfte
und Siemers-Schuckert beliefen sich die Mehrforderungen der Arbeiter auf
70 Millionen Mark, der Angestellten auf 54 Millionen Mark im Jahre, während
sich der gesamte, den Aktionären zugeflossene Betrag im Jahre 1918 nur auf
I31/2 Millionen Mark bezifferte.

Verfolgers wir die ungestüme, bedrohliche Lohnbewegung .weiter. Auf den
privaten Schiffswerften sind die Löhne unterm 14. Dezember v. I. vom Demobil-
machungsamt auf Grund von Verhandlungen mit Vertretern der Arbeitgeber
und Arbeitnehmer wie folgt geregelt worden: Für Klasse I (Bremen, Bremer¬
hafen, Hamburg, Kiel und Lübeck) werden pro Stunde gezahlt an gelernte
Arbeiter 2,40 Mark, an ungelernte 2,10 Mark, an Jugendliche unter 15 Jahren
50 Pfennig, an Jugendliche unter 16 Jahren 1 Mark, an Jugendliche unter
17 Jahren 1,30 Mark, Jugendliche vom 18. bis vollendeten 20. Jahre 1,60 Mark;
an Lehrlinge im ersten Lehrjahre 0,50 Mark, um zweiten 0,75 Mark, im dritten
1 Mark, im vierten Lehrjahre 1,30 Mark. Ausgelernte Arbeiter unter 20 Jahren
erhalten 2 Mark. Für Klasse II (Danzig, Einswarden, Elbing, Emden, Flens-
burg, Rostock, Toenning, Vegesack) beziffern sich die Stundenlöhne für die
einzelnen Kategorien auf 2,10, 1,90, 0,45, 0,90, 1,20, 1,50, 0,45, 0,65, 0,90,
1,20, 1,80 Mark. Bemerkenswert hierbei ist die Abschaffung der Akkordarbeit.
Die Aktiengesellschaft Weser, welche gegen diese hohen Forderungen Protest
einlegte, erhielt vom DenWbilmachungsamt die Antwort, daß ein etwa hierdurch
verursachtes Defizit seitens des Reiches ausgeglichen werde. Die Hamburger
Hafenarbeiter forderten für alle Männer und Frauen pro Tag 20 Mark. Für
schwere und gesundheitsschädliche Arbeiten 24 Mark, sowie für über-, Nacht- und
Sonntagsstunden 3 Mark. An allen Ecken und Enden tauchen exorbitante Lohn¬
forderungen auf. Ein Keil treibt den andern. Die bei der Wirtschafts-
Genosfenfchaft der Berliner Grundbesitzer beschäftigten Müllkutscher und das
sonstige Ausfnhrpersonal forderten 25 Mark für Kutscher und 22 Mark für
Schaffner bei täglich zwei Fuhren und falls noch drei Fuhren verlangt werden
sollten, 35 Mark für Kutscher und 32 Mark für Schaffner. Bisher betrug der
Tagelohn der Kutscher 15 Mark, der der Schaffner 14 Mark. Er wurde jetzt
heraufgesetzt auf 21 bzw. 19 Mark. Die Schaffner und Fahrer der Groß-
Berliner Straßenbahn, .welche ein monatliches Einkommen von 413 bis 518 Mark
für angestellte Schaffner und 426 bis 526 Mark für angestellte Fahrer nebst
einer einmaligen Abfindungssumme verlangten, erhielten eine einmalige Zulage
in Abstufung bis zur Maximalhöhe von 500 Mark für jede Person. Das Anfangs-
g-ehalt für angestelltes Fahrpersonal beträgt jetzt 400 Mark, steigend jährlich um
10 Mark für den Monat bis zum Höchftbetrage von 500 Mark. Schaffnerinnen
und sonstiges weibliches Personal, sowie Streckenwärter, Wagenwäscher,
Rangierer, Wächter und Bodenarbeiter erhalten einen Dcigelvhn von 11 Mark mit
zwei bezahlten freien Tagen im Monat. Eine besondere Glanzleistung erlauben
sich die bei Behörden uird Verkehrs anftalten aushrlfsweife beschäftigt gewesenen
Frauen, die jetzt nach der Rückkehr der Feldgrauen wieder ausscheiden müssen;
sie fordern eine dauernde Pensionszahlung für ihre ein- bis vierjährige Dienstzeit.

Wie steht es in den Staatsbetrieben? Der ehemalige Finanzminister
Simon hatte vor seinem Austritt aus der preußischen Regierung ein unendlich
düsteres Bild von der Finanzlage Preußens entworfen. Die Eisenbahn, welche
das Rückgrat des preußischen Staatshaushaltes bildet, erbrachte 1913 einen
Überschuß von 325 Millionen Mark. Dieser Überschuß ging durch den Krieg auf
18 Millionen Mark im Jahre 1917 zurück. Für 1918 ist bereits ein Zuschuß von


Der Todesgang unserer Volkswirtschaft

UM 95 Millionen Mark übersteigen. Die Aufständischen der Berliner Daimler
Motorenwerke verlangten Tagelohn von 25 Mark für gelernte und von 20 Mark
für ungelernte Arbeiter. Bei achtstündiger Arbeitszeit macht das einen Stunden¬
lohn von 3,15 Mark bzw. 2,50 Mark aus und ein Jahresgehalt von 7500 bzw.
6000 Mark. Bei der infolge der Kohlennot auf 5 Stunden herabgesetzten
Arbeitszeit .kostet dem Unternehmer die Arbeitsstunde 5 bzw. 4 Mark. Hinzu
kommen dann noch die Teuerungszulagen, Prämien, Vergütung von Über¬
stunden wie sie bereits gewährt wurden. Bei den Firmen Siemers u. Hälfte
und Siemers-Schuckert beliefen sich die Mehrforderungen der Arbeiter auf
70 Millionen Mark, der Angestellten auf 54 Millionen Mark im Jahre, während
sich der gesamte, den Aktionären zugeflossene Betrag im Jahre 1918 nur auf
I31/2 Millionen Mark bezifferte.

Verfolgers wir die ungestüme, bedrohliche Lohnbewegung .weiter. Auf den
privaten Schiffswerften sind die Löhne unterm 14. Dezember v. I. vom Demobil-
machungsamt auf Grund von Verhandlungen mit Vertretern der Arbeitgeber
und Arbeitnehmer wie folgt geregelt worden: Für Klasse I (Bremen, Bremer¬
hafen, Hamburg, Kiel und Lübeck) werden pro Stunde gezahlt an gelernte
Arbeiter 2,40 Mark, an ungelernte 2,10 Mark, an Jugendliche unter 15 Jahren
50 Pfennig, an Jugendliche unter 16 Jahren 1 Mark, an Jugendliche unter
17 Jahren 1,30 Mark, Jugendliche vom 18. bis vollendeten 20. Jahre 1,60 Mark;
an Lehrlinge im ersten Lehrjahre 0,50 Mark, um zweiten 0,75 Mark, im dritten
1 Mark, im vierten Lehrjahre 1,30 Mark. Ausgelernte Arbeiter unter 20 Jahren
erhalten 2 Mark. Für Klasse II (Danzig, Einswarden, Elbing, Emden, Flens-
burg, Rostock, Toenning, Vegesack) beziffern sich die Stundenlöhne für die
einzelnen Kategorien auf 2,10, 1,90, 0,45, 0,90, 1,20, 1,50, 0,45, 0,65, 0,90,
1,20, 1,80 Mark. Bemerkenswert hierbei ist die Abschaffung der Akkordarbeit.
Die Aktiengesellschaft Weser, welche gegen diese hohen Forderungen Protest
einlegte, erhielt vom DenWbilmachungsamt die Antwort, daß ein etwa hierdurch
verursachtes Defizit seitens des Reiches ausgeglichen werde. Die Hamburger
Hafenarbeiter forderten für alle Männer und Frauen pro Tag 20 Mark. Für
schwere und gesundheitsschädliche Arbeiten 24 Mark, sowie für über-, Nacht- und
Sonntagsstunden 3 Mark. An allen Ecken und Enden tauchen exorbitante Lohn¬
forderungen auf. Ein Keil treibt den andern. Die bei der Wirtschafts-
Genosfenfchaft der Berliner Grundbesitzer beschäftigten Müllkutscher und das
sonstige Ausfnhrpersonal forderten 25 Mark für Kutscher und 22 Mark für
Schaffner bei täglich zwei Fuhren und falls noch drei Fuhren verlangt werden
sollten, 35 Mark für Kutscher und 32 Mark für Schaffner. Bisher betrug der
Tagelohn der Kutscher 15 Mark, der der Schaffner 14 Mark. Er wurde jetzt
heraufgesetzt auf 21 bzw. 19 Mark. Die Schaffner und Fahrer der Groß-
Berliner Straßenbahn, .welche ein monatliches Einkommen von 413 bis 518 Mark
für angestellte Schaffner und 426 bis 526 Mark für angestellte Fahrer nebst
einer einmaligen Abfindungssumme verlangten, erhielten eine einmalige Zulage
in Abstufung bis zur Maximalhöhe von 500 Mark für jede Person. Das Anfangs-
g-ehalt für angestelltes Fahrpersonal beträgt jetzt 400 Mark, steigend jährlich um
10 Mark für den Monat bis zum Höchftbetrage von 500 Mark. Schaffnerinnen
und sonstiges weibliches Personal, sowie Streckenwärter, Wagenwäscher,
Rangierer, Wächter und Bodenarbeiter erhalten einen Dcigelvhn von 11 Mark mit
zwei bezahlten freien Tagen im Monat. Eine besondere Glanzleistung erlauben
sich die bei Behörden uird Verkehrs anftalten aushrlfsweife beschäftigt gewesenen
Frauen, die jetzt nach der Rückkehr der Feldgrauen wieder ausscheiden müssen;
sie fordern eine dauernde Pensionszahlung für ihre ein- bis vierjährige Dienstzeit.

Wie steht es in den Staatsbetrieben? Der ehemalige Finanzminister
Simon hatte vor seinem Austritt aus der preußischen Regierung ein unendlich
düsteres Bild von der Finanzlage Preußens entworfen. Die Eisenbahn, welche
das Rückgrat des preußischen Staatshaushaltes bildet, erbrachte 1913 einen
Überschuß von 325 Millionen Mark. Dieser Überschuß ging durch den Krieg auf
18 Millionen Mark im Jahre 1917 zurück. Für 1918 ist bereits ein Zuschuß von


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[0081] Der Todesgang unserer Volkswirtschaft UM 95 Millionen Mark übersteigen. Die Aufständischen der Berliner Daimler Motorenwerke verlangten Tagelohn von 25 Mark für gelernte und von 20 Mark für ungelernte Arbeiter. Bei achtstündiger Arbeitszeit macht das einen Stunden¬ lohn von 3,15 Mark bzw. 2,50 Mark aus und ein Jahresgehalt von 7500 bzw. 6000 Mark. Bei der infolge der Kohlennot auf 5 Stunden herabgesetzten Arbeitszeit .kostet dem Unternehmer die Arbeitsstunde 5 bzw. 4 Mark. Hinzu kommen dann noch die Teuerungszulagen, Prämien, Vergütung von Über¬ stunden wie sie bereits gewährt wurden. Bei den Firmen Siemers u. Hälfte und Siemers-Schuckert beliefen sich die Mehrforderungen der Arbeiter auf 70 Millionen Mark, der Angestellten auf 54 Millionen Mark im Jahre, während sich der gesamte, den Aktionären zugeflossene Betrag im Jahre 1918 nur auf I31/2 Millionen Mark bezifferte. Verfolgers wir die ungestüme, bedrohliche Lohnbewegung .weiter. Auf den privaten Schiffswerften sind die Löhne unterm 14. Dezember v. I. vom Demobil- machungsamt auf Grund von Verhandlungen mit Vertretern der Arbeitgeber und Arbeitnehmer wie folgt geregelt worden: Für Klasse I (Bremen, Bremer¬ hafen, Hamburg, Kiel und Lübeck) werden pro Stunde gezahlt an gelernte Arbeiter 2,40 Mark, an ungelernte 2,10 Mark, an Jugendliche unter 15 Jahren 50 Pfennig, an Jugendliche unter 16 Jahren 1 Mark, an Jugendliche unter 17 Jahren 1,30 Mark, Jugendliche vom 18. bis vollendeten 20. Jahre 1,60 Mark; an Lehrlinge im ersten Lehrjahre 0,50 Mark, um zweiten 0,75 Mark, im dritten 1 Mark, im vierten Lehrjahre 1,30 Mark. Ausgelernte Arbeiter unter 20 Jahren erhalten 2 Mark. Für Klasse II (Danzig, Einswarden, Elbing, Emden, Flens- burg, Rostock, Toenning, Vegesack) beziffern sich die Stundenlöhne für die einzelnen Kategorien auf 2,10, 1,90, 0,45, 0,90, 1,20, 1,50, 0,45, 0,65, 0,90, 1,20, 1,80 Mark. Bemerkenswert hierbei ist die Abschaffung der Akkordarbeit. Die Aktiengesellschaft Weser, welche gegen diese hohen Forderungen Protest einlegte, erhielt vom DenWbilmachungsamt die Antwort, daß ein etwa hierdurch verursachtes Defizit seitens des Reiches ausgeglichen werde. Die Hamburger Hafenarbeiter forderten für alle Männer und Frauen pro Tag 20 Mark. Für schwere und gesundheitsschädliche Arbeiten 24 Mark, sowie für über-, Nacht- und Sonntagsstunden 3 Mark. An allen Ecken und Enden tauchen exorbitante Lohn¬ forderungen auf. Ein Keil treibt den andern. Die bei der Wirtschafts- Genosfenfchaft der Berliner Grundbesitzer beschäftigten Müllkutscher und das sonstige Ausfnhrpersonal forderten 25 Mark für Kutscher und 22 Mark für Schaffner bei täglich zwei Fuhren und falls noch drei Fuhren verlangt werden sollten, 35 Mark für Kutscher und 32 Mark für Schaffner. Bisher betrug der Tagelohn der Kutscher 15 Mark, der der Schaffner 14 Mark. Er wurde jetzt heraufgesetzt auf 21 bzw. 19 Mark. Die Schaffner und Fahrer der Groß- Berliner Straßenbahn, .welche ein monatliches Einkommen von 413 bis 518 Mark für angestellte Schaffner und 426 bis 526 Mark für angestellte Fahrer nebst einer einmaligen Abfindungssumme verlangten, erhielten eine einmalige Zulage in Abstufung bis zur Maximalhöhe von 500 Mark für jede Person. Das Anfangs- g-ehalt für angestelltes Fahrpersonal beträgt jetzt 400 Mark, steigend jährlich um 10 Mark für den Monat bis zum Höchftbetrage von 500 Mark. Schaffnerinnen und sonstiges weibliches Personal, sowie Streckenwärter, Wagenwäscher, Rangierer, Wächter und Bodenarbeiter erhalten einen Dcigelvhn von 11 Mark mit zwei bezahlten freien Tagen im Monat. Eine besondere Glanzleistung erlauben sich die bei Behörden uird Verkehrs anftalten aushrlfsweife beschäftigt gewesenen Frauen, die jetzt nach der Rückkehr der Feldgrauen wieder ausscheiden müssen; sie fordern eine dauernde Pensionszahlung für ihre ein- bis vierjährige Dienstzeit. Wie steht es in den Staatsbetrieben? Der ehemalige Finanzminister Simon hatte vor seinem Austritt aus der preußischen Regierung ein unendlich düsteres Bild von der Finanzlage Preußens entworfen. Die Eisenbahn, welche das Rückgrat des preußischen Staatshaushaltes bildet, erbrachte 1913 einen Überschuß von 325 Millionen Mark. Dieser Überschuß ging durch den Krieg auf 18 Millionen Mark im Jahre 1917 zurück. Für 1918 ist bereits ein Zuschuß von

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335181/81>, abgerufen am 06.02.2025.