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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Erstes Vierteljahr.

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Holstein

Aus den Arbeiten der beiden Verfasser gewinnen wir den Eindruck einer
zeitweilig geradezu verhängnisvollen Tätigkeit dieses eingekapselten Welt-
remdlings, der die politische Außenwelt nur betrachtete nach dem Bilde, das er
ich in seinem Bureauzimmer gemacht, und von den wirklichen Wandlungen in
)er Welt nichts mehr sah.

Wenn Kritiker unserer auswärtigen Politik offen beklagt haben, daß dem
Auswärtigen Amt offenbar kein der Wirklichkeit entsprechendes Bild durch die
Berichte unserer Gesandten und Botschafter gegeben worden wäre, sondern ein
Bild so, wie man es aus bestimmten Gründen und zu bestimmten Zwecken in der
Wilhelmstraße zu sehen wünschte, so belehrt uns Prinz Alexander von Hohenlohe,
daß Herr von Holstein es war, der namentlich in der letzten Zeit seiner Amts¬
tätigkeit in immer stärkerem Umfange verschiedene Botschafter und Gesandte in
Privater Korrespondenz zu beeinflussen wußte, "was und in welchem Sinne sie
zu- berichten hätten". Welche gefährlichen Folgen dieses System für die ganze
Politik des Reiches haben konnte, ja mußte, liegt auf der Hand. "Besonders
gefährlich wurden die Konsequenzen dieses Holsteinschen Systems der bestellten
Berichte aber in den letzten Jahren, als die Schrullenhaftigkeit, der Zug zum
Mißtrauen, ja geradezu zum Verfolgungswahn, bei ihm immer mehr zunahmen."

Infolge seines mißtrauischen Charakters, der auch bei Hammann immer
wieder hervorgehoben wird, spricht Prinz zu Hohenlohe dem Geheimrat
Holstein die so Notwendige Objektivität des Urteils ab, insbesondere in seiner
Abschätzung Frankreichs, die auf total falschen Grundlagen beruhte. "Er lebte
noch immer in der Vorstellung, das Frankreich der siebziger Jahre, während
deren er in Paris gewesen ist, vor sich zu haben. Davon ließ er sich nicht
abbringen, und auf diese ganz falsche Vorstellung begründete er seine Politik."

Zusammenscissend bezeichnet Prinz Alexander zu Hohenlohe die Zeit von
Holsteins Herrschaft im Auswärtigen Amt und seines fast unbeschränkten Ein--
flusses auf die Leitung der deutschen auswärtigen Politik als eine der verhängnis¬
vollsten Phasen der Geschichte dieses Amtes.

Aus Hammcmns Schilderungen ist eine Reihe mehr oder weniger schwerer
Konflikte zwischen dem Fürsten Bülow und Herrn von Holstein ersichtlich. Wir
erleben hier namentlich das Werden des Dreiverbandes, für dessen drohenden
Zusammenschluß Holstein kein Verständnis hatte, einmal wegen der falschen
Bewertung Frankreichs, und ferner, weil er durchaus in dem Gedanken lebte,
daß zwischen England und Nußland ein ewiger Gegensatz bestünde und bestehen
bleiben müsse. Mit Bezug auf den Marokko-Konflikt und die Möglichkeiten seiner
Lösung schreibt Hammann:

"Die Hauptschuld an den versäumten Gelegenheiten trug die unglückliche
Thesenpolitik Holsteins, die seine anfängliche Erkenntnis der Zweckmäßigkeit einer
englisch-deutschen Annäherung erstickte. Was Bismarck in dem Gespräch mit
Se. Ballier als Wahnsinn bezeichnet haben soll, das war ihm Glaubenssatz, näm¬
lich die Ansicht, daß der Antagonismus der beiden Weltmächte England und
Rußland eine unabänderliche Tatsache sei. Er hielt es für unmöglich, daß gerade
Marokko, über dessen Küsten das -seebeherrschende Srsatsr Brlwin Chamberlains
so eifersüchtig wachte, jemals die Brücke für eine ontsnis ooräials zwischen
England und Frankreich bilden könnte."

Während des Zusammentreffens von König Eduard und Kaiser Wilhelm
gelegentlich der Kieler Woche gab es zwischen Holstein und dem Fürsten Bülow
einen schweren Konflikt. Holstein stellte damals aus nichtigen Gründen das
Ansinnen an den Fürsten Bülow, daß er einen Wechsel in der Leitung des
Auswärtigen Amtes eintreten lassen solle.
"

"Bülow, so berichtet uns Hammann, "dachte natürlich nicht daran, auf
die sonderbare Zumutung einzugehen und sich aus nichtigen Gründen von (dem
Staatssekretär) Nichthofen zu trennen. Er trug mir auf, nach meiner
Rückkehr zusammen mit dem Unterstaatssekretär von Mühlberg Holstein möglichst
zu beschwichtigen. Dies undankbare Geschäft war noch dadurch erschwert, daß
sich Holstein inzwischen in eine Augenklinik begeben hatte und schriftlich mit ihm


Holstein

Aus den Arbeiten der beiden Verfasser gewinnen wir den Eindruck einer
zeitweilig geradezu verhängnisvollen Tätigkeit dieses eingekapselten Welt-
remdlings, der die politische Außenwelt nur betrachtete nach dem Bilde, das er
ich in seinem Bureauzimmer gemacht, und von den wirklichen Wandlungen in
)er Welt nichts mehr sah.

Wenn Kritiker unserer auswärtigen Politik offen beklagt haben, daß dem
Auswärtigen Amt offenbar kein der Wirklichkeit entsprechendes Bild durch die
Berichte unserer Gesandten und Botschafter gegeben worden wäre, sondern ein
Bild so, wie man es aus bestimmten Gründen und zu bestimmten Zwecken in der
Wilhelmstraße zu sehen wünschte, so belehrt uns Prinz Alexander von Hohenlohe,
daß Herr von Holstein es war, der namentlich in der letzten Zeit seiner Amts¬
tätigkeit in immer stärkerem Umfange verschiedene Botschafter und Gesandte in
Privater Korrespondenz zu beeinflussen wußte, „was und in welchem Sinne sie
zu- berichten hätten". Welche gefährlichen Folgen dieses System für die ganze
Politik des Reiches haben konnte, ja mußte, liegt auf der Hand. „Besonders
gefährlich wurden die Konsequenzen dieses Holsteinschen Systems der bestellten
Berichte aber in den letzten Jahren, als die Schrullenhaftigkeit, der Zug zum
Mißtrauen, ja geradezu zum Verfolgungswahn, bei ihm immer mehr zunahmen."

Infolge seines mißtrauischen Charakters, der auch bei Hammann immer
wieder hervorgehoben wird, spricht Prinz zu Hohenlohe dem Geheimrat
Holstein die so Notwendige Objektivität des Urteils ab, insbesondere in seiner
Abschätzung Frankreichs, die auf total falschen Grundlagen beruhte. „Er lebte
noch immer in der Vorstellung, das Frankreich der siebziger Jahre, während
deren er in Paris gewesen ist, vor sich zu haben. Davon ließ er sich nicht
abbringen, und auf diese ganz falsche Vorstellung begründete er seine Politik."

Zusammenscissend bezeichnet Prinz Alexander zu Hohenlohe die Zeit von
Holsteins Herrschaft im Auswärtigen Amt und seines fast unbeschränkten Ein--
flusses auf die Leitung der deutschen auswärtigen Politik als eine der verhängnis¬
vollsten Phasen der Geschichte dieses Amtes.

Aus Hammcmns Schilderungen ist eine Reihe mehr oder weniger schwerer
Konflikte zwischen dem Fürsten Bülow und Herrn von Holstein ersichtlich. Wir
erleben hier namentlich das Werden des Dreiverbandes, für dessen drohenden
Zusammenschluß Holstein kein Verständnis hatte, einmal wegen der falschen
Bewertung Frankreichs, und ferner, weil er durchaus in dem Gedanken lebte,
daß zwischen England und Nußland ein ewiger Gegensatz bestünde und bestehen
bleiben müsse. Mit Bezug auf den Marokko-Konflikt und die Möglichkeiten seiner
Lösung schreibt Hammann:

„Die Hauptschuld an den versäumten Gelegenheiten trug die unglückliche
Thesenpolitik Holsteins, die seine anfängliche Erkenntnis der Zweckmäßigkeit einer
englisch-deutschen Annäherung erstickte. Was Bismarck in dem Gespräch mit
Se. Ballier als Wahnsinn bezeichnet haben soll, das war ihm Glaubenssatz, näm¬
lich die Ansicht, daß der Antagonismus der beiden Weltmächte England und
Rußland eine unabänderliche Tatsache sei. Er hielt es für unmöglich, daß gerade
Marokko, über dessen Küsten das -seebeherrschende Srsatsr Brlwin Chamberlains
so eifersüchtig wachte, jemals die Brücke für eine ontsnis ooräials zwischen
England und Frankreich bilden könnte."

Während des Zusammentreffens von König Eduard und Kaiser Wilhelm
gelegentlich der Kieler Woche gab es zwischen Holstein und dem Fürsten Bülow
einen schweren Konflikt. Holstein stellte damals aus nichtigen Gründen das
Ansinnen an den Fürsten Bülow, daß er einen Wechsel in der Leitung des
Auswärtigen Amtes eintreten lassen solle.
"

„Bülow, so berichtet uns Hammann, „dachte natürlich nicht daran, auf
die sonderbare Zumutung einzugehen und sich aus nichtigen Gründen von (dem
Staatssekretär) Nichthofen zu trennen. Er trug mir auf, nach meiner
Rückkehr zusammen mit dem Unterstaatssekretär von Mühlberg Holstein möglichst
zu beschwichtigen. Dies undankbare Geschäft war noch dadurch erschwert, daß
sich Holstein inzwischen in eine Augenklinik begeben hatte und schriftlich mit ihm


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[0219] Holstein Aus den Arbeiten der beiden Verfasser gewinnen wir den Eindruck einer zeitweilig geradezu verhängnisvollen Tätigkeit dieses eingekapselten Welt- remdlings, der die politische Außenwelt nur betrachtete nach dem Bilde, das er ich in seinem Bureauzimmer gemacht, und von den wirklichen Wandlungen in )er Welt nichts mehr sah. Wenn Kritiker unserer auswärtigen Politik offen beklagt haben, daß dem Auswärtigen Amt offenbar kein der Wirklichkeit entsprechendes Bild durch die Berichte unserer Gesandten und Botschafter gegeben worden wäre, sondern ein Bild so, wie man es aus bestimmten Gründen und zu bestimmten Zwecken in der Wilhelmstraße zu sehen wünschte, so belehrt uns Prinz Alexander von Hohenlohe, daß Herr von Holstein es war, der namentlich in der letzten Zeit seiner Amts¬ tätigkeit in immer stärkerem Umfange verschiedene Botschafter und Gesandte in Privater Korrespondenz zu beeinflussen wußte, „was und in welchem Sinne sie zu- berichten hätten". Welche gefährlichen Folgen dieses System für die ganze Politik des Reiches haben konnte, ja mußte, liegt auf der Hand. „Besonders gefährlich wurden die Konsequenzen dieses Holsteinschen Systems der bestellten Berichte aber in den letzten Jahren, als die Schrullenhaftigkeit, der Zug zum Mißtrauen, ja geradezu zum Verfolgungswahn, bei ihm immer mehr zunahmen." Infolge seines mißtrauischen Charakters, der auch bei Hammann immer wieder hervorgehoben wird, spricht Prinz zu Hohenlohe dem Geheimrat Holstein die so Notwendige Objektivität des Urteils ab, insbesondere in seiner Abschätzung Frankreichs, die auf total falschen Grundlagen beruhte. „Er lebte noch immer in der Vorstellung, das Frankreich der siebziger Jahre, während deren er in Paris gewesen ist, vor sich zu haben. Davon ließ er sich nicht abbringen, und auf diese ganz falsche Vorstellung begründete er seine Politik." Zusammenscissend bezeichnet Prinz Alexander zu Hohenlohe die Zeit von Holsteins Herrschaft im Auswärtigen Amt und seines fast unbeschränkten Ein-- flusses auf die Leitung der deutschen auswärtigen Politik als eine der verhängnis¬ vollsten Phasen der Geschichte dieses Amtes. Aus Hammcmns Schilderungen ist eine Reihe mehr oder weniger schwerer Konflikte zwischen dem Fürsten Bülow und Herrn von Holstein ersichtlich. Wir erleben hier namentlich das Werden des Dreiverbandes, für dessen drohenden Zusammenschluß Holstein kein Verständnis hatte, einmal wegen der falschen Bewertung Frankreichs, und ferner, weil er durchaus in dem Gedanken lebte, daß zwischen England und Nußland ein ewiger Gegensatz bestünde und bestehen bleiben müsse. Mit Bezug auf den Marokko-Konflikt und die Möglichkeiten seiner Lösung schreibt Hammann: „Die Hauptschuld an den versäumten Gelegenheiten trug die unglückliche Thesenpolitik Holsteins, die seine anfängliche Erkenntnis der Zweckmäßigkeit einer englisch-deutschen Annäherung erstickte. Was Bismarck in dem Gespräch mit Se. Ballier als Wahnsinn bezeichnet haben soll, das war ihm Glaubenssatz, näm¬ lich die Ansicht, daß der Antagonismus der beiden Weltmächte England und Rußland eine unabänderliche Tatsache sei. Er hielt es für unmöglich, daß gerade Marokko, über dessen Küsten das -seebeherrschende Srsatsr Brlwin Chamberlains so eifersüchtig wachte, jemals die Brücke für eine ontsnis ooräials zwischen England und Frankreich bilden könnte." Während des Zusammentreffens von König Eduard und Kaiser Wilhelm gelegentlich der Kieler Woche gab es zwischen Holstein und dem Fürsten Bülow einen schweren Konflikt. Holstein stellte damals aus nichtigen Gründen das Ansinnen an den Fürsten Bülow, daß er einen Wechsel in der Leitung des Auswärtigen Amtes eintreten lassen solle. " „Bülow, so berichtet uns Hammann, „dachte natürlich nicht daran, auf die sonderbare Zumutung einzugehen und sich aus nichtigen Gründen von (dem Staatssekretär) Nichthofen zu trennen. Er trug mir auf, nach meiner Rückkehr zusammen mit dem Unterstaatssekretär von Mühlberg Holstein möglichst zu beschwichtigen. Dies undankbare Geschäft war noch dadurch erschwert, daß sich Holstein inzwischen in eine Augenklinik begeben hatte und schriftlich mit ihm

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335181/219>, abgerufen am 05.02.2025.