Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Mahlen in Oentschöstcrreich

konnte man dann sehen, daß gewisse von den Gruppen der Interessenten verein¬
barte Listen mit acht willkommenen Listensührern Anlaß zu Absplitterungen in
letzter Stunde, zu neuen, von vornherein aussichtslosen Sonderlisten gaben, aber
auch daß viele dadurch abgeschreckt und den Werbungen der geschlossenen Parteien,
der Christlichsozialen und Sozialdemokraten zugänglicher gemacht wurden. Das
hätte sich zum Teil unschädlich machen lassen, wenn von dem Recht der Koppelung
mehr Gebrauch gemacht worden wäre. Aber auch das geschah nicht ausreichend
und die Zersplitterung trieb manchen, der meint, nur innerhalb einer starken
und tatkräftigen Partei für das gemeine Wohl oder aber für sein eigenes
Interesse erfolgreich arbeiten zu können, aus den Reihen der "dritten Partei".

Um neben diesen Hauptcharakterzügen des Wahlkampfes auch etwas
zurücktretende, aber für die Zukunft nicht bedeutungslose Linien des Gesamtbildes
zu würdigen, müssen wir auch einiger kleinerer Gruppen gedenken. Die Ver¬
tretung der Arbeiterschaft wurde den Sozialdemokraten von der national¬
sozialistischen Partei, jene der Bauernschaft den Christlichsozialen von dem
Deutschen Bauernbund und verwandten Gruppen bestritten. Die nationale
Arbeiterschaft konnte unter dem Druck der sozialdemokratischen Organisation, die
als wirtschaftliche eine ungeheure Macht hat, und bei ihrer Scheu vor einem
entschiedenen Zusammengehen mit bürgerlichen Parteien wenig ausrichten. Sie
vermochte nicht einmal dem anwachsenden Antisemitismus der Arbeiterkreise zu
einem Ausdruck in der Wahlbewegung zu verhelfen, während die Sozial¬
demokratie immer ausgesprochener unter jüdische, und damit zugleich radikale
Führung kommt. Die nationalsozialistische Partei entzog eher den nationalen
und Christlichsozialen Stimmen. Dagegen hat der Bauernbund, die jüngste
Partei Deutschösterreichs, überraschende Erfolge erzielt; die rührige Steirische
Bauernpartei hat in dem Ursprungslande der Bewegung drei Mandate erreicht.
Sie gibt sich als nationalgesinnte unabhängige Standespartei mit demokratischen
Grundsätzen und bekämpft sowohl die Christlichsozialen und die von ihnen aus¬
gegangene, aber auch wirtschaftlich ihnen stark gegensätzliche Pantz-Gruppe, als
auch die Sozialdemokratie entschieden. Die Pantz-Gruppe unterlag vollständig,
auch in ihrem Stammsitz Obersteiermark. Anderswo kann man die nationalen
Bauerngruppen geradezu zu den Deutschnationalen zählen, wie etwa in Kärnten.

Im weitesten Sinne gefaßt, also mit Einschluß der Steivischen Bauern¬
partei, haben die deutschnationalen Gruppen von 162 Mandanten 25 erzielt, in
ebenso weiter Faf
kommen ein Indiung die Christlichsozialen 64, die Sozialdemokraten 70. Dazu
^nationaler (Zionist) und ein tschechischer Sozialist, sowie ein
bürgerlicher Demokrat, alle drei in Wien. Die bürgerlichen Demokraten sind
eine Gruppe, die hervorragende nationale Politiker und Gelehrte an die Spitze
ihrer Listen stellte, aber im Gegensatz zu den deutschnationalen und christlich¬
sozialen Gruppen den Antisemitismus ablehnt. Sie haben einen hervorragenden
Wirtschaftspolitiker und Vorkämpfer "Mitteleuropas", einen Industriellen
jüdischer Abstammung in die Nationalversammlung entsendet. Besondere
Erwähnung scheint mir aber eine Gruppe zu verdienen, die kein Mandat erreicht
hat und doch mit ihrer ersten Kraftprobe sehr zufrieden ist, die des "National¬
demokratischen Volksvereins", der allerdings (was sehr leicht irreführen kann) der
Name "Nationaldemokraten" von seiten der Pantz-Gruppe bestritten wird. Sie
schart sich um leine Anzahl von Führern des Deutschen Klubs und der Volksräte
und besitzt im "Wiener Mittag" (neuerlich mit dem Abendblatt: "Die Republik")
ein Parteiblatt schärfster Richtung, dessen Tonart mir ebenso wenig zusagt wie
seine einseitige Beurteilung der bisherigen deutschnationalen Politik in Osterreich./
Anders steht es mit ihren Zielen. Am 31. Januar schrieb ich in einem Aufsatz,
der leider nicht zum Drucke kam, diese Partei hebe sich in zweierlei Hinsicht
bedeutsam hervor. "Einerseits kommt ihr Programm dem, was ich deutsche
Demokratie nenne/) am nächsten. Sie wollen keine Parlaments- und keine
Klassenherrschaft, sondern Organisation des Gesamtvolks. Sie fordern also



1) Darüber werde ich den Lesern der "Grenzboten" in einem eigenen Aufsatze berichten.
Die Mahlen in Oentschöstcrreich

konnte man dann sehen, daß gewisse von den Gruppen der Interessenten verein¬
barte Listen mit acht willkommenen Listensührern Anlaß zu Absplitterungen in
letzter Stunde, zu neuen, von vornherein aussichtslosen Sonderlisten gaben, aber
auch daß viele dadurch abgeschreckt und den Werbungen der geschlossenen Parteien,
der Christlichsozialen und Sozialdemokraten zugänglicher gemacht wurden. Das
hätte sich zum Teil unschädlich machen lassen, wenn von dem Recht der Koppelung
mehr Gebrauch gemacht worden wäre. Aber auch das geschah nicht ausreichend
und die Zersplitterung trieb manchen, der meint, nur innerhalb einer starken
und tatkräftigen Partei für das gemeine Wohl oder aber für sein eigenes
Interesse erfolgreich arbeiten zu können, aus den Reihen der „dritten Partei".

Um neben diesen Hauptcharakterzügen des Wahlkampfes auch etwas
zurücktretende, aber für die Zukunft nicht bedeutungslose Linien des Gesamtbildes
zu würdigen, müssen wir auch einiger kleinerer Gruppen gedenken. Die Ver¬
tretung der Arbeiterschaft wurde den Sozialdemokraten von der national¬
sozialistischen Partei, jene der Bauernschaft den Christlichsozialen von dem
Deutschen Bauernbund und verwandten Gruppen bestritten. Die nationale
Arbeiterschaft konnte unter dem Druck der sozialdemokratischen Organisation, die
als wirtschaftliche eine ungeheure Macht hat, und bei ihrer Scheu vor einem
entschiedenen Zusammengehen mit bürgerlichen Parteien wenig ausrichten. Sie
vermochte nicht einmal dem anwachsenden Antisemitismus der Arbeiterkreise zu
einem Ausdruck in der Wahlbewegung zu verhelfen, während die Sozial¬
demokratie immer ausgesprochener unter jüdische, und damit zugleich radikale
Führung kommt. Die nationalsozialistische Partei entzog eher den nationalen
und Christlichsozialen Stimmen. Dagegen hat der Bauernbund, die jüngste
Partei Deutschösterreichs, überraschende Erfolge erzielt; die rührige Steirische
Bauernpartei hat in dem Ursprungslande der Bewegung drei Mandate erreicht.
Sie gibt sich als nationalgesinnte unabhängige Standespartei mit demokratischen
Grundsätzen und bekämpft sowohl die Christlichsozialen und die von ihnen aus¬
gegangene, aber auch wirtschaftlich ihnen stark gegensätzliche Pantz-Gruppe, als
auch die Sozialdemokratie entschieden. Die Pantz-Gruppe unterlag vollständig,
auch in ihrem Stammsitz Obersteiermark. Anderswo kann man die nationalen
Bauerngruppen geradezu zu den Deutschnationalen zählen, wie etwa in Kärnten.

Im weitesten Sinne gefaßt, also mit Einschluß der Steivischen Bauern¬
partei, haben die deutschnationalen Gruppen von 162 Mandanten 25 erzielt, in
ebenso weiter Faf
kommen ein Indiung die Christlichsozialen 64, die Sozialdemokraten 70. Dazu
^nationaler (Zionist) und ein tschechischer Sozialist, sowie ein
bürgerlicher Demokrat, alle drei in Wien. Die bürgerlichen Demokraten sind
eine Gruppe, die hervorragende nationale Politiker und Gelehrte an die Spitze
ihrer Listen stellte, aber im Gegensatz zu den deutschnationalen und christlich¬
sozialen Gruppen den Antisemitismus ablehnt. Sie haben einen hervorragenden
Wirtschaftspolitiker und Vorkämpfer „Mitteleuropas", einen Industriellen
jüdischer Abstammung in die Nationalversammlung entsendet. Besondere
Erwähnung scheint mir aber eine Gruppe zu verdienen, die kein Mandat erreicht
hat und doch mit ihrer ersten Kraftprobe sehr zufrieden ist, die des „National¬
demokratischen Volksvereins", der allerdings (was sehr leicht irreführen kann) der
Name „Nationaldemokraten" von seiten der Pantz-Gruppe bestritten wird. Sie
schart sich um leine Anzahl von Führern des Deutschen Klubs und der Volksräte
und besitzt im „Wiener Mittag" (neuerlich mit dem Abendblatt: „Die Republik")
ein Parteiblatt schärfster Richtung, dessen Tonart mir ebenso wenig zusagt wie
seine einseitige Beurteilung der bisherigen deutschnationalen Politik in Osterreich./
Anders steht es mit ihren Zielen. Am 31. Januar schrieb ich in einem Aufsatz,
der leider nicht zum Drucke kam, diese Partei hebe sich in zweierlei Hinsicht
bedeutsam hervor. „Einerseits kommt ihr Programm dem, was ich deutsche
Demokratie nenne/) am nächsten. Sie wollen keine Parlaments- und keine
Klassenherrschaft, sondern Organisation des Gesamtvolks. Sie fordern also



1) Darüber werde ich den Lesern der „Grenzboten" in einem eigenen Aufsatze berichten.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0182" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/335364"/>
          <fw type="header" place="top"> Die Mahlen in Oentschöstcrreich</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_836" prev="#ID_835"> konnte man dann sehen, daß gewisse von den Gruppen der Interessenten verein¬<lb/>
barte Listen mit acht willkommenen Listensührern Anlaß zu Absplitterungen in<lb/>
letzter Stunde, zu neuen, von vornherein aussichtslosen Sonderlisten gaben, aber<lb/>
auch daß viele dadurch abgeschreckt und den Werbungen der geschlossenen Parteien,<lb/>
der Christlichsozialen und Sozialdemokraten zugänglicher gemacht wurden. Das<lb/>
hätte sich zum Teil unschädlich machen lassen, wenn von dem Recht der Koppelung<lb/>
mehr Gebrauch gemacht worden wäre. Aber auch das geschah nicht ausreichend<lb/>
und die Zersplitterung trieb manchen, der meint, nur innerhalb einer starken<lb/>
und tatkräftigen Partei für das gemeine Wohl oder aber für sein eigenes<lb/>
Interesse erfolgreich arbeiten zu können, aus den Reihen der &#x201E;dritten Partei".</p><lb/>
          <p xml:id="ID_837"> Um neben diesen Hauptcharakterzügen des Wahlkampfes auch etwas<lb/>
zurücktretende, aber für die Zukunft nicht bedeutungslose Linien des Gesamtbildes<lb/>
zu würdigen, müssen wir auch einiger kleinerer Gruppen gedenken. Die Ver¬<lb/>
tretung der Arbeiterschaft wurde den Sozialdemokraten von der national¬<lb/>
sozialistischen Partei, jene der Bauernschaft den Christlichsozialen von dem<lb/>
Deutschen Bauernbund und verwandten Gruppen bestritten. Die nationale<lb/>
Arbeiterschaft konnte unter dem Druck der sozialdemokratischen Organisation, die<lb/>
als wirtschaftliche eine ungeheure Macht hat, und bei ihrer Scheu vor einem<lb/>
entschiedenen Zusammengehen mit bürgerlichen Parteien wenig ausrichten. Sie<lb/>
vermochte nicht einmal dem anwachsenden Antisemitismus der Arbeiterkreise zu<lb/>
einem Ausdruck in der Wahlbewegung zu verhelfen, während die Sozial¬<lb/>
demokratie immer ausgesprochener unter jüdische, und damit zugleich radikale<lb/>
Führung kommt. Die nationalsozialistische Partei entzog eher den nationalen<lb/>
und Christlichsozialen Stimmen. Dagegen hat der Bauernbund, die jüngste<lb/>
Partei Deutschösterreichs, überraschende Erfolge erzielt; die rührige Steirische<lb/>
Bauernpartei hat in dem Ursprungslande der Bewegung drei Mandate erreicht.<lb/>
Sie gibt sich als nationalgesinnte unabhängige Standespartei mit demokratischen<lb/>
Grundsätzen und bekämpft sowohl die Christlichsozialen und die von ihnen aus¬<lb/>
gegangene, aber auch wirtschaftlich ihnen stark gegensätzliche Pantz-Gruppe, als<lb/>
auch die Sozialdemokratie entschieden. Die Pantz-Gruppe unterlag vollständig,<lb/>
auch in ihrem Stammsitz Obersteiermark. Anderswo kann man die nationalen<lb/>
Bauerngruppen geradezu zu den Deutschnationalen zählen, wie etwa in Kärnten.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_838" next="#ID_839"> Im weitesten Sinne gefaßt, also mit Einschluß der Steivischen Bauern¬<lb/>
partei, haben die deutschnationalen Gruppen von 162 Mandanten 25 erzielt, in<lb/>
ebenso weiter Faf<lb/>
kommen ein Indiung die Christlichsozialen 64, die Sozialdemokraten 70. Dazu<lb/>
^nationaler (Zionist) und ein tschechischer Sozialist, sowie ein<lb/>
bürgerlicher Demokrat, alle drei in Wien. Die bürgerlichen Demokraten sind<lb/>
eine Gruppe, die hervorragende nationale Politiker und Gelehrte an die Spitze<lb/>
ihrer Listen stellte, aber im Gegensatz zu den deutschnationalen und christlich¬<lb/>
sozialen Gruppen den Antisemitismus ablehnt. Sie haben einen hervorragenden<lb/>
Wirtschaftspolitiker und Vorkämpfer &#x201E;Mitteleuropas", einen Industriellen<lb/>
jüdischer Abstammung in die Nationalversammlung entsendet. Besondere<lb/>
Erwähnung scheint mir aber eine Gruppe zu verdienen, die kein Mandat erreicht<lb/>
hat und doch mit ihrer ersten Kraftprobe sehr zufrieden ist, die des &#x201E;National¬<lb/>
demokratischen Volksvereins", der allerdings (was sehr leicht irreführen kann) der<lb/>
Name &#x201E;Nationaldemokraten" von seiten der Pantz-Gruppe bestritten wird. Sie<lb/>
schart sich um leine Anzahl von Führern des Deutschen Klubs und der Volksräte<lb/>
und besitzt im &#x201E;Wiener Mittag" (neuerlich mit dem Abendblatt: &#x201E;Die Republik")<lb/>
ein Parteiblatt schärfster Richtung, dessen Tonart mir ebenso wenig zusagt wie<lb/>
seine einseitige Beurteilung der bisherigen deutschnationalen Politik in Osterreich./<lb/>
Anders steht es mit ihren Zielen. Am 31. Januar schrieb ich in einem Aufsatz,<lb/>
der leider nicht zum Drucke kam, diese Partei hebe sich in zweierlei Hinsicht<lb/>
bedeutsam hervor. &#x201E;Einerseits kommt ihr Programm dem, was ich deutsche<lb/>
Demokratie nenne/) am nächsten. Sie wollen keine Parlaments- und keine<lb/>
Klassenherrschaft, sondern Organisation des Gesamtvolks.  Sie fordern also</p><lb/>
          <note xml:id="FID_42" place="foot"> 1) Darüber werde ich den Lesern der &#x201E;Grenzboten" in einem eigenen Aufsatze berichten.</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0182] Die Mahlen in Oentschöstcrreich konnte man dann sehen, daß gewisse von den Gruppen der Interessenten verein¬ barte Listen mit acht willkommenen Listensührern Anlaß zu Absplitterungen in letzter Stunde, zu neuen, von vornherein aussichtslosen Sonderlisten gaben, aber auch daß viele dadurch abgeschreckt und den Werbungen der geschlossenen Parteien, der Christlichsozialen und Sozialdemokraten zugänglicher gemacht wurden. Das hätte sich zum Teil unschädlich machen lassen, wenn von dem Recht der Koppelung mehr Gebrauch gemacht worden wäre. Aber auch das geschah nicht ausreichend und die Zersplitterung trieb manchen, der meint, nur innerhalb einer starken und tatkräftigen Partei für das gemeine Wohl oder aber für sein eigenes Interesse erfolgreich arbeiten zu können, aus den Reihen der „dritten Partei". Um neben diesen Hauptcharakterzügen des Wahlkampfes auch etwas zurücktretende, aber für die Zukunft nicht bedeutungslose Linien des Gesamtbildes zu würdigen, müssen wir auch einiger kleinerer Gruppen gedenken. Die Ver¬ tretung der Arbeiterschaft wurde den Sozialdemokraten von der national¬ sozialistischen Partei, jene der Bauernschaft den Christlichsozialen von dem Deutschen Bauernbund und verwandten Gruppen bestritten. Die nationale Arbeiterschaft konnte unter dem Druck der sozialdemokratischen Organisation, die als wirtschaftliche eine ungeheure Macht hat, und bei ihrer Scheu vor einem entschiedenen Zusammengehen mit bürgerlichen Parteien wenig ausrichten. Sie vermochte nicht einmal dem anwachsenden Antisemitismus der Arbeiterkreise zu einem Ausdruck in der Wahlbewegung zu verhelfen, während die Sozial¬ demokratie immer ausgesprochener unter jüdische, und damit zugleich radikale Führung kommt. Die nationalsozialistische Partei entzog eher den nationalen und Christlichsozialen Stimmen. Dagegen hat der Bauernbund, die jüngste Partei Deutschösterreichs, überraschende Erfolge erzielt; die rührige Steirische Bauernpartei hat in dem Ursprungslande der Bewegung drei Mandate erreicht. Sie gibt sich als nationalgesinnte unabhängige Standespartei mit demokratischen Grundsätzen und bekämpft sowohl die Christlichsozialen und die von ihnen aus¬ gegangene, aber auch wirtschaftlich ihnen stark gegensätzliche Pantz-Gruppe, als auch die Sozialdemokratie entschieden. Die Pantz-Gruppe unterlag vollständig, auch in ihrem Stammsitz Obersteiermark. Anderswo kann man die nationalen Bauerngruppen geradezu zu den Deutschnationalen zählen, wie etwa in Kärnten. Im weitesten Sinne gefaßt, also mit Einschluß der Steivischen Bauern¬ partei, haben die deutschnationalen Gruppen von 162 Mandanten 25 erzielt, in ebenso weiter Faf kommen ein Indiung die Christlichsozialen 64, die Sozialdemokraten 70. Dazu ^nationaler (Zionist) und ein tschechischer Sozialist, sowie ein bürgerlicher Demokrat, alle drei in Wien. Die bürgerlichen Demokraten sind eine Gruppe, die hervorragende nationale Politiker und Gelehrte an die Spitze ihrer Listen stellte, aber im Gegensatz zu den deutschnationalen und christlich¬ sozialen Gruppen den Antisemitismus ablehnt. Sie haben einen hervorragenden Wirtschaftspolitiker und Vorkämpfer „Mitteleuropas", einen Industriellen jüdischer Abstammung in die Nationalversammlung entsendet. Besondere Erwähnung scheint mir aber eine Gruppe zu verdienen, die kein Mandat erreicht hat und doch mit ihrer ersten Kraftprobe sehr zufrieden ist, die des „National¬ demokratischen Volksvereins", der allerdings (was sehr leicht irreführen kann) der Name „Nationaldemokraten" von seiten der Pantz-Gruppe bestritten wird. Sie schart sich um leine Anzahl von Führern des Deutschen Klubs und der Volksräte und besitzt im „Wiener Mittag" (neuerlich mit dem Abendblatt: „Die Republik") ein Parteiblatt schärfster Richtung, dessen Tonart mir ebenso wenig zusagt wie seine einseitige Beurteilung der bisherigen deutschnationalen Politik in Osterreich./ Anders steht es mit ihren Zielen. Am 31. Januar schrieb ich in einem Aufsatz, der leider nicht zum Drucke kam, diese Partei hebe sich in zweierlei Hinsicht bedeutsam hervor. „Einerseits kommt ihr Programm dem, was ich deutsche Demokratie nenne/) am nächsten. Sie wollen keine Parlaments- und keine Klassenherrschaft, sondern Organisation des Gesamtvolks. Sie fordern also 1) Darüber werde ich den Lesern der „Grenzboten" in einem eigenen Aufsatze berichten.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335181
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335181/182
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335181/182>, abgerufen am 05.02.2025.