Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Erstes Vierteljahr.Die deutschen Volksräte in der Dstmcirk vorzunehmen und ohne uns -in eine restlose Abhängigkeit von den großen.poli¬ Diesem Umsturz der Verhältnisse sind die Deutschen in der Ostmark nicht Die aus solcher Erkenntnis erwachsenden Aufgaben durchzuführen, hat die Um es vorweg zu nehmen, sei gleich betont, daß die Deutsche Vereinigung Die deutschen Volksräte in der Dstmcirk vorzunehmen und ohne uns -in eine restlose Abhängigkeit von den großen.poli¬ Diesem Umsturz der Verhältnisse sind die Deutschen in der Ostmark nicht Die aus solcher Erkenntnis erwachsenden Aufgaben durchzuführen, hat die Um es vorweg zu nehmen, sei gleich betont, daß die Deutsche Vereinigung <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0170" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/335352"/> <fw type="header" place="top"> Die deutschen Volksräte in der Dstmcirk</fw><lb/> <p xml:id="ID_792" prev="#ID_791"> vorzunehmen und ohne uns -in eine restlose Abhängigkeit von den großen.poli¬<lb/> tischen Entwicklungen zu begeben, dasjenige zu tun, was dem Gesamtdeutschtum<lb/> frommt. Mußte schon die Teilnahme der polnischen Bevölkerung an den gewal¬<lb/> tigen Lasten des Krieges dahin führen — und die preußische Regierung des alten<lb/> Regimes hatte dieser Tatsache im März 1918 Rechnung getragen, — daß ein<lb/> Unterschied in der Behandlung von Deutschen und Polen in Preußen fortfiel, so<lb/> hat die Revolution alle Bedenken, die sich gegen eine völlige Gleichstellung der<lb/> Polen mit den Deutschen erhoben, über den Haufen geworfen, indem sie die Tat¬<lb/> sache der vollständigen Gleichheit zum Gesetz erhoben hat.</p><lb/> <p xml:id="ID_793"> Diesem Umsturz der Verhältnisse sind die Deutschen in der Ostmark nicht<lb/> gewachsen. Durch die alte Bureaukratie verwöhnt und politisch uninteressiert<lb/> erhalten, mangelt es ihnen an einer entsprechenden nationalen Organisation.<lb/> Solange die Regierung des sogenannten'Obrigkeitsstaates das deutsche Element<lb/> mit besonderer Fürsorge umgab, erschien eine solche auch überflüssig. Seit aber<lb/> die „fürsorgliche Obrigkeit" in Fortfall gekommen, muß das Deutschtum seinen<lb/> Schutz, seine kulturellen, seine wirtschaftlichen und seine politischen Interessen<lb/> selbst -in die Hand nehmen.</p><lb/> <p xml:id="ID_794"> Die aus solcher Erkenntnis erwachsenden Aufgaben durchzuführen, hat die<lb/> „Deutsche Vereinigung" mit dem Sitz in Bromberg in die Hand genommen, die<lb/> gegen Ende November 1918 entstanden und nach sorgfältiger Vorbereitung am<lb/> Sonntag, dem 22. Dezember, in Bromberg mit ihrer ersten großen Kundgebung<lb/> an die Öffentlichkeit getreten ist. Die Deutsche Vereinigung sammelt alle<lb/> Männer und Frauen der Ostmark, die sich zur deutschen Nationalität bekennen,<lb/> mögen sie im übrigen einer politischen Partei angehören, weichler sie wollen,<lb/> mögen sie Sozialdemokraten oder Zentrumsangehörige sein, mögen sie konser¬<lb/> vative oder liberale Volksgenossen oder bürgerliche Demokraten sein! Sie sind<lb/> willkommen in der Deutschen Vereinigung, sofern sie bereit sind, sich unter dem<lb/> Banner der deutschen Nationalität zu kultureller Arbeit zusammenzuschließen.</p><lb/> <p xml:id="ID_795" next="#ID_796"> Um es vorweg zu nehmen, sei gleich betont, daß die Deutsche Vereinigung<lb/> nicht den Kampf gegen Andersgesinnte auf ihre Fahnen geschrieben hat. Sie<lb/> erkennt die Gleichberechtigung der Polen als deutsche Staatsangehörige im'<lb/> Rahmen der Verfassung uneingeschränkt an. Sie will lediglich der deutschen<lb/> Minderheit in der Ostmark, Gleichberechtigung mit den Polen, die während der<lb/> Revolution infolge des polnischen Vorgehens tatsächlich abhanden gekommen ist,<lb/> erwerben und erhalten. Wir räumen, der Macht weichend, den Polen das Recht<lb/> ein, ihre längst bestehenden nationalen Organisationen auszubauen,- weil wir<lb/> dasselbe Recht für uns in Anspruch nehmen. Wir rücken ausdrücklich von der<lb/> alten Methode ab, die vor dem Kriege Zerrissenheit und nationalen Haß in der<lb/> Provinz verbreitet hatte, mögen die Methoden von Deutschen oder von Polen<lb/> angewandt worden sein. Wir erstreben durchaus im Sinne jener Zuschrift vom<lb/> 25. Februar dieses Jahres an die „Posner Neuesten Nachrichten" ein<lb/> friedliches Zusammenleben der Nationalitäten in der Wirtschaft, um<lb/> nach den unsäglichen Opfern und Leiden des Krieges und der Revo--<lb/> ludion allen unseren Landsleuten die Segnungen des Friedens im weitesten<lb/> Ausmaße zuteil werden zu lassen. Dazu gehört aber in erster Linie gegenseitige<lb/> Achtung, und Achtung kann nur derjenige in Anspruch nehmen, der stark genug<lb/> ist, sich zu behaupten. Die Achtung der Polen vor dem Deutschrum ist infolge der<lb/> jämmerlichen Haltung der alten Regierungsorgane und der Unentschlossenheit der<lb/> neuen Negierung gründlich in die Brüche gegangen. Sie gilt es durch die Volks¬<lb/> gesamtheit wiederherzustellen. Das ist die Voraussetzung für alles übrige.<lb/> Ebenso wie die Polen sich durch ihre nationale Einmütigkeit in mehr als hundert¬<lb/> jährigem Kampfe unsere Achtung erkämpft haben, so müssen wir, um die Achtung<lb/> der Polen zu gewinnen, einig sein in der Verteidigung unserer nationalen Rechte<lb/> und in der Wahrnehmung unserer nationalen Pflichten. Solche Aufgabe im<lb/> gegenwärtigen Augenblick zu erfüllen, ist nur möglich durch die Anerkennung des<lb/> demokratischen Prinzips für die völkische Organisation. Nur auf der Grundlage<lb/> des demokratischen Prinzips ist eine wirkungsvolle Zusammenfassung der Volks-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0170]
Die deutschen Volksräte in der Dstmcirk
vorzunehmen und ohne uns -in eine restlose Abhängigkeit von den großen.poli¬
tischen Entwicklungen zu begeben, dasjenige zu tun, was dem Gesamtdeutschtum
frommt. Mußte schon die Teilnahme der polnischen Bevölkerung an den gewal¬
tigen Lasten des Krieges dahin führen — und die preußische Regierung des alten
Regimes hatte dieser Tatsache im März 1918 Rechnung getragen, — daß ein
Unterschied in der Behandlung von Deutschen und Polen in Preußen fortfiel, so
hat die Revolution alle Bedenken, die sich gegen eine völlige Gleichstellung der
Polen mit den Deutschen erhoben, über den Haufen geworfen, indem sie die Tat¬
sache der vollständigen Gleichheit zum Gesetz erhoben hat.
Diesem Umsturz der Verhältnisse sind die Deutschen in der Ostmark nicht
gewachsen. Durch die alte Bureaukratie verwöhnt und politisch uninteressiert
erhalten, mangelt es ihnen an einer entsprechenden nationalen Organisation.
Solange die Regierung des sogenannten'Obrigkeitsstaates das deutsche Element
mit besonderer Fürsorge umgab, erschien eine solche auch überflüssig. Seit aber
die „fürsorgliche Obrigkeit" in Fortfall gekommen, muß das Deutschtum seinen
Schutz, seine kulturellen, seine wirtschaftlichen und seine politischen Interessen
selbst -in die Hand nehmen.
Die aus solcher Erkenntnis erwachsenden Aufgaben durchzuführen, hat die
„Deutsche Vereinigung" mit dem Sitz in Bromberg in die Hand genommen, die
gegen Ende November 1918 entstanden und nach sorgfältiger Vorbereitung am
Sonntag, dem 22. Dezember, in Bromberg mit ihrer ersten großen Kundgebung
an die Öffentlichkeit getreten ist. Die Deutsche Vereinigung sammelt alle
Männer und Frauen der Ostmark, die sich zur deutschen Nationalität bekennen,
mögen sie im übrigen einer politischen Partei angehören, weichler sie wollen,
mögen sie Sozialdemokraten oder Zentrumsangehörige sein, mögen sie konser¬
vative oder liberale Volksgenossen oder bürgerliche Demokraten sein! Sie sind
willkommen in der Deutschen Vereinigung, sofern sie bereit sind, sich unter dem
Banner der deutschen Nationalität zu kultureller Arbeit zusammenzuschließen.
Um es vorweg zu nehmen, sei gleich betont, daß die Deutsche Vereinigung
nicht den Kampf gegen Andersgesinnte auf ihre Fahnen geschrieben hat. Sie
erkennt die Gleichberechtigung der Polen als deutsche Staatsangehörige im'
Rahmen der Verfassung uneingeschränkt an. Sie will lediglich der deutschen
Minderheit in der Ostmark, Gleichberechtigung mit den Polen, die während der
Revolution infolge des polnischen Vorgehens tatsächlich abhanden gekommen ist,
erwerben und erhalten. Wir räumen, der Macht weichend, den Polen das Recht
ein, ihre längst bestehenden nationalen Organisationen auszubauen,- weil wir
dasselbe Recht für uns in Anspruch nehmen. Wir rücken ausdrücklich von der
alten Methode ab, die vor dem Kriege Zerrissenheit und nationalen Haß in der
Provinz verbreitet hatte, mögen die Methoden von Deutschen oder von Polen
angewandt worden sein. Wir erstreben durchaus im Sinne jener Zuschrift vom
25. Februar dieses Jahres an die „Posner Neuesten Nachrichten" ein
friedliches Zusammenleben der Nationalitäten in der Wirtschaft, um
nach den unsäglichen Opfern und Leiden des Krieges und der Revo--
ludion allen unseren Landsleuten die Segnungen des Friedens im weitesten
Ausmaße zuteil werden zu lassen. Dazu gehört aber in erster Linie gegenseitige
Achtung, und Achtung kann nur derjenige in Anspruch nehmen, der stark genug
ist, sich zu behaupten. Die Achtung der Polen vor dem Deutschrum ist infolge der
jämmerlichen Haltung der alten Regierungsorgane und der Unentschlossenheit der
neuen Negierung gründlich in die Brüche gegangen. Sie gilt es durch die Volks¬
gesamtheit wiederherzustellen. Das ist die Voraussetzung für alles übrige.
Ebenso wie die Polen sich durch ihre nationale Einmütigkeit in mehr als hundert¬
jährigem Kampfe unsere Achtung erkämpft haben, so müssen wir, um die Achtung
der Polen zu gewinnen, einig sein in der Verteidigung unserer nationalen Rechte
und in der Wahrnehmung unserer nationalen Pflichten. Solche Aufgabe im
gegenwärtigen Augenblick zu erfüllen, ist nur möglich durch die Anerkennung des
demokratischen Prinzips für die völkische Organisation. Nur auf der Grundlage
des demokratischen Prinzips ist eine wirkungsvolle Zusammenfassung der Volks-
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