Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
vom Aufbau der Gewalten

gegen den Willen der betreffenden Staaten regelt.') Das würde aber oben er¬
wähnten § 4 des Notgesetzes schnurstracks zuwiderlaufen! Hier ist nach wie vor
die Achillesferse des konstitutionellen Neubaues.,

Das Problem: föderalistisch oder unitarM) wiederholt sich ja im inneren
Organismus der Verfassung, hier ist es statt räumlich-extensiver dynamischer
Natur. Dabei handelt es sich um die Machtstellung der emzelsta-aMchen Inter¬
essenvertretung' gegenüber, dem Parlamente des Gesamtvotkes. Staatssekretär
Preuß hatte das föderalistische und das umtarische Element in Gestalt zweier
"Häuser" des künftigen Reichstages zusammengefaßt. Dabei war also auch
jeu:s, das er "Staatenhaus" nennt, auf parlamentarischer Grundlage gedacht,
seine "ach freier Überzeugung stimmenden Mitglieder sollten von den Landtagen
der deutschen Freistaaten aus der Mitte der Staatsangehörigen gewählt werden.
Es sollte, ähnlich wie der amerikanische Senat, als gleichberechtigter Faktor der
Gesetzgebung enden das "Voltshaus" treten. Außerdem jollien bei den einzelnen
Reichsministerien aus den Vertretern der Freistaaten (d. h. ihrer Regierungen,
nicht der Parlamente) sogenannte "Reichsräte" gebildet werden, deren Gutachten
vor Einbringung der Gesetzesvorlagen beim Reichstag und vor dem Erlaß gesetz-
ausführender Verwaltungsvorschriften vorgeschrieben wurde.

Im "Gesetz über die vorläufige Reichsgewalt" gingen die föderalistischen
Funktionen auf den uns schon bekannten "Staatenansschusz" über und sein Rechts¬
nachfolger wiederum ist der abermals umgetaufte "Reichsrat" des endgültigen
Entwurfs. Die beiden letztgenannten sind wesentlich andere Figuren auf dem
politischen Schachbrett. Wie wir wissen, hat schon der Staatenausschuß in seiner
Zusammensetzung das Gepräge des alten Bundesrath. Vom Neichsrat sagt die
endgülnge Verfassung ausdrücklich, daß in ihm die Gliedstaaten durch die Mit¬
glieder ihrer Regierung vertreten werden (Art. 21), woraus sich ergibt, daß wir
es eben nicht mit einer Art Oberhaus, oder genauer gesagt, nicht nur damit zu
tun haben. Denn bekanntlich versah der frühere Bundesrat, dieses verfassungs¬
rechtliche Chamäleon, unter anderem auch diese Funktion. Außerdem aber griff
er ja durch seine Verwaltungsaufgaben in das legislative Gebiet über, und hier
verläuft die zweite Parallele mit dem neuen Reichsrat, der nach Art. 18 "zur
Vertretung der deutschen Gliedstaaten bei der Gesetzgebung und der Verwaltung"
bestimmt ist.

Man neigt neuerdings dazu, die Institution des Bundesrath mit weniger
scheelen Blicken anzusehen, als es in den ersten Zeiten der Umwälzung der Fall
wär. Es ist ja auch kein Zweifel, daß dieses eigentümliche föderalistische Organ
im republikanischen Deutschland gleichsam automatisch eine andere Rolle spielen
muß als im monarchischen bei preußischer Hegemonie. Findet man sich überhaupt
mit der Tatsache des weiterlebenden Föderalismus ab, so ist seine Auswirkung in
dieser Form nicht die schlechteste Lösung. Im Gegenteil, man kann, wie das von
überzeugten Unitariern geschehen ist, getrost behaupten, daß in der Schaffung wirk¬
samer föderalistischer Einrichtungen, wie die Dinge heute liegen, das beste Vor¬
beugungsmittel gegen zentrifugale und separatistische Strömungen gefunden wird.
Daß ober der Bundesrat ungleich föderalistischer wirkt, als etwa ein Staatenhaus,
wo "nicht der Staat wie bei jenem, sondern das Individuum abstimmt", hat
schon Bismarck am Beispiel des Erfurter Staatenhauses eindringlich nachgewiesen.
Sachliche Argumente wirken überdies in der gleichen Richtung. Das Staatenhaus
deckt die vorliegenden Bedürfnisse nicht. Dafür ist der Preuß'sche Entwurf der
beste Beweis. Er eliminiert den Bundesrat als solchen, aber in seinen oben
erwähnten "Reichsräten" leben wesentliche Funktionen des Bundesrath wieder auf,
weil es eben ohne ein Organ für sie nicht geht. Die Neichsregierung bedarf der



!)Der Art. 15 enthielt ursprünglich den Satz: "Bleibt diese Vermittlung erfolglos,
so kann lauf Antrag eines der Beteiligten die Angelegenheit durch ein verfassungs-
ouiderndes Reichsgesetz -geregelt werden." Dieser Satz ist vom Staatenausschuß ge¬
strichen worden!
vom Aufbau der Gewalten

gegen den Willen der betreffenden Staaten regelt.') Das würde aber oben er¬
wähnten § 4 des Notgesetzes schnurstracks zuwiderlaufen! Hier ist nach wie vor
die Achillesferse des konstitutionellen Neubaues.,

Das Problem: föderalistisch oder unitarM) wiederholt sich ja im inneren
Organismus der Verfassung, hier ist es statt räumlich-extensiver dynamischer
Natur. Dabei handelt es sich um die Machtstellung der emzelsta-aMchen Inter¬
essenvertretung' gegenüber, dem Parlamente des Gesamtvotkes. Staatssekretär
Preuß hatte das föderalistische und das umtarische Element in Gestalt zweier
„Häuser" des künftigen Reichstages zusammengefaßt. Dabei war also auch
jeu:s, das er „Staatenhaus" nennt, auf parlamentarischer Grundlage gedacht,
seine »ach freier Überzeugung stimmenden Mitglieder sollten von den Landtagen
der deutschen Freistaaten aus der Mitte der Staatsangehörigen gewählt werden.
Es sollte, ähnlich wie der amerikanische Senat, als gleichberechtigter Faktor der
Gesetzgebung enden das „Voltshaus" treten. Außerdem jollien bei den einzelnen
Reichsministerien aus den Vertretern der Freistaaten (d. h. ihrer Regierungen,
nicht der Parlamente) sogenannte „Reichsräte" gebildet werden, deren Gutachten
vor Einbringung der Gesetzesvorlagen beim Reichstag und vor dem Erlaß gesetz-
ausführender Verwaltungsvorschriften vorgeschrieben wurde.

Im „Gesetz über die vorläufige Reichsgewalt" gingen die föderalistischen
Funktionen auf den uns schon bekannten „Staatenansschusz" über und sein Rechts¬
nachfolger wiederum ist der abermals umgetaufte „Reichsrat" des endgültigen
Entwurfs. Die beiden letztgenannten sind wesentlich andere Figuren auf dem
politischen Schachbrett. Wie wir wissen, hat schon der Staatenausschuß in seiner
Zusammensetzung das Gepräge des alten Bundesrath. Vom Neichsrat sagt die
endgülnge Verfassung ausdrücklich, daß in ihm die Gliedstaaten durch die Mit¬
glieder ihrer Regierung vertreten werden (Art. 21), woraus sich ergibt, daß wir
es eben nicht mit einer Art Oberhaus, oder genauer gesagt, nicht nur damit zu
tun haben. Denn bekanntlich versah der frühere Bundesrat, dieses verfassungs¬
rechtliche Chamäleon, unter anderem auch diese Funktion. Außerdem aber griff
er ja durch seine Verwaltungsaufgaben in das legislative Gebiet über, und hier
verläuft die zweite Parallele mit dem neuen Reichsrat, der nach Art. 18 „zur
Vertretung der deutschen Gliedstaaten bei der Gesetzgebung und der Verwaltung"
bestimmt ist.

Man neigt neuerdings dazu, die Institution des Bundesrath mit weniger
scheelen Blicken anzusehen, als es in den ersten Zeiten der Umwälzung der Fall
wär. Es ist ja auch kein Zweifel, daß dieses eigentümliche föderalistische Organ
im republikanischen Deutschland gleichsam automatisch eine andere Rolle spielen
muß als im monarchischen bei preußischer Hegemonie. Findet man sich überhaupt
mit der Tatsache des weiterlebenden Föderalismus ab, so ist seine Auswirkung in
dieser Form nicht die schlechteste Lösung. Im Gegenteil, man kann, wie das von
überzeugten Unitariern geschehen ist, getrost behaupten, daß in der Schaffung wirk¬
samer föderalistischer Einrichtungen, wie die Dinge heute liegen, das beste Vor¬
beugungsmittel gegen zentrifugale und separatistische Strömungen gefunden wird.
Daß ober der Bundesrat ungleich föderalistischer wirkt, als etwa ein Staatenhaus,
wo „nicht der Staat wie bei jenem, sondern das Individuum abstimmt", hat
schon Bismarck am Beispiel des Erfurter Staatenhauses eindringlich nachgewiesen.
Sachliche Argumente wirken überdies in der gleichen Richtung. Das Staatenhaus
deckt die vorliegenden Bedürfnisse nicht. Dafür ist der Preuß'sche Entwurf der
beste Beweis. Er eliminiert den Bundesrat als solchen, aber in seinen oben
erwähnten „Reichsräten" leben wesentliche Funktionen des Bundesrath wieder auf,
weil es eben ohne ein Organ für sie nicht geht. Die Neichsregierung bedarf der



!)Der Art. 15 enthielt ursprünglich den Satz: „Bleibt diese Vermittlung erfolglos,
so kann lauf Antrag eines der Beteiligten die Angelegenheit durch ein verfassungs-
ouiderndes Reichsgesetz -geregelt werden." Dieser Satz ist vom Staatenausschuß ge¬
strichen worden!
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0156" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/335338"/>
          <fw type="header" place="top"> vom Aufbau der Gewalten</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_711" prev="#ID_710"> gegen den Willen der betreffenden Staaten regelt.') Das würde aber oben er¬<lb/>
wähnten § 4 des Notgesetzes schnurstracks zuwiderlaufen! Hier ist nach wie vor<lb/>
die Achillesferse des konstitutionellen Neubaues.,</p><lb/>
          <p xml:id="ID_712"> Das Problem: föderalistisch oder unitarM) wiederholt sich ja im inneren<lb/>
Organismus der Verfassung, hier ist es statt räumlich-extensiver dynamischer<lb/>
Natur. Dabei handelt es sich um die Machtstellung der emzelsta-aMchen Inter¬<lb/>
essenvertretung' gegenüber, dem Parlamente des Gesamtvotkes. Staatssekretär<lb/>
Preuß hatte das föderalistische und das umtarische Element in Gestalt zweier<lb/>
&#x201E;Häuser" des künftigen Reichstages zusammengefaßt. Dabei war also auch<lb/>
jeu:s, das er &#x201E;Staatenhaus" nennt, auf parlamentarischer Grundlage gedacht,<lb/>
seine »ach freier Überzeugung stimmenden Mitglieder sollten von den Landtagen<lb/>
der deutschen Freistaaten aus der Mitte der Staatsangehörigen gewählt werden.<lb/>
Es sollte, ähnlich wie der amerikanische Senat, als gleichberechtigter Faktor der<lb/>
Gesetzgebung enden das &#x201E;Voltshaus" treten. Außerdem jollien bei den einzelnen<lb/>
Reichsministerien aus den Vertretern der Freistaaten (d. h. ihrer Regierungen,<lb/>
nicht der Parlamente) sogenannte &#x201E;Reichsräte" gebildet werden, deren Gutachten<lb/>
vor Einbringung der Gesetzesvorlagen beim Reichstag und vor dem Erlaß gesetz-<lb/>
ausführender Verwaltungsvorschriften vorgeschrieben wurde.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_713"> Im &#x201E;Gesetz über die vorläufige Reichsgewalt" gingen die föderalistischen<lb/>
Funktionen auf den uns schon bekannten &#x201E;Staatenansschusz" über und sein Rechts¬<lb/>
nachfolger wiederum ist der abermals umgetaufte &#x201E;Reichsrat" des endgültigen<lb/>
Entwurfs. Die beiden letztgenannten sind wesentlich andere Figuren auf dem<lb/>
politischen Schachbrett. Wie wir wissen, hat schon der Staatenausschuß in seiner<lb/>
Zusammensetzung das Gepräge des alten Bundesrath. Vom Neichsrat sagt die<lb/>
endgülnge Verfassung ausdrücklich, daß in ihm die Gliedstaaten durch die Mit¬<lb/>
glieder ihrer Regierung vertreten werden (Art. 21), woraus sich ergibt, daß wir<lb/>
es eben nicht mit einer Art Oberhaus, oder genauer gesagt, nicht nur damit zu<lb/>
tun haben. Denn bekanntlich versah der frühere Bundesrat, dieses verfassungs¬<lb/>
rechtliche Chamäleon, unter anderem auch diese Funktion. Außerdem aber griff<lb/>
er ja durch seine Verwaltungsaufgaben in das legislative Gebiet über, und hier<lb/>
verläuft die zweite Parallele mit dem neuen Reichsrat, der nach Art. 18 &#x201E;zur<lb/>
Vertretung der deutschen Gliedstaaten bei der Gesetzgebung und der Verwaltung"<lb/>
bestimmt ist.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_714" next="#ID_715"> Man neigt neuerdings dazu, die Institution des Bundesrath mit weniger<lb/>
scheelen Blicken anzusehen, als es in den ersten Zeiten der Umwälzung der Fall<lb/>
wär. Es ist ja auch kein Zweifel, daß dieses eigentümliche föderalistische Organ<lb/>
im republikanischen Deutschland gleichsam automatisch eine andere Rolle spielen<lb/>
muß als im monarchischen bei preußischer Hegemonie. Findet man sich überhaupt<lb/>
mit der Tatsache des weiterlebenden Föderalismus ab, so ist seine Auswirkung in<lb/>
dieser Form nicht die schlechteste Lösung. Im Gegenteil, man kann, wie das von<lb/>
überzeugten Unitariern geschehen ist, getrost behaupten, daß in der Schaffung wirk¬<lb/>
samer föderalistischer Einrichtungen, wie die Dinge heute liegen, das beste Vor¬<lb/>
beugungsmittel gegen zentrifugale und separatistische Strömungen gefunden wird.<lb/>
Daß ober der Bundesrat ungleich föderalistischer wirkt, als etwa ein Staatenhaus,<lb/>
wo &#x201E;nicht der Staat wie bei jenem, sondern das Individuum abstimmt", hat<lb/>
schon Bismarck am Beispiel des Erfurter Staatenhauses eindringlich nachgewiesen.<lb/>
Sachliche Argumente wirken überdies in der gleichen Richtung. Das Staatenhaus<lb/>
deckt die vorliegenden Bedürfnisse nicht. Dafür ist der Preuß'sche Entwurf der<lb/>
beste Beweis. Er eliminiert den Bundesrat als solchen, aber in seinen oben<lb/>
erwähnten &#x201E;Reichsräten" leben wesentliche Funktionen des Bundesrath wieder auf,<lb/>
weil es eben ohne ein Organ für sie nicht geht. Die Neichsregierung bedarf der</p><lb/>
          <note xml:id="FID_32" place="foot"> !)Der Art. 15 enthielt ursprünglich den Satz: &#x201E;Bleibt diese Vermittlung erfolglos,<lb/>
so kann lauf Antrag eines der Beteiligten die Angelegenheit durch ein verfassungs-<lb/>
ouiderndes Reichsgesetz -geregelt werden." Dieser Satz ist vom Staatenausschuß ge¬<lb/>
strichen worden!</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0156] vom Aufbau der Gewalten gegen den Willen der betreffenden Staaten regelt.') Das würde aber oben er¬ wähnten § 4 des Notgesetzes schnurstracks zuwiderlaufen! Hier ist nach wie vor die Achillesferse des konstitutionellen Neubaues., Das Problem: föderalistisch oder unitarM) wiederholt sich ja im inneren Organismus der Verfassung, hier ist es statt räumlich-extensiver dynamischer Natur. Dabei handelt es sich um die Machtstellung der emzelsta-aMchen Inter¬ essenvertretung' gegenüber, dem Parlamente des Gesamtvotkes. Staatssekretär Preuß hatte das föderalistische und das umtarische Element in Gestalt zweier „Häuser" des künftigen Reichstages zusammengefaßt. Dabei war also auch jeu:s, das er „Staatenhaus" nennt, auf parlamentarischer Grundlage gedacht, seine »ach freier Überzeugung stimmenden Mitglieder sollten von den Landtagen der deutschen Freistaaten aus der Mitte der Staatsangehörigen gewählt werden. Es sollte, ähnlich wie der amerikanische Senat, als gleichberechtigter Faktor der Gesetzgebung enden das „Voltshaus" treten. Außerdem jollien bei den einzelnen Reichsministerien aus den Vertretern der Freistaaten (d. h. ihrer Regierungen, nicht der Parlamente) sogenannte „Reichsräte" gebildet werden, deren Gutachten vor Einbringung der Gesetzesvorlagen beim Reichstag und vor dem Erlaß gesetz- ausführender Verwaltungsvorschriften vorgeschrieben wurde. Im „Gesetz über die vorläufige Reichsgewalt" gingen die föderalistischen Funktionen auf den uns schon bekannten „Staatenansschusz" über und sein Rechts¬ nachfolger wiederum ist der abermals umgetaufte „Reichsrat" des endgültigen Entwurfs. Die beiden letztgenannten sind wesentlich andere Figuren auf dem politischen Schachbrett. Wie wir wissen, hat schon der Staatenausschuß in seiner Zusammensetzung das Gepräge des alten Bundesrath. Vom Neichsrat sagt die endgülnge Verfassung ausdrücklich, daß in ihm die Gliedstaaten durch die Mit¬ glieder ihrer Regierung vertreten werden (Art. 21), woraus sich ergibt, daß wir es eben nicht mit einer Art Oberhaus, oder genauer gesagt, nicht nur damit zu tun haben. Denn bekanntlich versah der frühere Bundesrat, dieses verfassungs¬ rechtliche Chamäleon, unter anderem auch diese Funktion. Außerdem aber griff er ja durch seine Verwaltungsaufgaben in das legislative Gebiet über, und hier verläuft die zweite Parallele mit dem neuen Reichsrat, der nach Art. 18 „zur Vertretung der deutschen Gliedstaaten bei der Gesetzgebung und der Verwaltung" bestimmt ist. Man neigt neuerdings dazu, die Institution des Bundesrath mit weniger scheelen Blicken anzusehen, als es in den ersten Zeiten der Umwälzung der Fall wär. Es ist ja auch kein Zweifel, daß dieses eigentümliche föderalistische Organ im republikanischen Deutschland gleichsam automatisch eine andere Rolle spielen muß als im monarchischen bei preußischer Hegemonie. Findet man sich überhaupt mit der Tatsache des weiterlebenden Föderalismus ab, so ist seine Auswirkung in dieser Form nicht die schlechteste Lösung. Im Gegenteil, man kann, wie das von überzeugten Unitariern geschehen ist, getrost behaupten, daß in der Schaffung wirk¬ samer föderalistischer Einrichtungen, wie die Dinge heute liegen, das beste Vor¬ beugungsmittel gegen zentrifugale und separatistische Strömungen gefunden wird. Daß ober der Bundesrat ungleich föderalistischer wirkt, als etwa ein Staatenhaus, wo „nicht der Staat wie bei jenem, sondern das Individuum abstimmt", hat schon Bismarck am Beispiel des Erfurter Staatenhauses eindringlich nachgewiesen. Sachliche Argumente wirken überdies in der gleichen Richtung. Das Staatenhaus deckt die vorliegenden Bedürfnisse nicht. Dafür ist der Preuß'sche Entwurf der beste Beweis. Er eliminiert den Bundesrat als solchen, aber in seinen oben erwähnten „Reichsräten" leben wesentliche Funktionen des Bundesrath wieder auf, weil es eben ohne ein Organ für sie nicht geht. Die Neichsregierung bedarf der !)Der Art. 15 enthielt ursprünglich den Satz: „Bleibt diese Vermittlung erfolglos, so kann lauf Antrag eines der Beteiligten die Angelegenheit durch ein verfassungs- ouiderndes Reichsgesetz -geregelt werden." Dieser Satz ist vom Staatenausschuß ge¬ strichen worden!

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335181
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335181/156
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335181/156>, abgerufen am 05.02.2025.