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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Erstes Vierteljahr.

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Ueber die Zukunft Elsaß-Lothringens

Auch wenn man jetzt im Reiche selbst von der elsasz-lothringischen An¬
gelegenheit spricht, so findet man vielfach innige Sympathien für die neutrale
Autonomie. Dies ist durchaus loyal gedacht; die, welche so denken, meinen eben,
daß das Land dann doch wenigstens nicht französisch werde; daß der Rhein nicht
wieder die französische Grenze bleibe. Das ist gewiß richtig, und politisch wie
militärisch von ungemeiner Bedeutung. Aber auch diese "Autonomisten" denken
doch wohl nicht scharf genug, wenn sie mit leuchtenden Augen von dem Selbst¬
bestimmungsrecht des Neichslandes sprechen. Man muß die ganze Frage überaus
nüchtern betrachten.

Und kommt man. dann auch zu dem Schluß, daß unter obwaltenden Ver¬
hältnissen die neutrale Selbständigkeit noch das Beste wäre, so wird man dennoch
darüber sehr kühl zu urteilen haben. Und zwar gerade, wenn man, auch ohne
die sonstigen Verhältnisse, Stimmungen und Vorkommnisse im Lande vor dem
Krieg und während desselben genauer zu kennen, den Ton, auf den die Münchner
Autononnstenpartei gestimmt ist, d. h. völlige Ablehnung alles Deutschen, auf sich
wirken läßt.

Es gibt deutsch denkende Elsasser, welche in der Autonomie das Zukunfts¬
heil ihres Ländchens erblicken und große, deutsche Hoffnungen darauf setzen. Eben
diese aber müssen sich eingestehen, daß sie nicht einmal während des Friedens und auch
nicht während des Krieges unter dem Schutz der deutschen Bajonette ihre deutsche
Gesinnung offen oder doch unangefeindet kundtun durften. Das elsaß-lothringische
Volk ist, nicht zum mindesten durch den Landtag, so gänzlich an Deutschland vor-
beigeführt worden, so systematisch allem Deutschen als etwas Minderwertigem und
Widerlichem entfremdet worden, daß es von "deutsch" nun eben einmal einfach
zumeist nichts wissen will.

Es ist also gar nicht abzusehen, wie die deutsch gesinnten Elemente, selbst
wenn sie Heroen an Mut und Tatendurst wären, die Autononnstenpartei und ihre
Anschauungen und Gefühle überwinden sollten. Diese Autononnstenpartei wird, wenn
die Neutralität zustande kommen sollte, tonangebend im Lande sein. Um sie
werden sich auch jene geistigen Helden scharen, die im November 1918 deutsche
Denkmäler in Straßburg verwüsteten und schändeten, und deren Ehrfurcht
vor den deutschen Hochschullehrern sich darin kundtat, daß sie dieselben, als
sie ausgewiesen waren, an der Rheinbrücke auf das Pöbelhafteste insultierten.
So benahmen sich die elsatz-lothringischen Studenten, also die künftigen
Beamten und Arzte des Landes, die Angehörigen des von jeher politisch
als Inbegriff des Deutschenhasses anrüchigen cercle. Diese werden aber,
zusammen mit den Führern der heutigen Autonomistenpartei, sowie die Neu¬
tralität erreicht sein sollte, alles daran setzen, eine ebenso scharfe und selbst¬
herrliche Scheidelinie zwischen Deutschland und Elsaß-Lothringen, wie zwischen
Frankreich und Elsaß-Lothringen zu schaffen. Geistig werden sie zwar auch künftig
Frankreich in allem den Vorzug geben und Deutschland verachten. Aber An¬
lehnung werden sie, jedenfalls was das Oberelsaß betrifft, bei der Schweiz suchen,
in Lothringen vielleicht bei Luxemburg und Belgien. Diese Staaten schweben
ihnen ja als Muster vor.

Da vergessen nun die lieben Deutschen mit merkwürdiger Geschwindigkeit,
daß im Falle seiner Neutralität Elsaß-Lothringen volles Ausland geworden sein
wird! Man denkt da. das sei nicht so schlimm; das Elsaß und Lothringen stünden
uns dann noch so halb und halb zur Verfügung; man könne da geradesogut und
behaglich wohnen und leben, wie bisher. Man vergißt dabei die doch nur durch
die Pickelhaube mühsam unterdrückte, aber dennoch so unangenehm fühlbare
Gehässigkeit; und man denkt nicht an die "Gastrolle", die man den Eingewanderten
schon im deutschen Zeitraum nur widerwillig und feindselig zuwies und am liebsten
nicht zugestanden hätte. Der Deutsche ist merkwürdig geduldig und von überaus
kurzem Gedächtnis! Die Autonomisten werden, wenn sie durchdringen und sich
als Sieger fühlen, alles tun, um die Selbständigkeit in jeder Hinsicht zu betonen.
Das wird zunächst die Form von Kinderkrankheiten und Kinderunarten annehmen.


Ueber die Zukunft Elsaß-Lothringens

Auch wenn man jetzt im Reiche selbst von der elsasz-lothringischen An¬
gelegenheit spricht, so findet man vielfach innige Sympathien für die neutrale
Autonomie. Dies ist durchaus loyal gedacht; die, welche so denken, meinen eben,
daß das Land dann doch wenigstens nicht französisch werde; daß der Rhein nicht
wieder die französische Grenze bleibe. Das ist gewiß richtig, und politisch wie
militärisch von ungemeiner Bedeutung. Aber auch diese „Autonomisten" denken
doch wohl nicht scharf genug, wenn sie mit leuchtenden Augen von dem Selbst¬
bestimmungsrecht des Neichslandes sprechen. Man muß die ganze Frage überaus
nüchtern betrachten.

Und kommt man. dann auch zu dem Schluß, daß unter obwaltenden Ver¬
hältnissen die neutrale Selbständigkeit noch das Beste wäre, so wird man dennoch
darüber sehr kühl zu urteilen haben. Und zwar gerade, wenn man, auch ohne
die sonstigen Verhältnisse, Stimmungen und Vorkommnisse im Lande vor dem
Krieg und während desselben genauer zu kennen, den Ton, auf den die Münchner
Autononnstenpartei gestimmt ist, d. h. völlige Ablehnung alles Deutschen, auf sich
wirken läßt.

Es gibt deutsch denkende Elsasser, welche in der Autonomie das Zukunfts¬
heil ihres Ländchens erblicken und große, deutsche Hoffnungen darauf setzen. Eben
diese aber müssen sich eingestehen, daß sie nicht einmal während des Friedens und auch
nicht während des Krieges unter dem Schutz der deutschen Bajonette ihre deutsche
Gesinnung offen oder doch unangefeindet kundtun durften. Das elsaß-lothringische
Volk ist, nicht zum mindesten durch den Landtag, so gänzlich an Deutschland vor-
beigeführt worden, so systematisch allem Deutschen als etwas Minderwertigem und
Widerlichem entfremdet worden, daß es von „deutsch" nun eben einmal einfach
zumeist nichts wissen will.

Es ist also gar nicht abzusehen, wie die deutsch gesinnten Elemente, selbst
wenn sie Heroen an Mut und Tatendurst wären, die Autononnstenpartei und ihre
Anschauungen und Gefühle überwinden sollten. Diese Autononnstenpartei wird, wenn
die Neutralität zustande kommen sollte, tonangebend im Lande sein. Um sie
werden sich auch jene geistigen Helden scharen, die im November 1918 deutsche
Denkmäler in Straßburg verwüsteten und schändeten, und deren Ehrfurcht
vor den deutschen Hochschullehrern sich darin kundtat, daß sie dieselben, als
sie ausgewiesen waren, an der Rheinbrücke auf das Pöbelhafteste insultierten.
So benahmen sich die elsatz-lothringischen Studenten, also die künftigen
Beamten und Arzte des Landes, die Angehörigen des von jeher politisch
als Inbegriff des Deutschenhasses anrüchigen cercle. Diese werden aber,
zusammen mit den Führern der heutigen Autonomistenpartei, sowie die Neu¬
tralität erreicht sein sollte, alles daran setzen, eine ebenso scharfe und selbst¬
herrliche Scheidelinie zwischen Deutschland und Elsaß-Lothringen, wie zwischen
Frankreich und Elsaß-Lothringen zu schaffen. Geistig werden sie zwar auch künftig
Frankreich in allem den Vorzug geben und Deutschland verachten. Aber An¬
lehnung werden sie, jedenfalls was das Oberelsaß betrifft, bei der Schweiz suchen,
in Lothringen vielleicht bei Luxemburg und Belgien. Diese Staaten schweben
ihnen ja als Muster vor.

Da vergessen nun die lieben Deutschen mit merkwürdiger Geschwindigkeit,
daß im Falle seiner Neutralität Elsaß-Lothringen volles Ausland geworden sein
wird! Man denkt da. das sei nicht so schlimm; das Elsaß und Lothringen stünden
uns dann noch so halb und halb zur Verfügung; man könne da geradesogut und
behaglich wohnen und leben, wie bisher. Man vergißt dabei die doch nur durch
die Pickelhaube mühsam unterdrückte, aber dennoch so unangenehm fühlbare
Gehässigkeit; und man denkt nicht an die „Gastrolle", die man den Eingewanderten
schon im deutschen Zeitraum nur widerwillig und feindselig zuwies und am liebsten
nicht zugestanden hätte. Der Deutsche ist merkwürdig geduldig und von überaus
kurzem Gedächtnis! Die Autonomisten werden, wenn sie durchdringen und sich
als Sieger fühlen, alles tun, um die Selbständigkeit in jeder Hinsicht zu betonen.
Das wird zunächst die Form von Kinderkrankheiten und Kinderunarten annehmen.


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[0118] Ueber die Zukunft Elsaß-Lothringens Auch wenn man jetzt im Reiche selbst von der elsasz-lothringischen An¬ gelegenheit spricht, so findet man vielfach innige Sympathien für die neutrale Autonomie. Dies ist durchaus loyal gedacht; die, welche so denken, meinen eben, daß das Land dann doch wenigstens nicht französisch werde; daß der Rhein nicht wieder die französische Grenze bleibe. Das ist gewiß richtig, und politisch wie militärisch von ungemeiner Bedeutung. Aber auch diese „Autonomisten" denken doch wohl nicht scharf genug, wenn sie mit leuchtenden Augen von dem Selbst¬ bestimmungsrecht des Neichslandes sprechen. Man muß die ganze Frage überaus nüchtern betrachten. Und kommt man. dann auch zu dem Schluß, daß unter obwaltenden Ver¬ hältnissen die neutrale Selbständigkeit noch das Beste wäre, so wird man dennoch darüber sehr kühl zu urteilen haben. Und zwar gerade, wenn man, auch ohne die sonstigen Verhältnisse, Stimmungen und Vorkommnisse im Lande vor dem Krieg und während desselben genauer zu kennen, den Ton, auf den die Münchner Autononnstenpartei gestimmt ist, d. h. völlige Ablehnung alles Deutschen, auf sich wirken läßt. Es gibt deutsch denkende Elsasser, welche in der Autonomie das Zukunfts¬ heil ihres Ländchens erblicken und große, deutsche Hoffnungen darauf setzen. Eben diese aber müssen sich eingestehen, daß sie nicht einmal während des Friedens und auch nicht während des Krieges unter dem Schutz der deutschen Bajonette ihre deutsche Gesinnung offen oder doch unangefeindet kundtun durften. Das elsaß-lothringische Volk ist, nicht zum mindesten durch den Landtag, so gänzlich an Deutschland vor- beigeführt worden, so systematisch allem Deutschen als etwas Minderwertigem und Widerlichem entfremdet worden, daß es von „deutsch" nun eben einmal einfach zumeist nichts wissen will. Es ist also gar nicht abzusehen, wie die deutsch gesinnten Elemente, selbst wenn sie Heroen an Mut und Tatendurst wären, die Autononnstenpartei und ihre Anschauungen und Gefühle überwinden sollten. Diese Autononnstenpartei wird, wenn die Neutralität zustande kommen sollte, tonangebend im Lande sein. Um sie werden sich auch jene geistigen Helden scharen, die im November 1918 deutsche Denkmäler in Straßburg verwüsteten und schändeten, und deren Ehrfurcht vor den deutschen Hochschullehrern sich darin kundtat, daß sie dieselben, als sie ausgewiesen waren, an der Rheinbrücke auf das Pöbelhafteste insultierten. So benahmen sich die elsatz-lothringischen Studenten, also die künftigen Beamten und Arzte des Landes, die Angehörigen des von jeher politisch als Inbegriff des Deutschenhasses anrüchigen cercle. Diese werden aber, zusammen mit den Führern der heutigen Autonomistenpartei, sowie die Neu¬ tralität erreicht sein sollte, alles daran setzen, eine ebenso scharfe und selbst¬ herrliche Scheidelinie zwischen Deutschland und Elsaß-Lothringen, wie zwischen Frankreich und Elsaß-Lothringen zu schaffen. Geistig werden sie zwar auch künftig Frankreich in allem den Vorzug geben und Deutschland verachten. Aber An¬ lehnung werden sie, jedenfalls was das Oberelsaß betrifft, bei der Schweiz suchen, in Lothringen vielleicht bei Luxemburg und Belgien. Diese Staaten schweben ihnen ja als Muster vor. Da vergessen nun die lieben Deutschen mit merkwürdiger Geschwindigkeit, daß im Falle seiner Neutralität Elsaß-Lothringen volles Ausland geworden sein wird! Man denkt da. das sei nicht so schlimm; das Elsaß und Lothringen stünden uns dann noch so halb und halb zur Verfügung; man könne da geradesogut und behaglich wohnen und leben, wie bisher. Man vergißt dabei die doch nur durch die Pickelhaube mühsam unterdrückte, aber dennoch so unangenehm fühlbare Gehässigkeit; und man denkt nicht an die „Gastrolle", die man den Eingewanderten schon im deutschen Zeitraum nur widerwillig und feindselig zuwies und am liebsten nicht zugestanden hätte. Der Deutsche ist merkwürdig geduldig und von überaus kurzem Gedächtnis! Die Autonomisten werden, wenn sie durchdringen und sich als Sieger fühlen, alles tun, um die Selbständigkeit in jeder Hinsicht zu betonen. Das wird zunächst die Form von Kinderkrankheiten und Kinderunarten annehmen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335181/118>, abgerufen am 05.02.2025.