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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Viertes Vierteljahr.

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Völkerbund und "euer Weltkrieg

Darüber, daß die sittliche Entrüstung über den uneingeschränkten Untersee-
bootkrieg nicht der Grund war, ist kein Wort weiter zu verlieren. Hätte Deutsch¬
land zum zweiten Male aus dieses Kampfmittel verzichtet, so wäre dadurch der
Eintritt der Vereinigten Staaten in den Weltkrieg nicht vermieden worden, eS
hätte sich dann aber irgendein anderer Anlaß finden müssen.

Der Umstand, daß Amerika mit Kriegslieferungen soviel Geld in daS
Entente-Unternehmen gesteckt hatte, war schon von größerer Bedeutung. Amerika
konnte deshalb die vollständige Niederlage der Entente nicht dulden, obgleich die
Niederlage noch nicht ohne weitere" die Zahlungsunfähigkeit nach sich gezogen
hätte. Hier hätte vielleicht die anfang" so ersehnte schied"richterliche Stellung
beim Friedensschlüsse ausgereicht.

Allein der entscheidende Grund war der künftige Krieg mit Japan, dessen
Wolken schon lange drohend am Himmel stehen.

Einmal verpflichteten die Vereinigten Staaten durch ihre Kriegsbeteiligung
sich England zu Dank. Sie dürften künftig auf Gegenleistungen hoffen, freilich
nicht um der politischen Dankbarkeit willen, die nicht zu den irdischen Tugenden
gehört, sondern wegen der eigenen englischen Interessen.

Vor allem aber gab die Teilnahme am Weltkriege den Vereinigten Staaten
die Rechtfertigung zu einer gewaltigen Heeresrüstung, die sie sonst nicht unbehindert
von ihrem Gegner hätten durchführen können und zu einer kriegerischen Aus-
bildung dieses Heeres. Amerika hatte sich zwar eine bedeutende Kriegsflotte zu¬
gelegt, aber es war zu Lande fast wehrlos. Wie sollte es bei der Gegnerschaft
der Demokratie gegen den Militarismus die plötzliche Aufstellung eine" Millionen¬
heeres rechtfertigen? Japan hätte auch nie abgewartet, bis Amerika mit seiner
Rüstung fertig gewesen wäre. Hier bot die. Teilnahme am Weltkriege im Bunde
mit Japan alles, waS man bedürfte. Amerika wird am Schlüsse des Weltkrieges
über ein Millionenheer in allerbester Ausrüstung verfügen.

Andererseits hat Japan allen Verlockungen, sein Heer auf den europäischen
Kriegsschauplatz zu schicken und damit aus der Hand zu geben, klug widerstanden.
Die Gegenleistungen, die ihm dafür geboten wurden, europäische Besitzungen in
Hinter-Asien, kann es ohnehin jeden Augenblick haben, wenn es nur will. Mit
der Einnahme Tsingtaus war die Teilnahme Japans am Kriege im wesentlichen
beendigt. Dagegen rüstet Japan bis aufs Messer, hat noch neuerdings sein Land¬
heer ganz erheblich vermehrt. Gegen wen? Ganz gewiß nicht zum Eingreifen
in den europäischen Krieg. Und für seine weiteren hinterasiatischen Pläne war
seine bisherige Wehrmacht mehr als ausreichend.

Amerika und Japan tun beide dasselbe, nur jede der beiden Mächte auf
ihre besondere Art.

Damit spitzen sich die Gegensätze von selbst zu, so daß sich der Ausbruch des
neuen Weltkrieges im Anschlusse an die Beendigung des alten mit fast mathematischer
Genauigkeit berechnen läßt.

Das japanische Interesse verbietet es, in den europäischen Krieg einzugreifen
oder auch andererseits während dessen Dauer den Krieg mit seinem bisherigen
amerikanischen Bundesgenossen zu beginnen. Insofern war trotz der Interessen¬
gemeinschaft, die sich über kurz oder lang zwischen Deutschland und Japan heraus¬
stellen wird, der Anbiederungsversuch unserer Diplomatie über Mexiko mit Japan
nicht nur äußerlich verfrüht, sondern auch innerlich verfehlt. Die klugen Japaner
hüten sich selbstverständlich, für uns die Kastanien aus dem Feuer zu holen. Japan
-hat das größte Interesse daran, daß der europäische Krieg recht lange dauert, und
Amerika möglichst viele Truppen über den Atlantischen Ozean schickt. Es darf aber
andererseits nicht abwarten, bis diese Truppen nach Amerika zurückkehren, sondern
muß sofort mit Beendigung des europäischen Krieges gegen Amerika losschlagen.

Andererseits hat aber auch Amerika keine Zeit zum Warten. Es wird mit
Beendigung des europäischen Krieges ein vortrefflich ausgerüstetes und kriegsgeübtes
Millionenheer besitzen. Dieses kann es aber nicht unbeschränkte Zeit unter Waffen
halten, zumal wenn es anderen Bekämpfung des Militarismus und Abrüstung


Völkerbund und «euer Weltkrieg

Darüber, daß die sittliche Entrüstung über den uneingeschränkten Untersee-
bootkrieg nicht der Grund war, ist kein Wort weiter zu verlieren. Hätte Deutsch¬
land zum zweiten Male aus dieses Kampfmittel verzichtet, so wäre dadurch der
Eintritt der Vereinigten Staaten in den Weltkrieg nicht vermieden worden, eS
hätte sich dann aber irgendein anderer Anlaß finden müssen.

Der Umstand, daß Amerika mit Kriegslieferungen soviel Geld in daS
Entente-Unternehmen gesteckt hatte, war schon von größerer Bedeutung. Amerika
konnte deshalb die vollständige Niederlage der Entente nicht dulden, obgleich die
Niederlage noch nicht ohne weitere» die Zahlungsunfähigkeit nach sich gezogen
hätte. Hier hätte vielleicht die anfang» so ersehnte schied»richterliche Stellung
beim Friedensschlüsse ausgereicht.

Allein der entscheidende Grund war der künftige Krieg mit Japan, dessen
Wolken schon lange drohend am Himmel stehen.

Einmal verpflichteten die Vereinigten Staaten durch ihre Kriegsbeteiligung
sich England zu Dank. Sie dürften künftig auf Gegenleistungen hoffen, freilich
nicht um der politischen Dankbarkeit willen, die nicht zu den irdischen Tugenden
gehört, sondern wegen der eigenen englischen Interessen.

Vor allem aber gab die Teilnahme am Weltkriege den Vereinigten Staaten
die Rechtfertigung zu einer gewaltigen Heeresrüstung, die sie sonst nicht unbehindert
von ihrem Gegner hätten durchführen können und zu einer kriegerischen Aus-
bildung dieses Heeres. Amerika hatte sich zwar eine bedeutende Kriegsflotte zu¬
gelegt, aber es war zu Lande fast wehrlos. Wie sollte es bei der Gegnerschaft
der Demokratie gegen den Militarismus die plötzliche Aufstellung eine» Millionen¬
heeres rechtfertigen? Japan hätte auch nie abgewartet, bis Amerika mit seiner
Rüstung fertig gewesen wäre. Hier bot die. Teilnahme am Weltkriege im Bunde
mit Japan alles, waS man bedürfte. Amerika wird am Schlüsse des Weltkrieges
über ein Millionenheer in allerbester Ausrüstung verfügen.

Andererseits hat Japan allen Verlockungen, sein Heer auf den europäischen
Kriegsschauplatz zu schicken und damit aus der Hand zu geben, klug widerstanden.
Die Gegenleistungen, die ihm dafür geboten wurden, europäische Besitzungen in
Hinter-Asien, kann es ohnehin jeden Augenblick haben, wenn es nur will. Mit
der Einnahme Tsingtaus war die Teilnahme Japans am Kriege im wesentlichen
beendigt. Dagegen rüstet Japan bis aufs Messer, hat noch neuerdings sein Land¬
heer ganz erheblich vermehrt. Gegen wen? Ganz gewiß nicht zum Eingreifen
in den europäischen Krieg. Und für seine weiteren hinterasiatischen Pläne war
seine bisherige Wehrmacht mehr als ausreichend.

Amerika und Japan tun beide dasselbe, nur jede der beiden Mächte auf
ihre besondere Art.

Damit spitzen sich die Gegensätze von selbst zu, so daß sich der Ausbruch des
neuen Weltkrieges im Anschlusse an die Beendigung des alten mit fast mathematischer
Genauigkeit berechnen läßt.

Das japanische Interesse verbietet es, in den europäischen Krieg einzugreifen
oder auch andererseits während dessen Dauer den Krieg mit seinem bisherigen
amerikanischen Bundesgenossen zu beginnen. Insofern war trotz der Interessen¬
gemeinschaft, die sich über kurz oder lang zwischen Deutschland und Japan heraus¬
stellen wird, der Anbiederungsversuch unserer Diplomatie über Mexiko mit Japan
nicht nur äußerlich verfrüht, sondern auch innerlich verfehlt. Die klugen Japaner
hüten sich selbstverständlich, für uns die Kastanien aus dem Feuer zu holen. Japan
-hat das größte Interesse daran, daß der europäische Krieg recht lange dauert, und
Amerika möglichst viele Truppen über den Atlantischen Ozean schickt. Es darf aber
andererseits nicht abwarten, bis diese Truppen nach Amerika zurückkehren, sondern
muß sofort mit Beendigung des europäischen Krieges gegen Amerika losschlagen.

Andererseits hat aber auch Amerika keine Zeit zum Warten. Es wird mit
Beendigung des europäischen Krieges ein vortrefflich ausgerüstetes und kriegsgeübtes
Millionenheer besitzen. Dieses kann es aber nicht unbeschränkte Zeit unter Waffen
halten, zumal wenn es anderen Bekämpfung des Militarismus und Abrüstung


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[0071] Völkerbund und «euer Weltkrieg Darüber, daß die sittliche Entrüstung über den uneingeschränkten Untersee- bootkrieg nicht der Grund war, ist kein Wort weiter zu verlieren. Hätte Deutsch¬ land zum zweiten Male aus dieses Kampfmittel verzichtet, so wäre dadurch der Eintritt der Vereinigten Staaten in den Weltkrieg nicht vermieden worden, eS hätte sich dann aber irgendein anderer Anlaß finden müssen. Der Umstand, daß Amerika mit Kriegslieferungen soviel Geld in daS Entente-Unternehmen gesteckt hatte, war schon von größerer Bedeutung. Amerika konnte deshalb die vollständige Niederlage der Entente nicht dulden, obgleich die Niederlage noch nicht ohne weitere» die Zahlungsunfähigkeit nach sich gezogen hätte. Hier hätte vielleicht die anfang» so ersehnte schied»richterliche Stellung beim Friedensschlüsse ausgereicht. Allein der entscheidende Grund war der künftige Krieg mit Japan, dessen Wolken schon lange drohend am Himmel stehen. Einmal verpflichteten die Vereinigten Staaten durch ihre Kriegsbeteiligung sich England zu Dank. Sie dürften künftig auf Gegenleistungen hoffen, freilich nicht um der politischen Dankbarkeit willen, die nicht zu den irdischen Tugenden gehört, sondern wegen der eigenen englischen Interessen. Vor allem aber gab die Teilnahme am Weltkriege den Vereinigten Staaten die Rechtfertigung zu einer gewaltigen Heeresrüstung, die sie sonst nicht unbehindert von ihrem Gegner hätten durchführen können und zu einer kriegerischen Aus- bildung dieses Heeres. Amerika hatte sich zwar eine bedeutende Kriegsflotte zu¬ gelegt, aber es war zu Lande fast wehrlos. Wie sollte es bei der Gegnerschaft der Demokratie gegen den Militarismus die plötzliche Aufstellung eine» Millionen¬ heeres rechtfertigen? Japan hätte auch nie abgewartet, bis Amerika mit seiner Rüstung fertig gewesen wäre. Hier bot die. Teilnahme am Weltkriege im Bunde mit Japan alles, waS man bedürfte. Amerika wird am Schlüsse des Weltkrieges über ein Millionenheer in allerbester Ausrüstung verfügen. Andererseits hat Japan allen Verlockungen, sein Heer auf den europäischen Kriegsschauplatz zu schicken und damit aus der Hand zu geben, klug widerstanden. Die Gegenleistungen, die ihm dafür geboten wurden, europäische Besitzungen in Hinter-Asien, kann es ohnehin jeden Augenblick haben, wenn es nur will. Mit der Einnahme Tsingtaus war die Teilnahme Japans am Kriege im wesentlichen beendigt. Dagegen rüstet Japan bis aufs Messer, hat noch neuerdings sein Land¬ heer ganz erheblich vermehrt. Gegen wen? Ganz gewiß nicht zum Eingreifen in den europäischen Krieg. Und für seine weiteren hinterasiatischen Pläne war seine bisherige Wehrmacht mehr als ausreichend. Amerika und Japan tun beide dasselbe, nur jede der beiden Mächte auf ihre besondere Art. Damit spitzen sich die Gegensätze von selbst zu, so daß sich der Ausbruch des neuen Weltkrieges im Anschlusse an die Beendigung des alten mit fast mathematischer Genauigkeit berechnen läßt. Das japanische Interesse verbietet es, in den europäischen Krieg einzugreifen oder auch andererseits während dessen Dauer den Krieg mit seinem bisherigen amerikanischen Bundesgenossen zu beginnen. Insofern war trotz der Interessen¬ gemeinschaft, die sich über kurz oder lang zwischen Deutschland und Japan heraus¬ stellen wird, der Anbiederungsversuch unserer Diplomatie über Mexiko mit Japan nicht nur äußerlich verfrüht, sondern auch innerlich verfehlt. Die klugen Japaner hüten sich selbstverständlich, für uns die Kastanien aus dem Feuer zu holen. Japan -hat das größte Interesse daran, daß der europäische Krieg recht lange dauert, und Amerika möglichst viele Truppen über den Atlantischen Ozean schickt. Es darf aber andererseits nicht abwarten, bis diese Truppen nach Amerika zurückkehren, sondern muß sofort mit Beendigung des europäischen Krieges gegen Amerika losschlagen. Andererseits hat aber auch Amerika keine Zeit zum Warten. Es wird mit Beendigung des europäischen Krieges ein vortrefflich ausgerüstetes und kriegsgeübtes Millionenheer besitzen. Dieses kann es aber nicht unbeschränkte Zeit unter Waffen halten, zumal wenn es anderen Bekämpfung des Militarismus und Abrüstung

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_88238/71>, abgerufen am 22.07.2024.