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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Viertes Vierteljahr.

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"In tausend Zungen"

zerstört worden und Napoleon regierte noch heute über die Welt; niemals wird
Großbritannien auf den Meeren ein anderes Gesetz anerkennen, als die
allgemeinen Regeln des .Völkerrechts". Wie die Dinge standen, Jnger andere
Fragen für jetzt den drei Festlandsmächten ungleich näher; zudem bedurften sie
allesamt neuer Geldmittel für den Krieg, und der reiche Alliierte war bereit,
abermals fünf Millionen Pfund Sterling Subsidien zu zahlen. Daher setzte
England schon in der ersten Sitzung, am ö. Februar, durch, daß über die
Angelegenheit des Seerechts nicht verhandelt werden dürfe. Coulaincourt wider¬
sprach nicht; auch er hatte dringendere Sorgen. So ist es geschehen, daß der
aulste Fleck des modernen Völkerrechts während der langen Friedens-
verhandlungen zu.Chatiyon, Paris und Wien gar nicht berührt wurde. Die
öffentliche Meinung, blind begeistert, wie sie war sür das glorreiche Albion, fand
an alledem kein Arg."

Nun, die öffentliche Meinung war vielleicht auch aus einem anderen
Grunde so indifferent: sie mochte instinktiv fühlen, daß England, so lange es die
Macht dazu hat, jedes Völkerrecht anerkennt, verwirft oder auslegt, wie es ihm
im jeweiligen Falle am passendsten dünkt, wie es sich jetzt, genau hundert Jahre
nach jenen Verhandlungen wiederum gezeigt hat.

Diesmal aber fand England Deutschland auf seinem Wege, und wie
damals gegen Frankreich die .Koalition Europas, so gelang ihm jetzt die Koalition
der Welt gegen Deutschland. Deutschland aber suchte nicht nur Rohstoffe für
seine wachsende Industrie, sondern auch Land für seine wachsende Bevölkerung
neben einer die eigene Erzeugung ergänzenden Zufuhr an Nahrungsmitteln.
Die "Kolonisation" Englands hatte einen anderen Sinn. England hätte seine
Bevölkerung bis zum letzten Manne festgehalten und in seine Industrie hinein¬
gesteckt, wenn es sie hätte ausgiebig ernähren können. Das letzte wäre nur
möglich gewesen, wenn es nicht nur möglichst konkurrenzloser Herr der Rohstoffe
in der Welt blieb, sondern wenn seine .Kolonien ihm auch die nötigen Nahrungs¬
mittel in sicherer und ausreichender Fülle dargereicht hätten. Da aber erkannte
man Englands schwache Seite, und so trat man mit sehr unbequemen Gegen¬
forderungen an England heran. So wuchs auf der einen Seite die Auswanderung
aus England, was feine Bevölkerung schwächte, seiner Industrie die erwünschte,
den Arbeitslohn einschränkende Reservearmee entzog, und auf der anderen Weite
stiegen die Kolonien durch Schöpfung einer eigenen Industrie zu immer größerer
Selbständigkeit empor. Nachdem England also die eine Quelle zur steten
Erneuerung seines Volkes durch den Raubbau am eigenen Bauerntum erschöpft
hatte, begann nun auch die andere, der Zustrom starker Elemente aus seinen
Kolonien, zu versiegen. Damit wurde es in seiner äußeren Politik mehr und
mehr von den Forderungen und der Haltung der Kolonien bestimmt, während
auf seine innere Politik die "Bodenlosen" -- sagen wir im Hinweis auf unsere
früheren Darlegungen kurz --, die Klassen der geistigen und körperlichen Arbeit
mit ihren hundert verschiedenen Strebungen vollen Einfluß gewannen.

In der gleichen Zeit aber vermochte Preußen-Deutschland durch energische,
Aufnahme der Sozialpolitik die Strebungen der Lohnarbeiter in das ruhigere
Fahrwasser ernster und strenger Organisation zu leiten; die Macht der land¬
bauenden Bevölkerung erwies sich noch stark genug, den Extravaganzen der
Bodenlosen beider Kategorien zu widerstehen und sie zur Mitarbeit entweder an
der Erhaltung und Entwicklung der staatlichen Ordnung zu erziehen oder
wenigstens ihrer Opposition den Stempel der Karikatur westeuropäischer Theorie"
auszudrücken.

Sichtbar -- das glaube ich nun schließen zu dürfen -- ward der allgemeinere
Nenner, unter dem die Gegenbestrebungen in und außer Deutschland zusammen¬
zufassen sind. Die Bodenlosen drängen zur Herrschaft. Es sind ein Teil der
wirtschaftlich zu kurz gekommenen Bevölkerungsklassen, deren Einkommen aus
geistiger Arbeit fließt, und neben ihnen vor allem die Massen, deren Einkommen
rein körperlicher Arbeit entstammt. Die Herrschaft dieser Einseitigkeiten würde
dem Lande und Volke zu ungeheuerem Schaden gereichen, da sie, wie cmderKwo,


„In tausend Zungen"

zerstört worden und Napoleon regierte noch heute über die Welt; niemals wird
Großbritannien auf den Meeren ein anderes Gesetz anerkennen, als die
allgemeinen Regeln des .Völkerrechts". Wie die Dinge standen, Jnger andere
Fragen für jetzt den drei Festlandsmächten ungleich näher; zudem bedurften sie
allesamt neuer Geldmittel für den Krieg, und der reiche Alliierte war bereit,
abermals fünf Millionen Pfund Sterling Subsidien zu zahlen. Daher setzte
England schon in der ersten Sitzung, am ö. Februar, durch, daß über die
Angelegenheit des Seerechts nicht verhandelt werden dürfe. Coulaincourt wider¬
sprach nicht; auch er hatte dringendere Sorgen. So ist es geschehen, daß der
aulste Fleck des modernen Völkerrechts während der langen Friedens-
verhandlungen zu.Chatiyon, Paris und Wien gar nicht berührt wurde. Die
öffentliche Meinung, blind begeistert, wie sie war sür das glorreiche Albion, fand
an alledem kein Arg."

Nun, die öffentliche Meinung war vielleicht auch aus einem anderen
Grunde so indifferent: sie mochte instinktiv fühlen, daß England, so lange es die
Macht dazu hat, jedes Völkerrecht anerkennt, verwirft oder auslegt, wie es ihm
im jeweiligen Falle am passendsten dünkt, wie es sich jetzt, genau hundert Jahre
nach jenen Verhandlungen wiederum gezeigt hat.

Diesmal aber fand England Deutschland auf seinem Wege, und wie
damals gegen Frankreich die .Koalition Europas, so gelang ihm jetzt die Koalition
der Welt gegen Deutschland. Deutschland aber suchte nicht nur Rohstoffe für
seine wachsende Industrie, sondern auch Land für seine wachsende Bevölkerung
neben einer die eigene Erzeugung ergänzenden Zufuhr an Nahrungsmitteln.
Die „Kolonisation" Englands hatte einen anderen Sinn. England hätte seine
Bevölkerung bis zum letzten Manne festgehalten und in seine Industrie hinein¬
gesteckt, wenn es sie hätte ausgiebig ernähren können. Das letzte wäre nur
möglich gewesen, wenn es nicht nur möglichst konkurrenzloser Herr der Rohstoffe
in der Welt blieb, sondern wenn seine .Kolonien ihm auch die nötigen Nahrungs¬
mittel in sicherer und ausreichender Fülle dargereicht hätten. Da aber erkannte
man Englands schwache Seite, und so trat man mit sehr unbequemen Gegen¬
forderungen an England heran. So wuchs auf der einen Seite die Auswanderung
aus England, was feine Bevölkerung schwächte, seiner Industrie die erwünschte,
den Arbeitslohn einschränkende Reservearmee entzog, und auf der anderen Weite
stiegen die Kolonien durch Schöpfung einer eigenen Industrie zu immer größerer
Selbständigkeit empor. Nachdem England also die eine Quelle zur steten
Erneuerung seines Volkes durch den Raubbau am eigenen Bauerntum erschöpft
hatte, begann nun auch die andere, der Zustrom starker Elemente aus seinen
Kolonien, zu versiegen. Damit wurde es in seiner äußeren Politik mehr und
mehr von den Forderungen und der Haltung der Kolonien bestimmt, während
auf seine innere Politik die „Bodenlosen" — sagen wir im Hinweis auf unsere
früheren Darlegungen kurz —, die Klassen der geistigen und körperlichen Arbeit
mit ihren hundert verschiedenen Strebungen vollen Einfluß gewannen.

In der gleichen Zeit aber vermochte Preußen-Deutschland durch energische,
Aufnahme der Sozialpolitik die Strebungen der Lohnarbeiter in das ruhigere
Fahrwasser ernster und strenger Organisation zu leiten; die Macht der land¬
bauenden Bevölkerung erwies sich noch stark genug, den Extravaganzen der
Bodenlosen beider Kategorien zu widerstehen und sie zur Mitarbeit entweder an
der Erhaltung und Entwicklung der staatlichen Ordnung zu erziehen oder
wenigstens ihrer Opposition den Stempel der Karikatur westeuropäischer Theorie«
auszudrücken.

Sichtbar — das glaube ich nun schließen zu dürfen — ward der allgemeinere
Nenner, unter dem die Gegenbestrebungen in und außer Deutschland zusammen¬
zufassen sind. Die Bodenlosen drängen zur Herrschaft. Es sind ein Teil der
wirtschaftlich zu kurz gekommenen Bevölkerungsklassen, deren Einkommen aus
geistiger Arbeit fließt, und neben ihnen vor allem die Massen, deren Einkommen
rein körperlicher Arbeit entstammt. Die Herrschaft dieser Einseitigkeiten würde
dem Lande und Volke zu ungeheuerem Schaden gereichen, da sie, wie cmderKwo,


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[0024] „In tausend Zungen" zerstört worden und Napoleon regierte noch heute über die Welt; niemals wird Großbritannien auf den Meeren ein anderes Gesetz anerkennen, als die allgemeinen Regeln des .Völkerrechts". Wie die Dinge standen, Jnger andere Fragen für jetzt den drei Festlandsmächten ungleich näher; zudem bedurften sie allesamt neuer Geldmittel für den Krieg, und der reiche Alliierte war bereit, abermals fünf Millionen Pfund Sterling Subsidien zu zahlen. Daher setzte England schon in der ersten Sitzung, am ö. Februar, durch, daß über die Angelegenheit des Seerechts nicht verhandelt werden dürfe. Coulaincourt wider¬ sprach nicht; auch er hatte dringendere Sorgen. So ist es geschehen, daß der aulste Fleck des modernen Völkerrechts während der langen Friedens- verhandlungen zu.Chatiyon, Paris und Wien gar nicht berührt wurde. Die öffentliche Meinung, blind begeistert, wie sie war sür das glorreiche Albion, fand an alledem kein Arg." Nun, die öffentliche Meinung war vielleicht auch aus einem anderen Grunde so indifferent: sie mochte instinktiv fühlen, daß England, so lange es die Macht dazu hat, jedes Völkerrecht anerkennt, verwirft oder auslegt, wie es ihm im jeweiligen Falle am passendsten dünkt, wie es sich jetzt, genau hundert Jahre nach jenen Verhandlungen wiederum gezeigt hat. Diesmal aber fand England Deutschland auf seinem Wege, und wie damals gegen Frankreich die .Koalition Europas, so gelang ihm jetzt die Koalition der Welt gegen Deutschland. Deutschland aber suchte nicht nur Rohstoffe für seine wachsende Industrie, sondern auch Land für seine wachsende Bevölkerung neben einer die eigene Erzeugung ergänzenden Zufuhr an Nahrungsmitteln. Die „Kolonisation" Englands hatte einen anderen Sinn. England hätte seine Bevölkerung bis zum letzten Manne festgehalten und in seine Industrie hinein¬ gesteckt, wenn es sie hätte ausgiebig ernähren können. Das letzte wäre nur möglich gewesen, wenn es nicht nur möglichst konkurrenzloser Herr der Rohstoffe in der Welt blieb, sondern wenn seine .Kolonien ihm auch die nötigen Nahrungs¬ mittel in sicherer und ausreichender Fülle dargereicht hätten. Da aber erkannte man Englands schwache Seite, und so trat man mit sehr unbequemen Gegen¬ forderungen an England heran. So wuchs auf der einen Seite die Auswanderung aus England, was feine Bevölkerung schwächte, seiner Industrie die erwünschte, den Arbeitslohn einschränkende Reservearmee entzog, und auf der anderen Weite stiegen die Kolonien durch Schöpfung einer eigenen Industrie zu immer größerer Selbständigkeit empor. Nachdem England also die eine Quelle zur steten Erneuerung seines Volkes durch den Raubbau am eigenen Bauerntum erschöpft hatte, begann nun auch die andere, der Zustrom starker Elemente aus seinen Kolonien, zu versiegen. Damit wurde es in seiner äußeren Politik mehr und mehr von den Forderungen und der Haltung der Kolonien bestimmt, während auf seine innere Politik die „Bodenlosen" — sagen wir im Hinweis auf unsere früheren Darlegungen kurz —, die Klassen der geistigen und körperlichen Arbeit mit ihren hundert verschiedenen Strebungen vollen Einfluß gewannen. In der gleichen Zeit aber vermochte Preußen-Deutschland durch energische, Aufnahme der Sozialpolitik die Strebungen der Lohnarbeiter in das ruhigere Fahrwasser ernster und strenger Organisation zu leiten; die Macht der land¬ bauenden Bevölkerung erwies sich noch stark genug, den Extravaganzen der Bodenlosen beider Kategorien zu widerstehen und sie zur Mitarbeit entweder an der Erhaltung und Entwicklung der staatlichen Ordnung zu erziehen oder wenigstens ihrer Opposition den Stempel der Karikatur westeuropäischer Theorie« auszudrücken. Sichtbar — das glaube ich nun schließen zu dürfen — ward der allgemeinere Nenner, unter dem die Gegenbestrebungen in und außer Deutschland zusammen¬ zufassen sind. Die Bodenlosen drängen zur Herrschaft. Es sind ein Teil der wirtschaftlich zu kurz gekommenen Bevölkerungsklassen, deren Einkommen aus geistiger Arbeit fließt, und neben ihnen vor allem die Massen, deren Einkommen rein körperlicher Arbeit entstammt. Die Herrschaft dieser Einseitigkeiten würde dem Lande und Volke zu ungeheuerem Schaden gereichen, da sie, wie cmderKwo,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_88238/24>, abgerufen am 24.11.2024.