Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Viertes Vierteljahr.Deutsches Bibliothekswesen im Weltkrieg Bibliothekare, Bohsen, bei der Einweihungsfeier am 2. September 1916 über¬ Unter den Neueinrichtungen, die während des Krieges zur Förderung deS Auch die Stadtbibliothek Hamburg will sich der Pflege des Auslands¬ Für das laufende Betriebsjahr 1918/19 ist an der Königlichen Bibliothek Deutsches Bibliothekswesen im Weltkrieg Bibliothekare, Bohsen, bei der Einweihungsfeier am 2. September 1916 über¬ Unter den Neueinrichtungen, die während des Krieges zur Förderung deS Auch die Stadtbibliothek Hamburg will sich der Pflege des Auslands¬ Für das laufende Betriebsjahr 1918/19 ist an der Königlichen Bibliothek <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0223" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/88461"/> <fw type="header" place="top"> Deutsches Bibliothekswesen im Weltkrieg</fw><lb/> <p xml:id="ID_932" prev="#ID_931"> Bibliothekare, Bohsen, bei der Einweihungsfeier am 2. September 1916 über¬<lb/> reichte, sind Wesen und Aufgabe der neuen, in einem modernen, künstlerisch und<lb/> technisch gleich hervorragenden Gebäude untergebrachten Anstalt mit den Worten<lb/> gekennzeichnet: „Die Teutsche Bücherei ist im Kreise der deutschen Bibliotheken<lb/> eine neue, eigenartige, von allen bestehenden wesentlich abweichende Schöpfung.<lb/> Sie soll in erster Linie eine lückenlose Sammlung aller in Deutschland oder in<lb/> deutscher Sprache seit Beginn des Jahres 1913 erscheinenden Druckschriften —<lb/> mit Ausschluß der Tageszeitungen — und mithin ein vollständiges Archiv deS<lb/> Buchhandels von dieser Zeit ab sein, ein Abbild des bedeutenden Wirkens des<lb/> deutschen Verlags und Buchdrucks." Gelingt der Deutschen Bücherei diese Auf¬<lb/> gabe, so werden sich die Worte bewahrheiten, womit am selben Tage der der¬<lb/> zeitige Direktor der Deutschen Bücherei, Wahl, seine Rede beschloß: „Wissen¬<lb/> schaft und Bildung, Buchhandel, Bibliographie und Presse werden die segen¬<lb/> spendende Kraft dieser neuen Pflanzstätte deutschen Geisteslebens erfahren, die<lb/> in einer Zeit eröffnet wird, da andere Kulturländer, wie England, des Krieges<lb/> wegen ihre Sammlungen .schließen; fürwahr ein Zeichen von deutscher Kraft<lb/> und deutschem Idealismus."</p><lb/> <p xml:id="ID_933"> Unter den Neueinrichtungen, die während des Krieges zur Förderung deS<lb/> deutschen Bibliothekswesens von den Regierungen der Bundesstaaten getrosten<lb/> worden sind, verdient die „Errichtung einer Zentrale für Volksbücherei" beson¬<lb/> dere Hervorhebung. Von dieser durch Paul Ladewig, den rührigen Vorkämpfer<lb/> des deutschen volkstümlichen Bibliothekswesens, geleiteten Stelle aus werden<lb/> unsere Vottichiblioch'ten duich Veröfs nttichungin, V»nraae, Kur>e reiche Ämegung<lb/> erfahren. Andere Maßnahmen wie der vom 16. März 1916 datierte Erlaß des<lb/> preußischen Kultusministers über die „Neuordnung der Diplomprüfung für den<lb/> mittleren Bibliotheksdienst", ferner die in Leipzig begründete „Fachschule für<lb/> Bibliotheks- und Museumsbeamte" und die vom sächsischen Kultusministerium<lb/> erlassenen „Prüfungsordnungen für das Bibliothekswesen" können hier nur vor¬<lb/> übergehend erwähnt werden. Dagegen bedarf die von den Regierungen der<lb/> Bundesstaaten geplante, zum Teil schon mit allem Nachdruck verwirklichte Förde¬<lb/> rung der Auslandsstudien eingehender Würdigung, weil diese Ma߬<lb/> nahme auch für das Bibliothekswesen einschneidende, weit in die Zukunft<lb/> wirkende Folgen nach sich ziehen wird. In Preußen ist für 1917/18 ein Teil-<lb/> betvag von 3V 090 Mark zur Beschaffung von Literatur der Balkanstaaten und<lb/> des türkischen Orients in den Haushalt eingestellt, und bei der Königlichen<lb/> Bibliothek sind zugleich im Interesse der Universitäts-Bibliotheken 10 000 Mark<lb/> zur Heranziehung von sprach-, sach- und ortskundigen Personen für den Erwerb<lb/> ostlcindischer Literatur.ausgeworfen. In Bayern wurde die Hof- und Staats¬<lb/> bibliothek in München mit der Aufgabe betraut, das Rüstzeug für die Auslands¬<lb/> studien bereitzustellen, und zwar soll hier das Hauptaugenmerk auf den Südosten<lb/> gelenkt werden. Die Hof- und Staatsbibliothek verfügt ja seit langem für die<lb/> einschlägigen Gebiete — es kommen besonders Ungarisch, Rumänisch, Serbo¬<lb/> kroatisch, Bulgarisch, Neugriechisch, Türkisch und Arabisch in Frage — über eine<lb/> reiche Literatur und wird durch die Erhöhung ihres Etats von 120 000 auf<lb/> 135 000 Mark in die Lage versetzt, ihre Ankäufe auf diesem Gebiet wesentlich zu<lb/> verstärken.</p><lb/> <p xml:id="ID_934"> Auch die Stadtbibliothek Hamburg will sich der Pflege des Auslands¬<lb/> studiums in weitgehendem Maße annehmen. Sie hat eine besondere Sammel¬<lb/> stätte für die Literatur über das Deutschtum im Ausland eingerichtet, von dem<lb/> Gedanken ausgehend, daß Hamburg als größter deutscher Handelsplatz und<lb/> Hafen und als Sitz der ersten und größten Hochschule für Auslandsstudien hier¬<lb/> für ganz besonders in Betracht kommt.</p><lb/> <p xml:id="ID_935" next="#ID_936"> Für das laufende Betriebsjahr 1918/19 ist an der Königlichen Bibliothek<lb/> in Berlin eine sechste Abteilungs-Direktorenstelle geschaffen worden, und zwar<lb/> für eine neu zu begründende Orient-Abteilung —, ein weiterer Beweis dafür,<lb/> wie tatkräftig die preußische Regierung sich die Förderung der Auslandsstudien<lb/> angelegen sein ließ. Hatten schon vor dem Kriege die politischen und wirtschaft-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0223]
Deutsches Bibliothekswesen im Weltkrieg
Bibliothekare, Bohsen, bei der Einweihungsfeier am 2. September 1916 über¬
reichte, sind Wesen und Aufgabe der neuen, in einem modernen, künstlerisch und
technisch gleich hervorragenden Gebäude untergebrachten Anstalt mit den Worten
gekennzeichnet: „Die Teutsche Bücherei ist im Kreise der deutschen Bibliotheken
eine neue, eigenartige, von allen bestehenden wesentlich abweichende Schöpfung.
Sie soll in erster Linie eine lückenlose Sammlung aller in Deutschland oder in
deutscher Sprache seit Beginn des Jahres 1913 erscheinenden Druckschriften —
mit Ausschluß der Tageszeitungen — und mithin ein vollständiges Archiv deS
Buchhandels von dieser Zeit ab sein, ein Abbild des bedeutenden Wirkens des
deutschen Verlags und Buchdrucks." Gelingt der Deutschen Bücherei diese Auf¬
gabe, so werden sich die Worte bewahrheiten, womit am selben Tage der der¬
zeitige Direktor der Deutschen Bücherei, Wahl, seine Rede beschloß: „Wissen¬
schaft und Bildung, Buchhandel, Bibliographie und Presse werden die segen¬
spendende Kraft dieser neuen Pflanzstätte deutschen Geisteslebens erfahren, die
in einer Zeit eröffnet wird, da andere Kulturländer, wie England, des Krieges
wegen ihre Sammlungen .schließen; fürwahr ein Zeichen von deutscher Kraft
und deutschem Idealismus."
Unter den Neueinrichtungen, die während des Krieges zur Förderung deS
deutschen Bibliothekswesens von den Regierungen der Bundesstaaten getrosten
worden sind, verdient die „Errichtung einer Zentrale für Volksbücherei" beson¬
dere Hervorhebung. Von dieser durch Paul Ladewig, den rührigen Vorkämpfer
des deutschen volkstümlichen Bibliothekswesens, geleiteten Stelle aus werden
unsere Vottichiblioch'ten duich Veröfs nttichungin, V»nraae, Kur>e reiche Ämegung
erfahren. Andere Maßnahmen wie der vom 16. März 1916 datierte Erlaß des
preußischen Kultusministers über die „Neuordnung der Diplomprüfung für den
mittleren Bibliotheksdienst", ferner die in Leipzig begründete „Fachschule für
Bibliotheks- und Museumsbeamte" und die vom sächsischen Kultusministerium
erlassenen „Prüfungsordnungen für das Bibliothekswesen" können hier nur vor¬
übergehend erwähnt werden. Dagegen bedarf die von den Regierungen der
Bundesstaaten geplante, zum Teil schon mit allem Nachdruck verwirklichte Förde¬
rung der Auslandsstudien eingehender Würdigung, weil diese Ma߬
nahme auch für das Bibliothekswesen einschneidende, weit in die Zukunft
wirkende Folgen nach sich ziehen wird. In Preußen ist für 1917/18 ein Teil-
betvag von 3V 090 Mark zur Beschaffung von Literatur der Balkanstaaten und
des türkischen Orients in den Haushalt eingestellt, und bei der Königlichen
Bibliothek sind zugleich im Interesse der Universitäts-Bibliotheken 10 000 Mark
zur Heranziehung von sprach-, sach- und ortskundigen Personen für den Erwerb
ostlcindischer Literatur.ausgeworfen. In Bayern wurde die Hof- und Staats¬
bibliothek in München mit der Aufgabe betraut, das Rüstzeug für die Auslands¬
studien bereitzustellen, und zwar soll hier das Hauptaugenmerk auf den Südosten
gelenkt werden. Die Hof- und Staatsbibliothek verfügt ja seit langem für die
einschlägigen Gebiete — es kommen besonders Ungarisch, Rumänisch, Serbo¬
kroatisch, Bulgarisch, Neugriechisch, Türkisch und Arabisch in Frage — über eine
reiche Literatur und wird durch die Erhöhung ihres Etats von 120 000 auf
135 000 Mark in die Lage versetzt, ihre Ankäufe auf diesem Gebiet wesentlich zu
verstärken.
Auch die Stadtbibliothek Hamburg will sich der Pflege des Auslands¬
studiums in weitgehendem Maße annehmen. Sie hat eine besondere Sammel¬
stätte für die Literatur über das Deutschtum im Ausland eingerichtet, von dem
Gedanken ausgehend, daß Hamburg als größter deutscher Handelsplatz und
Hafen und als Sitz der ersten und größten Hochschule für Auslandsstudien hier¬
für ganz besonders in Betracht kommt.
Für das laufende Betriebsjahr 1918/19 ist an der Königlichen Bibliothek
in Berlin eine sechste Abteilungs-Direktorenstelle geschaffen worden, und zwar
für eine neu zu begründende Orient-Abteilung —, ein weiterer Beweis dafür,
wie tatkräftig die preußische Regierung sich die Förderung der Auslandsstudien
angelegen sein ließ. Hatten schon vor dem Kriege die politischen und wirtschaft-
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |