Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Deutsche- Z5ibliothcKw>seu im 'vcltkrieg

Dieser Leihverkehr von Bibliothek zu Bibliothek, der in keinem Lande so
ausgebildet ist wie in Teutschland, veranschaulicht am deutlichsten den gro߬
zügigen und weitherzigen Geist, worin schon vor dem Kriege die Schätze der
deutschen Bibliotheken weit über die nächstbeteiligten Benutzerkreise hinaus der
wissenschaftlichen und beruflichen Arbeit zugänglich gemacht wurden. Die
Grenzen des einzelnen Bundesstaates bildeten dabei so wenig ein Hindernis wie
die Reichsgrenzeu. Selbst die Benutzung kostbarer Handschriften ist den Gelehr¬
ten des Auslandes von allen deutschen Bibliotheken in entgegenkommendster
Weise ermöglicht worden. So hat im Betriebsjahr 1913/14 allein die König¬
liche Bibliothek Berlin 217 Manuskripte an preußische, 163 an sonstige deutsche
und 48 an ausländische Bibliotheken versandt. Bekanntlich hat die gleiche Libe¬
ralität der Münchener Hof- und Staatsbibliothek im Kriege durch' den Brand
der Löwener Universitäts-Bibliothek den Verlust von zwei Handschriften ge¬
kostet, eine bedauerliche Tatsache, die aber an dem Grundsatz weitgehendsten
Entgegenkommens auch dem Auslande gegenüber nichts ändern wird'.''

Wne wesentliche Förderung erfuhr der Leihverkehr durch das i. I. 1905
errichtete Auskunftsbureau der deutschen Bibliotheken, das die Aufgabe erhielt,
jedem Benutzer nachzuweisen, auf welcher Bibliothek sich ein gesuchtes Buch be¬
findet. Aus kleinen Anfängen hat sich dieses Institut zu immer größerer Be¬
deutung entwickelt: aus der Zahl der i. I. 1913/14 gesuchten Bucher (13 970)
geht hervor, einen wie großen Wirkungskreis sich das Auskunftsbureau allmäh¬
lich erobert hat. Ganz besonders unterstützt wurde es in seinen Bestrebungen
durch die beiden großen Münchener Bibliotheken, die Hof- und Staatsbibliothek
und die Universitäts-Bibliothek. Der tatkräftigen Mitwirkung der Hof- und
Staatsbibliothek ist es vor allem zu danken, daß dos vom Auskunftsbureau her¬
ausgegebene Gesäme-Zeitschriften-Verzeichnis noch kurz vor Ausbruch des
Krieges veröffentlicht werden konnte: das Werk, das mit Recht ein nationales
Unternehmen genannt werden kann, ist durch die Zusammenarbeit von mehr als,
300 deutschen Bibliotheken entstanden und verzeichnet rund 17 000 laufende
Zeitschrijten mit Besitzangaben, wo sie zu finden sind.

Neben dem Auskunftsbureau find besonders zwei Unternehmungen zu
nennen, die zeigen, daß der Gedanke des Zusammenwirkens -- der "Koope¬
ration", die in dem vortrefflichen, von Dahl herausgegebenen Handbuch des
dänischen Bibliothekswesens neben der "Spezialisierung" als Haupterforder¬
nis moderner Bibliotheksverwoltung bezeichnet wird -- gerade in Deutschland
längst in die Tat umgesetzt worden ist: der Gesamtkatalog der preußischen wissen¬
schaftlichen Bibliotheken und der Weltkatalog der Wiegendrucke. Von ersterem
standen die Vollendung des handschriftlichen Zettelmaterials und der Beginn
der Drucklegung 1914 in naher Aussicht. Auf der "Bugra", der Ausstellung für
Buchgewerbe und Graphik in Leipzig, konnte ein Probetrunk des Gesamtkatalogs
vorgelegt werden. Auch das andere für die Wissenschaft, vor allem für die Geschichte
des ältesten Buchdrucks hochbedeutsame Unternehmen, der Gesamtkatalog der
Inkunabeln, war Anfang 1914 so weit gefördert, daß an die Drucklegung ge¬
dacht und ebenfalls in ver "Bugra" ein Probetrunk ausgestellt werden konnte.

An dem kraftvollen Aufstieg, dessen sich die wissenschaftlichen Bibliotheken
in den beiden Jahrzehnten vor dem Kriege erfreuten, nahmen auch die allgemei¬
nen Bildungs- und Volksbibliotheken teil. Der Kreis der ersteren hatte sich da¬
durch, daß einer Reihe von Stadtbibliotheken, die vorher rein wissenschaftliche
und Behördenbibliotheken gewesen waren, größere und volkstümlichere Auf¬
gaben zugewiesen wurden, erheblich erweitert. Zu den Stadtbibliotheken in
Köln und Stettin, den Königlichen Bibliotheken in Wiesbaden, Hannover und
Erfurt und der Landesbibliothek in Düsseldorf, die in dieser Weise umgestaltet
wurden, war 1902 als Neugründung die Kaiser-Wilhelm-Bibliothek in Posen
getreten. Ihren älteren Schwestern gleich hat diese Anstalt in segensreichster
Weise gewirkt; sie hat in der Provinz Posen die wissenschaftliche Forschung
unterstützt, Bildung und geistige Regsamkeit verbreitet und zugleich durch die
ihr angeschlossenen Wanderbibliotheken als Mittelpunkt des Volksbibliotheks-


Deutsche- Z5ibliothcKw>seu im 'vcltkrieg

Dieser Leihverkehr von Bibliothek zu Bibliothek, der in keinem Lande so
ausgebildet ist wie in Teutschland, veranschaulicht am deutlichsten den gro߬
zügigen und weitherzigen Geist, worin schon vor dem Kriege die Schätze der
deutschen Bibliotheken weit über die nächstbeteiligten Benutzerkreise hinaus der
wissenschaftlichen und beruflichen Arbeit zugänglich gemacht wurden. Die
Grenzen des einzelnen Bundesstaates bildeten dabei so wenig ein Hindernis wie
die Reichsgrenzeu. Selbst die Benutzung kostbarer Handschriften ist den Gelehr¬
ten des Auslandes von allen deutschen Bibliotheken in entgegenkommendster
Weise ermöglicht worden. So hat im Betriebsjahr 1913/14 allein die König¬
liche Bibliothek Berlin 217 Manuskripte an preußische, 163 an sonstige deutsche
und 48 an ausländische Bibliotheken versandt. Bekanntlich hat die gleiche Libe¬
ralität der Münchener Hof- und Staatsbibliothek im Kriege durch' den Brand
der Löwener Universitäts-Bibliothek den Verlust von zwei Handschriften ge¬
kostet, eine bedauerliche Tatsache, die aber an dem Grundsatz weitgehendsten
Entgegenkommens auch dem Auslande gegenüber nichts ändern wird'.''

Wne wesentliche Förderung erfuhr der Leihverkehr durch das i. I. 1905
errichtete Auskunftsbureau der deutschen Bibliotheken, das die Aufgabe erhielt,
jedem Benutzer nachzuweisen, auf welcher Bibliothek sich ein gesuchtes Buch be¬
findet. Aus kleinen Anfängen hat sich dieses Institut zu immer größerer Be¬
deutung entwickelt: aus der Zahl der i. I. 1913/14 gesuchten Bucher (13 970)
geht hervor, einen wie großen Wirkungskreis sich das Auskunftsbureau allmäh¬
lich erobert hat. Ganz besonders unterstützt wurde es in seinen Bestrebungen
durch die beiden großen Münchener Bibliotheken, die Hof- und Staatsbibliothek
und die Universitäts-Bibliothek. Der tatkräftigen Mitwirkung der Hof- und
Staatsbibliothek ist es vor allem zu danken, daß dos vom Auskunftsbureau her¬
ausgegebene Gesäme-Zeitschriften-Verzeichnis noch kurz vor Ausbruch des
Krieges veröffentlicht werden konnte: das Werk, das mit Recht ein nationales
Unternehmen genannt werden kann, ist durch die Zusammenarbeit von mehr als,
300 deutschen Bibliotheken entstanden und verzeichnet rund 17 000 laufende
Zeitschrijten mit Besitzangaben, wo sie zu finden sind.

Neben dem Auskunftsbureau find besonders zwei Unternehmungen zu
nennen, die zeigen, daß der Gedanke des Zusammenwirkens — der „Koope¬
ration", die in dem vortrefflichen, von Dahl herausgegebenen Handbuch des
dänischen Bibliothekswesens neben der „Spezialisierung" als Haupterforder¬
nis moderner Bibliotheksverwoltung bezeichnet wird — gerade in Deutschland
längst in die Tat umgesetzt worden ist: der Gesamtkatalog der preußischen wissen¬
schaftlichen Bibliotheken und der Weltkatalog der Wiegendrucke. Von ersterem
standen die Vollendung des handschriftlichen Zettelmaterials und der Beginn
der Drucklegung 1914 in naher Aussicht. Auf der „Bugra", der Ausstellung für
Buchgewerbe und Graphik in Leipzig, konnte ein Probetrunk des Gesamtkatalogs
vorgelegt werden. Auch das andere für die Wissenschaft, vor allem für die Geschichte
des ältesten Buchdrucks hochbedeutsame Unternehmen, der Gesamtkatalog der
Inkunabeln, war Anfang 1914 so weit gefördert, daß an die Drucklegung ge¬
dacht und ebenfalls in ver „Bugra" ein Probetrunk ausgestellt werden konnte.

An dem kraftvollen Aufstieg, dessen sich die wissenschaftlichen Bibliotheken
in den beiden Jahrzehnten vor dem Kriege erfreuten, nahmen auch die allgemei¬
nen Bildungs- und Volksbibliotheken teil. Der Kreis der ersteren hatte sich da¬
durch, daß einer Reihe von Stadtbibliotheken, die vorher rein wissenschaftliche
und Behördenbibliotheken gewesen waren, größere und volkstümlichere Auf¬
gaben zugewiesen wurden, erheblich erweitert. Zu den Stadtbibliotheken in
Köln und Stettin, den Königlichen Bibliotheken in Wiesbaden, Hannover und
Erfurt und der Landesbibliothek in Düsseldorf, die in dieser Weise umgestaltet
wurden, war 1902 als Neugründung die Kaiser-Wilhelm-Bibliothek in Posen
getreten. Ihren älteren Schwestern gleich hat diese Anstalt in segensreichster
Weise gewirkt; sie hat in der Provinz Posen die wissenschaftliche Forschung
unterstützt, Bildung und geistige Regsamkeit verbreitet und zugleich durch die
ihr angeschlossenen Wanderbibliotheken als Mittelpunkt des Volksbibliotheks-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0220" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/88458"/>
            <fw type="header" place="top"> Deutsche- Z5ibliothcKw&gt;seu im 'vcltkrieg</fw><lb/>
            <p xml:id="ID_921"> Dieser Leihverkehr von Bibliothek zu Bibliothek, der in keinem Lande so<lb/>
ausgebildet ist wie in Teutschland, veranschaulicht am deutlichsten den gro߬<lb/>
zügigen und weitherzigen Geist, worin schon vor dem Kriege die Schätze der<lb/>
deutschen Bibliotheken weit über die nächstbeteiligten Benutzerkreise hinaus der<lb/>
wissenschaftlichen und beruflichen Arbeit zugänglich gemacht wurden. Die<lb/>
Grenzen des einzelnen Bundesstaates bildeten dabei so wenig ein Hindernis wie<lb/>
die Reichsgrenzeu. Selbst die Benutzung kostbarer Handschriften ist den Gelehr¬<lb/>
ten des Auslandes von allen deutschen Bibliotheken in entgegenkommendster<lb/>
Weise ermöglicht worden. So hat im Betriebsjahr 1913/14 allein die König¬<lb/>
liche Bibliothek Berlin 217 Manuskripte an preußische, 163 an sonstige deutsche<lb/>
und 48 an ausländische Bibliotheken versandt. Bekanntlich hat die gleiche Libe¬<lb/>
ralität der Münchener Hof- und Staatsbibliothek im Kriege durch' den Brand<lb/>
der Löwener Universitäts-Bibliothek den Verlust von zwei Handschriften ge¬<lb/>
kostet, eine bedauerliche Tatsache, die aber an dem Grundsatz weitgehendsten<lb/>
Entgegenkommens auch dem Auslande gegenüber nichts ändern wird'.''</p><lb/>
            <p xml:id="ID_922"> Wne wesentliche Förderung erfuhr der Leihverkehr durch das i. I. 1905<lb/>
errichtete Auskunftsbureau der deutschen Bibliotheken, das die Aufgabe erhielt,<lb/>
jedem Benutzer nachzuweisen, auf welcher Bibliothek sich ein gesuchtes Buch be¬<lb/>
findet. Aus kleinen Anfängen hat sich dieses Institut zu immer größerer Be¬<lb/>
deutung entwickelt: aus der Zahl der i. I. 1913/14 gesuchten Bucher (13 970)<lb/>
geht hervor, einen wie großen Wirkungskreis sich das Auskunftsbureau allmäh¬<lb/>
lich erobert hat. Ganz besonders unterstützt wurde es in seinen Bestrebungen<lb/>
durch die beiden großen Münchener Bibliotheken, die Hof- und Staatsbibliothek<lb/>
und die Universitäts-Bibliothek. Der tatkräftigen Mitwirkung der Hof- und<lb/>
Staatsbibliothek ist es vor allem zu danken, daß dos vom Auskunftsbureau her¬<lb/>
ausgegebene Gesäme-Zeitschriften-Verzeichnis noch kurz vor Ausbruch des<lb/>
Krieges veröffentlicht werden konnte: das Werk, das mit Recht ein nationales<lb/>
Unternehmen genannt werden kann, ist durch die Zusammenarbeit von mehr als,<lb/>
300 deutschen Bibliotheken entstanden und verzeichnet rund 17 000 laufende<lb/>
Zeitschrijten mit Besitzangaben, wo sie zu finden sind.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_923"> Neben dem Auskunftsbureau find besonders zwei Unternehmungen zu<lb/>
nennen, die zeigen, daß der Gedanke des Zusammenwirkens &#x2014; der &#x201E;Koope¬<lb/>
ration", die in dem vortrefflichen, von Dahl herausgegebenen Handbuch des<lb/>
dänischen Bibliothekswesens neben der &#x201E;Spezialisierung" als Haupterforder¬<lb/>
nis moderner Bibliotheksverwoltung bezeichnet wird &#x2014; gerade in Deutschland<lb/>
längst in die Tat umgesetzt worden ist: der Gesamtkatalog der preußischen wissen¬<lb/>
schaftlichen Bibliotheken und der Weltkatalog der Wiegendrucke. Von ersterem<lb/>
standen die Vollendung des handschriftlichen Zettelmaterials und der Beginn<lb/>
der Drucklegung 1914 in naher Aussicht. Auf der &#x201E;Bugra", der Ausstellung für<lb/>
Buchgewerbe und Graphik in Leipzig, konnte ein Probetrunk des Gesamtkatalogs<lb/>
vorgelegt werden. Auch das andere für die Wissenschaft, vor allem für die Geschichte<lb/>
des ältesten Buchdrucks hochbedeutsame Unternehmen, der Gesamtkatalog der<lb/>
Inkunabeln, war Anfang 1914 so weit gefördert, daß an die Drucklegung ge¬<lb/>
dacht und ebenfalls in ver &#x201E;Bugra" ein Probetrunk ausgestellt werden konnte.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_924" next="#ID_925"> An dem kraftvollen Aufstieg, dessen sich die wissenschaftlichen Bibliotheken<lb/>
in den beiden Jahrzehnten vor dem Kriege erfreuten, nahmen auch die allgemei¬<lb/>
nen Bildungs- und Volksbibliotheken teil. Der Kreis der ersteren hatte sich da¬<lb/>
durch, daß einer Reihe von Stadtbibliotheken, die vorher rein wissenschaftliche<lb/>
und Behördenbibliotheken gewesen waren, größere und volkstümlichere Auf¬<lb/>
gaben zugewiesen wurden, erheblich erweitert. Zu den Stadtbibliotheken in<lb/>
Köln und Stettin, den Königlichen Bibliotheken in Wiesbaden, Hannover und<lb/>
Erfurt und der Landesbibliothek in Düsseldorf, die in dieser Weise umgestaltet<lb/>
wurden, war 1902 als Neugründung die Kaiser-Wilhelm-Bibliothek in Posen<lb/>
getreten. Ihren älteren Schwestern gleich hat diese Anstalt in segensreichster<lb/>
Weise gewirkt; sie hat in der Provinz Posen die wissenschaftliche Forschung<lb/>
unterstützt, Bildung und geistige Regsamkeit verbreitet und zugleich durch die<lb/>
ihr angeschlossenen Wanderbibliotheken als Mittelpunkt des Volksbibliotheks-</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0220] Deutsche- Z5ibliothcKw>seu im 'vcltkrieg Dieser Leihverkehr von Bibliothek zu Bibliothek, der in keinem Lande so ausgebildet ist wie in Teutschland, veranschaulicht am deutlichsten den gro߬ zügigen und weitherzigen Geist, worin schon vor dem Kriege die Schätze der deutschen Bibliotheken weit über die nächstbeteiligten Benutzerkreise hinaus der wissenschaftlichen und beruflichen Arbeit zugänglich gemacht wurden. Die Grenzen des einzelnen Bundesstaates bildeten dabei so wenig ein Hindernis wie die Reichsgrenzeu. Selbst die Benutzung kostbarer Handschriften ist den Gelehr¬ ten des Auslandes von allen deutschen Bibliotheken in entgegenkommendster Weise ermöglicht worden. So hat im Betriebsjahr 1913/14 allein die König¬ liche Bibliothek Berlin 217 Manuskripte an preußische, 163 an sonstige deutsche und 48 an ausländische Bibliotheken versandt. Bekanntlich hat die gleiche Libe¬ ralität der Münchener Hof- und Staatsbibliothek im Kriege durch' den Brand der Löwener Universitäts-Bibliothek den Verlust von zwei Handschriften ge¬ kostet, eine bedauerliche Tatsache, die aber an dem Grundsatz weitgehendsten Entgegenkommens auch dem Auslande gegenüber nichts ändern wird'.'' Wne wesentliche Förderung erfuhr der Leihverkehr durch das i. I. 1905 errichtete Auskunftsbureau der deutschen Bibliotheken, das die Aufgabe erhielt, jedem Benutzer nachzuweisen, auf welcher Bibliothek sich ein gesuchtes Buch be¬ findet. Aus kleinen Anfängen hat sich dieses Institut zu immer größerer Be¬ deutung entwickelt: aus der Zahl der i. I. 1913/14 gesuchten Bucher (13 970) geht hervor, einen wie großen Wirkungskreis sich das Auskunftsbureau allmäh¬ lich erobert hat. Ganz besonders unterstützt wurde es in seinen Bestrebungen durch die beiden großen Münchener Bibliotheken, die Hof- und Staatsbibliothek und die Universitäts-Bibliothek. Der tatkräftigen Mitwirkung der Hof- und Staatsbibliothek ist es vor allem zu danken, daß dos vom Auskunftsbureau her¬ ausgegebene Gesäme-Zeitschriften-Verzeichnis noch kurz vor Ausbruch des Krieges veröffentlicht werden konnte: das Werk, das mit Recht ein nationales Unternehmen genannt werden kann, ist durch die Zusammenarbeit von mehr als, 300 deutschen Bibliotheken entstanden und verzeichnet rund 17 000 laufende Zeitschrijten mit Besitzangaben, wo sie zu finden sind. Neben dem Auskunftsbureau find besonders zwei Unternehmungen zu nennen, die zeigen, daß der Gedanke des Zusammenwirkens — der „Koope¬ ration", die in dem vortrefflichen, von Dahl herausgegebenen Handbuch des dänischen Bibliothekswesens neben der „Spezialisierung" als Haupterforder¬ nis moderner Bibliotheksverwoltung bezeichnet wird — gerade in Deutschland längst in die Tat umgesetzt worden ist: der Gesamtkatalog der preußischen wissen¬ schaftlichen Bibliotheken und der Weltkatalog der Wiegendrucke. Von ersterem standen die Vollendung des handschriftlichen Zettelmaterials und der Beginn der Drucklegung 1914 in naher Aussicht. Auf der „Bugra", der Ausstellung für Buchgewerbe und Graphik in Leipzig, konnte ein Probetrunk des Gesamtkatalogs vorgelegt werden. Auch das andere für die Wissenschaft, vor allem für die Geschichte des ältesten Buchdrucks hochbedeutsame Unternehmen, der Gesamtkatalog der Inkunabeln, war Anfang 1914 so weit gefördert, daß an die Drucklegung ge¬ dacht und ebenfalls in ver „Bugra" ein Probetrunk ausgestellt werden konnte. An dem kraftvollen Aufstieg, dessen sich die wissenschaftlichen Bibliotheken in den beiden Jahrzehnten vor dem Kriege erfreuten, nahmen auch die allgemei¬ nen Bildungs- und Volksbibliotheken teil. Der Kreis der ersteren hatte sich da¬ durch, daß einer Reihe von Stadtbibliotheken, die vorher rein wissenschaftliche und Behördenbibliotheken gewesen waren, größere und volkstümlichere Auf¬ gaben zugewiesen wurden, erheblich erweitert. Zu den Stadtbibliotheken in Köln und Stettin, den Königlichen Bibliotheken in Wiesbaden, Hannover und Erfurt und der Landesbibliothek in Düsseldorf, die in dieser Weise umgestaltet wurden, war 1902 als Neugründung die Kaiser-Wilhelm-Bibliothek in Posen getreten. Ihren älteren Schwestern gleich hat diese Anstalt in segensreichster Weise gewirkt; sie hat in der Provinz Posen die wissenschaftliche Forschung unterstützt, Bildung und geistige Regsamkeit verbreitet und zugleich durch die ihr angeschlossenen Wanderbibliotheken als Mittelpunkt des Volksbibliotheks-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_88238
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_88238/220
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_88238/220>, abgerufen am 03.07.2024.