Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Nationalversammlung und Parteien

Dieser Doppeltrialismus bedeutet gegenüber dem großen Dualismus
unseres Kriegsparlamentarismns, hinter dem die beiden Kriegsparteien standen,
einen sichtlichen Rückschritt. Vor allem aber sehlt ihm der Bezug auf die Sonder¬
probleme, die die Nationalversammlung lösen soll, auf die hin die Wahl der Ver¬
treter, die Gruppierung der Abgeordneten und zugleich der Wählermassen .er¬
folgen soll. Mit einer gewissen Abweichung von Georg Cleinow möchte ich das
Bekenntnis zum Sozialismus als einem politischen Grundprinzip als den ge¬
meinsamen Boden aller Parteien ansprechen. Seit Bismcircks Sozialpolitik, seit
der Kaiserlichen Botschaft von 1881 sind wir ein sozialistisches Staatswesen,
handelt es sich also nicht mehr um das Ob, sondern nur noch um das Wie
unseres offiziellen Sozialismus. Der Krieg vollends hat die Sozialisierung
unseres Reichsorganismus soweit vorgetrieben, daß eine wesentliche Rückwärts¬
orientierung auch unter dem alten Regime ausgeschlossen erschien. Und bis auf
die Extremisten des Spartakusbundes ist ja auch unsere sozialistische Linke über¬
zeugt, daß die überkommenen Mächte nicht von heute auf morgen vollkommen
Mattgesetzt werden können, daß also aus der Nationalversammlung nur das
Mischungsverhältnis sozialistischer und individualistischer Tendenzen zur Erörte¬
rung steht.

Auf dem gemeinsamen Fundament eines sozialistischen Unterbaues er¬
heben sich nun folgende drei Lösungstypen der deutschen Verfassungsfrage: Die
äußerste Linke, die' am liebsten die Nationalversammlung verhindern mochte, ist
für radikale Sozialisierung, für Aufhebung des Privateigentums und für Auf¬
richtung einer proletarischen Klassendiktatur. Außenpolitisch lehnt sie den Macht¬
staat, ja überhaupt die Individualisierung der Staaten völlig ab, wie ja auch in.
ihrem Jargon nicht von einer Verstaatlichung, sondern von einer Vergesell¬
schaftung der Produktion die Rede ist. Man kann sie den sozialistischen Absolu¬
tismus nennen. Hugo Preuß hat dafür die glückliche Formel des "umgekehrten
Obrigkeitsstaates" gefunden.

Die gemäßigte Linke reicht von Scheidemann, ja vielleicht schon von Haase
bis Paher. Sie ist für stufenweise Sozialisierung, für Verständigung zwischen
Kapitalismus und Sozialismus, Ausgleich des Besitzes und der Lebenshaltung,
für Gleichberechtigung aller Volksschichten, für die Herrschaft der reinen Majori¬
tät. Die ihr gemäße Verfassungsform ist die zentralistische demokratische Repu¬
blik. Außenpolitisch ist ne pazifistisch-föderativ und versieht die liberale Idee des
Völkerbundes. Ihre Muster sind die westlichen Demokratien, obschon sie deren
Imperialismus ablehnen. Der linke Flügel dieser Partei besteht ans den bis¬
herigen Mehrheitssozialistcn und denjenigen von den Unabhängigen, die durch
Beteiligung an der Verantwortung und durch die allgemeine Entspannung ihres
Ressentiments in der Revolution enlradikalisiett sind. Den rechten Flügel bilden
der Linksliberalismus und die demokratischen Kreise des Zentrums, die sich in
kulturellen Fragen ihre Sonderstellung vorbehalten. Diese Partei kann als demo¬
kratisch-republikanischer Sozialismus 'bezeichnet werden.

Die Rechte wird sich mit dem Häuslein Reaktionären schleppen müssen, die
als Klageweiber der Revolution, als Ankläger oder Schmoller, als greisenhafte
wuclatores temporig seti ein klägliches Dasein fristen. Sie wild aber gut tun,
d-ehe ihre reaktionären Mitläufer möolichst unschädlich zu machen, um sich nicht
ohne Not mit ihren: Odium zu belasten. Denn die Rechte hat durchaus ihre
positiven Aufgaben, zumal ihr die wichtige Rolle einer Oppositionspartei zufällt,
deren Gefahr freilich, nicht aber deren Notwendigkeit ein unfruchtbarer Negativis-
mus ist. .Auch die Rechte wird sich für einen organischen Fortgang der Sozia-
lisierung auf dem Wege des Staatssozialismus einsetzen, wobei sie für eine ge¬
bührende Berücksichtigung des tiefgewurzelten seelischen Unterschiedes zwischen Stadt
und Land eintritt. Dem mechanischen demokratischen Gleichheitsprinzip setzt sie
das Prinzip aristokratischer Stufung entgegen, wobei sie in sehr viel stärkerem
Maße als früher gegenüber dem bloßen Geburtsaristokratismus den Aristokratis¬
mus der individuellen Person und ihrer Leistung, insbesondere auch ihres geistigen


Nationalversammlung und Parteien

Dieser Doppeltrialismus bedeutet gegenüber dem großen Dualismus
unseres Kriegsparlamentarismns, hinter dem die beiden Kriegsparteien standen,
einen sichtlichen Rückschritt. Vor allem aber sehlt ihm der Bezug auf die Sonder¬
probleme, die die Nationalversammlung lösen soll, auf die hin die Wahl der Ver¬
treter, die Gruppierung der Abgeordneten und zugleich der Wählermassen .er¬
folgen soll. Mit einer gewissen Abweichung von Georg Cleinow möchte ich das
Bekenntnis zum Sozialismus als einem politischen Grundprinzip als den ge¬
meinsamen Boden aller Parteien ansprechen. Seit Bismcircks Sozialpolitik, seit
der Kaiserlichen Botschaft von 1881 sind wir ein sozialistisches Staatswesen,
handelt es sich also nicht mehr um das Ob, sondern nur noch um das Wie
unseres offiziellen Sozialismus. Der Krieg vollends hat die Sozialisierung
unseres Reichsorganismus soweit vorgetrieben, daß eine wesentliche Rückwärts¬
orientierung auch unter dem alten Regime ausgeschlossen erschien. Und bis auf
die Extremisten des Spartakusbundes ist ja auch unsere sozialistische Linke über¬
zeugt, daß die überkommenen Mächte nicht von heute auf morgen vollkommen
Mattgesetzt werden können, daß also aus der Nationalversammlung nur das
Mischungsverhältnis sozialistischer und individualistischer Tendenzen zur Erörte¬
rung steht.

Auf dem gemeinsamen Fundament eines sozialistischen Unterbaues er¬
heben sich nun folgende drei Lösungstypen der deutschen Verfassungsfrage: Die
äußerste Linke, die' am liebsten die Nationalversammlung verhindern mochte, ist
für radikale Sozialisierung, für Aufhebung des Privateigentums und für Auf¬
richtung einer proletarischen Klassendiktatur. Außenpolitisch lehnt sie den Macht¬
staat, ja überhaupt die Individualisierung der Staaten völlig ab, wie ja auch in.
ihrem Jargon nicht von einer Verstaatlichung, sondern von einer Vergesell¬
schaftung der Produktion die Rede ist. Man kann sie den sozialistischen Absolu¬
tismus nennen. Hugo Preuß hat dafür die glückliche Formel des „umgekehrten
Obrigkeitsstaates" gefunden.

Die gemäßigte Linke reicht von Scheidemann, ja vielleicht schon von Haase
bis Paher. Sie ist für stufenweise Sozialisierung, für Verständigung zwischen
Kapitalismus und Sozialismus, Ausgleich des Besitzes und der Lebenshaltung,
für Gleichberechtigung aller Volksschichten, für die Herrschaft der reinen Majori¬
tät. Die ihr gemäße Verfassungsform ist die zentralistische demokratische Repu¬
blik. Außenpolitisch ist ne pazifistisch-föderativ und versieht die liberale Idee des
Völkerbundes. Ihre Muster sind die westlichen Demokratien, obschon sie deren
Imperialismus ablehnen. Der linke Flügel dieser Partei besteht ans den bis¬
herigen Mehrheitssozialistcn und denjenigen von den Unabhängigen, die durch
Beteiligung an der Verantwortung und durch die allgemeine Entspannung ihres
Ressentiments in der Revolution enlradikalisiett sind. Den rechten Flügel bilden
der Linksliberalismus und die demokratischen Kreise des Zentrums, die sich in
kulturellen Fragen ihre Sonderstellung vorbehalten. Diese Partei kann als demo¬
kratisch-republikanischer Sozialismus 'bezeichnet werden.

Die Rechte wird sich mit dem Häuslein Reaktionären schleppen müssen, die
als Klageweiber der Revolution, als Ankläger oder Schmoller, als greisenhafte
wuclatores temporig seti ein klägliches Dasein fristen. Sie wild aber gut tun,
d-ehe ihre reaktionären Mitläufer möolichst unschädlich zu machen, um sich nicht
ohne Not mit ihren: Odium zu belasten. Denn die Rechte hat durchaus ihre
positiven Aufgaben, zumal ihr die wichtige Rolle einer Oppositionspartei zufällt,
deren Gefahr freilich, nicht aber deren Notwendigkeit ein unfruchtbarer Negativis-
mus ist. .Auch die Rechte wird sich für einen organischen Fortgang der Sozia-
lisierung auf dem Wege des Staatssozialismus einsetzen, wobei sie für eine ge¬
bührende Berücksichtigung des tiefgewurzelten seelischen Unterschiedes zwischen Stadt
und Land eintritt. Dem mechanischen demokratischen Gleichheitsprinzip setzt sie
das Prinzip aristokratischer Stufung entgegen, wobei sie in sehr viel stärkerem
Maße als früher gegenüber dem bloßen Geburtsaristokratismus den Aristokratis¬
mus der individuellen Person und ihrer Leistung, insbesondere auch ihres geistigen


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0212" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/88450"/>
          <fw type="header" place="top"> Nationalversammlung und Parteien</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_886"> Dieser Doppeltrialismus bedeutet gegenüber dem großen Dualismus<lb/>
unseres Kriegsparlamentarismns, hinter dem die beiden Kriegsparteien standen,<lb/>
einen sichtlichen Rückschritt. Vor allem aber sehlt ihm der Bezug auf die Sonder¬<lb/>
probleme, die die Nationalversammlung lösen soll, auf die hin die Wahl der Ver¬<lb/>
treter, die Gruppierung der Abgeordneten und zugleich der Wählermassen .er¬<lb/>
folgen soll. Mit einer gewissen Abweichung von Georg Cleinow möchte ich das<lb/>
Bekenntnis zum Sozialismus als einem politischen Grundprinzip als den ge¬<lb/>
meinsamen Boden aller Parteien ansprechen. Seit Bismcircks Sozialpolitik, seit<lb/>
der Kaiserlichen Botschaft von 1881 sind wir ein sozialistisches Staatswesen,<lb/>
handelt es sich also nicht mehr um das Ob, sondern nur noch um das Wie<lb/>
unseres offiziellen Sozialismus. Der Krieg vollends hat die Sozialisierung<lb/>
unseres Reichsorganismus soweit vorgetrieben, daß eine wesentliche Rückwärts¬<lb/>
orientierung auch unter dem alten Regime ausgeschlossen erschien. Und bis auf<lb/>
die Extremisten des Spartakusbundes ist ja auch unsere sozialistische Linke über¬<lb/>
zeugt, daß die überkommenen Mächte nicht von heute auf morgen vollkommen<lb/>
Mattgesetzt werden können, daß also aus der Nationalversammlung nur das<lb/>
Mischungsverhältnis sozialistischer und individualistischer Tendenzen zur Erörte¬<lb/>
rung steht.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_887"> Auf dem gemeinsamen Fundament eines sozialistischen Unterbaues er¬<lb/>
heben sich nun folgende drei Lösungstypen der deutschen Verfassungsfrage: Die<lb/>
äußerste Linke, die' am liebsten die Nationalversammlung verhindern mochte, ist<lb/>
für radikale Sozialisierung, für Aufhebung des Privateigentums und für Auf¬<lb/>
richtung einer proletarischen Klassendiktatur. Außenpolitisch lehnt sie den Macht¬<lb/>
staat, ja überhaupt die Individualisierung der Staaten völlig ab, wie ja auch in.<lb/>
ihrem Jargon nicht von einer Verstaatlichung, sondern von einer Vergesell¬<lb/>
schaftung der Produktion die Rede ist. Man kann sie den sozialistischen Absolu¬<lb/>
tismus nennen. Hugo Preuß hat dafür die glückliche Formel des &#x201E;umgekehrten<lb/>
Obrigkeitsstaates" gefunden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_888"> Die gemäßigte Linke reicht von Scheidemann, ja vielleicht schon von Haase<lb/>
bis Paher. Sie ist für stufenweise Sozialisierung, für Verständigung zwischen<lb/>
Kapitalismus und Sozialismus, Ausgleich des Besitzes und der Lebenshaltung,<lb/>
für Gleichberechtigung aller Volksschichten, für die Herrschaft der reinen Majori¬<lb/>
tät. Die ihr gemäße Verfassungsform ist die zentralistische demokratische Repu¬<lb/>
blik. Außenpolitisch ist ne pazifistisch-föderativ und versieht die liberale Idee des<lb/>
Völkerbundes. Ihre Muster sind die westlichen Demokratien, obschon sie deren<lb/>
Imperialismus ablehnen. Der linke Flügel dieser Partei besteht ans den bis¬<lb/>
herigen Mehrheitssozialistcn und denjenigen von den Unabhängigen, die durch<lb/>
Beteiligung an der Verantwortung und durch die allgemeine Entspannung ihres<lb/>
Ressentiments in der Revolution enlradikalisiett sind. Den rechten Flügel bilden<lb/>
der Linksliberalismus und die demokratischen Kreise des Zentrums, die sich in<lb/>
kulturellen Fragen ihre Sonderstellung vorbehalten. Diese Partei kann als demo¬<lb/>
kratisch-republikanischer Sozialismus 'bezeichnet werden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_889" next="#ID_890"> Die Rechte wird sich mit dem Häuslein Reaktionären schleppen müssen, die<lb/>
als Klageweiber der Revolution, als Ankläger oder Schmoller, als greisenhafte<lb/>
wuclatores temporig seti ein klägliches Dasein fristen. Sie wild aber gut tun,<lb/>
d-ehe ihre reaktionären Mitläufer möolichst unschädlich zu machen, um sich nicht<lb/>
ohne Not mit ihren: Odium zu belasten. Denn die Rechte hat durchaus ihre<lb/>
positiven Aufgaben, zumal ihr die wichtige Rolle einer Oppositionspartei zufällt,<lb/>
deren Gefahr freilich, nicht aber deren Notwendigkeit ein unfruchtbarer Negativis-<lb/>
mus ist. .Auch die Rechte wird sich für einen organischen Fortgang der Sozia-<lb/>
lisierung auf dem Wege des Staatssozialismus einsetzen, wobei sie für eine ge¬<lb/>
bührende Berücksichtigung des tiefgewurzelten seelischen Unterschiedes zwischen Stadt<lb/>
und Land eintritt. Dem mechanischen demokratischen Gleichheitsprinzip setzt sie<lb/>
das Prinzip aristokratischer Stufung entgegen, wobei sie in sehr viel stärkerem<lb/>
Maße als früher gegenüber dem bloßen Geburtsaristokratismus den Aristokratis¬<lb/>
mus der individuellen Person und ihrer Leistung, insbesondere auch ihres geistigen</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0212] Nationalversammlung und Parteien Dieser Doppeltrialismus bedeutet gegenüber dem großen Dualismus unseres Kriegsparlamentarismns, hinter dem die beiden Kriegsparteien standen, einen sichtlichen Rückschritt. Vor allem aber sehlt ihm der Bezug auf die Sonder¬ probleme, die die Nationalversammlung lösen soll, auf die hin die Wahl der Ver¬ treter, die Gruppierung der Abgeordneten und zugleich der Wählermassen .er¬ folgen soll. Mit einer gewissen Abweichung von Georg Cleinow möchte ich das Bekenntnis zum Sozialismus als einem politischen Grundprinzip als den ge¬ meinsamen Boden aller Parteien ansprechen. Seit Bismcircks Sozialpolitik, seit der Kaiserlichen Botschaft von 1881 sind wir ein sozialistisches Staatswesen, handelt es sich also nicht mehr um das Ob, sondern nur noch um das Wie unseres offiziellen Sozialismus. Der Krieg vollends hat die Sozialisierung unseres Reichsorganismus soweit vorgetrieben, daß eine wesentliche Rückwärts¬ orientierung auch unter dem alten Regime ausgeschlossen erschien. Und bis auf die Extremisten des Spartakusbundes ist ja auch unsere sozialistische Linke über¬ zeugt, daß die überkommenen Mächte nicht von heute auf morgen vollkommen Mattgesetzt werden können, daß also aus der Nationalversammlung nur das Mischungsverhältnis sozialistischer und individualistischer Tendenzen zur Erörte¬ rung steht. Auf dem gemeinsamen Fundament eines sozialistischen Unterbaues er¬ heben sich nun folgende drei Lösungstypen der deutschen Verfassungsfrage: Die äußerste Linke, die' am liebsten die Nationalversammlung verhindern mochte, ist für radikale Sozialisierung, für Aufhebung des Privateigentums und für Auf¬ richtung einer proletarischen Klassendiktatur. Außenpolitisch lehnt sie den Macht¬ staat, ja überhaupt die Individualisierung der Staaten völlig ab, wie ja auch in. ihrem Jargon nicht von einer Verstaatlichung, sondern von einer Vergesell¬ schaftung der Produktion die Rede ist. Man kann sie den sozialistischen Absolu¬ tismus nennen. Hugo Preuß hat dafür die glückliche Formel des „umgekehrten Obrigkeitsstaates" gefunden. Die gemäßigte Linke reicht von Scheidemann, ja vielleicht schon von Haase bis Paher. Sie ist für stufenweise Sozialisierung, für Verständigung zwischen Kapitalismus und Sozialismus, Ausgleich des Besitzes und der Lebenshaltung, für Gleichberechtigung aller Volksschichten, für die Herrschaft der reinen Majori¬ tät. Die ihr gemäße Verfassungsform ist die zentralistische demokratische Repu¬ blik. Außenpolitisch ist ne pazifistisch-föderativ und versieht die liberale Idee des Völkerbundes. Ihre Muster sind die westlichen Demokratien, obschon sie deren Imperialismus ablehnen. Der linke Flügel dieser Partei besteht ans den bis¬ herigen Mehrheitssozialistcn und denjenigen von den Unabhängigen, die durch Beteiligung an der Verantwortung und durch die allgemeine Entspannung ihres Ressentiments in der Revolution enlradikalisiett sind. Den rechten Flügel bilden der Linksliberalismus und die demokratischen Kreise des Zentrums, die sich in kulturellen Fragen ihre Sonderstellung vorbehalten. Diese Partei kann als demo¬ kratisch-republikanischer Sozialismus 'bezeichnet werden. Die Rechte wird sich mit dem Häuslein Reaktionären schleppen müssen, die als Klageweiber der Revolution, als Ankläger oder Schmoller, als greisenhafte wuclatores temporig seti ein klägliches Dasein fristen. Sie wild aber gut tun, d-ehe ihre reaktionären Mitläufer möolichst unschädlich zu machen, um sich nicht ohne Not mit ihren: Odium zu belasten. Denn die Rechte hat durchaus ihre positiven Aufgaben, zumal ihr die wichtige Rolle einer Oppositionspartei zufällt, deren Gefahr freilich, nicht aber deren Notwendigkeit ein unfruchtbarer Negativis- mus ist. .Auch die Rechte wird sich für einen organischen Fortgang der Sozia- lisierung auf dem Wege des Staatssozialismus einsetzen, wobei sie für eine ge¬ bührende Berücksichtigung des tiefgewurzelten seelischen Unterschiedes zwischen Stadt und Land eintritt. Dem mechanischen demokratischen Gleichheitsprinzip setzt sie das Prinzip aristokratischer Stufung entgegen, wobei sie in sehr viel stärkerem Maße als früher gegenüber dem bloßen Geburtsaristokratismus den Aristokratis¬ mus der individuellen Person und ihrer Leistung, insbesondere auch ihres geistigen

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_88238
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_88238/212
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_88238/212>, abgerufen am 24.11.2024.