Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Viertes Vierteljahr."I>, tausend Sunacii" und letzte ist. Da kommt noch das Europciertum, dann gar die Menschheit. Und Gewiß drängen sie dazu. Gewiß -- das sei gar nicht geleugnet -- schärft Sieht man aber diese Gegensätze, fo rückt die Bewucherung des Bauern durch Von diesem Urgründe der Nahrungssicherung steigt der Unterschied der Erst wenn eine große Gefahr für das ganze Land, und damit für das Leben Aus diesem Einsempfinden könnte nun wirklich das wachsen, was nottut: „I>, tausend Sunacii" und letzte ist. Da kommt noch das Europciertum, dann gar die Menschheit. Und Gewiß drängen sie dazu. Gewiß — das sei gar nicht geleugnet — schärft Sieht man aber diese Gegensätze, fo rückt die Bewucherung des Bauern durch Von diesem Urgründe der Nahrungssicherung steigt der Unterschied der Erst wenn eine große Gefahr für das ganze Land, und damit für das Leben Aus diesem Einsempfinden könnte nun wirklich das wachsen, was nottut: <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0021" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/88259"/> <fw type="header" place="top"> „I>, tausend Sunacii"</fw><lb/> <p xml:id="ID_37" prev="#ID_36"> und letzte ist. Da kommt noch das Europciertum, dann gar die Menschheit. Und<lb/> nicht selten, daß nun auch jene Leiter noch bewußter oder halbbewußter Wirklich¬<lb/> keiten verlassen wird, daß das Verstandesmäßige abgelöst wird von dem<lb/> Phantasievollen oder Phantastischen, so daß das einzelne Menschen-Ich, an<lb/> keinerlei Wirklichkeit mehr gebunden, von sich aus in Sehnsucht, Gedanken und<lb/> Handeln den Weg unvermittelt zu jenem fernen Ziele Menschheit nimmt, die<lb/> keine Heimat mehr kennt und kein Vaterland außer der der ganzen Menschheit<lb/> gehörenden Erde. Und hier stelle ich nun die Frage: Glaubt man, daß solche<lb/> Extravaganz einem gesunden Menschen zustoßen könnte, der nicht nur ein wirk¬<lb/> liches Stück Erde in Besitz hat, sondern der es auch pflegt und bearbeitet und<lb/> seine Nahrung daraus empfängt? Und wenn nicht, soll man dann solchen<lb/> Boden- und Heimatlosen Wohl das Recht einräumen, über die innere und äußere<lb/> Gestaltung eines Landes mitzubestimmen?</p><lb/> <p xml:id="ID_38"> Gewiß drängen sie dazu. Gewiß — das sei gar nicht geleugnet — schärft<lb/> die ungeheuere Konkurrenz auf diesen Gebieten geistiger Arbeit die Einsicht, die<lb/> „Intelligenz", die Findigkeit. Gewiß ist es ebenso, daß die Bodenlosigkeit sie<lb/> zwingt, darauf zu denken, ihrem Lande und Volke eine Verfassung zu geben, die<lb/> ihnen, die von der einzigen Nahrungsquelle, die es gibt, vom Boden, aus¬<lb/> geschlossen sind, eine Nahrung sichert; daß sie also daraus ausgehen müssen, den<lb/> Landbauer von sich abhängig zu machen, wollen sie selbst nicht in volle Abhängig¬<lb/> keit von ihm geraten, so daß er ihnen nur Nahrung zukommen läßt für Werte, die<lb/> wirklich für ihn einen Wert haben. Aber ebenso sicher ist es auch, daß Land und<lb/> Volk uoch überall da verdarb, wo der „Intellektualismus", wo der „theoretische<lb/> Mensch" ans Ruder kam.</p><lb/> <p xml:id="ID_39"> Sieht man aber diese Gegensätze, fo rückt die Bewucherung des Bauern durch<lb/> jüdische Geldverleiher aus dem kleinen Gesichtskreise eines 'ekelhaften Gewinn-<lb/> strebens genau fo heraus, wie etwa die Tatsache irgendeiner Art konservativen<lb/> Strebens, das Volk dumm zu erhalten, ans der Enge eines blöden Herrschafts-<lb/> strebens heraustritt. Andere Mächte sind da am Werke; der Kampf um die<lb/> Existenzmöglichkeit schuf instinktiv diese primitiven Formen. Wie der<lb/> Bodenbesitzer die materielle und geistige Enteignung fürchten muß und deshalb<lb/> einen Intellektualismus bekämpft, der feine durch eine Geschlechterreihe errungene<lb/> Erfahrung antastet und über den Hansen zu -werfen droht, so sucht der Bodenlose<lb/> Einfluß auf den Boden und die Verwertung seiner Früchte zu gewinnen. Und<lb/> wie es gar keine Frage ist, daß all jene Betätigung auf geistigem Gebiete,<lb/> wie Handel, GeWerbetätigkeit, Wissenschaft usw. den Blick zwar' weitet und<lb/> intensiver gestaltet, aber auch fachmännisch vereinseitigt, so ist es ebenso sicher,<lb/> daß der beschränkte Wirkungskreis des Landbguers seinen Blick zwar beschränkt,<lb/> aber innerhalb seines nach allen Seiten sich erstreckenden Tätigkeitsgebietes das<lb/> Urteil sicherer, seine Handlung bestimmter, seine Haltung stärker machen muß,<lb/> weil hier das augenblicklich Notwendige feine stete Achtsamkeit und sein immer<lb/> bereites Eingreifen erfordert. - ,</p><lb/> <p xml:id="ID_40"> Von diesem Urgründe der Nahrungssicherung steigt der Unterschied der<lb/> Anschauung, der seelischen Veranlagung und des Handelns empor bis in die letzte«<lb/> Verzweigungen. Aber der Urgrund bleibt auch hier dem prüfenden Auge sichtbar<lb/> trotz aller krausen und verwischten Formen, die er im Lebenskampfe annimmt.</p><lb/> <p xml:id="ID_41"> Erst wenn eine große Gefahr für das ganze Land, und damit für das Leben<lb/> des ganzen Volkes eintritt, kommt in jenen „übertragenen" Patriotismus der<lb/> Bodenlosen ein Element des ursprünglichen Empfindens, das der Landbauer für<lb/> seine Heimatscholle hegt. Da erfaßt das Volk sich als Individuum, und daS<lb/> Vaterland wird nun handgreiflich zu jenem Stück Erde, das dem Individuum<lb/> „Voll" fein Leben sichert und seine Nahrung gewährt, das ihm gehört.</p><lb/> <p xml:id="ID_42" next="#ID_43"> Aus diesem Einsempfinden könnte nun wirklich das wachsen, was nottut:<lb/> erstens die Achtung vor dem Volksteile, der die Pflege und Bewirtschaftung deS<lb/> Landes in erster Linie übernahm. Zweitens mit dieser Achtung auch die<lb/> Anerkennung seiner Neigung zu einer auf langer Erfahrung beruhenden Stetig¬<lb/> keit. Drittens der Wille, diesen Bevölkerungsteil, der die Physische Grundlage</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0021]
„I>, tausend Sunacii"
und letzte ist. Da kommt noch das Europciertum, dann gar die Menschheit. Und
nicht selten, daß nun auch jene Leiter noch bewußter oder halbbewußter Wirklich¬
keiten verlassen wird, daß das Verstandesmäßige abgelöst wird von dem
Phantasievollen oder Phantastischen, so daß das einzelne Menschen-Ich, an
keinerlei Wirklichkeit mehr gebunden, von sich aus in Sehnsucht, Gedanken und
Handeln den Weg unvermittelt zu jenem fernen Ziele Menschheit nimmt, die
keine Heimat mehr kennt und kein Vaterland außer der der ganzen Menschheit
gehörenden Erde. Und hier stelle ich nun die Frage: Glaubt man, daß solche
Extravaganz einem gesunden Menschen zustoßen könnte, der nicht nur ein wirk¬
liches Stück Erde in Besitz hat, sondern der es auch pflegt und bearbeitet und
seine Nahrung daraus empfängt? Und wenn nicht, soll man dann solchen
Boden- und Heimatlosen Wohl das Recht einräumen, über die innere und äußere
Gestaltung eines Landes mitzubestimmen?
Gewiß drängen sie dazu. Gewiß — das sei gar nicht geleugnet — schärft
die ungeheuere Konkurrenz auf diesen Gebieten geistiger Arbeit die Einsicht, die
„Intelligenz", die Findigkeit. Gewiß ist es ebenso, daß die Bodenlosigkeit sie
zwingt, darauf zu denken, ihrem Lande und Volke eine Verfassung zu geben, die
ihnen, die von der einzigen Nahrungsquelle, die es gibt, vom Boden, aus¬
geschlossen sind, eine Nahrung sichert; daß sie also daraus ausgehen müssen, den
Landbauer von sich abhängig zu machen, wollen sie selbst nicht in volle Abhängig¬
keit von ihm geraten, so daß er ihnen nur Nahrung zukommen läßt für Werte, die
wirklich für ihn einen Wert haben. Aber ebenso sicher ist es auch, daß Land und
Volk uoch überall da verdarb, wo der „Intellektualismus", wo der „theoretische
Mensch" ans Ruder kam.
Sieht man aber diese Gegensätze, fo rückt die Bewucherung des Bauern durch
jüdische Geldverleiher aus dem kleinen Gesichtskreise eines 'ekelhaften Gewinn-
strebens genau fo heraus, wie etwa die Tatsache irgendeiner Art konservativen
Strebens, das Volk dumm zu erhalten, ans der Enge eines blöden Herrschafts-
strebens heraustritt. Andere Mächte sind da am Werke; der Kampf um die
Existenzmöglichkeit schuf instinktiv diese primitiven Formen. Wie der
Bodenbesitzer die materielle und geistige Enteignung fürchten muß und deshalb
einen Intellektualismus bekämpft, der feine durch eine Geschlechterreihe errungene
Erfahrung antastet und über den Hansen zu -werfen droht, so sucht der Bodenlose
Einfluß auf den Boden und die Verwertung seiner Früchte zu gewinnen. Und
wie es gar keine Frage ist, daß all jene Betätigung auf geistigem Gebiete,
wie Handel, GeWerbetätigkeit, Wissenschaft usw. den Blick zwar' weitet und
intensiver gestaltet, aber auch fachmännisch vereinseitigt, so ist es ebenso sicher,
daß der beschränkte Wirkungskreis des Landbguers seinen Blick zwar beschränkt,
aber innerhalb seines nach allen Seiten sich erstreckenden Tätigkeitsgebietes das
Urteil sicherer, seine Handlung bestimmter, seine Haltung stärker machen muß,
weil hier das augenblicklich Notwendige feine stete Achtsamkeit und sein immer
bereites Eingreifen erfordert. - ,
Von diesem Urgründe der Nahrungssicherung steigt der Unterschied der
Anschauung, der seelischen Veranlagung und des Handelns empor bis in die letzte«
Verzweigungen. Aber der Urgrund bleibt auch hier dem prüfenden Auge sichtbar
trotz aller krausen und verwischten Formen, die er im Lebenskampfe annimmt.
Erst wenn eine große Gefahr für das ganze Land, und damit für das Leben
des ganzen Volkes eintritt, kommt in jenen „übertragenen" Patriotismus der
Bodenlosen ein Element des ursprünglichen Empfindens, das der Landbauer für
seine Heimatscholle hegt. Da erfaßt das Volk sich als Individuum, und daS
Vaterland wird nun handgreiflich zu jenem Stück Erde, das dem Individuum
„Voll" fein Leben sichert und seine Nahrung gewährt, das ihm gehört.
Aus diesem Einsempfinden könnte nun wirklich das wachsen, was nottut:
erstens die Achtung vor dem Volksteile, der die Pflege und Bewirtschaftung deS
Landes in erster Linie übernahm. Zweitens mit dieser Achtung auch die
Anerkennung seiner Neigung zu einer auf langer Erfahrung beruhenden Stetig¬
keit. Drittens der Wille, diesen Bevölkerungsteil, der die Physische Grundlage
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