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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Drittes Vierteljahr.

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lischen Vettern für das auserwählte Volk, das zur Weltherrschaft berufen ist -->
und den geringen Mitteln zu ihrer Verwirklichung bestand, und sodann in dem
latenten Kriegszustande, in dem die Vereinigten Staaten seit langem sich zu
Japan befanden. Es ist in Amerika wie in Japan ein unverrückbarer Glaubens¬
satz, daß der nächste Weltkrieg zwischen beiden Völkern um die Herrschaft im
Pazifik entbrennen wird. Amerika mußte nun während des .Krieges mit steigen¬
der Besorgnis erkennen, wie Japan, ohne sich um den Kontinentalkrieg ernstlich
zu kümmern, aus der Gebundenheit der europäischen Staaten nur persönlichen
Vorteil zog, wie es die deutschen Kolonien im Pazifik besetzte, wie seine Kassen
infolge der gewaltigen Materiallieferungen an Rußland sich füllten, wie die halb
friedliche, halb erzwungene Durchdringung Chinas, feines ungeheuren Hinter¬
landes, das ihm unermeßliche Massen für den Zukunftskrieg zur Verfügung
stellen konnte, stetige Fortschritte machte, wie endlich ein neues, gewaltiges
Flottenprögramm seine maritime Überlegenheit immer mehr zu befestigen drohte.
Es ist kaum zu bezweifeln: jenes Bewußtsein der eigenen militärischen Schwäche
und jene Besorgnis vor Japans ständig steigender Stärke haben für die Entschei¬
dung des Kongresses den Ausschlag gegeben. Eine Teilnahme am Weltkriege
änderte mit einem Schlage die gesamte politische Stellung Amerikas, sie gab dem
jungen Riesen mit einem Male die Waffen in die Hand, deren er im kommenden
Lebenskampf unbedingt bedürfte. Und neben diesem persönlichen Vorteil trug
ihm diese Teilnahme noch den nicht zu verachtenden Dank Englands ein; die Ver¬
bindung mit England ist sicherlich als Dauerbündnis geschlossen worden -- sie
sollte ja uach Auffassung der englischen Diplomaten dem Verbündeten Angel-
sachsentum die Weltherrschaft ermöglichen -- und verpflichtete demgemäß Eng¬
land auch zur Hilfeleistung gegen Japan. Ob noch andere Zugeständnisse bei der
Aufrechnung von den britischen Diplomaten gemacht find, entzieht sich der Beur¬
teilung; man könnte etwa an die Abtretung Kanadas denken, das schon mehrfach
eine bedenkliche Hinneigung zu seinem Nachbar gezeigt hat und dessen allmähliche
Amerikanisierung zweifellos zu erwarten ist. Zu groß wäre auch dieser Preis
nicht; man bedenke, es geht in dem Weltkriege, wie er sich jetzt entwickelt hat, um
die Teilung der Welt! "Die vereinigten Angelsachsen Herren der Welt!" das
müßte der'Wappenspruch unserer Gegner sein, wenn bei ihnen nicht die Lüge
regierte. "Die Engländer nach Zertrümmerung Deutschlands Herren des Indi¬
schen Ozeans und seiner sämtlichen Gestade, die Amerikaner nach Zertrümmerung
Japans Herren des Pazifik, beide gemeinsam Herren des Atlantik!" das ist das
Zukunftsprogramm des angelsächsischen Völkerbundes. Sein erster Teil ist bis
auf die Zertrümmerung Deutschlands von den Briten so ziemlich zur Aus¬
führung gebracht; wenigstens haben sie die deutschen Kolonien in Afrika, Ägypten,
große Teile Arabiens, Palästinas, Mesopotamiens und Persiens erobert. Die
alten dünnklingenden Losungsworte "Vom Kap bis Kairo", "Bon Kairo bis .Kal¬
kutta", sind während des 'Weltkrieges unter der Gunst der Ereignisse zu der
schmetternden Fanfare umgetont worden, die die Umivandlung des Indischen
Ozeans zu einem britischen Binnensee, seiner Gestade zu britischen Besitz ver¬
kündet. Die mächtigen Grundsäulen dieses unermeßlichen Kolonialreiches würden
Australien und Südafrika bilden, Indien seine schimmernde Kuppel, das Raub¬
gut dieses Krieges oder der Besitz britischer Helotenstaaten die starkgefügten
Seitenwände. Nicht von Japan her droht den holländischen Kolonien Gefahr,
sondern von diesen Plänen Englands.

So sehen wir, was aus dem ursprünglichen Kontinentalkrieg, aus dem Duell
Englands und Deutschlands in seinem letzten Stadium geworden ist: ein Kampf
um die Herrschaft der gesamten Welt auf der einen Seite, ein Kampf um die Er¬
haltung der eigenen und der Weltfreiheit auf der anderen. Was die harten
Angelsachsen als ilmlmschränkte Herren aus der Welt machen würden, ist nicht
schwer zu sagen: ein riesiges Ansbeutefeld für Truste und Unternehmer, die, unter
Verachtung jeglicher Sozialpolitik das Recht des Stärkeren verkündend, das
goldene Zeitalter der Monopole, der ungehemmten Plutokratie, des Massen-


Das politische lVcltgleichgewicht als Ziel des Weltkrieges

lischen Aspirationen der Union — auch die Amerikaner halten sich wie ihre eng¬
lischen Vettern für das auserwählte Volk, das zur Weltherrschaft berufen ist —>
und den geringen Mitteln zu ihrer Verwirklichung bestand, und sodann in dem
latenten Kriegszustande, in dem die Vereinigten Staaten seit langem sich zu
Japan befanden. Es ist in Amerika wie in Japan ein unverrückbarer Glaubens¬
satz, daß der nächste Weltkrieg zwischen beiden Völkern um die Herrschaft im
Pazifik entbrennen wird. Amerika mußte nun während des .Krieges mit steigen¬
der Besorgnis erkennen, wie Japan, ohne sich um den Kontinentalkrieg ernstlich
zu kümmern, aus der Gebundenheit der europäischen Staaten nur persönlichen
Vorteil zog, wie es die deutschen Kolonien im Pazifik besetzte, wie seine Kassen
infolge der gewaltigen Materiallieferungen an Rußland sich füllten, wie die halb
friedliche, halb erzwungene Durchdringung Chinas, feines ungeheuren Hinter¬
landes, das ihm unermeßliche Massen für den Zukunftskrieg zur Verfügung
stellen konnte, stetige Fortschritte machte, wie endlich ein neues, gewaltiges
Flottenprögramm seine maritime Überlegenheit immer mehr zu befestigen drohte.
Es ist kaum zu bezweifeln: jenes Bewußtsein der eigenen militärischen Schwäche
und jene Besorgnis vor Japans ständig steigender Stärke haben für die Entschei¬
dung des Kongresses den Ausschlag gegeben. Eine Teilnahme am Weltkriege
änderte mit einem Schlage die gesamte politische Stellung Amerikas, sie gab dem
jungen Riesen mit einem Male die Waffen in die Hand, deren er im kommenden
Lebenskampf unbedingt bedürfte. Und neben diesem persönlichen Vorteil trug
ihm diese Teilnahme noch den nicht zu verachtenden Dank Englands ein; die Ver¬
bindung mit England ist sicherlich als Dauerbündnis geschlossen worden — sie
sollte ja uach Auffassung der englischen Diplomaten dem Verbündeten Angel-
sachsentum die Weltherrschaft ermöglichen — und verpflichtete demgemäß Eng¬
land auch zur Hilfeleistung gegen Japan. Ob noch andere Zugeständnisse bei der
Aufrechnung von den britischen Diplomaten gemacht find, entzieht sich der Beur¬
teilung; man könnte etwa an die Abtretung Kanadas denken, das schon mehrfach
eine bedenkliche Hinneigung zu seinem Nachbar gezeigt hat und dessen allmähliche
Amerikanisierung zweifellos zu erwarten ist. Zu groß wäre auch dieser Preis
nicht; man bedenke, es geht in dem Weltkriege, wie er sich jetzt entwickelt hat, um
die Teilung der Welt! „Die vereinigten Angelsachsen Herren der Welt!" das
müßte der'Wappenspruch unserer Gegner sein, wenn bei ihnen nicht die Lüge
regierte. „Die Engländer nach Zertrümmerung Deutschlands Herren des Indi¬
schen Ozeans und seiner sämtlichen Gestade, die Amerikaner nach Zertrümmerung
Japans Herren des Pazifik, beide gemeinsam Herren des Atlantik!" das ist das
Zukunftsprogramm des angelsächsischen Völkerbundes. Sein erster Teil ist bis
auf die Zertrümmerung Deutschlands von den Briten so ziemlich zur Aus¬
führung gebracht; wenigstens haben sie die deutschen Kolonien in Afrika, Ägypten,
große Teile Arabiens, Palästinas, Mesopotamiens und Persiens erobert. Die
alten dünnklingenden Losungsworte „Vom Kap bis Kairo", „Bon Kairo bis .Kal¬
kutta", sind während des 'Weltkrieges unter der Gunst der Ereignisse zu der
schmetternden Fanfare umgetont worden, die die Umivandlung des Indischen
Ozeans zu einem britischen Binnensee, seiner Gestade zu britischen Besitz ver¬
kündet. Die mächtigen Grundsäulen dieses unermeßlichen Kolonialreiches würden
Australien und Südafrika bilden, Indien seine schimmernde Kuppel, das Raub¬
gut dieses Krieges oder der Besitz britischer Helotenstaaten die starkgefügten
Seitenwände. Nicht von Japan her droht den holländischen Kolonien Gefahr,
sondern von diesen Plänen Englands.

So sehen wir, was aus dem ursprünglichen Kontinentalkrieg, aus dem Duell
Englands und Deutschlands in seinem letzten Stadium geworden ist: ein Kampf
um die Herrschaft der gesamten Welt auf der einen Seite, ein Kampf um die Er¬
haltung der eigenen und der Weltfreiheit auf der anderen. Was die harten
Angelsachsen als ilmlmschränkte Herren aus der Welt machen würden, ist nicht
schwer zu sagen: ein riesiges Ansbeutefeld für Truste und Unternehmer, die, unter
Verachtung jeglicher Sozialpolitik das Recht des Stärkeren verkündend, das
goldene Zeitalter der Monopole, der ungehemmten Plutokratie, des Massen-


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[0322] Das politische lVcltgleichgewicht als Ziel des Weltkrieges lischen Aspirationen der Union — auch die Amerikaner halten sich wie ihre eng¬ lischen Vettern für das auserwählte Volk, das zur Weltherrschaft berufen ist —> und den geringen Mitteln zu ihrer Verwirklichung bestand, und sodann in dem latenten Kriegszustande, in dem die Vereinigten Staaten seit langem sich zu Japan befanden. Es ist in Amerika wie in Japan ein unverrückbarer Glaubens¬ satz, daß der nächste Weltkrieg zwischen beiden Völkern um die Herrschaft im Pazifik entbrennen wird. Amerika mußte nun während des .Krieges mit steigen¬ der Besorgnis erkennen, wie Japan, ohne sich um den Kontinentalkrieg ernstlich zu kümmern, aus der Gebundenheit der europäischen Staaten nur persönlichen Vorteil zog, wie es die deutschen Kolonien im Pazifik besetzte, wie seine Kassen infolge der gewaltigen Materiallieferungen an Rußland sich füllten, wie die halb friedliche, halb erzwungene Durchdringung Chinas, feines ungeheuren Hinter¬ landes, das ihm unermeßliche Massen für den Zukunftskrieg zur Verfügung stellen konnte, stetige Fortschritte machte, wie endlich ein neues, gewaltiges Flottenprögramm seine maritime Überlegenheit immer mehr zu befestigen drohte. Es ist kaum zu bezweifeln: jenes Bewußtsein der eigenen militärischen Schwäche und jene Besorgnis vor Japans ständig steigender Stärke haben für die Entschei¬ dung des Kongresses den Ausschlag gegeben. Eine Teilnahme am Weltkriege änderte mit einem Schlage die gesamte politische Stellung Amerikas, sie gab dem jungen Riesen mit einem Male die Waffen in die Hand, deren er im kommenden Lebenskampf unbedingt bedürfte. Und neben diesem persönlichen Vorteil trug ihm diese Teilnahme noch den nicht zu verachtenden Dank Englands ein; die Ver¬ bindung mit England ist sicherlich als Dauerbündnis geschlossen worden — sie sollte ja uach Auffassung der englischen Diplomaten dem Verbündeten Angel- sachsentum die Weltherrschaft ermöglichen — und verpflichtete demgemäß Eng¬ land auch zur Hilfeleistung gegen Japan. Ob noch andere Zugeständnisse bei der Aufrechnung von den britischen Diplomaten gemacht find, entzieht sich der Beur¬ teilung; man könnte etwa an die Abtretung Kanadas denken, das schon mehrfach eine bedenkliche Hinneigung zu seinem Nachbar gezeigt hat und dessen allmähliche Amerikanisierung zweifellos zu erwarten ist. Zu groß wäre auch dieser Preis nicht; man bedenke, es geht in dem Weltkriege, wie er sich jetzt entwickelt hat, um die Teilung der Welt! „Die vereinigten Angelsachsen Herren der Welt!" das müßte der'Wappenspruch unserer Gegner sein, wenn bei ihnen nicht die Lüge regierte. „Die Engländer nach Zertrümmerung Deutschlands Herren des Indi¬ schen Ozeans und seiner sämtlichen Gestade, die Amerikaner nach Zertrümmerung Japans Herren des Pazifik, beide gemeinsam Herren des Atlantik!" das ist das Zukunftsprogramm des angelsächsischen Völkerbundes. Sein erster Teil ist bis auf die Zertrümmerung Deutschlands von den Briten so ziemlich zur Aus¬ führung gebracht; wenigstens haben sie die deutschen Kolonien in Afrika, Ägypten, große Teile Arabiens, Palästinas, Mesopotamiens und Persiens erobert. Die alten dünnklingenden Losungsworte „Vom Kap bis Kairo", „Bon Kairo bis .Kal¬ kutta", sind während des 'Weltkrieges unter der Gunst der Ereignisse zu der schmetternden Fanfare umgetont worden, die die Umivandlung des Indischen Ozeans zu einem britischen Binnensee, seiner Gestade zu britischen Besitz ver¬ kündet. Die mächtigen Grundsäulen dieses unermeßlichen Kolonialreiches würden Australien und Südafrika bilden, Indien seine schimmernde Kuppel, das Raub¬ gut dieses Krieges oder der Besitz britischer Helotenstaaten die starkgefügten Seitenwände. Nicht von Japan her droht den holländischen Kolonien Gefahr, sondern von diesen Plänen Englands. So sehen wir, was aus dem ursprünglichen Kontinentalkrieg, aus dem Duell Englands und Deutschlands in seinem letzten Stadium geworden ist: ein Kampf um die Herrschaft der gesamten Welt auf der einen Seite, ein Kampf um die Er¬ haltung der eigenen und der Weltfreiheit auf der anderen. Was die harten Angelsachsen als ilmlmschränkte Herren aus der Welt machen würden, ist nicht schwer zu sagen: ein riesiges Ansbeutefeld für Truste und Unternehmer, die, unter Verachtung jeglicher Sozialpolitik das Recht des Stärkeren verkündend, das goldene Zeitalter der Monopole, der ungehemmten Plutokratie, des Massen-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333844/322>, abgerufen am 22.07.2024.