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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Drittes Vierteljahr.

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nicht vernichtet werden kann, zu tatsächlicher Machtlosigkeit herabgedrückt werden."
Er meint damit Deutschland, das er für den Urheber des Weltkrieges hält. "Alle
territorialen und Svuveränitätsfragen sollen durch freie Annahme der Regelung
durch die betroffenen Völker erledigt werden." Er zielt damit auf Elsaß-Lothringen
und die Abschaffung der Hohenzollern-Dynastie. ,,Alle Völker sollen einwilligen,
sich von den Grundsätzen der Ehre und Achtung leiten zu lassen, dergestalt, daß
alle Versprechungen und Verträge gewissenhaft gehalten, keine Sonderanschläge
und Verschwörungen angezettelt und wechselseitiges Vertrauen auf der Basis
wechselseitiger Achtung vor dem Recht geschaffen wird." Alles das richtet sich gegen
uns, als denjenigen Staat, der nach dem Urteil Amerikas die Verträge über
Belgien gebrochen, Sondrranschlüge und Verschwörungen in den Vereinigten
Staaten angezettelt und nach Wilsons Meinung das Recht mit Füßen getreten
hat. Wilsons Bild mutet uns an wie das des Pharisäers, der vor die Welt und
Gott hintritt, auf seine Verdienste hinweist und Gott preist, daß er nicht ist. wie
jener Zöllner. Christus würde sicherlich zu ihm treten und ihm auf seine erhabenen
Reden antworten: was siehst Du nur den Splitter in Deines Bruders Auge und
hast nicht Acht auf den Balken in Deinem eigenen? Auch seine Völkerbundsidee
ist eine pharisäische. Denn es ergibt sich klar aus Wilsons Worten, daß nach
seiner Idee die kommende Friedensorganisation in erster Linie ungegründet
werden soll, nur solche "Räuberstaaten" wie Deutschland im Interesse der Entente
und Amerikas zu beaufsichtigen und politisch unschädlich zu machen.

Das hat auch Balfour ganz deutlich gesagt: erst die Unterwerfung Deutsch¬
lands und dann als Supplement: Die Liga der Nationen zur Erzwingung des
ewigen Friedens -- um der Entente die Siegesfrüchte dauernd zu sichern. --
So mal: sich die Welt in den Köpfen Wilsons und der englischen Konservativen.

Weniger offen pflegen sich die englischen Liberalen auszudrücken. Sie sind
außenpolitisch vorsichtiger, legen sich nicht fest und schätzen die Wirklichkeit anders
und besser ein. Asquith hat mehrere Male die Notwendigkeit des Völkerbundes
betont. In derselben Rede im Aldwychllub, in der er die Entschlossenheit Eng¬
lands, to prsss ein to dirs iinal aLLompIisIunent, hervorhob, sagte er, es sei "nur
ein Friede wert geschlossen zu werden und zwar ein solcher, der einen neuen
Weg allen Völkern, großen und kleinen, frei von Zoll, eröffne, einen Weg, der
gesichert sei durch den gemeinsamen Willen und wenn nötig durch die gemeinsame
Macht für den weiteren Fortschritt der Menschheit." Das klingt im Ton immerhin
anders als Balfours Reoe.

Nimmt man es zusammen mit seinen Worten vom klint ÄLcompIisIrment,
so könnte man trotzdem der Ansicht sein, daß es sich hier lediglich um eine andere
Methode handelt, im Grunde aber die Sache und die Gefühle des Redners die¬
selben seien. Und sicherlich -- wenn es nach dem Herzen Asquiths gehen könnte,
so würde er zweifelsohne und allzugern mit Balfour sein vollstes Einverständnis
erklären, aber er ist sich wohl klar darüber, saß es nicht so gehen kann. Denn
die Rede Asquiths enthält unter anderem doch auch den bekannten Ruf nach
Wahrheit, nach der vollen Wahrheit, es ist diejenige Rede, in der den Engländern
Geduld und Mut und Ruhe zugesprochen wird. Wir kennen ferner Asquiths
Äußerung zu Bonar Laws Rede, in der er in harter Kühle ausspricht, daß jetzt
nicht die Zeit für Phrasentum und Rhetorik sei (er kennzeichnet Bonar Laws
Äußerungen als unclue, artioulate ane! vooal Loki-LonücwnLö). -- Sollte also bei
Asquith die idealistische Betonung des englischen Kriegszieles im Grunde weiter
nichts sein als das Sicherheitsventil, das gezogen wird in dem Gefühle, daß die
Sache wahrscheinlich doch nicht so aussehen wird, wie Lloyd George, Bonar Law
und Balfour es träumen? Soll die Gesellschaft der Nationen, wenn der erhoffte
Waffensieg ausbleibt, schließlich das ersetzen, was England auf dem Wege der
Gemalt nicht erreichen kann? Nehmen wir Greys letzte Aufsehen erregende
Äußerung gu Hilfe, um zur Klarheit zu kommen.

Das Charakterbild von Grey schwankt in der Geschichte. Nach den Lich-
nowsky-Enthüllungen wird er in England als der Mann hingestellt, "der mit


Der Völkerbund

nicht vernichtet werden kann, zu tatsächlicher Machtlosigkeit herabgedrückt werden."
Er meint damit Deutschland, das er für den Urheber des Weltkrieges hält. „Alle
territorialen und Svuveränitätsfragen sollen durch freie Annahme der Regelung
durch die betroffenen Völker erledigt werden." Er zielt damit auf Elsaß-Lothringen
und die Abschaffung der Hohenzollern-Dynastie. ,,Alle Völker sollen einwilligen,
sich von den Grundsätzen der Ehre und Achtung leiten zu lassen, dergestalt, daß
alle Versprechungen und Verträge gewissenhaft gehalten, keine Sonderanschläge
und Verschwörungen angezettelt und wechselseitiges Vertrauen auf der Basis
wechselseitiger Achtung vor dem Recht geschaffen wird." Alles das richtet sich gegen
uns, als denjenigen Staat, der nach dem Urteil Amerikas die Verträge über
Belgien gebrochen, Sondrranschlüge und Verschwörungen in den Vereinigten
Staaten angezettelt und nach Wilsons Meinung das Recht mit Füßen getreten
hat. Wilsons Bild mutet uns an wie das des Pharisäers, der vor die Welt und
Gott hintritt, auf seine Verdienste hinweist und Gott preist, daß er nicht ist. wie
jener Zöllner. Christus würde sicherlich zu ihm treten und ihm auf seine erhabenen
Reden antworten: was siehst Du nur den Splitter in Deines Bruders Auge und
hast nicht Acht auf den Balken in Deinem eigenen? Auch seine Völkerbundsidee
ist eine pharisäische. Denn es ergibt sich klar aus Wilsons Worten, daß nach
seiner Idee die kommende Friedensorganisation in erster Linie ungegründet
werden soll, nur solche „Räuberstaaten" wie Deutschland im Interesse der Entente
und Amerikas zu beaufsichtigen und politisch unschädlich zu machen.

Das hat auch Balfour ganz deutlich gesagt: erst die Unterwerfung Deutsch¬
lands und dann als Supplement: Die Liga der Nationen zur Erzwingung des
ewigen Friedens — um der Entente die Siegesfrüchte dauernd zu sichern. —
So mal: sich die Welt in den Köpfen Wilsons und der englischen Konservativen.

Weniger offen pflegen sich die englischen Liberalen auszudrücken. Sie sind
außenpolitisch vorsichtiger, legen sich nicht fest und schätzen die Wirklichkeit anders
und besser ein. Asquith hat mehrere Male die Notwendigkeit des Völkerbundes
betont. In derselben Rede im Aldwychllub, in der er die Entschlossenheit Eng¬
lands, to prsss ein to dirs iinal aLLompIisIunent, hervorhob, sagte er, es sei „nur
ein Friede wert geschlossen zu werden und zwar ein solcher, der einen neuen
Weg allen Völkern, großen und kleinen, frei von Zoll, eröffne, einen Weg, der
gesichert sei durch den gemeinsamen Willen und wenn nötig durch die gemeinsame
Macht für den weiteren Fortschritt der Menschheit." Das klingt im Ton immerhin
anders als Balfours Reoe.

Nimmt man es zusammen mit seinen Worten vom klint ÄLcompIisIrment,
so könnte man trotzdem der Ansicht sein, daß es sich hier lediglich um eine andere
Methode handelt, im Grunde aber die Sache und die Gefühle des Redners die¬
selben seien. Und sicherlich — wenn es nach dem Herzen Asquiths gehen könnte,
so würde er zweifelsohne und allzugern mit Balfour sein vollstes Einverständnis
erklären, aber er ist sich wohl klar darüber, saß es nicht so gehen kann. Denn
die Rede Asquiths enthält unter anderem doch auch den bekannten Ruf nach
Wahrheit, nach der vollen Wahrheit, es ist diejenige Rede, in der den Engländern
Geduld und Mut und Ruhe zugesprochen wird. Wir kennen ferner Asquiths
Äußerung zu Bonar Laws Rede, in der er in harter Kühle ausspricht, daß jetzt
nicht die Zeit für Phrasentum und Rhetorik sei (er kennzeichnet Bonar Laws
Äußerungen als unclue, artioulate ane! vooal Loki-LonücwnLö). — Sollte also bei
Asquith die idealistische Betonung des englischen Kriegszieles im Grunde weiter
nichts sein als das Sicherheitsventil, das gezogen wird in dem Gefühle, daß die
Sache wahrscheinlich doch nicht so aussehen wird, wie Lloyd George, Bonar Law
und Balfour es träumen? Soll die Gesellschaft der Nationen, wenn der erhoffte
Waffensieg ausbleibt, schließlich das ersetzen, was England auf dem Wege der
Gemalt nicht erreichen kann? Nehmen wir Greys letzte Aufsehen erregende
Äußerung gu Hilfe, um zur Klarheit zu kommen.

Das Charakterbild von Grey schwankt in der Geschichte. Nach den Lich-
nowsky-Enthüllungen wird er in England als der Mann hingestellt, „der mit


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[0190] Der Völkerbund nicht vernichtet werden kann, zu tatsächlicher Machtlosigkeit herabgedrückt werden." Er meint damit Deutschland, das er für den Urheber des Weltkrieges hält. „Alle territorialen und Svuveränitätsfragen sollen durch freie Annahme der Regelung durch die betroffenen Völker erledigt werden." Er zielt damit auf Elsaß-Lothringen und die Abschaffung der Hohenzollern-Dynastie. ,,Alle Völker sollen einwilligen, sich von den Grundsätzen der Ehre und Achtung leiten zu lassen, dergestalt, daß alle Versprechungen und Verträge gewissenhaft gehalten, keine Sonderanschläge und Verschwörungen angezettelt und wechselseitiges Vertrauen auf der Basis wechselseitiger Achtung vor dem Recht geschaffen wird." Alles das richtet sich gegen uns, als denjenigen Staat, der nach dem Urteil Amerikas die Verträge über Belgien gebrochen, Sondrranschlüge und Verschwörungen in den Vereinigten Staaten angezettelt und nach Wilsons Meinung das Recht mit Füßen getreten hat. Wilsons Bild mutet uns an wie das des Pharisäers, der vor die Welt und Gott hintritt, auf seine Verdienste hinweist und Gott preist, daß er nicht ist. wie jener Zöllner. Christus würde sicherlich zu ihm treten und ihm auf seine erhabenen Reden antworten: was siehst Du nur den Splitter in Deines Bruders Auge und hast nicht Acht auf den Balken in Deinem eigenen? Auch seine Völkerbundsidee ist eine pharisäische. Denn es ergibt sich klar aus Wilsons Worten, daß nach seiner Idee die kommende Friedensorganisation in erster Linie ungegründet werden soll, nur solche „Räuberstaaten" wie Deutschland im Interesse der Entente und Amerikas zu beaufsichtigen und politisch unschädlich zu machen. Das hat auch Balfour ganz deutlich gesagt: erst die Unterwerfung Deutsch¬ lands und dann als Supplement: Die Liga der Nationen zur Erzwingung des ewigen Friedens — um der Entente die Siegesfrüchte dauernd zu sichern. — So mal: sich die Welt in den Köpfen Wilsons und der englischen Konservativen. Weniger offen pflegen sich die englischen Liberalen auszudrücken. Sie sind außenpolitisch vorsichtiger, legen sich nicht fest und schätzen die Wirklichkeit anders und besser ein. Asquith hat mehrere Male die Notwendigkeit des Völkerbundes betont. In derselben Rede im Aldwychllub, in der er die Entschlossenheit Eng¬ lands, to prsss ein to dirs iinal aLLompIisIunent, hervorhob, sagte er, es sei „nur ein Friede wert geschlossen zu werden und zwar ein solcher, der einen neuen Weg allen Völkern, großen und kleinen, frei von Zoll, eröffne, einen Weg, der gesichert sei durch den gemeinsamen Willen und wenn nötig durch die gemeinsame Macht für den weiteren Fortschritt der Menschheit." Das klingt im Ton immerhin anders als Balfours Reoe. Nimmt man es zusammen mit seinen Worten vom klint ÄLcompIisIrment, so könnte man trotzdem der Ansicht sein, daß es sich hier lediglich um eine andere Methode handelt, im Grunde aber die Sache und die Gefühle des Redners die¬ selben seien. Und sicherlich — wenn es nach dem Herzen Asquiths gehen könnte, so würde er zweifelsohne und allzugern mit Balfour sein vollstes Einverständnis erklären, aber er ist sich wohl klar darüber, saß es nicht so gehen kann. Denn die Rede Asquiths enthält unter anderem doch auch den bekannten Ruf nach Wahrheit, nach der vollen Wahrheit, es ist diejenige Rede, in der den Engländern Geduld und Mut und Ruhe zugesprochen wird. Wir kennen ferner Asquiths Äußerung zu Bonar Laws Rede, in der er in harter Kühle ausspricht, daß jetzt nicht die Zeit für Phrasentum und Rhetorik sei (er kennzeichnet Bonar Laws Äußerungen als unclue, artioulate ane! vooal Loki-LonücwnLö). — Sollte also bei Asquith die idealistische Betonung des englischen Kriegszieles im Grunde weiter nichts sein als das Sicherheitsventil, das gezogen wird in dem Gefühle, daß die Sache wahrscheinlich doch nicht so aussehen wird, wie Lloyd George, Bonar Law und Balfour es träumen? Soll die Gesellschaft der Nationen, wenn der erhoffte Waffensieg ausbleibt, schließlich das ersetzen, was England auf dem Wege der Gemalt nicht erreichen kann? Nehmen wir Greys letzte Aufsehen erregende Äußerung gu Hilfe, um zur Klarheit zu kommen. Das Charakterbild von Grey schwankt in der Geschichte. Nach den Lich- nowsky-Enthüllungen wird er in England als der Mann hingestellt, „der mit

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333844/190>, abgerufen am 29.06.2024.