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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Drittes Vierteljahr.

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Iugendxolitik, Iugendrecht und Iugendwohlfahrt

Iugendpolitik, Iugendrecht und Iugendwohlfahrt
Wirklichen Geheimen Admiralitätsrat Dr. Fe tisch,
Abteilungschef im Reichsmarineamte vom

HMKM
M>on den drei Begriffen: Jugendpolitik, Jugendrecht und Jugend¬
wohlfahrt ist der letztere allgemein anerkannt, die beiden anderen
aber umstritten. Jugendwohlfahrt ist ein Erbe der Vergangenheit
und wird wie bisher allezeit ein Gegenstand der Betätigung bleiben.
Jugendpolitik ist die Aufgabe unserer Gegenwart und Jugendrecht
^unsere Hoffnung für die Zukunft. Unter Jugend wird hierbei
jedesmal' die Gesamtheit der noch nicht volljährigen Personen verstanden,
wobei die Fürsorge bereits dem keimenden Leben vor dem Geburtsakte entgegen¬
gebracht wird.

Die heutige Jugendbewegung fordert, daß zunächst mit einer einheitlichen
Jugendpolitik begonnen wird. Jede Politik ist als eine Staatskunst eben eine
Kunst und verlangt daher ein Können; sie ist aber zugleich eine Wissenschaft, die
das Verständnis für den Staat und das öffentliche Leben vermittelt, die Regeln
für die Beziehungen zwischen dem einzelnen und der Gemeinschaft aufstellt und
dadurch die Richtungen für die praktische Einwirkung auf die öffentlichen Dinge
darbietet. Somit wird unter Jugendpolitik die auf der Siaatswissenschaft be¬
ruhende Staatskunst verstanden, die als ein Teil der allgemeinen Politik mit den
Mitteln des Erreichbaren die besten Maßnahmen und Einrichtungen für die Jugend
im Staate trifft. Die Jugendpolitik muß hiernach die für sie in Betracht
kommenden wissenschaftlichen Probleme voll erfassen, dann aber mit dieser Kenntnis
sich praktischen Zielen zuwenden und wiederum zu deren Erreichung allgemeine
Leitsätze aufstellen. Umgekehrt muß die allgemeine Politik die Rückwirkungen
ihrer Maßnahmen auf die Jugend nicht aus dem Auge verlieren. Entschließt
man sich beispielsweise für eine Reihe von Vorschriften, die einen Sparzwang für
Jugendliche durchführen wollen, so darf man keine allgemeine Steuerpolitik
treiben, die den Spartrieb der Erwachsenen lähmt. Bei dem umfassenden Charakter
der Jugendfrciqe ergibt sich zugleich deren Zusammenhang mit der Kirchenpolitik,,
der Schulpolitik, der Sozialpolitik, der Wirtschaftspolitik und anderen großen
Zweigen der allgemeinen Staatskunst; außerdem spielen in ihr die Aufgaben der
Erziehung und die Forderungen der Sittlichkeit eine sehr große Rolle. Unter
Berücksichtigung alles dieses hat die Jugendpolitik die großen Richtlinien fest¬
zulegen, die für die Jugendgesetzgebung und für die Verwaltung sowie für die
Jugendwohlfahrt maßgebend sein sollen. Als ein erster von solchen Kernsätzen
wird der aufgestellt, daß das Kind einen öffentlichrechtlichen Anspruch auf Erziehung
hat. Wird diese schon heut in manchen Gesetzen zum Durchbruch kommende For¬
derung allgemein anerkannt, so ist der Rückschlag offensichtlich, der dadurch auf
die Armengesetzgebung und auf die Ersatzerziehung entstehen muß. Um ein anderes
Beispiel und zwar aus der Schulpolitik heranzuziehen, so leuchtet es ein, was
die Durchsetzung des Verlangens bedeuten würde, daß unsere Lcrnschule zu einer
Erziehungsschule umgewandelt wird. Wir können uns dem nicht verschließen,
daß wir zu viel Wert auf die Anhäufung von Wissen legen, und daß darüber
die Charakterbildung und bei den Erziehern selbst die Kunst der Menschenbehandlung
vernachlässigt wird. Alle diese Fragen sollten turmhoch über dem Parteileben
stehen und in Beobachtung der Grundsätze der Staatserhaltung nach Vaterlands
schen Gesichtspunkeen unter Vermeidung jeder Interessenpolitik geregelt werden.
Anzustreben ist hierbei, daß unsere Jugendlichen durch eine auf dein Grundsatze
der Freiheit beruhende Erziehung zu selbstverantwortlichen Persönlichkeiten heran¬
gebildet werden, die nach dem Maße der eigenen Kraft wirksam werden und mit
Charakterfestigkeit selbständig als in sich ausgeglichene Persönlichkeiten ihrem eigenen
Ziele in Selbstzucht nachgehenHilfe zur Selbsthilfe, Erziehung zur Selbsterziehung
ist hierfür der rechte Weg. Dann wird sich auch der Jugendliche leicht in das


Iugendxolitik, Iugendrecht und Iugendwohlfahrt

Iugendpolitik, Iugendrecht und Iugendwohlfahrt
Wirklichen Geheimen Admiralitätsrat Dr. Fe tisch,
Abteilungschef im Reichsmarineamte vom

HMKM
M>on den drei Begriffen: Jugendpolitik, Jugendrecht und Jugend¬
wohlfahrt ist der letztere allgemein anerkannt, die beiden anderen
aber umstritten. Jugendwohlfahrt ist ein Erbe der Vergangenheit
und wird wie bisher allezeit ein Gegenstand der Betätigung bleiben.
Jugendpolitik ist die Aufgabe unserer Gegenwart und Jugendrecht
^unsere Hoffnung für die Zukunft. Unter Jugend wird hierbei
jedesmal' die Gesamtheit der noch nicht volljährigen Personen verstanden,
wobei die Fürsorge bereits dem keimenden Leben vor dem Geburtsakte entgegen¬
gebracht wird.

Die heutige Jugendbewegung fordert, daß zunächst mit einer einheitlichen
Jugendpolitik begonnen wird. Jede Politik ist als eine Staatskunst eben eine
Kunst und verlangt daher ein Können; sie ist aber zugleich eine Wissenschaft, die
das Verständnis für den Staat und das öffentliche Leben vermittelt, die Regeln
für die Beziehungen zwischen dem einzelnen und der Gemeinschaft aufstellt und
dadurch die Richtungen für die praktische Einwirkung auf die öffentlichen Dinge
darbietet. Somit wird unter Jugendpolitik die auf der Siaatswissenschaft be¬
ruhende Staatskunst verstanden, die als ein Teil der allgemeinen Politik mit den
Mitteln des Erreichbaren die besten Maßnahmen und Einrichtungen für die Jugend
im Staate trifft. Die Jugendpolitik muß hiernach die für sie in Betracht
kommenden wissenschaftlichen Probleme voll erfassen, dann aber mit dieser Kenntnis
sich praktischen Zielen zuwenden und wiederum zu deren Erreichung allgemeine
Leitsätze aufstellen. Umgekehrt muß die allgemeine Politik die Rückwirkungen
ihrer Maßnahmen auf die Jugend nicht aus dem Auge verlieren. Entschließt
man sich beispielsweise für eine Reihe von Vorschriften, die einen Sparzwang für
Jugendliche durchführen wollen, so darf man keine allgemeine Steuerpolitik
treiben, die den Spartrieb der Erwachsenen lähmt. Bei dem umfassenden Charakter
der Jugendfrciqe ergibt sich zugleich deren Zusammenhang mit der Kirchenpolitik,,
der Schulpolitik, der Sozialpolitik, der Wirtschaftspolitik und anderen großen
Zweigen der allgemeinen Staatskunst; außerdem spielen in ihr die Aufgaben der
Erziehung und die Forderungen der Sittlichkeit eine sehr große Rolle. Unter
Berücksichtigung alles dieses hat die Jugendpolitik die großen Richtlinien fest¬
zulegen, die für die Jugendgesetzgebung und für die Verwaltung sowie für die
Jugendwohlfahrt maßgebend sein sollen. Als ein erster von solchen Kernsätzen
wird der aufgestellt, daß das Kind einen öffentlichrechtlichen Anspruch auf Erziehung
hat. Wird diese schon heut in manchen Gesetzen zum Durchbruch kommende For¬
derung allgemein anerkannt, so ist der Rückschlag offensichtlich, der dadurch auf
die Armengesetzgebung und auf die Ersatzerziehung entstehen muß. Um ein anderes
Beispiel und zwar aus der Schulpolitik heranzuziehen, so leuchtet es ein, was
die Durchsetzung des Verlangens bedeuten würde, daß unsere Lcrnschule zu einer
Erziehungsschule umgewandelt wird. Wir können uns dem nicht verschließen,
daß wir zu viel Wert auf die Anhäufung von Wissen legen, und daß darüber
die Charakterbildung und bei den Erziehern selbst die Kunst der Menschenbehandlung
vernachlässigt wird. Alle diese Fragen sollten turmhoch über dem Parteileben
stehen und in Beobachtung der Grundsätze der Staatserhaltung nach Vaterlands
schen Gesichtspunkeen unter Vermeidung jeder Interessenpolitik geregelt werden.
Anzustreben ist hierbei, daß unsere Jugendlichen durch eine auf dein Grundsatze
der Freiheit beruhende Erziehung zu selbstverantwortlichen Persönlichkeiten heran¬
gebildet werden, die nach dem Maße der eigenen Kraft wirksam werden und mit
Charakterfestigkeit selbständig als in sich ausgeglichene Persönlichkeiten ihrem eigenen
Ziele in Selbstzucht nachgehenHilfe zur Selbsthilfe, Erziehung zur Selbsterziehung
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[0180] Iugendxolitik, Iugendrecht und Iugendwohlfahrt Iugendpolitik, Iugendrecht und Iugendwohlfahrt Wirklichen Geheimen Admiralitätsrat Dr. Fe tisch, Abteilungschef im Reichsmarineamte vom HMKM M>on den drei Begriffen: Jugendpolitik, Jugendrecht und Jugend¬ wohlfahrt ist der letztere allgemein anerkannt, die beiden anderen aber umstritten. Jugendwohlfahrt ist ein Erbe der Vergangenheit und wird wie bisher allezeit ein Gegenstand der Betätigung bleiben. Jugendpolitik ist die Aufgabe unserer Gegenwart und Jugendrecht ^unsere Hoffnung für die Zukunft. Unter Jugend wird hierbei jedesmal' die Gesamtheit der noch nicht volljährigen Personen verstanden, wobei die Fürsorge bereits dem keimenden Leben vor dem Geburtsakte entgegen¬ gebracht wird. Die heutige Jugendbewegung fordert, daß zunächst mit einer einheitlichen Jugendpolitik begonnen wird. Jede Politik ist als eine Staatskunst eben eine Kunst und verlangt daher ein Können; sie ist aber zugleich eine Wissenschaft, die das Verständnis für den Staat und das öffentliche Leben vermittelt, die Regeln für die Beziehungen zwischen dem einzelnen und der Gemeinschaft aufstellt und dadurch die Richtungen für die praktische Einwirkung auf die öffentlichen Dinge darbietet. Somit wird unter Jugendpolitik die auf der Siaatswissenschaft be¬ ruhende Staatskunst verstanden, die als ein Teil der allgemeinen Politik mit den Mitteln des Erreichbaren die besten Maßnahmen und Einrichtungen für die Jugend im Staate trifft. Die Jugendpolitik muß hiernach die für sie in Betracht kommenden wissenschaftlichen Probleme voll erfassen, dann aber mit dieser Kenntnis sich praktischen Zielen zuwenden und wiederum zu deren Erreichung allgemeine Leitsätze aufstellen. Umgekehrt muß die allgemeine Politik die Rückwirkungen ihrer Maßnahmen auf die Jugend nicht aus dem Auge verlieren. Entschließt man sich beispielsweise für eine Reihe von Vorschriften, die einen Sparzwang für Jugendliche durchführen wollen, so darf man keine allgemeine Steuerpolitik treiben, die den Spartrieb der Erwachsenen lähmt. Bei dem umfassenden Charakter der Jugendfrciqe ergibt sich zugleich deren Zusammenhang mit der Kirchenpolitik,, der Schulpolitik, der Sozialpolitik, der Wirtschaftspolitik und anderen großen Zweigen der allgemeinen Staatskunst; außerdem spielen in ihr die Aufgaben der Erziehung und die Forderungen der Sittlichkeit eine sehr große Rolle. Unter Berücksichtigung alles dieses hat die Jugendpolitik die großen Richtlinien fest¬ zulegen, die für die Jugendgesetzgebung und für die Verwaltung sowie für die Jugendwohlfahrt maßgebend sein sollen. Als ein erster von solchen Kernsätzen wird der aufgestellt, daß das Kind einen öffentlichrechtlichen Anspruch auf Erziehung hat. Wird diese schon heut in manchen Gesetzen zum Durchbruch kommende For¬ derung allgemein anerkannt, so ist der Rückschlag offensichtlich, der dadurch auf die Armengesetzgebung und auf die Ersatzerziehung entstehen muß. Um ein anderes Beispiel und zwar aus der Schulpolitik heranzuziehen, so leuchtet es ein, was die Durchsetzung des Verlangens bedeuten würde, daß unsere Lcrnschule zu einer Erziehungsschule umgewandelt wird. Wir können uns dem nicht verschließen, daß wir zu viel Wert auf die Anhäufung von Wissen legen, und daß darüber die Charakterbildung und bei den Erziehern selbst die Kunst der Menschenbehandlung vernachlässigt wird. Alle diese Fragen sollten turmhoch über dem Parteileben stehen und in Beobachtung der Grundsätze der Staatserhaltung nach Vaterlands schen Gesichtspunkeen unter Vermeidung jeder Interessenpolitik geregelt werden. Anzustreben ist hierbei, daß unsere Jugendlichen durch eine auf dein Grundsatze der Freiheit beruhende Erziehung zu selbstverantwortlichen Persönlichkeiten heran¬ gebildet werden, die nach dem Maße der eigenen Kraft wirksam werden und mit Charakterfestigkeit selbständig als in sich ausgeglichene Persönlichkeiten ihrem eigenen Ziele in Selbstzucht nachgehenHilfe zur Selbsthilfe, Erziehung zur Selbsterziehung ist hierfür der rechte Weg. Dann wird sich auch der Jugendliche leicht in das

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333844/180>, abgerufen am 26.06.2024.