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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Drittes Vierteljahr.

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Die englische Umklammerung Europas

Gibraltar ist die älteste Verankerung der Südeuropaklammer auf europäischem
Boden. Das bis aus den heutigen Tag von rein spanischer Bevölkerung bewohnte
Gebiet ist seit dem Handstreich des Admirals Rooke im Jahre 1704 während deS
spanischen Erbfolgekrieges unumstrittener Besitz Englands. Alle Versuche, England
diesen Felsenhorst wieder zu entreißen, sind vergeblich gewesen; ob dem neuen,
vom Ministerpräsident Maura am 11. Juni 1918 in der Sitzung der Cortes ver¬
kündeten Anspruch, daß die spanische "Beherrschung der Meerenge für die Nation
eine Notwendigkeit sei", Erfüllung wird, bleibe dahingestellt. Daß England diesen
Wünschen wird zu begegnen wissen, beweisen die Alarmnachrichten, die von
spanischen Blättern verbreitet, zunächst zwar angezweifelt, dann aber ausdrücklich
vom "Journal de Paris" bestätigt wurden. Danach soll die englische Regierung
den britischen Botschafter in Madrid angewiesen haben, persönlich ein Käufrecht
auf die südspanisch.andalusischen Eisenbahnlinien, die die wichtigen Bergwerks¬
gebiete durchziehe, zu erwerben. Die lächerliche, sich widersprechende Beschönigung,
es handle sich bei diesem Vorgang lediglich an wirtschaftliche Maßnahmen zur
Ausbeute der Erzbergwerke, "die in die Gewalt des Hauses Krupp kommen und
damit den englischen Besitz gefährden" könnten, keineswegs lägen politische oder
strategische Gründe vor, bestärkt nur den Verdacht, daß England in Wahrheit auf
einen größeren Schutz der Feste durch ein landseitig umschließendes Hinterland
hinzielt. Es ist nach den neuerlichen Vorgängen zu erwarten, daß die spanische
Regierung dieses Geschäft hintertreiben wird, zumal Spanien, wenn es sich zu
einem kräftigen Entschluß aufraffen sollte, sehr wohl imstande wäre, die Meerenge
W beherrschen. Freilich sind zunächst die allgemeinen politischen Voraussetzungen
noch zu ungünstig, als daß das iberische Königreich bereits auf einen Erfolg
rechnen könnte. Das Problem könnte erst dann von Spanien ernstlich angepackt
werden, wenn die Bedrängung der britischen Macht so stark geworden ist, daß sie
sich eines neuen Gegners nur unter Aufbietung schwerster Opfer erwehren müßte.

Auf Grund der geographischen Tatsachen und der geschichtlichen Entwicklung
steht die Beherrschung der Straße allein Spanien zu. Strategisch könnte die
Beherrschung vor allem durch die im mittelmeerischen Vordecken der Straße
gelegene Insel Alboran in Verbindung mit dem Besitz der 1911 an Spanien
gefallenen marokkanischen Mittelmeerküste bewirkt werden.

Zunächst beweist England durch den immer stärkeren Ausbau der Feste,
daß es nicht an ihre Aufgabe denkt. Im Gegenteil: die gleichfalls während des
Krieges erfolgte Umgarnung Portugals und die durch englische Zeitungen ge¬
gangene Meldung, wonach Lissabon mit englischem Geld und englischen Geschützen
befestigt werden soll, lassen nur zu deutlich den Kurs erkennen, den der Brite am
portugiesischen Staatsruder steuert. Eine noch stärkere Eckverankerung der euro¬
päischen Südklammer wäre damit gewonnen, als sie Gibraltar allein bietet.

Malta, der vorzügliche Beobachtungsposten gegen allzu starke Ausdehnungs-
rcgungen Italiens im Mittelmeer, darf als nicht minder starker Haltepunkt der
Südklammer angesehen werden. Seine politisch-strategische Wirkung gegen
Italiens und auch Frankreichs Mittelmeergelüste ist öfter denn einmal in Er¬
scheinung getreten; vor allem von Italien wird das übrigens von rein italienisch¬
arabischer Bevölkerung bewohnte Jnselbollwerk immer empfunden werden als ein
höchst unangenehmes Hindernis mitten auf der Verbindungslinie zwischen dem
Mutterland und dem nordafrikanischen Besitz, dessen Stärkung und Erweiterung
der gegenwärtig ins Ungemessene schweifende italienische Jmpercilismüs erwartet.
England freilich hat es glänzend verstanden, Italien mit Blindheit zu schlagen,
indem es die imperialistischen Bestrebungen von den natürlichen Zielen in Malta
und Tunis ableitete gegen Albanien und die sogenannte österreichische Jrredenta
in Jstrien und Tirol. Die britische Mittelmeerklammer ist dadurch wesentlich
gefestigt. In die gleiche englische Politik der Knebelung Südeuropas passen sich
die Wünsche ein, die England auf Sardinien zu verwirklichen erstrebt, wenn es
sich dort "zwecks weiterer Unterstützung Italiens" (I I) einen Flottenstützpunkt,
verbunden mit weitgehenden Landkonzessionen, einräumen läßt.


Die englische Umklammerung Europas

Gibraltar ist die älteste Verankerung der Südeuropaklammer auf europäischem
Boden. Das bis aus den heutigen Tag von rein spanischer Bevölkerung bewohnte
Gebiet ist seit dem Handstreich des Admirals Rooke im Jahre 1704 während deS
spanischen Erbfolgekrieges unumstrittener Besitz Englands. Alle Versuche, England
diesen Felsenhorst wieder zu entreißen, sind vergeblich gewesen; ob dem neuen,
vom Ministerpräsident Maura am 11. Juni 1918 in der Sitzung der Cortes ver¬
kündeten Anspruch, daß die spanische „Beherrschung der Meerenge für die Nation
eine Notwendigkeit sei", Erfüllung wird, bleibe dahingestellt. Daß England diesen
Wünschen wird zu begegnen wissen, beweisen die Alarmnachrichten, die von
spanischen Blättern verbreitet, zunächst zwar angezweifelt, dann aber ausdrücklich
vom „Journal de Paris" bestätigt wurden. Danach soll die englische Regierung
den britischen Botschafter in Madrid angewiesen haben, persönlich ein Käufrecht
auf die südspanisch.andalusischen Eisenbahnlinien, die die wichtigen Bergwerks¬
gebiete durchziehe, zu erwerben. Die lächerliche, sich widersprechende Beschönigung,
es handle sich bei diesem Vorgang lediglich an wirtschaftliche Maßnahmen zur
Ausbeute der Erzbergwerke, „die in die Gewalt des Hauses Krupp kommen und
damit den englischen Besitz gefährden" könnten, keineswegs lägen politische oder
strategische Gründe vor, bestärkt nur den Verdacht, daß England in Wahrheit auf
einen größeren Schutz der Feste durch ein landseitig umschließendes Hinterland
hinzielt. Es ist nach den neuerlichen Vorgängen zu erwarten, daß die spanische
Regierung dieses Geschäft hintertreiben wird, zumal Spanien, wenn es sich zu
einem kräftigen Entschluß aufraffen sollte, sehr wohl imstande wäre, die Meerenge
W beherrschen. Freilich sind zunächst die allgemeinen politischen Voraussetzungen
noch zu ungünstig, als daß das iberische Königreich bereits auf einen Erfolg
rechnen könnte. Das Problem könnte erst dann von Spanien ernstlich angepackt
werden, wenn die Bedrängung der britischen Macht so stark geworden ist, daß sie
sich eines neuen Gegners nur unter Aufbietung schwerster Opfer erwehren müßte.

Auf Grund der geographischen Tatsachen und der geschichtlichen Entwicklung
steht die Beherrschung der Straße allein Spanien zu. Strategisch könnte die
Beherrschung vor allem durch die im mittelmeerischen Vordecken der Straße
gelegene Insel Alboran in Verbindung mit dem Besitz der 1911 an Spanien
gefallenen marokkanischen Mittelmeerküste bewirkt werden.

Zunächst beweist England durch den immer stärkeren Ausbau der Feste,
daß es nicht an ihre Aufgabe denkt. Im Gegenteil: die gleichfalls während des
Krieges erfolgte Umgarnung Portugals und die durch englische Zeitungen ge¬
gangene Meldung, wonach Lissabon mit englischem Geld und englischen Geschützen
befestigt werden soll, lassen nur zu deutlich den Kurs erkennen, den der Brite am
portugiesischen Staatsruder steuert. Eine noch stärkere Eckverankerung der euro¬
päischen Südklammer wäre damit gewonnen, als sie Gibraltar allein bietet.

Malta, der vorzügliche Beobachtungsposten gegen allzu starke Ausdehnungs-
rcgungen Italiens im Mittelmeer, darf als nicht minder starker Haltepunkt der
Südklammer angesehen werden. Seine politisch-strategische Wirkung gegen
Italiens und auch Frankreichs Mittelmeergelüste ist öfter denn einmal in Er¬
scheinung getreten; vor allem von Italien wird das übrigens von rein italienisch¬
arabischer Bevölkerung bewohnte Jnselbollwerk immer empfunden werden als ein
höchst unangenehmes Hindernis mitten auf der Verbindungslinie zwischen dem
Mutterland und dem nordafrikanischen Besitz, dessen Stärkung und Erweiterung
der gegenwärtig ins Ungemessene schweifende italienische Jmpercilismüs erwartet.
England freilich hat es glänzend verstanden, Italien mit Blindheit zu schlagen,
indem es die imperialistischen Bestrebungen von den natürlichen Zielen in Malta
und Tunis ableitete gegen Albanien und die sogenannte österreichische Jrredenta
in Jstrien und Tirol. Die britische Mittelmeerklammer ist dadurch wesentlich
gefestigt. In die gleiche englische Politik der Knebelung Südeuropas passen sich
die Wünsche ein, die England auf Sardinien zu verwirklichen erstrebt, wenn es
sich dort „zwecks weiterer Unterstützung Italiens" (I I) einen Flottenstützpunkt,
verbunden mit weitgehenden Landkonzessionen, einräumen läßt.


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[0173] Die englische Umklammerung Europas Gibraltar ist die älteste Verankerung der Südeuropaklammer auf europäischem Boden. Das bis aus den heutigen Tag von rein spanischer Bevölkerung bewohnte Gebiet ist seit dem Handstreich des Admirals Rooke im Jahre 1704 während deS spanischen Erbfolgekrieges unumstrittener Besitz Englands. Alle Versuche, England diesen Felsenhorst wieder zu entreißen, sind vergeblich gewesen; ob dem neuen, vom Ministerpräsident Maura am 11. Juni 1918 in der Sitzung der Cortes ver¬ kündeten Anspruch, daß die spanische „Beherrschung der Meerenge für die Nation eine Notwendigkeit sei", Erfüllung wird, bleibe dahingestellt. Daß England diesen Wünschen wird zu begegnen wissen, beweisen die Alarmnachrichten, die von spanischen Blättern verbreitet, zunächst zwar angezweifelt, dann aber ausdrücklich vom „Journal de Paris" bestätigt wurden. Danach soll die englische Regierung den britischen Botschafter in Madrid angewiesen haben, persönlich ein Käufrecht auf die südspanisch.andalusischen Eisenbahnlinien, die die wichtigen Bergwerks¬ gebiete durchziehe, zu erwerben. Die lächerliche, sich widersprechende Beschönigung, es handle sich bei diesem Vorgang lediglich an wirtschaftliche Maßnahmen zur Ausbeute der Erzbergwerke, „die in die Gewalt des Hauses Krupp kommen und damit den englischen Besitz gefährden" könnten, keineswegs lägen politische oder strategische Gründe vor, bestärkt nur den Verdacht, daß England in Wahrheit auf einen größeren Schutz der Feste durch ein landseitig umschließendes Hinterland hinzielt. Es ist nach den neuerlichen Vorgängen zu erwarten, daß die spanische Regierung dieses Geschäft hintertreiben wird, zumal Spanien, wenn es sich zu einem kräftigen Entschluß aufraffen sollte, sehr wohl imstande wäre, die Meerenge W beherrschen. Freilich sind zunächst die allgemeinen politischen Voraussetzungen noch zu ungünstig, als daß das iberische Königreich bereits auf einen Erfolg rechnen könnte. Das Problem könnte erst dann von Spanien ernstlich angepackt werden, wenn die Bedrängung der britischen Macht so stark geworden ist, daß sie sich eines neuen Gegners nur unter Aufbietung schwerster Opfer erwehren müßte. Auf Grund der geographischen Tatsachen und der geschichtlichen Entwicklung steht die Beherrschung der Straße allein Spanien zu. Strategisch könnte die Beherrschung vor allem durch die im mittelmeerischen Vordecken der Straße gelegene Insel Alboran in Verbindung mit dem Besitz der 1911 an Spanien gefallenen marokkanischen Mittelmeerküste bewirkt werden. Zunächst beweist England durch den immer stärkeren Ausbau der Feste, daß es nicht an ihre Aufgabe denkt. Im Gegenteil: die gleichfalls während des Krieges erfolgte Umgarnung Portugals und die durch englische Zeitungen ge¬ gangene Meldung, wonach Lissabon mit englischem Geld und englischen Geschützen befestigt werden soll, lassen nur zu deutlich den Kurs erkennen, den der Brite am portugiesischen Staatsruder steuert. Eine noch stärkere Eckverankerung der euro¬ päischen Südklammer wäre damit gewonnen, als sie Gibraltar allein bietet. Malta, der vorzügliche Beobachtungsposten gegen allzu starke Ausdehnungs- rcgungen Italiens im Mittelmeer, darf als nicht minder starker Haltepunkt der Südklammer angesehen werden. Seine politisch-strategische Wirkung gegen Italiens und auch Frankreichs Mittelmeergelüste ist öfter denn einmal in Er¬ scheinung getreten; vor allem von Italien wird das übrigens von rein italienisch¬ arabischer Bevölkerung bewohnte Jnselbollwerk immer empfunden werden als ein höchst unangenehmes Hindernis mitten auf der Verbindungslinie zwischen dem Mutterland und dem nordafrikanischen Besitz, dessen Stärkung und Erweiterung der gegenwärtig ins Ungemessene schweifende italienische Jmpercilismüs erwartet. England freilich hat es glänzend verstanden, Italien mit Blindheit zu schlagen, indem es die imperialistischen Bestrebungen von den natürlichen Zielen in Malta und Tunis ableitete gegen Albanien und die sogenannte österreichische Jrredenta in Jstrien und Tirol. Die britische Mittelmeerklammer ist dadurch wesentlich gefestigt. In die gleiche englische Politik der Knebelung Südeuropas passen sich die Wünsche ein, die England auf Sardinien zu verwirklichen erstrebt, wenn es sich dort „zwecks weiterer Unterstützung Italiens" (I I) einen Flottenstützpunkt, verbunden mit weitgehenden Landkonzessionen, einräumen läßt.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333844/173>, abgerufen am 22.07.2024.