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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Drittes Vierteljahr.

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Die nationale Abgrenzung in Böhmen

teilung den Minderheitenschutz zu verbinden, was an sich keineswegs unmöglich
ist, hat dieser Ruf nicht überall bei den Deutschen Böhmens freudigen Widerhall
gefunden und die zersplitterte Lage der deutschen Randgebiete Böhmens, die das
tschechische Böhmen nicht einmal in geschlossenem Zusammenhang umgeben und
keine naturgegebene Hauptstadt haben, läßt die Verwirklichung einer Provinz
Deutschböhmen als einen geographisch bedenklichen, schwierigen Schritt erscheinen.
Prag bleibt durch seine Lage in vielem auch das Zentrum für die Deutschen
Böhmens, und selbst wenn die dortige deutsche Minderheit nicht dauernd zu halten
wäre, wäre es schwer durch eine andere Zentralstelle für deutsche Versammlungen,
Institute usw. zu ersetzen. Die Ansichten darüber, ob es wirklich ein verlorener
Posten ist, gehen übrigens sehr auseinander und wer die Schicksalswende des
Baltikums erlebt hat. wird sich hüten, allzuschnell deutschen Boden aufzugeben.
Daß nicht alle Sprachinseln und Randgebiete zu behaupten sind, nutz zugegeben
werden; aber gerade der deutsche Besitzstand in Prag ist von höherer Bedeutung
für die Deutschen als manches reindentsche Dorf, nicht etwa nur von materiellen
Gesichtspunkten aus. Eher läßt sich für Deutschnordböhmen allein ein geeigneter
Hauptort finden, obwohl anch hier mehrere Bewerber in Frage kommen. Es ist
daher die Ansicht vielfach aufgetaucht, die Provinz Deutschböhmen solle sich aus
dieses beschränken, die deutschen geschlossenen Gebiete Südwestböhmens und die
deutschen großen Sprachinseln in Südostböhmen aber den Nachbarkronländern
angegliedert werden. Auch das ergäbe noch recht seltsame Kartenbilder, insbe¬
sondere der Vorsprung Oberösterreichs bis an den Patz von Taus und Fürth im
Walde (Bahn Regensburg--Pilsen) erregt Bedenken. So bedeuten die besprochenen
Maximalforderungen wohl nur eine ultima ratio für den Fall, als die Tschechen
wirklich eine Sonderstellung der von ihnen beherrschten Gebiete durchsetzen sollten.
Einem Tschechenstaat können wir die Millionen aneinander und an andere deutsche
Stämme grenzenden böhmischen Deutschen nie preisgeben. Er darf sie nicht ver¬
schlingen und sie müßten dann vorläufig in der angedeuteten Form abgegliedert
werden, wsnn auch diese nicht voll befriedigt.

Sobald wir aber hoffen dürfen, daß Osterreich der tschechischen Staatsidee
Herr wird und der Einheitsstaat wieder ersteht, kann von Abgrenzung nur in
jenem beschränkteren Sinn die Rede sein, wie sie bisher verlangt worden war.
Ihr gegenüber kommen die erwähnten geographischen Bedenken weniger in Frage.
Es handelt sich um die Zusammenfassung "nationaler" Verwaltungskörper, also
die Schaffung einsprachiger kleinerer Einheiten und ihre Vereinigung zu eben¬
solchen höherer Ordnung; es handelt sich darum, die Verwaltung der deutschen
Gebiete (ebenso auf der anderen Seite die der tschechischen) einer von der anderen
Nation möglichst unbeirrten Zentralstelle zu unterstellen, also um eine nationale Zwei¬
teilung der Verwaltung, soweit sie gebietsweise durchgeführt werden kann, und es
handelt sich um Minderheitenschutz' dadurch, daß eine solche Zweiteilung durch
Kurier und Sektionen für Bereiche, die sich räumlich schwer oder gar nicht sondern
lassen, geschaffen wird. Wie der Landesschulrat und der Landeskulturrat in
nationale Sektionen zerfallen, kann das auch für andere Zweige der Verwaltung,
geschehen, womit die nahezu ausschließliche Verwendung tschechischer Beamter in
der autonomen Verwaltung aufhören müßte; im Landtag könnten nationale
Kurier mit Vetorecht geschossen werden oder auch für bestimmte Sphären eigene
Vertretungen der deutschen und der tschechischen Bevölkerung. Wer solche Fragen
ist bei den immer wieder gescheiterten Ausgleichsverhandlungen viel beraten worden
und die Tschechen, die immer wieder durch ihre Unersättlichkeit den Abbruch her¬
beiführten, dürfen sich nicht wundern, wenn die Deutschen ihre Sicherung in immer
stärkeren Absonderungen suchen. Seit Jahren erheben diese die Forderung nach
national gesonderten Kreisen, also Verwaltungs- und Selbstverwaltungseinheiten
(mit Kreisvertretungen), die sich zwischen die politischen Bezirke (Vezirkshaupt-
nmnnschaften) und die Landesverwaltung einschicken und die von den Befugnissen
der Statthalterei, also der staatliche" Verwaltung Böhmens, aber auch von jenen
des Landesausschusses, also der autonomen, dem Landtage verantwortlichen Ver-


Die nationale Abgrenzung in Böhmen

teilung den Minderheitenschutz zu verbinden, was an sich keineswegs unmöglich
ist, hat dieser Ruf nicht überall bei den Deutschen Böhmens freudigen Widerhall
gefunden und die zersplitterte Lage der deutschen Randgebiete Böhmens, die das
tschechische Böhmen nicht einmal in geschlossenem Zusammenhang umgeben und
keine naturgegebene Hauptstadt haben, läßt die Verwirklichung einer Provinz
Deutschböhmen als einen geographisch bedenklichen, schwierigen Schritt erscheinen.
Prag bleibt durch seine Lage in vielem auch das Zentrum für die Deutschen
Böhmens, und selbst wenn die dortige deutsche Minderheit nicht dauernd zu halten
wäre, wäre es schwer durch eine andere Zentralstelle für deutsche Versammlungen,
Institute usw. zu ersetzen. Die Ansichten darüber, ob es wirklich ein verlorener
Posten ist, gehen übrigens sehr auseinander und wer die Schicksalswende des
Baltikums erlebt hat. wird sich hüten, allzuschnell deutschen Boden aufzugeben.
Daß nicht alle Sprachinseln und Randgebiete zu behaupten sind, nutz zugegeben
werden; aber gerade der deutsche Besitzstand in Prag ist von höherer Bedeutung
für die Deutschen als manches reindentsche Dorf, nicht etwa nur von materiellen
Gesichtspunkten aus. Eher läßt sich für Deutschnordböhmen allein ein geeigneter
Hauptort finden, obwohl anch hier mehrere Bewerber in Frage kommen. Es ist
daher die Ansicht vielfach aufgetaucht, die Provinz Deutschböhmen solle sich aus
dieses beschränken, die deutschen geschlossenen Gebiete Südwestböhmens und die
deutschen großen Sprachinseln in Südostböhmen aber den Nachbarkronländern
angegliedert werden. Auch das ergäbe noch recht seltsame Kartenbilder, insbe¬
sondere der Vorsprung Oberösterreichs bis an den Patz von Taus und Fürth im
Walde (Bahn Regensburg—Pilsen) erregt Bedenken. So bedeuten die besprochenen
Maximalforderungen wohl nur eine ultima ratio für den Fall, als die Tschechen
wirklich eine Sonderstellung der von ihnen beherrschten Gebiete durchsetzen sollten.
Einem Tschechenstaat können wir die Millionen aneinander und an andere deutsche
Stämme grenzenden böhmischen Deutschen nie preisgeben. Er darf sie nicht ver¬
schlingen und sie müßten dann vorläufig in der angedeuteten Form abgegliedert
werden, wsnn auch diese nicht voll befriedigt.

Sobald wir aber hoffen dürfen, daß Osterreich der tschechischen Staatsidee
Herr wird und der Einheitsstaat wieder ersteht, kann von Abgrenzung nur in
jenem beschränkteren Sinn die Rede sein, wie sie bisher verlangt worden war.
Ihr gegenüber kommen die erwähnten geographischen Bedenken weniger in Frage.
Es handelt sich um die Zusammenfassung „nationaler" Verwaltungskörper, also
die Schaffung einsprachiger kleinerer Einheiten und ihre Vereinigung zu eben¬
solchen höherer Ordnung; es handelt sich darum, die Verwaltung der deutschen
Gebiete (ebenso auf der anderen Seite die der tschechischen) einer von der anderen
Nation möglichst unbeirrten Zentralstelle zu unterstellen, also um eine nationale Zwei¬
teilung der Verwaltung, soweit sie gebietsweise durchgeführt werden kann, und es
handelt sich um Minderheitenschutz' dadurch, daß eine solche Zweiteilung durch
Kurier und Sektionen für Bereiche, die sich räumlich schwer oder gar nicht sondern
lassen, geschaffen wird. Wie der Landesschulrat und der Landeskulturrat in
nationale Sektionen zerfallen, kann das auch für andere Zweige der Verwaltung,
geschehen, womit die nahezu ausschließliche Verwendung tschechischer Beamter in
der autonomen Verwaltung aufhören müßte; im Landtag könnten nationale
Kurier mit Vetorecht geschossen werden oder auch für bestimmte Sphären eigene
Vertretungen der deutschen und der tschechischen Bevölkerung. Wer solche Fragen
ist bei den immer wieder gescheiterten Ausgleichsverhandlungen viel beraten worden
und die Tschechen, die immer wieder durch ihre Unersättlichkeit den Abbruch her¬
beiführten, dürfen sich nicht wundern, wenn die Deutschen ihre Sicherung in immer
stärkeren Absonderungen suchen. Seit Jahren erheben diese die Forderung nach
national gesonderten Kreisen, also Verwaltungs- und Selbstverwaltungseinheiten
(mit Kreisvertretungen), die sich zwischen die politischen Bezirke (Vezirkshaupt-
nmnnschaften) und die Landesverwaltung einschicken und die von den Befugnissen
der Statthalterei, also der staatliche» Verwaltung Böhmens, aber auch von jenen
des Landesausschusses, also der autonomen, dem Landtage verantwortlichen Ver-


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[0156] Die nationale Abgrenzung in Böhmen teilung den Minderheitenschutz zu verbinden, was an sich keineswegs unmöglich ist, hat dieser Ruf nicht überall bei den Deutschen Böhmens freudigen Widerhall gefunden und die zersplitterte Lage der deutschen Randgebiete Böhmens, die das tschechische Böhmen nicht einmal in geschlossenem Zusammenhang umgeben und keine naturgegebene Hauptstadt haben, läßt die Verwirklichung einer Provinz Deutschböhmen als einen geographisch bedenklichen, schwierigen Schritt erscheinen. Prag bleibt durch seine Lage in vielem auch das Zentrum für die Deutschen Böhmens, und selbst wenn die dortige deutsche Minderheit nicht dauernd zu halten wäre, wäre es schwer durch eine andere Zentralstelle für deutsche Versammlungen, Institute usw. zu ersetzen. Die Ansichten darüber, ob es wirklich ein verlorener Posten ist, gehen übrigens sehr auseinander und wer die Schicksalswende des Baltikums erlebt hat. wird sich hüten, allzuschnell deutschen Boden aufzugeben. Daß nicht alle Sprachinseln und Randgebiete zu behaupten sind, nutz zugegeben werden; aber gerade der deutsche Besitzstand in Prag ist von höherer Bedeutung für die Deutschen als manches reindentsche Dorf, nicht etwa nur von materiellen Gesichtspunkten aus. Eher läßt sich für Deutschnordböhmen allein ein geeigneter Hauptort finden, obwohl anch hier mehrere Bewerber in Frage kommen. Es ist daher die Ansicht vielfach aufgetaucht, die Provinz Deutschböhmen solle sich aus dieses beschränken, die deutschen geschlossenen Gebiete Südwestböhmens und die deutschen großen Sprachinseln in Südostböhmen aber den Nachbarkronländern angegliedert werden. Auch das ergäbe noch recht seltsame Kartenbilder, insbe¬ sondere der Vorsprung Oberösterreichs bis an den Patz von Taus und Fürth im Walde (Bahn Regensburg—Pilsen) erregt Bedenken. So bedeuten die besprochenen Maximalforderungen wohl nur eine ultima ratio für den Fall, als die Tschechen wirklich eine Sonderstellung der von ihnen beherrschten Gebiete durchsetzen sollten. Einem Tschechenstaat können wir die Millionen aneinander und an andere deutsche Stämme grenzenden böhmischen Deutschen nie preisgeben. Er darf sie nicht ver¬ schlingen und sie müßten dann vorläufig in der angedeuteten Form abgegliedert werden, wsnn auch diese nicht voll befriedigt. Sobald wir aber hoffen dürfen, daß Osterreich der tschechischen Staatsidee Herr wird und der Einheitsstaat wieder ersteht, kann von Abgrenzung nur in jenem beschränkteren Sinn die Rede sein, wie sie bisher verlangt worden war. Ihr gegenüber kommen die erwähnten geographischen Bedenken weniger in Frage. Es handelt sich um die Zusammenfassung „nationaler" Verwaltungskörper, also die Schaffung einsprachiger kleinerer Einheiten und ihre Vereinigung zu eben¬ solchen höherer Ordnung; es handelt sich darum, die Verwaltung der deutschen Gebiete (ebenso auf der anderen Seite die der tschechischen) einer von der anderen Nation möglichst unbeirrten Zentralstelle zu unterstellen, also um eine nationale Zwei¬ teilung der Verwaltung, soweit sie gebietsweise durchgeführt werden kann, und es handelt sich um Minderheitenschutz' dadurch, daß eine solche Zweiteilung durch Kurier und Sektionen für Bereiche, die sich räumlich schwer oder gar nicht sondern lassen, geschaffen wird. Wie der Landesschulrat und der Landeskulturrat in nationale Sektionen zerfallen, kann das auch für andere Zweige der Verwaltung, geschehen, womit die nahezu ausschließliche Verwendung tschechischer Beamter in der autonomen Verwaltung aufhören müßte; im Landtag könnten nationale Kurier mit Vetorecht geschossen werden oder auch für bestimmte Sphären eigene Vertretungen der deutschen und der tschechischen Bevölkerung. Wer solche Fragen ist bei den immer wieder gescheiterten Ausgleichsverhandlungen viel beraten worden und die Tschechen, die immer wieder durch ihre Unersättlichkeit den Abbruch her¬ beiführten, dürfen sich nicht wundern, wenn die Deutschen ihre Sicherung in immer stärkeren Absonderungen suchen. Seit Jahren erheben diese die Forderung nach national gesonderten Kreisen, also Verwaltungs- und Selbstverwaltungseinheiten (mit Kreisvertretungen), die sich zwischen die politischen Bezirke (Vezirkshaupt- nmnnschaften) und die Landesverwaltung einschicken und die von den Befugnissen der Statthalterei, also der staatliche» Verwaltung Böhmens, aber auch von jenen des Landesausschusses, also der autonomen, dem Landtage verantwortlichen Ver-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333844/156>, abgerufen am 29.06.2024.