Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Aus "Frizchens Liederbuch"

Ein andermal hat er bitteren Kummer durch seine Freundin zu leiden, was
er einem Vergiszmeinnichtblümchen anvertraut:

An ein Vergißmeinnichtblümchen
[Beginn Spaltensatz] Dich auch so grausam abzubrechen I --
Nicht wahr, mein Blümchen, könntst du sprechen,
Du würdest sagen: tu es richti --
Allein vergib mir armen Knaben,
Ich tu es nur um Trost zu haben;
Gewiß! aus Muthwill thu ichs nicht.
Ich hab' ein Mädchen -- o wir liebten
Uns so herzlich, wir betrübten
Uns niemals, weder ich noch sie.
Den Tag, als sie mit süßen Blicken
Mir Kirschen bot, vom Ast zu pflücken,
Den schönen Tag vergeh' ich niet [Spaltenumbruch] Daß sie mich einst noch solte kränken,
Wie hätt' ich so was können denken
Von ihrl Und doch hat sie's gethan.
Act, jedem Steine möcht' ichs klagen --
Ich wolt' ihr neulich etwas sagen;
Sie greng und sah mich nicht mahl an.
Gott! Kann mich Lottchen so betrüben!
Mein LoUchen kann mich nicht mehr lieben?
Und wüßt' ich wirklich nur warum?
Ich habe schon so viel geweinet,
So viel gefragt; allein, wie's scheinet,
So kümmert sie sich wenig drum. [Ende Spaltensatz] Komm, komm, ich will dich zu ihr tragen,
Mein Blümchen, und ihr flehend sagen:
Sieh' Lotte, hier! -- Vergißmeinnicht! --
Und will sie dich von mir nicht nehmen,
So will ich mich zu Tode grämen.
Gott oben der vergißt mich nicht.

Die Versöhnung läßt denn auch nicht lange auf sich warten, Frizchen hat
schnell allen Kummer vergessen, den ihm seine kleine Spröde angetan:

Die Versöhnung

[Beginn Spaltensatz] Nun sey auch alles Leid vergessen!
Fort Gram, aus meinem ganzen Sinn!
Ich will nun wieder Aepfel essen,
Und Kräusel treiben, wie vorhin.
Sie hat mir nun die Hand gegeben
Und: Liebes Frizchen! mir gesagt;
Und --, ach in ihrem ganzen Leben
Hat sie noch nie so süß gelacht!
Das war ein Augenblick! Ich dachte,
Der ganze Himmel stieg' herab,
Als ich mich heimlich an sie machte,
Und sie mir da das Händchen gab. [Spaltenumbruch] Ich sah sie an mit warmen Blicken;
Da ward ihr Helles Auge naß!
O, ich vermag's nicht auszudrücken;
Wie ward mir so! Wie fühlt' ich das!
"Bist du noch meine süße Lotte?" --
"Bist du mein gutes Frizchen noch?" --
Ja, ich bethkurt's vor unserm Gotte,
Ich war dein gutes Frizchen noch.
Und du warst meine kleine, süsse,
Unendlich süsse Lotte, du!
Wir gaben uns die ersten Küsse,
Und alle Engel sahen zu. [Ende Spaltensatz]

Großen Schmerz empfindet Frizchen durch die.häufige Abwesenheit seiner
Eltern, die der gesellschaftlichen Sitte gemäß des Abends öfter bei Freunden und
Bekannten schmausen. Man kann ihm seinen Schmerz wohl nachfühlen, wenn er klagt:

Klagen
[Beginn Spaltensatz] Geh, geh, du böse Zeit!
Ich bin ja gar zu weit
Zurück von allen Freuden,
Sie meistern all' an mir,
Magd, Kutscher und Barbier;
Und Frizchen muß es leiden. Heut ist nun wieder Schmaus,
Papa, Mama sind aus,
Und Frizchen ist allein.
Du guter Himmel du!
Wo find ich heute Ruh?
Kathrin' hat Gicht im Beine. Dann ist ihr nichts zu Recht,
Sie hadert mit dem Knecht,
Und Frizchen darf nicht munter.
"Will er Wohl ruhig seyn?"
"Will er ins Bett hinein?"
"Ob ihm die Ohren jucken?" -- [Spaltenumbruch] Kathrin, mein Abendbrot --
"Frißt er sich denn zu Tod?"
"Hat er nicht erst gegessen?" --
"Zu Mittag" -- Hin und her!
"Kein Tier frißt so wie er!"
"Er kriegt nichts mehr zu essen!" Was gäb' ich doch darum,
Daß in der Stadt herum,
Nicht soviel Schmäuse wären!
Ich armer, armer Knab'l
Ob ich noch Aeltern hab'? --
Den Schmaus in allen Ehren! Wär' ich nur nicht so klein,
So schlimm solt's mir nicht seyn,
Die Magd nicht zu regieren.
Allein, waS fang' ich an?
Ich bin so schwach und kann
Den Willen nicht vollführen. [Ende Spaltensatz]

Aus „Frizchens Liederbuch"

Ein andermal hat er bitteren Kummer durch seine Freundin zu leiden, was
er einem Vergiszmeinnichtblümchen anvertraut:

An ein Vergißmeinnichtblümchen
[Beginn Spaltensatz] Dich auch so grausam abzubrechen I —
Nicht wahr, mein Blümchen, könntst du sprechen,
Du würdest sagen: tu es richti —
Allein vergib mir armen Knaben,
Ich tu es nur um Trost zu haben;
Gewiß! aus Muthwill thu ichs nicht.
Ich hab' ein Mädchen — o wir liebten
Uns so herzlich, wir betrübten
Uns niemals, weder ich noch sie.
Den Tag, als sie mit süßen Blicken
Mir Kirschen bot, vom Ast zu pflücken,
Den schönen Tag vergeh' ich niet [Spaltenumbruch] Daß sie mich einst noch solte kränken,
Wie hätt' ich so was können denken
Von ihrl Und doch hat sie's gethan.
Act, jedem Steine möcht' ichs klagen —
Ich wolt' ihr neulich etwas sagen;
Sie greng und sah mich nicht mahl an.
Gott! Kann mich Lottchen so betrüben!
Mein LoUchen kann mich nicht mehr lieben?
Und wüßt' ich wirklich nur warum?
Ich habe schon so viel geweinet,
So viel gefragt; allein, wie's scheinet,
So kümmert sie sich wenig drum. [Ende Spaltensatz] Komm, komm, ich will dich zu ihr tragen,
Mein Blümchen, und ihr flehend sagen:
Sieh' Lotte, hier! — Vergißmeinnicht! —
Und will sie dich von mir nicht nehmen,
So will ich mich zu Tode grämen.
Gott oben der vergißt mich nicht.

Die Versöhnung läßt denn auch nicht lange auf sich warten, Frizchen hat
schnell allen Kummer vergessen, den ihm seine kleine Spröde angetan:

Die Versöhnung

[Beginn Spaltensatz] Nun sey auch alles Leid vergessen!
Fort Gram, aus meinem ganzen Sinn!
Ich will nun wieder Aepfel essen,
Und Kräusel treiben, wie vorhin.
Sie hat mir nun die Hand gegeben
Und: Liebes Frizchen! mir gesagt;
Und —, ach in ihrem ganzen Leben
Hat sie noch nie so süß gelacht!
Das war ein Augenblick! Ich dachte,
Der ganze Himmel stieg' herab,
Als ich mich heimlich an sie machte,
Und sie mir da das Händchen gab. [Spaltenumbruch] Ich sah sie an mit warmen Blicken;
Da ward ihr Helles Auge naß!
O, ich vermag's nicht auszudrücken;
Wie ward mir so! Wie fühlt' ich das!
„Bist du noch meine süße Lotte?" —
„Bist du mein gutes Frizchen noch?" —
Ja, ich bethkurt's vor unserm Gotte,
Ich war dein gutes Frizchen noch.
Und du warst meine kleine, süsse,
Unendlich süsse Lotte, du!
Wir gaben uns die ersten Küsse,
Und alle Engel sahen zu. [Ende Spaltensatz]

Großen Schmerz empfindet Frizchen durch die.häufige Abwesenheit seiner
Eltern, die der gesellschaftlichen Sitte gemäß des Abends öfter bei Freunden und
Bekannten schmausen. Man kann ihm seinen Schmerz wohl nachfühlen, wenn er klagt:

Klagen
[Beginn Spaltensatz] Geh, geh, du böse Zeit!
Ich bin ja gar zu weit
Zurück von allen Freuden,
Sie meistern all' an mir,
Magd, Kutscher und Barbier;
Und Frizchen muß es leiden. Heut ist nun wieder Schmaus,
Papa, Mama sind aus,
Und Frizchen ist allein.
Du guter Himmel du!
Wo find ich heute Ruh?
Kathrin' hat Gicht im Beine. Dann ist ihr nichts zu Recht,
Sie hadert mit dem Knecht,
Und Frizchen darf nicht munter.
„Will er Wohl ruhig seyn?"
„Will er ins Bett hinein?"
»Ob ihm die Ohren jucken?" — [Spaltenumbruch] Kathrin, mein Abendbrot —
„Frißt er sich denn zu Tod?"
„Hat er nicht erst gegessen?" —
„Zu Mittag" — Hin und her!
„Kein Tier frißt so wie er!"
„Er kriegt nichts mehr zu essen!" Was gäb' ich doch darum,
Daß in der Stadt herum,
Nicht soviel Schmäuse wären!
Ich armer, armer Knab'l
Ob ich noch Aeltern hab'? —
Den Schmaus in allen Ehren! Wär' ich nur nicht so klein,
So schlimm solt's mir nicht seyn,
Die Magd nicht zu regieren.
Allein, waS fang' ich an?
Ich bin so schwach und kann
Den Willen nicht vollführen. [Ende Spaltensatz]

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0318" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/333801"/>
          <fw type="header" place="top"> Aus &#x201E;Frizchens Liederbuch"</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1216"> Ein andermal hat er bitteren Kummer durch seine Freundin zu leiden, was<lb/>
er einem Vergiszmeinnichtblümchen anvertraut:</p><lb/>
          <lg xml:id="POEMID_9" type="poem">
            <head> An ein Vergißmeinnichtblümchen</head>
            <l><cb type="start"/>
Dich auch so grausam abzubrechen I &#x2014;<lb/>
Nicht wahr, mein Blümchen, könntst du sprechen,<lb/>
Du würdest sagen: tu es richti &#x2014;<lb/>
Allein vergib mir armen Knaben,<lb/>
Ich tu es nur um Trost zu haben;<lb/>
Gewiß! aus Muthwill thu ichs nicht.<lb/>
Ich hab' ein Mädchen &#x2014; o wir liebten<lb/>
Uns so herzlich, wir betrübten<lb/>
Uns niemals, weder ich noch sie.<lb/>
Den Tag, als sie mit süßen Blicken<lb/>
Mir Kirschen bot, vom Ast zu pflücken,<lb/>
Den schönen Tag vergeh' ich niet <cb/>
Daß sie mich einst noch solte kränken,<lb/>
Wie hätt' ich so was können denken<lb/>
Von ihrl Und doch hat sie's gethan.<lb/>
Act, jedem Steine möcht' ichs klagen &#x2014;<lb/>
Ich wolt' ihr neulich etwas sagen;<lb/>
Sie greng und sah mich nicht mahl an.<lb/>
Gott! Kann mich Lottchen so betrüben!<lb/>
Mein LoUchen kann mich nicht mehr lieben?<lb/>
Und wüßt' ich wirklich nur warum?<lb/>
Ich habe schon so viel geweinet,<lb/>
So viel gefragt; allein, wie's scheinet,<lb/>
So kümmert sie sich wenig drum. <cb type="end"/>
Komm, komm, ich will dich zu ihr tragen,<lb/>
Mein Blümchen, und ihr flehend sagen:<lb/>
Sieh' Lotte, hier! &#x2014; Vergißmeinnicht! &#x2014;<lb/>
Und will sie dich von mir nicht nehmen,<lb/>
So will ich mich zu Tode grämen.<lb/>
Gott oben der vergißt mich nicht. </l>
          </lg><lb/>
          <p xml:id="ID_1217"> Die Versöhnung läßt denn auch nicht lange auf sich warten, Frizchen hat<lb/>
schnell allen Kummer vergessen, den ihm seine kleine Spröde angetan:</p><lb/>
          <lg xml:id="POEMID_10" type="poem">
            <head> Die Versöhnung</head>
            <l><lb/><cb type="start"/>
Nun sey auch alles Leid vergessen!<lb/>
Fort Gram, aus meinem ganzen Sinn!<lb/>
Ich will nun wieder Aepfel essen,<lb/>
Und Kräusel treiben, wie vorhin.<lb/>
Sie hat mir nun die Hand gegeben<lb/>
Und: Liebes Frizchen! mir gesagt;<lb/>
Und &#x2014;, ach in ihrem ganzen Leben<lb/>
Hat sie noch nie so süß gelacht!<lb/>
Das war ein Augenblick! Ich dachte,<lb/>
Der ganze Himmel stieg' herab,<lb/>
Als ich mich heimlich an sie machte,<lb/>
Und sie mir da das Händchen gab. <cb/>
Ich sah sie an mit warmen Blicken;<lb/>
Da ward ihr Helles Auge naß!<lb/>
O, ich vermag's nicht auszudrücken;<lb/>
Wie ward mir so!  Wie fühlt' ich das!<lb/>
&#x201E;Bist du noch meine süße Lotte?" &#x2014;<lb/>
&#x201E;Bist du mein gutes Frizchen noch?" &#x2014;<lb/>
Ja, ich bethkurt's vor unserm Gotte,<lb/>
Ich war dein gutes Frizchen noch.<lb/>
Und du warst meine kleine, süsse,<lb/>
Unendlich süsse Lotte, du!<lb/>
Wir gaben uns die ersten Küsse,<lb/>
Und alle Engel sahen zu.  <cb type="end"/>
</l>
          </lg><lb/>
          <p xml:id="ID_1218"> Großen Schmerz empfindet Frizchen durch die.häufige Abwesenheit seiner<lb/>
Eltern, die der gesellschaftlichen Sitte gemäß des Abends öfter bei Freunden und<lb/>
Bekannten schmausen. Man kann ihm seinen Schmerz wohl nachfühlen, wenn er klagt:</p><lb/>
          <lg xml:id="POEMID_11" type="poem">
            <head> Klagen</head>
            <l><cb type="start"/>
Geh, geh, du böse Zeit!<lb/>
Ich bin ja gar zu weit<lb/>
Zurück von allen Freuden,<lb/>
Sie meistern all' an mir,<lb/>
Magd, Kutscher und Barbier;<lb/>
Und Frizchen muß es leiden. Heut ist nun wieder Schmaus,<lb/>
Papa, Mama sind aus,<lb/>
Und Frizchen ist allein.<lb/>
Du guter Himmel du!<lb/>
Wo find ich heute Ruh?<lb/>
Kathrin' hat Gicht im Beine. Dann ist ihr nichts zu Recht,<lb/>
Sie hadert mit dem Knecht,<lb/>
Und Frizchen darf nicht munter.<lb/>
&#x201E;Will er Wohl ruhig seyn?"<lb/>
&#x201E;Will er ins Bett hinein?"<lb/>
»Ob ihm die Ohren jucken?" &#x2014; <cb/>
Kathrin, mein Abendbrot &#x2014;<lb/>
&#x201E;Frißt er sich denn zu Tod?"<lb/>
&#x201E;Hat er nicht erst gegessen?" &#x2014;<lb/>
&#x201E;Zu Mittag" &#x2014; Hin und her!<lb/>
&#x201E;Kein Tier frißt so wie er!"<lb/>
&#x201E;Er kriegt nichts mehr zu essen!" Was gäb' ich doch darum,<lb/>
Daß in der Stadt herum,<lb/>
Nicht soviel Schmäuse wären!<lb/>
Ich armer, armer Knab'l<lb/>
Ob ich noch Aeltern hab'? &#x2014;<lb/>
Den Schmaus in allen Ehren! Wär' ich nur nicht so klein,<lb/>
So schlimm solt's mir nicht seyn,<lb/>
Die Magd nicht zu regieren.<lb/>
Allein, waS fang' ich an?<lb/>
Ich bin so schwach und kann<lb/>
Den Willen nicht vollführen. <cb type="end"/>
</l>
          </lg><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0318] Aus „Frizchens Liederbuch" Ein andermal hat er bitteren Kummer durch seine Freundin zu leiden, was er einem Vergiszmeinnichtblümchen anvertraut: An ein Vergißmeinnichtblümchen Dich auch so grausam abzubrechen I — Nicht wahr, mein Blümchen, könntst du sprechen, Du würdest sagen: tu es richti — Allein vergib mir armen Knaben, Ich tu es nur um Trost zu haben; Gewiß! aus Muthwill thu ichs nicht. Ich hab' ein Mädchen — o wir liebten Uns so herzlich, wir betrübten Uns niemals, weder ich noch sie. Den Tag, als sie mit süßen Blicken Mir Kirschen bot, vom Ast zu pflücken, Den schönen Tag vergeh' ich niet Daß sie mich einst noch solte kränken, Wie hätt' ich so was können denken Von ihrl Und doch hat sie's gethan. Act, jedem Steine möcht' ichs klagen — Ich wolt' ihr neulich etwas sagen; Sie greng und sah mich nicht mahl an. Gott! Kann mich Lottchen so betrüben! Mein LoUchen kann mich nicht mehr lieben? Und wüßt' ich wirklich nur warum? Ich habe schon so viel geweinet, So viel gefragt; allein, wie's scheinet, So kümmert sie sich wenig drum. Komm, komm, ich will dich zu ihr tragen, Mein Blümchen, und ihr flehend sagen: Sieh' Lotte, hier! — Vergißmeinnicht! — Und will sie dich von mir nicht nehmen, So will ich mich zu Tode grämen. Gott oben der vergißt mich nicht. Die Versöhnung läßt denn auch nicht lange auf sich warten, Frizchen hat schnell allen Kummer vergessen, den ihm seine kleine Spröde angetan: Die Versöhnung Nun sey auch alles Leid vergessen! Fort Gram, aus meinem ganzen Sinn! Ich will nun wieder Aepfel essen, Und Kräusel treiben, wie vorhin. Sie hat mir nun die Hand gegeben Und: Liebes Frizchen! mir gesagt; Und —, ach in ihrem ganzen Leben Hat sie noch nie so süß gelacht! Das war ein Augenblick! Ich dachte, Der ganze Himmel stieg' herab, Als ich mich heimlich an sie machte, Und sie mir da das Händchen gab. Ich sah sie an mit warmen Blicken; Da ward ihr Helles Auge naß! O, ich vermag's nicht auszudrücken; Wie ward mir so! Wie fühlt' ich das! „Bist du noch meine süße Lotte?" — „Bist du mein gutes Frizchen noch?" — Ja, ich bethkurt's vor unserm Gotte, Ich war dein gutes Frizchen noch. Und du warst meine kleine, süsse, Unendlich süsse Lotte, du! Wir gaben uns die ersten Küsse, Und alle Engel sahen zu. Großen Schmerz empfindet Frizchen durch die.häufige Abwesenheit seiner Eltern, die der gesellschaftlichen Sitte gemäß des Abends öfter bei Freunden und Bekannten schmausen. Man kann ihm seinen Schmerz wohl nachfühlen, wenn er klagt: Klagen Geh, geh, du böse Zeit! Ich bin ja gar zu weit Zurück von allen Freuden, Sie meistern all' an mir, Magd, Kutscher und Barbier; Und Frizchen muß es leiden. Heut ist nun wieder Schmaus, Papa, Mama sind aus, Und Frizchen ist allein. Du guter Himmel du! Wo find ich heute Ruh? Kathrin' hat Gicht im Beine. Dann ist ihr nichts zu Recht, Sie hadert mit dem Knecht, Und Frizchen darf nicht munter. „Will er Wohl ruhig seyn?" „Will er ins Bett hinein?" »Ob ihm die Ohren jucken?" — Kathrin, mein Abendbrot — „Frißt er sich denn zu Tod?" „Hat er nicht erst gegessen?" — „Zu Mittag" — Hin und her! „Kein Tier frißt so wie er!" „Er kriegt nichts mehr zu essen!" Was gäb' ich doch darum, Daß in der Stadt herum, Nicht soviel Schmäuse wären! Ich armer, armer Knab'l Ob ich noch Aeltern hab'? — Den Schmaus in allen Ehren! Wär' ich nur nicht so klein, So schlimm solt's mir nicht seyn, Die Magd nicht zu regieren. Allein, waS fang' ich an? Ich bin so schwach und kann Den Willen nicht vollführen.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333482
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333482/318
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333482/318>, abgerufen am 24.08.2024.