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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr.

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Gastes, der Artussage u. a. neben geistlichen Dichtungen auf den Burgen des
Deutschen Ordens wird bezeugt. Fragmente von Dichtungen des Epikers Rudolf
von Eins, vom jüngeren Titurel, vom alten Passionale, vom Lpoculum Irumarms
salvatiom's, um nur diese zu nennen, sind erhalten. Kürzlich veröffemlicht ist
das Schandbuch des Dorpater Schulmeisters Stephan, eine mittelniederdeutsche
Bearbeitung des Werkes von dem Dominikaner Jacobus de Cessolis.

Unter den baltischen Humanisten ragen Daniel Hermann aus Neidenburg
in Ostpreußen und Salomon Frenzel von Friedenthal hervor, der als gekrönter
Poet Professor an der Univcrsiiät in Helmstedt war und dieses Amt mit dem eines
Rektors der /igaschen Domschuls vertauschte. Auch der rigasche Arzt Basilius
Plinius ist zu erwähnen. Hermanr.s bedeutendste Arbeit ist seine Stephane'es,
ein unvollendetes Ruhmesgedicht auf den König Stephan Batory von Polen, den
er auf seinen Feldzügen in Rußland begleitete. Von Frenzel von Friedenthal
sind Oden, Epigramme und mehrere religiöse Dichtungen bekannt. Das Haupt-
' Werk des Plinius (recto Plön oder Plchm) ist der Lobgesang ans die Stadt Riga
..IZnLvmiurn inLl/lac civitatiZ KiZae. metropolis llvoniae" vom Jahre 1595.
Bemerkenswert für die Zustände im Lands nach dem Untergang der Ordens¬
regierung ist das "Christlich Gesprech" von Timan Brakel. einem Gliede der noch
heute im Land" blühenden'Familie. Zahlreich sind die seit der Mitte des fünf-
zehnten Jahrhunderts vorkommenden Spottgedichte auf den Orden und den Adel,
gegen die schon 1444 der Ordensmeister Vincke von Overberch einschritt, und die
Landsrnechtlieder.

Nach den langjährigen Kämpfen, die dem Untergang der livländischen Selb¬
ständigkeit vorausgingen, brach eine trostlose Ode herein. Zwar wurde sie für
wenige Jahrzehnte durch die schwedische Regierung in mancher Hinsicht, nament¬
lich auf dem Gebiete der Kirche und Schule beseitigt, doch war diese Regierung
nicht andauernd genug, um überall ein frisches neues Leben erblühen zu lassen.
Was errichtet und erreicht war, stürzte der Nordische Krieg wieder in Trümmer
und ein halbes Jahrhundert ging dahin, bevor sich das Land aus dem Schutt
und der Verwüstung wieder emporringen konnte. Ein neues Aufblühen der
Literatur beginnt mit dem Aufenthalte Hamanns und Herders im Lande. Die
liroße deutsche Literaturbewegung flutet, getragen von zuziehenden deutschen Ge¬
lehrten, die in der Mehrzahl als "Hofmeister", d. i. als Erzieher, hierher kamen,
auch in das baltische Land hinein und teilt sich den hiesigen aufstrebenden Kreisen
mit. Herders Aufenthalt in Riga bildet den Ausgangspunkt der neuen baltischen
Literatur. Um ihn schart sich die gelehrte Welt der Stadt"). Doch keine Literatur-
geschichte nennt die Namen derer, die ebenso ihn beeinflussen, wie er sie mit seinem
Geist erfüllt. Allenfalls begegnet man noch dem Namen des rigaschen Ratsherrn
Johann Christoph Berens, 'in dessen gastlichen Hause Herder verkehrte, oder den
des Buchhändlers und Verlegers Johann Friedrich Hartknoch, der Herders
Studiengenosse von Königsberg her war und in Riga sein und Kants Verleger
wurde. Nur der unglückliche Reinhold Michael Lenz ist, weil er den Heroen des
Weimarer Musenhofes nahe stand, der einzige, dem eingehendes Interesse, an
seines großen Freundes willen, zugewandt ist"). - Maximilian von Klinger, der
erste Kurator der Dorpater Universität, hat, verbittert durch vie VerhaltnAe in
die der Rousseau - Verehrer sich nicht finden konnte, hier sem Leben besah ossen
Seine Dramen hat Hartknoch nochmals in hübscher Ausstattung verlegt. - August
von Kotzebue ist in Reval zu dem viel gelobten und viel geschmähten Theaterdichter
geworden, als welchen er die deutsche Bühne, trotz Schiller und foethe beherrscht^Karl Gotthard Groß, der Freund Schillers, wird allenfalls als solcher noch er¬
wähnt, weil er im V-iefwechsel mit Schiller und nach dessen Tode noch
längere Zeit mit dessen Gattin stand. Dann aber vnehe tue Reihe ab, obglenh




^ ^ *) Vgl. Dr. W, Warstat "Deutsches Leben in Riga zur Zeit Herders". Grenzvotm
^"
Vgl.Dr. Karl Freye,, Deuische Dichter in Rußland. Grenzboten Heft 43, 1S14.
GmiAlwien II t!N8
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Gastes, der Artussage u. a. neben geistlichen Dichtungen auf den Burgen des
Deutschen Ordens wird bezeugt. Fragmente von Dichtungen des Epikers Rudolf
von Eins, vom jüngeren Titurel, vom alten Passionale, vom Lpoculum Irumarms
salvatiom's, um nur diese zu nennen, sind erhalten. Kürzlich veröffemlicht ist
das Schandbuch des Dorpater Schulmeisters Stephan, eine mittelniederdeutsche
Bearbeitung des Werkes von dem Dominikaner Jacobus de Cessolis.

Unter den baltischen Humanisten ragen Daniel Hermann aus Neidenburg
in Ostpreußen und Salomon Frenzel von Friedenthal hervor, der als gekrönter
Poet Professor an der Univcrsiiät in Helmstedt war und dieses Amt mit dem eines
Rektors der /igaschen Domschuls vertauschte. Auch der rigasche Arzt Basilius
Plinius ist zu erwähnen. Hermanr.s bedeutendste Arbeit ist seine Stephane'es,
ein unvollendetes Ruhmesgedicht auf den König Stephan Batory von Polen, den
er auf seinen Feldzügen in Rußland begleitete. Von Frenzel von Friedenthal
sind Oden, Epigramme und mehrere religiöse Dichtungen bekannt. Das Haupt-
' Werk des Plinius (recto Plön oder Plchm) ist der Lobgesang ans die Stadt Riga
..IZnLvmiurn inLl/lac civitatiZ KiZae. metropolis llvoniae" vom Jahre 1595.
Bemerkenswert für die Zustände im Lands nach dem Untergang der Ordens¬
regierung ist das „Christlich Gesprech" von Timan Brakel. einem Gliede der noch
heute im Land« blühenden'Familie. Zahlreich sind die seit der Mitte des fünf-
zehnten Jahrhunderts vorkommenden Spottgedichte auf den Orden und den Adel,
gegen die schon 1444 der Ordensmeister Vincke von Overberch einschritt, und die
Landsrnechtlieder.

Nach den langjährigen Kämpfen, die dem Untergang der livländischen Selb¬
ständigkeit vorausgingen, brach eine trostlose Ode herein. Zwar wurde sie für
wenige Jahrzehnte durch die schwedische Regierung in mancher Hinsicht, nament¬
lich auf dem Gebiete der Kirche und Schule beseitigt, doch war diese Regierung
nicht andauernd genug, um überall ein frisches neues Leben erblühen zu lassen.
Was errichtet und erreicht war, stürzte der Nordische Krieg wieder in Trümmer
und ein halbes Jahrhundert ging dahin, bevor sich das Land aus dem Schutt
und der Verwüstung wieder emporringen konnte. Ein neues Aufblühen der
Literatur beginnt mit dem Aufenthalte Hamanns und Herders im Lande. Die
liroße deutsche Literaturbewegung flutet, getragen von zuziehenden deutschen Ge¬
lehrten, die in der Mehrzahl als „Hofmeister", d. i. als Erzieher, hierher kamen,
auch in das baltische Land hinein und teilt sich den hiesigen aufstrebenden Kreisen
mit. Herders Aufenthalt in Riga bildet den Ausgangspunkt der neuen baltischen
Literatur. Um ihn schart sich die gelehrte Welt der Stadt"). Doch keine Literatur-
geschichte nennt die Namen derer, die ebenso ihn beeinflussen, wie er sie mit seinem
Geist erfüllt. Allenfalls begegnet man noch dem Namen des rigaschen Ratsherrn
Johann Christoph Berens, 'in dessen gastlichen Hause Herder verkehrte, oder den
des Buchhändlers und Verlegers Johann Friedrich Hartknoch, der Herders
Studiengenosse von Königsberg her war und in Riga sein und Kants Verleger
wurde. Nur der unglückliche Reinhold Michael Lenz ist, weil er den Heroen des
Weimarer Musenhofes nahe stand, der einzige, dem eingehendes Interesse, an
seines großen Freundes willen, zugewandt ist"). - Maximilian von Klinger, der
erste Kurator der Dorpater Universität, hat, verbittert durch vie VerhaltnAe in
die der Rousseau - Verehrer sich nicht finden konnte, hier sem Leben besah ossen
Seine Dramen hat Hartknoch nochmals in hübscher Ausstattung verlegt. - August
von Kotzebue ist in Reval zu dem viel gelobten und viel geschmähten Theaterdichter
geworden, als welchen er die deutsche Bühne, trotz Schiller und foethe beherrscht^Karl Gotthard Groß, der Freund Schillers, wird allenfalls als solcher noch er¬
wähnt, weil er im V-iefwechsel mit Schiller und nach dessen Tode noch
längere Zeit mit dessen Gattin stand. Dann aber vnehe tue Reihe ab, obglenh




^ ^ *) Vgl. Dr. W, Warstat „Deutsches Leben in Riga zur Zeit Herders". Grenzvotm
^"
Vgl.Dr. Karl Freye,, Deuische Dichter in Rußland. Grenzboten Heft 43, 1S14.
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[0293] HM' l>n!,tisch->i Literaiurgeschichi« Gastes, der Artussage u. a. neben geistlichen Dichtungen auf den Burgen des Deutschen Ordens wird bezeugt. Fragmente von Dichtungen des Epikers Rudolf von Eins, vom jüngeren Titurel, vom alten Passionale, vom Lpoculum Irumarms salvatiom's, um nur diese zu nennen, sind erhalten. Kürzlich veröffemlicht ist das Schandbuch des Dorpater Schulmeisters Stephan, eine mittelniederdeutsche Bearbeitung des Werkes von dem Dominikaner Jacobus de Cessolis. Unter den baltischen Humanisten ragen Daniel Hermann aus Neidenburg in Ostpreußen und Salomon Frenzel von Friedenthal hervor, der als gekrönter Poet Professor an der Univcrsiiät in Helmstedt war und dieses Amt mit dem eines Rektors der /igaschen Domschuls vertauschte. Auch der rigasche Arzt Basilius Plinius ist zu erwähnen. Hermanr.s bedeutendste Arbeit ist seine Stephane'es, ein unvollendetes Ruhmesgedicht auf den König Stephan Batory von Polen, den er auf seinen Feldzügen in Rußland begleitete. Von Frenzel von Friedenthal sind Oden, Epigramme und mehrere religiöse Dichtungen bekannt. Das Haupt- ' Werk des Plinius (recto Plön oder Plchm) ist der Lobgesang ans die Stadt Riga ..IZnLvmiurn inLl/lac civitatiZ KiZae. metropolis llvoniae" vom Jahre 1595. Bemerkenswert für die Zustände im Lands nach dem Untergang der Ordens¬ regierung ist das „Christlich Gesprech" von Timan Brakel. einem Gliede der noch heute im Land« blühenden'Familie. Zahlreich sind die seit der Mitte des fünf- zehnten Jahrhunderts vorkommenden Spottgedichte auf den Orden und den Adel, gegen die schon 1444 der Ordensmeister Vincke von Overberch einschritt, und die Landsrnechtlieder. Nach den langjährigen Kämpfen, die dem Untergang der livländischen Selb¬ ständigkeit vorausgingen, brach eine trostlose Ode herein. Zwar wurde sie für wenige Jahrzehnte durch die schwedische Regierung in mancher Hinsicht, nament¬ lich auf dem Gebiete der Kirche und Schule beseitigt, doch war diese Regierung nicht andauernd genug, um überall ein frisches neues Leben erblühen zu lassen. Was errichtet und erreicht war, stürzte der Nordische Krieg wieder in Trümmer und ein halbes Jahrhundert ging dahin, bevor sich das Land aus dem Schutt und der Verwüstung wieder emporringen konnte. Ein neues Aufblühen der Literatur beginnt mit dem Aufenthalte Hamanns und Herders im Lande. Die liroße deutsche Literaturbewegung flutet, getragen von zuziehenden deutschen Ge¬ lehrten, die in der Mehrzahl als „Hofmeister", d. i. als Erzieher, hierher kamen, auch in das baltische Land hinein und teilt sich den hiesigen aufstrebenden Kreisen mit. Herders Aufenthalt in Riga bildet den Ausgangspunkt der neuen baltischen Literatur. Um ihn schart sich die gelehrte Welt der Stadt"). Doch keine Literatur- geschichte nennt die Namen derer, die ebenso ihn beeinflussen, wie er sie mit seinem Geist erfüllt. Allenfalls begegnet man noch dem Namen des rigaschen Ratsherrn Johann Christoph Berens, 'in dessen gastlichen Hause Herder verkehrte, oder den des Buchhändlers und Verlegers Johann Friedrich Hartknoch, der Herders Studiengenosse von Königsberg her war und in Riga sein und Kants Verleger wurde. Nur der unglückliche Reinhold Michael Lenz ist, weil er den Heroen des Weimarer Musenhofes nahe stand, der einzige, dem eingehendes Interesse, an seines großen Freundes willen, zugewandt ist"). - Maximilian von Klinger, der erste Kurator der Dorpater Universität, hat, verbittert durch vie VerhaltnAe in die der Rousseau - Verehrer sich nicht finden konnte, hier sem Leben besah ossen Seine Dramen hat Hartknoch nochmals in hübscher Ausstattung verlegt. - August von Kotzebue ist in Reval zu dem viel gelobten und viel geschmähten Theaterdichter geworden, als welchen er die deutsche Bühne, trotz Schiller und foethe beherrscht^Karl Gotthard Groß, der Freund Schillers, wird allenfalls als solcher noch er¬ wähnt, weil er im V-iefwechsel mit Schiller und nach dessen Tode noch längere Zeit mit dessen Gattin stand. Dann aber vnehe tue Reihe ab, obglenh ^ ^ *) Vgl. Dr. W, Warstat „Deutsches Leben in Riga zur Zeit Herders". Grenzvotm ^" Vgl.Dr. Karl Freye,, Deuische Dichter in Rußland. Grenzboten Heft 43, 1S14. GmiAlwien II t!N8

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333482/293>, abgerufen am 22.07.2024.