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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr.

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Deutschösterreich und die südslawische Frage

Tür" und volle Gleichberechtigung verlangen -- wie dies Wohl auch Deutschland
durch die "mitteleuropäische" wirtschaftliche Annäherung erstrebt -- aber darüber
hinaus gegen innere Verwaltungsmaßregeln, die nicht gegen dieses, Wohl aber
gegen Osterreich getroffen weiden können, durch größere Gemeinschaft und Gleich¬
heit der Steuern und überhaupt der wirtschaftlichen Gesetzgebung, wirksamen Rechts-
schutz usw. Die Deutschen müssen, ehe sie als Volk zustimmen können, eine
nationale Sicherung ihrer Kolonien und Sprachinseln -- auch in Kroatien, wo
sie das neue Wablgesitz an die Wand drücken soll --, Förderung ihres Schul¬
wesens, Freiheit für weitere Einwanderung und Ansiedlung und was diese Kultur¬
pioniere sonst als Lebensbedingung fordern müssen, verwirklicht sehen. Aber auch
das ist kein.voller Ersatz für die ungeheure Machtverschiebung zugunsten Ungarns
gegenüber Österreich, zugunsten der Magyaren gegenüber den Deutschen, die eine
Erweiterung des "Subdualismus" brächte. Selbstverständlich müßte aus ihr eine
Veränderung der "Quote", des Beitrags zu den gemeinsamen Auslagen, gefolgert
werden, die Osterreich ohnehin zu schwer belastet' auch eine wirksame Regelung
der gegenseitigen Aushilfe im Kriegsfalle, eine Beseitigung der ungleichen Er-
nähnings- und Rohstoffsürsorge, die heute so verstimmend wirkt, müßte festgelegt
werden. Man bat auch von Gebietsabtretungen gesprochen. Erhält Ungarn die
dalmatinischen Häfen, so wäre Fiume, dessen Zugehörigkeit ebenso Gegenstand
eins Nechisstreils ist. wie jene Dalmatiens, das aber von Osterreich bequemere
Zugänge hat als von Ungarn, kaum ein zu großer Ersatz. Aber sehen wir davou ab, da
es der vom zentralen Ungarn raschest erreichbare und also wertvollste Hasen ist!
Besonders hat man auch in der Presse von jenen westungarischen deutschbesiedelten
Komitaten gesprochen, die deutscher Neichsboden und Teile Niederösterreichs und
der Steiermark waren, zeitweise im Grenzkrieg von Ungarn besetzt, aber erst bei
einer Wahlkapilulalion des 17. Jahrhunderts von der Dynastie kurzerhand zu
Ungarn geschlagen wurden. Die österreichischen Länder haben ihre Ansprüche
auf sie wiederholt erneuert und nie förmlich aufgegeben. Führt uns hier das
österreichische Interesse und die Rücksicht auf die einheitliche geographische Beschaffen¬
heit dieses Hügellandes denselben Weg wie das nationale Empfinden, so scheint
diesem ein anderes beinahe wichtiger. Das vertrauensvolle Zusammenwirken der
österi eichischen Deutschen und der Magyaren ist bisher immer wieder durch die
Poliiik gestört worden, die diese gegen die ungarischen Deutschen festhielten -- eine
kurzsichtige Politik, welche diese ungarländisch-patriotische Bevölkerung schließlich
zum Bündnis mit den anderen "Nationalisten" des Siefansreiches führen müßte.
Die Forderung, daß die Magyaren ihren natürlichen Bundesgenossen nicht nur
wie allen anderen Völkern die gesetzlichen, aber nicht verwirklichten Rechte, sondern
auch den ihrer Vedemung entsprechenden Arten an der polnischen Fnhrcrstellung
endlich gewähren, müsste mit allem Nachdruck in dein Augenblick erhoben werden,
in dem Deutschösterreich den magyarischen München im Süden zustimmen soll.
Man sieht, daß es keinen Anlaß hat, dies vorschnell zu tun, daß es aber ohne
Bedenken dazu bereit sein kann, wenn entsprechende Bedingungen erfüllt werden.
Es wäre ebenso verfehlt, die ungarschen Wünsche, wie bis vor kurzem üblich,
grundsätzlich zu veiwerfen, wie es verfehlt wäre, bei der Verhandlung auf not¬
wendige und erreichbare Gegenleistungen zu verzichten. In Ungarn schätzt man
den moralischen Wert der Unterstützung durch die österreichischen Deutschen zumeist
nicht hoch ein; die Stimmung, welche in Osterreich vor dem Kriege bestand und
durch die Krr gserfahrungen nur gesteigert wurde, sollte aber die Magyaren darüber
belehren, daß politische Bundesgenossen auf der andern Seite der Leitha für sie
ebenso notwendig als kostbar sind -- um so mehr, je stärker die slawischen Be¬
wegungen aus Osterreich nach Ungarn hinüberspielen. Die südslawische Frage ist
vorwiegend eine ungarliche, die tschechische vorwiegend eine österreichische. Um so
leichter ist eine gegenseitige Verständigung mit gegenseitigen Zugeständnissen. Soll
sie von Wert sein, so muß sie aber dauerhaft festgelegt und gesichert werden.

Die österreichische Negierung hat zu der kroatischen Frage nicht Stellung
genommen und kann dies auch nicht. Dagegen hat die deutsche Bewegung sie dazu


Deutschösterreich und die südslawische Frage

Tür" und volle Gleichberechtigung verlangen — wie dies Wohl auch Deutschland
durch die „mitteleuropäische" wirtschaftliche Annäherung erstrebt — aber darüber
hinaus gegen innere Verwaltungsmaßregeln, die nicht gegen dieses, Wohl aber
gegen Osterreich getroffen weiden können, durch größere Gemeinschaft und Gleich¬
heit der Steuern und überhaupt der wirtschaftlichen Gesetzgebung, wirksamen Rechts-
schutz usw. Die Deutschen müssen, ehe sie als Volk zustimmen können, eine
nationale Sicherung ihrer Kolonien und Sprachinseln — auch in Kroatien, wo
sie das neue Wablgesitz an die Wand drücken soll —, Förderung ihres Schul¬
wesens, Freiheit für weitere Einwanderung und Ansiedlung und was diese Kultur¬
pioniere sonst als Lebensbedingung fordern müssen, verwirklicht sehen. Aber auch
das ist kein.voller Ersatz für die ungeheure Machtverschiebung zugunsten Ungarns
gegenüber Österreich, zugunsten der Magyaren gegenüber den Deutschen, die eine
Erweiterung des „Subdualismus" brächte. Selbstverständlich müßte aus ihr eine
Veränderung der „Quote", des Beitrags zu den gemeinsamen Auslagen, gefolgert
werden, die Osterreich ohnehin zu schwer belastet' auch eine wirksame Regelung
der gegenseitigen Aushilfe im Kriegsfalle, eine Beseitigung der ungleichen Er-
nähnings- und Rohstoffsürsorge, die heute so verstimmend wirkt, müßte festgelegt
werden. Man bat auch von Gebietsabtretungen gesprochen. Erhält Ungarn die
dalmatinischen Häfen, so wäre Fiume, dessen Zugehörigkeit ebenso Gegenstand
eins Nechisstreils ist. wie jene Dalmatiens, das aber von Osterreich bequemere
Zugänge hat als von Ungarn, kaum ein zu großer Ersatz. Aber sehen wir davou ab, da
es der vom zentralen Ungarn raschest erreichbare und also wertvollste Hasen ist!
Besonders hat man auch in der Presse von jenen westungarischen deutschbesiedelten
Komitaten gesprochen, die deutscher Neichsboden und Teile Niederösterreichs und
der Steiermark waren, zeitweise im Grenzkrieg von Ungarn besetzt, aber erst bei
einer Wahlkapilulalion des 17. Jahrhunderts von der Dynastie kurzerhand zu
Ungarn geschlagen wurden. Die österreichischen Länder haben ihre Ansprüche
auf sie wiederholt erneuert und nie förmlich aufgegeben. Führt uns hier das
österreichische Interesse und die Rücksicht auf die einheitliche geographische Beschaffen¬
heit dieses Hügellandes denselben Weg wie das nationale Empfinden, so scheint
diesem ein anderes beinahe wichtiger. Das vertrauensvolle Zusammenwirken der
österi eichischen Deutschen und der Magyaren ist bisher immer wieder durch die
Poliiik gestört worden, die diese gegen die ungarischen Deutschen festhielten — eine
kurzsichtige Politik, welche diese ungarländisch-patriotische Bevölkerung schließlich
zum Bündnis mit den anderen „Nationalisten" des Siefansreiches führen müßte.
Die Forderung, daß die Magyaren ihren natürlichen Bundesgenossen nicht nur
wie allen anderen Völkern die gesetzlichen, aber nicht verwirklichten Rechte, sondern
auch den ihrer Vedemung entsprechenden Arten an der polnischen Fnhrcrstellung
endlich gewähren, müsste mit allem Nachdruck in dein Augenblick erhoben werden,
in dem Deutschösterreich den magyarischen München im Süden zustimmen soll.
Man sieht, daß es keinen Anlaß hat, dies vorschnell zu tun, daß es aber ohne
Bedenken dazu bereit sein kann, wenn entsprechende Bedingungen erfüllt werden.
Es wäre ebenso verfehlt, die ungarschen Wünsche, wie bis vor kurzem üblich,
grundsätzlich zu veiwerfen, wie es verfehlt wäre, bei der Verhandlung auf not¬
wendige und erreichbare Gegenleistungen zu verzichten. In Ungarn schätzt man
den moralischen Wert der Unterstützung durch die österreichischen Deutschen zumeist
nicht hoch ein; die Stimmung, welche in Osterreich vor dem Kriege bestand und
durch die Krr gserfahrungen nur gesteigert wurde, sollte aber die Magyaren darüber
belehren, daß politische Bundesgenossen auf der andern Seite der Leitha für sie
ebenso notwendig als kostbar sind — um so mehr, je stärker die slawischen Be¬
wegungen aus Osterreich nach Ungarn hinüberspielen. Die südslawische Frage ist
vorwiegend eine ungarliche, die tschechische vorwiegend eine österreichische. Um so
leichter ist eine gegenseitige Verständigung mit gegenseitigen Zugeständnissen. Soll
sie von Wert sein, so muß sie aber dauerhaft festgelegt und gesichert werden.

Die österreichische Negierung hat zu der kroatischen Frage nicht Stellung
genommen und kann dies auch nicht. Dagegen hat die deutsche Bewegung sie dazu


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[0256] Deutschösterreich und die südslawische Frage Tür" und volle Gleichberechtigung verlangen — wie dies Wohl auch Deutschland durch die „mitteleuropäische" wirtschaftliche Annäherung erstrebt — aber darüber hinaus gegen innere Verwaltungsmaßregeln, die nicht gegen dieses, Wohl aber gegen Osterreich getroffen weiden können, durch größere Gemeinschaft und Gleich¬ heit der Steuern und überhaupt der wirtschaftlichen Gesetzgebung, wirksamen Rechts- schutz usw. Die Deutschen müssen, ehe sie als Volk zustimmen können, eine nationale Sicherung ihrer Kolonien und Sprachinseln — auch in Kroatien, wo sie das neue Wablgesitz an die Wand drücken soll —, Förderung ihres Schul¬ wesens, Freiheit für weitere Einwanderung und Ansiedlung und was diese Kultur¬ pioniere sonst als Lebensbedingung fordern müssen, verwirklicht sehen. Aber auch das ist kein.voller Ersatz für die ungeheure Machtverschiebung zugunsten Ungarns gegenüber Österreich, zugunsten der Magyaren gegenüber den Deutschen, die eine Erweiterung des „Subdualismus" brächte. Selbstverständlich müßte aus ihr eine Veränderung der „Quote", des Beitrags zu den gemeinsamen Auslagen, gefolgert werden, die Osterreich ohnehin zu schwer belastet' auch eine wirksame Regelung der gegenseitigen Aushilfe im Kriegsfalle, eine Beseitigung der ungleichen Er- nähnings- und Rohstoffsürsorge, die heute so verstimmend wirkt, müßte festgelegt werden. Man bat auch von Gebietsabtretungen gesprochen. Erhält Ungarn die dalmatinischen Häfen, so wäre Fiume, dessen Zugehörigkeit ebenso Gegenstand eins Nechisstreils ist. wie jene Dalmatiens, das aber von Osterreich bequemere Zugänge hat als von Ungarn, kaum ein zu großer Ersatz. Aber sehen wir davou ab, da es der vom zentralen Ungarn raschest erreichbare und also wertvollste Hasen ist! Besonders hat man auch in der Presse von jenen westungarischen deutschbesiedelten Komitaten gesprochen, die deutscher Neichsboden und Teile Niederösterreichs und der Steiermark waren, zeitweise im Grenzkrieg von Ungarn besetzt, aber erst bei einer Wahlkapilulalion des 17. Jahrhunderts von der Dynastie kurzerhand zu Ungarn geschlagen wurden. Die österreichischen Länder haben ihre Ansprüche auf sie wiederholt erneuert und nie förmlich aufgegeben. Führt uns hier das österreichische Interesse und die Rücksicht auf die einheitliche geographische Beschaffen¬ heit dieses Hügellandes denselben Weg wie das nationale Empfinden, so scheint diesem ein anderes beinahe wichtiger. Das vertrauensvolle Zusammenwirken der österi eichischen Deutschen und der Magyaren ist bisher immer wieder durch die Poliiik gestört worden, die diese gegen die ungarischen Deutschen festhielten — eine kurzsichtige Politik, welche diese ungarländisch-patriotische Bevölkerung schließlich zum Bündnis mit den anderen „Nationalisten" des Siefansreiches führen müßte. Die Forderung, daß die Magyaren ihren natürlichen Bundesgenossen nicht nur wie allen anderen Völkern die gesetzlichen, aber nicht verwirklichten Rechte, sondern auch den ihrer Vedemung entsprechenden Arten an der polnischen Fnhrcrstellung endlich gewähren, müsste mit allem Nachdruck in dein Augenblick erhoben werden, in dem Deutschösterreich den magyarischen München im Süden zustimmen soll. Man sieht, daß es keinen Anlaß hat, dies vorschnell zu tun, daß es aber ohne Bedenken dazu bereit sein kann, wenn entsprechende Bedingungen erfüllt werden. Es wäre ebenso verfehlt, die ungarschen Wünsche, wie bis vor kurzem üblich, grundsätzlich zu veiwerfen, wie es verfehlt wäre, bei der Verhandlung auf not¬ wendige und erreichbare Gegenleistungen zu verzichten. In Ungarn schätzt man den moralischen Wert der Unterstützung durch die österreichischen Deutschen zumeist nicht hoch ein; die Stimmung, welche in Osterreich vor dem Kriege bestand und durch die Krr gserfahrungen nur gesteigert wurde, sollte aber die Magyaren darüber belehren, daß politische Bundesgenossen auf der andern Seite der Leitha für sie ebenso notwendig als kostbar sind — um so mehr, je stärker die slawischen Be¬ wegungen aus Osterreich nach Ungarn hinüberspielen. Die südslawische Frage ist vorwiegend eine ungarliche, die tschechische vorwiegend eine österreichische. Um so leichter ist eine gegenseitige Verständigung mit gegenseitigen Zugeständnissen. Soll sie von Wert sein, so muß sie aber dauerhaft festgelegt und gesichert werden. Die österreichische Negierung hat zu der kroatischen Frage nicht Stellung genommen und kann dies auch nicht. Dagegen hat die deutsche Bewegung sie dazu

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333482/256>, abgerufen am 26.06.2024.