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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr.

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Nach der dritten Losung

den Nationalliberalen durch Beseitigung ihres besonderen Bedenkens nicht die
Wege zu ebnen. In England ist soeben die teilweise Einführung der Verhältnis¬
wahl*) vom Unterhause in der Schlußabstimmung abgelehnt worden. Hier liegen
die Dinge aber nationalpolitisch anders als bei uns, das beweist auch die Be¬
merkung des "Vorwärts", die Gegner des demokratischen Wahlrechtes drüben
hüteten sich, den kleinen Finger zu reichen, sie stemmten sich gegen, solange sie
noch können. (Ein unfreiwilliger Beitrag übrigens zur Wertung der englischen
Muster-Wahlreform.)

Im Mittelpunkt des Interesses stehen die an der Zitadelle des gleichen
Wahlrechts selbst vorzunehmenden Veränderungen, vor allem natürlich, wie an¬
gedeutet, für die konservativen Parteien. Es ist zugleich die Antwort auf die
Frage, wie das jetzt gähnende Loch in der Vorlage ausgefüllt werden soll. Kann
der schon erwähnte Antrag Lohmann, gegebenenfalls in nochmaliger Abänderung,
die "Brücke zur Verständigung" werden? Wir möchten diese Möglichkeit bejahen
und alle Beteiligten eindringlich darauf hinweisen. In seiner jetzigen Gestalt
sieht er bekanntlich neben der jedem Wähler zustehenden Grundstimme noch zwei
Zusatzstimmen vor, nämlich 1. für die Fünfzigjähriger und 2. entweder für mehr
als zehnjährigen Wohnsitz in der Gemeinde, oder mehr als zehnjährige Tätigkeit
als Beamter sowohl im Staats- und Kommunaldienst wie bei einer deutschen Körper¬
schaft des öffentlichen Rechts (Dieser dritte Punkt findet in Zentrumskreisen Anklang,
während für die anderen vor der Hand (?) kein Verständnis besteht) oder endlich
für berufliche Selbständigkeit. (Dies der springende Punkt für die Freikonser¬
vativen. Vgl. o.)

Die Regierung hat sich nur auf die Altersstimme eingelassen, allem anderen
ein schroffes "Unannehmbar" entgegengestellt. Insbesondere trägt nach ihrer
Auffassung die Selbständigkeitsstimme plutokratischen Charakter. Prof. Krückmann
weist ober mit Recht im "Roten Tag" (15. Mai) auf den seltsamen Sprachgebrauch
des Ministerpräsidenten hin, der wirtschaftliche Selbständigkeit mit Plutokratie
gleichsetzt.

Die in derselben Rede erwähnten Gewissensopfer werden also lediglich von
den WahlrechtSgegnern verlangt. Aber wenn der Wille zum Kompromiß über¬
haupt feststeht, -- auch der so viel Parallelen bietende ungarische Wahlrechtskampf
nimmt scheinbar diesen Verlauf -- dann kann doch kein Zweifel darüber herrschen,
daß der Weg von allen Teilnehmern gleichmäßig beschntten wird, und daß man
nicht mit verschränkten Armen Warjet, bis der Gegner die ganze Strecke allein
durchmessen hat. Wenn, unseres Erachtens mit vollem Recht, ausgesprochen
wurde, daß die Linke nicht bloß der nehmende, sondern auch der gebende Teil
sein müsse, findet das "Berliner Tageblatt" darin einen bösen Scherz. Wir
können wiederum in diesem starren Shylockgebahren der aufs Königswort pochenden
Linken nur einen bösen Scherz erblicken.

Wie steht es denn überhaupt mit dem Königswort bei modernen Verfassnngs
fragen? Der König von Preußen ist unseres Wissens nicht absoluter Selbst¬
herrscher, sondern nur einer von den drei Faktoren der gesetzgebenden Gewalt.
So betrachtet ist er gar nicht in der Lage gegen den Willen der Mehrheit der
beiden Häuser des Landtages eine Änderung der Verfassung zu erzwingen. DaS
wissen die Liberalen ebensogut wie der Konservative Friedrich Thinae, wie anch
Herr von Kardorff. Aus Gründen der Objektivität und zur Rechtfertigung der
Wahlrechtsgegner muß immer wieder betont werden, daß sich im Frühsommer 191?
die überwältigende Mehrheit der preußischen Abgeordneten auf ein Kompromiß in der
Wahlrechtsfrage geeinigt hatte, welches,, ganz im Sinne der Osterbotschaft gehalten,
für damals recht bedeutende Zugeständnisse machte. Wir wiesen schon am 1. März
darauf hin. Wie der stellvertretende Ministerpräsident in der zweiten Lesung auf
Befragen erklärt hat, war dieser Beschluß auch dem Monarchen mitgeteilt worden.
Trotzdem kam es, allen Beteiligten völlig überraschend und zunächst unverständlich,



*) Vergl. Heft 7, S. 201.
Nach der dritten Losung

den Nationalliberalen durch Beseitigung ihres besonderen Bedenkens nicht die
Wege zu ebnen. In England ist soeben die teilweise Einführung der Verhältnis¬
wahl*) vom Unterhause in der Schlußabstimmung abgelehnt worden. Hier liegen
die Dinge aber nationalpolitisch anders als bei uns, das beweist auch die Be¬
merkung des „Vorwärts", die Gegner des demokratischen Wahlrechtes drüben
hüteten sich, den kleinen Finger zu reichen, sie stemmten sich gegen, solange sie
noch können. (Ein unfreiwilliger Beitrag übrigens zur Wertung der englischen
Muster-Wahlreform.)

Im Mittelpunkt des Interesses stehen die an der Zitadelle des gleichen
Wahlrechts selbst vorzunehmenden Veränderungen, vor allem natürlich, wie an¬
gedeutet, für die konservativen Parteien. Es ist zugleich die Antwort auf die
Frage, wie das jetzt gähnende Loch in der Vorlage ausgefüllt werden soll. Kann
der schon erwähnte Antrag Lohmann, gegebenenfalls in nochmaliger Abänderung,
die „Brücke zur Verständigung" werden? Wir möchten diese Möglichkeit bejahen
und alle Beteiligten eindringlich darauf hinweisen. In seiner jetzigen Gestalt
sieht er bekanntlich neben der jedem Wähler zustehenden Grundstimme noch zwei
Zusatzstimmen vor, nämlich 1. für die Fünfzigjähriger und 2. entweder für mehr
als zehnjährigen Wohnsitz in der Gemeinde, oder mehr als zehnjährige Tätigkeit
als Beamter sowohl im Staats- und Kommunaldienst wie bei einer deutschen Körper¬
schaft des öffentlichen Rechts (Dieser dritte Punkt findet in Zentrumskreisen Anklang,
während für die anderen vor der Hand (?) kein Verständnis besteht) oder endlich
für berufliche Selbständigkeit. (Dies der springende Punkt für die Freikonser¬
vativen. Vgl. o.)

Die Regierung hat sich nur auf die Altersstimme eingelassen, allem anderen
ein schroffes „Unannehmbar" entgegengestellt. Insbesondere trägt nach ihrer
Auffassung die Selbständigkeitsstimme plutokratischen Charakter. Prof. Krückmann
weist ober mit Recht im „Roten Tag" (15. Mai) auf den seltsamen Sprachgebrauch
des Ministerpräsidenten hin, der wirtschaftliche Selbständigkeit mit Plutokratie
gleichsetzt.

Die in derselben Rede erwähnten Gewissensopfer werden also lediglich von
den WahlrechtSgegnern verlangt. Aber wenn der Wille zum Kompromiß über¬
haupt feststeht, — auch der so viel Parallelen bietende ungarische Wahlrechtskampf
nimmt scheinbar diesen Verlauf — dann kann doch kein Zweifel darüber herrschen,
daß der Weg von allen Teilnehmern gleichmäßig beschntten wird, und daß man
nicht mit verschränkten Armen Warjet, bis der Gegner die ganze Strecke allein
durchmessen hat. Wenn, unseres Erachtens mit vollem Recht, ausgesprochen
wurde, daß die Linke nicht bloß der nehmende, sondern auch der gebende Teil
sein müsse, findet das „Berliner Tageblatt" darin einen bösen Scherz. Wir
können wiederum in diesem starren Shylockgebahren der aufs Königswort pochenden
Linken nur einen bösen Scherz erblicken.

Wie steht es denn überhaupt mit dem Königswort bei modernen Verfassnngs
fragen? Der König von Preußen ist unseres Wissens nicht absoluter Selbst¬
herrscher, sondern nur einer von den drei Faktoren der gesetzgebenden Gewalt.
So betrachtet ist er gar nicht in der Lage gegen den Willen der Mehrheit der
beiden Häuser des Landtages eine Änderung der Verfassung zu erzwingen. DaS
wissen die Liberalen ebensogut wie der Konservative Friedrich Thinae, wie anch
Herr von Kardorff. Aus Gründen der Objektivität und zur Rechtfertigung der
Wahlrechtsgegner muß immer wieder betont werden, daß sich im Frühsommer 191?
die überwältigende Mehrheit der preußischen Abgeordneten auf ein Kompromiß in der
Wahlrechtsfrage geeinigt hatte, welches,, ganz im Sinne der Osterbotschaft gehalten,
für damals recht bedeutende Zugeständnisse machte. Wir wiesen schon am 1. März
darauf hin. Wie der stellvertretende Ministerpräsident in der zweiten Lesung auf
Befragen erklärt hat, war dieser Beschluß auch dem Monarchen mitgeteilt worden.
Trotzdem kam es, allen Beteiligten völlig überraschend und zunächst unverständlich,



*) Vergl. Heft 7, S. 201.
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[0226] Nach der dritten Losung den Nationalliberalen durch Beseitigung ihres besonderen Bedenkens nicht die Wege zu ebnen. In England ist soeben die teilweise Einführung der Verhältnis¬ wahl*) vom Unterhause in der Schlußabstimmung abgelehnt worden. Hier liegen die Dinge aber nationalpolitisch anders als bei uns, das beweist auch die Be¬ merkung des „Vorwärts", die Gegner des demokratischen Wahlrechtes drüben hüteten sich, den kleinen Finger zu reichen, sie stemmten sich gegen, solange sie noch können. (Ein unfreiwilliger Beitrag übrigens zur Wertung der englischen Muster-Wahlreform.) Im Mittelpunkt des Interesses stehen die an der Zitadelle des gleichen Wahlrechts selbst vorzunehmenden Veränderungen, vor allem natürlich, wie an¬ gedeutet, für die konservativen Parteien. Es ist zugleich die Antwort auf die Frage, wie das jetzt gähnende Loch in der Vorlage ausgefüllt werden soll. Kann der schon erwähnte Antrag Lohmann, gegebenenfalls in nochmaliger Abänderung, die „Brücke zur Verständigung" werden? Wir möchten diese Möglichkeit bejahen und alle Beteiligten eindringlich darauf hinweisen. In seiner jetzigen Gestalt sieht er bekanntlich neben der jedem Wähler zustehenden Grundstimme noch zwei Zusatzstimmen vor, nämlich 1. für die Fünfzigjähriger und 2. entweder für mehr als zehnjährigen Wohnsitz in der Gemeinde, oder mehr als zehnjährige Tätigkeit als Beamter sowohl im Staats- und Kommunaldienst wie bei einer deutschen Körper¬ schaft des öffentlichen Rechts (Dieser dritte Punkt findet in Zentrumskreisen Anklang, während für die anderen vor der Hand (?) kein Verständnis besteht) oder endlich für berufliche Selbständigkeit. (Dies der springende Punkt für die Freikonser¬ vativen. Vgl. o.) Die Regierung hat sich nur auf die Altersstimme eingelassen, allem anderen ein schroffes „Unannehmbar" entgegengestellt. Insbesondere trägt nach ihrer Auffassung die Selbständigkeitsstimme plutokratischen Charakter. Prof. Krückmann weist ober mit Recht im „Roten Tag" (15. Mai) auf den seltsamen Sprachgebrauch des Ministerpräsidenten hin, der wirtschaftliche Selbständigkeit mit Plutokratie gleichsetzt. Die in derselben Rede erwähnten Gewissensopfer werden also lediglich von den WahlrechtSgegnern verlangt. Aber wenn der Wille zum Kompromiß über¬ haupt feststeht, — auch der so viel Parallelen bietende ungarische Wahlrechtskampf nimmt scheinbar diesen Verlauf — dann kann doch kein Zweifel darüber herrschen, daß der Weg von allen Teilnehmern gleichmäßig beschntten wird, und daß man nicht mit verschränkten Armen Warjet, bis der Gegner die ganze Strecke allein durchmessen hat. Wenn, unseres Erachtens mit vollem Recht, ausgesprochen wurde, daß die Linke nicht bloß der nehmende, sondern auch der gebende Teil sein müsse, findet das „Berliner Tageblatt" darin einen bösen Scherz. Wir können wiederum in diesem starren Shylockgebahren der aufs Königswort pochenden Linken nur einen bösen Scherz erblicken. Wie steht es denn überhaupt mit dem Königswort bei modernen Verfassnngs fragen? Der König von Preußen ist unseres Wissens nicht absoluter Selbst¬ herrscher, sondern nur einer von den drei Faktoren der gesetzgebenden Gewalt. So betrachtet ist er gar nicht in der Lage gegen den Willen der Mehrheit der beiden Häuser des Landtages eine Änderung der Verfassung zu erzwingen. DaS wissen die Liberalen ebensogut wie der Konservative Friedrich Thinae, wie anch Herr von Kardorff. Aus Gründen der Objektivität und zur Rechtfertigung der Wahlrechtsgegner muß immer wieder betont werden, daß sich im Frühsommer 191? die überwältigende Mehrheit der preußischen Abgeordneten auf ein Kompromiß in der Wahlrechtsfrage geeinigt hatte, welches,, ganz im Sinne der Osterbotschaft gehalten, für damals recht bedeutende Zugeständnisse machte. Wir wiesen schon am 1. März darauf hin. Wie der stellvertretende Ministerpräsident in der zweiten Lesung auf Befragen erklärt hat, war dieser Beschluß auch dem Monarchen mitgeteilt worden. Trotzdem kam es, allen Beteiligten völlig überraschend und zunächst unverständlich, *) Vergl. Heft 7, S. 201.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333482/226>, abgerufen am 26.06.2024.