Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Rriegsgewinne

wenn man bedenkt, daß allein die Heereslieferungen in diesem Zeitraume etwa
50 Milliarden Mark betragen und daß in dem Gesetz zwei verschiedene Steuern
durchaus unorganisch miteinander verbunden sind. Denn neben die Kriegsgewinn-
steuer steht eine verschleierte allgemeine Vermögenssteuer, die erst im letzten Moment
in das Gesetz gefügt wurde. Bei der Beratung des Gesetzes vor zwei Jahren
forderte der Reichstag, daß außer den Kriegsgewinnen auch die bereits vor dem
Kriege vorhandenen Vermögen zur Beteiligung an den Kriegslasten herangezogen
werden sollten. Schon war ein Kompromiß/ das neben der Kriegsgewinnsteuer
eine selbständige Reichsvermögenssteuer gesetzt hätte, dem Abschluß nahe gewesen,
als der damalige Staatssekretär I)r. Helfferich -- gestützt auf die einzelstaatlichen
Finanzminister -- die allgemeine Vermögenssteuer zu eiuer Unterart der Kriegs-
gewinnsteue! machte, liber die Kriegsgewinne hinaus wurden sämtliche Stei¬
gerungen des Vermögens und des Einkommens herangezogen und man ging so¬
weit, auch alles zum Kriegsgewinn zu rechnen, was über eine zehnprozentige
Verminderung des vor Kriegsausbruch vorhandenen Vermögens nicht hinausging.
Mit dieser seltsamen Transaktion war allerdings die Form der den einzelstaat¬
lichen Finanzministern unsympathischen Reichsvermögenssteuer vermieden; aber
tatsächlich ist doch in der Kriegssteuer eine Reichsvermögenssteuer enthalten. Die
Verquickung der Kriegsgewinnsteuer mit einer allgemeinen Vermögenssteuer muß
wieder beseitigt werden. "Ich habe es nicht für richtig gehalten", sagte Graf
Posadowsky am Schluß der Etatsdebatte in der Reichstagssitzung vom 1. März
d. I., "daß man die großen Gewinne, die mittelbar oder unmittelbar aus
Kriegsgeschäften erzielt worden sind, steuertechnisch ebenso behandelt hat, wie die
Vermögensvermohrung aus anderen Quellen. Haben wir doch in Deutschland
eine große Mittelschicht, die durch beständige Sparsamkeit, durch ein bescheidenes
zurückgezogenes Leben ihr Lebensziel darin sieht, allmählich ein Vermögen anzu¬
sammeln, damit auch Kinder und Nachkommen in ihrer bisherigen sozialen
Stellung leben können. Daß man die Vermögen dieser' Personen nach dem
gleichen' Maßstab versteuert, wie die phantastischen Kriegsgewinne, halte ich für
falsch. Man hat eine solche Trennung steuertechmsch für unmöglich erklärt. Ich
kann dem nicht zustimmen. In einer Zeit, in der man durch eine Warenumsatz¬
steuer jedes einzelne Geschäft unter die Lupe nimmt, nutz es auch möglich sein,
zu unterscheiden, woher eine Vermögensvermehrung stammt. Man zeigt ja mit
Fingern auf die Leute, die die großen Gewinne gemacht haben. Die Steuer¬
behörden sollten sich nur richtig umsehen."

Erst nach langem Sträuben suchte Helfferich mit seinem Gesetz die Gewinne
der Millionäre zu erfassen. Aber es ist nur sehr unvollkommen gelungen, und
man muß sich wirklich erstaunt fragen, wo die Riesengewinne der glücklichen
Kriegsgewinnler denn eigentlich geblieben sind. Viele Milliarden bleiben in den
Händen der glücklichen Gewinner, weil einerseits die Kriegssteuer nicht die ganzen
Vermögenssteigerungen erfaßt und andererseits bei der Steuerdeklaration das
"corriMr la tortune" auf eine mehr oder minder legale Form geübt wurde,
oder sie sind in verschwenderischen Luxus, dem diese Kreise huldigen, verschleudert
worden. In Kunstwerken, Juwelen, Kostbarkeiten aller Art mag noch manche
Million rechtzeitig festgelegt worden sein, wofür die Versteigerung der Sammlung
Kaufmann in Berlin noch eins der erträglichsten Beispiele bietet.

Es kann kein Zweifel darüber herrschen, daß die Heereslieferanten ent¬
scheidend mit dazu beigetragen haben, daß Deutschland den Krieg gewinne, der
zu einem großen Teil ein Materialkrieg ist. Niemand wird die gewaltigen Leistungen
unserer Industrie gerade in diesem Kriege verkennen. Deutschlands Bestand wäre
ohne seine Industrie und ohne seine Landwirtschaft nicht möglich gewesen, und
mit dem Gelde durfte nicht gespart werden, als aufs schleunigste Munition bereit¬
gestellt und dringende militärische Notwendigkeiten befriedigt werden mußten.
Auch gegen die Bewilligung großer Entschädigungssummen im Augenblick der
Umstellung und zur Anstachelung des Erwerbssinnes ist nichts einzuwenden.
Mochte man dem Unternehmer, der sich und sein Werk in den Dienst der ratio-


Rriegsgewinne

wenn man bedenkt, daß allein die Heereslieferungen in diesem Zeitraume etwa
50 Milliarden Mark betragen und daß in dem Gesetz zwei verschiedene Steuern
durchaus unorganisch miteinander verbunden sind. Denn neben die Kriegsgewinn-
steuer steht eine verschleierte allgemeine Vermögenssteuer, die erst im letzten Moment
in das Gesetz gefügt wurde. Bei der Beratung des Gesetzes vor zwei Jahren
forderte der Reichstag, daß außer den Kriegsgewinnen auch die bereits vor dem
Kriege vorhandenen Vermögen zur Beteiligung an den Kriegslasten herangezogen
werden sollten. Schon war ein Kompromiß/ das neben der Kriegsgewinnsteuer
eine selbständige Reichsvermögenssteuer gesetzt hätte, dem Abschluß nahe gewesen,
als der damalige Staatssekretär I)r. Helfferich — gestützt auf die einzelstaatlichen
Finanzminister — die allgemeine Vermögenssteuer zu eiuer Unterart der Kriegs-
gewinnsteue! machte, liber die Kriegsgewinne hinaus wurden sämtliche Stei¬
gerungen des Vermögens und des Einkommens herangezogen und man ging so¬
weit, auch alles zum Kriegsgewinn zu rechnen, was über eine zehnprozentige
Verminderung des vor Kriegsausbruch vorhandenen Vermögens nicht hinausging.
Mit dieser seltsamen Transaktion war allerdings die Form der den einzelstaat¬
lichen Finanzministern unsympathischen Reichsvermögenssteuer vermieden; aber
tatsächlich ist doch in der Kriegssteuer eine Reichsvermögenssteuer enthalten. Die
Verquickung der Kriegsgewinnsteuer mit einer allgemeinen Vermögenssteuer muß
wieder beseitigt werden. „Ich habe es nicht für richtig gehalten", sagte Graf
Posadowsky am Schluß der Etatsdebatte in der Reichstagssitzung vom 1. März
d. I., „daß man die großen Gewinne, die mittelbar oder unmittelbar aus
Kriegsgeschäften erzielt worden sind, steuertechnisch ebenso behandelt hat, wie die
Vermögensvermohrung aus anderen Quellen. Haben wir doch in Deutschland
eine große Mittelschicht, die durch beständige Sparsamkeit, durch ein bescheidenes
zurückgezogenes Leben ihr Lebensziel darin sieht, allmählich ein Vermögen anzu¬
sammeln, damit auch Kinder und Nachkommen in ihrer bisherigen sozialen
Stellung leben können. Daß man die Vermögen dieser' Personen nach dem
gleichen' Maßstab versteuert, wie die phantastischen Kriegsgewinne, halte ich für
falsch. Man hat eine solche Trennung steuertechmsch für unmöglich erklärt. Ich
kann dem nicht zustimmen. In einer Zeit, in der man durch eine Warenumsatz¬
steuer jedes einzelne Geschäft unter die Lupe nimmt, nutz es auch möglich sein,
zu unterscheiden, woher eine Vermögensvermehrung stammt. Man zeigt ja mit
Fingern auf die Leute, die die großen Gewinne gemacht haben. Die Steuer¬
behörden sollten sich nur richtig umsehen."

Erst nach langem Sträuben suchte Helfferich mit seinem Gesetz die Gewinne
der Millionäre zu erfassen. Aber es ist nur sehr unvollkommen gelungen, und
man muß sich wirklich erstaunt fragen, wo die Riesengewinne der glücklichen
Kriegsgewinnler denn eigentlich geblieben sind. Viele Milliarden bleiben in den
Händen der glücklichen Gewinner, weil einerseits die Kriegssteuer nicht die ganzen
Vermögenssteigerungen erfaßt und andererseits bei der Steuerdeklaration das
„corriMr la tortune" auf eine mehr oder minder legale Form geübt wurde,
oder sie sind in verschwenderischen Luxus, dem diese Kreise huldigen, verschleudert
worden. In Kunstwerken, Juwelen, Kostbarkeiten aller Art mag noch manche
Million rechtzeitig festgelegt worden sein, wofür die Versteigerung der Sammlung
Kaufmann in Berlin noch eins der erträglichsten Beispiele bietet.

Es kann kein Zweifel darüber herrschen, daß die Heereslieferanten ent¬
scheidend mit dazu beigetragen haben, daß Deutschland den Krieg gewinne, der
zu einem großen Teil ein Materialkrieg ist. Niemand wird die gewaltigen Leistungen
unserer Industrie gerade in diesem Kriege verkennen. Deutschlands Bestand wäre
ohne seine Industrie und ohne seine Landwirtschaft nicht möglich gewesen, und
mit dem Gelde durfte nicht gespart werden, als aufs schleunigste Munition bereit¬
gestellt und dringende militärische Notwendigkeiten befriedigt werden mußten.
Auch gegen die Bewilligung großer Entschädigungssummen im Augenblick der
Umstellung und zur Anstachelung des Erwerbssinnes ist nichts einzuwenden.
Mochte man dem Unternehmer, der sich und sein Werk in den Dienst der ratio-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0018" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/333501"/>
          <fw type="header" place="top"> Rriegsgewinne</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_21" prev="#ID_20"> wenn man bedenkt, daß allein die Heereslieferungen in diesem Zeitraume etwa<lb/>
50 Milliarden Mark betragen und daß in dem Gesetz zwei verschiedene Steuern<lb/>
durchaus unorganisch miteinander verbunden sind. Denn neben die Kriegsgewinn-<lb/>
steuer steht eine verschleierte allgemeine Vermögenssteuer, die erst im letzten Moment<lb/>
in das Gesetz gefügt wurde. Bei der Beratung des Gesetzes vor zwei Jahren<lb/>
forderte der Reichstag, daß außer den Kriegsgewinnen auch die bereits vor dem<lb/>
Kriege vorhandenen Vermögen zur Beteiligung an den Kriegslasten herangezogen<lb/>
werden sollten. Schon war ein Kompromiß/ das neben der Kriegsgewinnsteuer<lb/>
eine selbständige Reichsvermögenssteuer gesetzt hätte, dem Abschluß nahe gewesen,<lb/>
als der damalige Staatssekretär I)r. Helfferich &#x2014; gestützt auf die einzelstaatlichen<lb/>
Finanzminister &#x2014; die allgemeine Vermögenssteuer zu eiuer Unterart der Kriegs-<lb/>
gewinnsteue! machte, liber die Kriegsgewinne hinaus wurden sämtliche Stei¬<lb/>
gerungen des Vermögens und des Einkommens herangezogen und man ging so¬<lb/>
weit, auch alles zum Kriegsgewinn zu rechnen, was über eine zehnprozentige<lb/>
Verminderung des vor Kriegsausbruch vorhandenen Vermögens nicht hinausging.<lb/>
Mit dieser seltsamen Transaktion war allerdings die Form der den einzelstaat¬<lb/>
lichen Finanzministern unsympathischen Reichsvermögenssteuer vermieden; aber<lb/>
tatsächlich ist doch in der Kriegssteuer eine Reichsvermögenssteuer enthalten. Die<lb/>
Verquickung der Kriegsgewinnsteuer mit einer allgemeinen Vermögenssteuer muß<lb/>
wieder beseitigt werden. &#x201E;Ich habe es nicht für richtig gehalten", sagte Graf<lb/>
Posadowsky am Schluß der Etatsdebatte in der Reichstagssitzung vom 1. März<lb/>
d. I., &#x201E;daß man die großen Gewinne, die mittelbar oder unmittelbar aus<lb/>
Kriegsgeschäften erzielt worden sind, steuertechnisch ebenso behandelt hat, wie die<lb/>
Vermögensvermohrung aus anderen Quellen. Haben wir doch in Deutschland<lb/>
eine große Mittelschicht, die durch beständige Sparsamkeit, durch ein bescheidenes<lb/>
zurückgezogenes Leben ihr Lebensziel darin sieht, allmählich ein Vermögen anzu¬<lb/>
sammeln, damit auch Kinder und Nachkommen in ihrer bisherigen sozialen<lb/>
Stellung leben können. Daß man die Vermögen dieser' Personen nach dem<lb/>
gleichen' Maßstab versteuert, wie die phantastischen Kriegsgewinne, halte ich für<lb/>
falsch. Man hat eine solche Trennung steuertechmsch für unmöglich erklärt. Ich<lb/>
kann dem nicht zustimmen. In einer Zeit, in der man durch eine Warenumsatz¬<lb/>
steuer jedes einzelne Geschäft unter die Lupe nimmt, nutz es auch möglich sein,<lb/>
zu unterscheiden, woher eine Vermögensvermehrung stammt. Man zeigt ja mit<lb/>
Fingern auf die Leute, die die großen Gewinne gemacht haben. Die Steuer¬<lb/>
behörden sollten sich nur richtig umsehen."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_22"> Erst nach langem Sträuben suchte Helfferich mit seinem Gesetz die Gewinne<lb/>
der Millionäre zu erfassen. Aber es ist nur sehr unvollkommen gelungen, und<lb/>
man muß sich wirklich erstaunt fragen, wo die Riesengewinne der glücklichen<lb/>
Kriegsgewinnler denn eigentlich geblieben sind. Viele Milliarden bleiben in den<lb/>
Händen der glücklichen Gewinner, weil einerseits die Kriegssteuer nicht die ganzen<lb/>
Vermögenssteigerungen erfaßt und andererseits bei der Steuerdeklaration das<lb/>
&#x201E;corriMr la tortune" auf eine mehr oder minder legale Form geübt wurde,<lb/>
oder sie sind in verschwenderischen Luxus, dem diese Kreise huldigen, verschleudert<lb/>
worden. In Kunstwerken, Juwelen, Kostbarkeiten aller Art mag noch manche<lb/>
Million rechtzeitig festgelegt worden sein, wofür die Versteigerung der Sammlung<lb/>
Kaufmann in Berlin noch eins der erträglichsten Beispiele bietet.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_23" next="#ID_24"> Es kann kein Zweifel darüber herrschen, daß die Heereslieferanten ent¬<lb/>
scheidend mit dazu beigetragen haben, daß Deutschland den Krieg gewinne, der<lb/>
zu einem großen Teil ein Materialkrieg ist. Niemand wird die gewaltigen Leistungen<lb/>
unserer Industrie gerade in diesem Kriege verkennen. Deutschlands Bestand wäre<lb/>
ohne seine Industrie und ohne seine Landwirtschaft nicht möglich gewesen, und<lb/>
mit dem Gelde durfte nicht gespart werden, als aufs schleunigste Munition bereit¬<lb/>
gestellt und dringende militärische Notwendigkeiten befriedigt werden mußten.<lb/>
Auch gegen die Bewilligung großer Entschädigungssummen im Augenblick der<lb/>
Umstellung und zur Anstachelung des Erwerbssinnes ist nichts einzuwenden.<lb/>
Mochte man dem Unternehmer, der sich und sein Werk in den Dienst der ratio-</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0018] Rriegsgewinne wenn man bedenkt, daß allein die Heereslieferungen in diesem Zeitraume etwa 50 Milliarden Mark betragen und daß in dem Gesetz zwei verschiedene Steuern durchaus unorganisch miteinander verbunden sind. Denn neben die Kriegsgewinn- steuer steht eine verschleierte allgemeine Vermögenssteuer, die erst im letzten Moment in das Gesetz gefügt wurde. Bei der Beratung des Gesetzes vor zwei Jahren forderte der Reichstag, daß außer den Kriegsgewinnen auch die bereits vor dem Kriege vorhandenen Vermögen zur Beteiligung an den Kriegslasten herangezogen werden sollten. Schon war ein Kompromiß/ das neben der Kriegsgewinnsteuer eine selbständige Reichsvermögenssteuer gesetzt hätte, dem Abschluß nahe gewesen, als der damalige Staatssekretär I)r. Helfferich — gestützt auf die einzelstaatlichen Finanzminister — die allgemeine Vermögenssteuer zu eiuer Unterart der Kriegs- gewinnsteue! machte, liber die Kriegsgewinne hinaus wurden sämtliche Stei¬ gerungen des Vermögens und des Einkommens herangezogen und man ging so¬ weit, auch alles zum Kriegsgewinn zu rechnen, was über eine zehnprozentige Verminderung des vor Kriegsausbruch vorhandenen Vermögens nicht hinausging. Mit dieser seltsamen Transaktion war allerdings die Form der den einzelstaat¬ lichen Finanzministern unsympathischen Reichsvermögenssteuer vermieden; aber tatsächlich ist doch in der Kriegssteuer eine Reichsvermögenssteuer enthalten. Die Verquickung der Kriegsgewinnsteuer mit einer allgemeinen Vermögenssteuer muß wieder beseitigt werden. „Ich habe es nicht für richtig gehalten", sagte Graf Posadowsky am Schluß der Etatsdebatte in der Reichstagssitzung vom 1. März d. I., „daß man die großen Gewinne, die mittelbar oder unmittelbar aus Kriegsgeschäften erzielt worden sind, steuertechnisch ebenso behandelt hat, wie die Vermögensvermohrung aus anderen Quellen. Haben wir doch in Deutschland eine große Mittelschicht, die durch beständige Sparsamkeit, durch ein bescheidenes zurückgezogenes Leben ihr Lebensziel darin sieht, allmählich ein Vermögen anzu¬ sammeln, damit auch Kinder und Nachkommen in ihrer bisherigen sozialen Stellung leben können. Daß man die Vermögen dieser' Personen nach dem gleichen' Maßstab versteuert, wie die phantastischen Kriegsgewinne, halte ich für falsch. Man hat eine solche Trennung steuertechmsch für unmöglich erklärt. Ich kann dem nicht zustimmen. In einer Zeit, in der man durch eine Warenumsatz¬ steuer jedes einzelne Geschäft unter die Lupe nimmt, nutz es auch möglich sein, zu unterscheiden, woher eine Vermögensvermehrung stammt. Man zeigt ja mit Fingern auf die Leute, die die großen Gewinne gemacht haben. Die Steuer¬ behörden sollten sich nur richtig umsehen." Erst nach langem Sträuben suchte Helfferich mit seinem Gesetz die Gewinne der Millionäre zu erfassen. Aber es ist nur sehr unvollkommen gelungen, und man muß sich wirklich erstaunt fragen, wo die Riesengewinne der glücklichen Kriegsgewinnler denn eigentlich geblieben sind. Viele Milliarden bleiben in den Händen der glücklichen Gewinner, weil einerseits die Kriegssteuer nicht die ganzen Vermögenssteigerungen erfaßt und andererseits bei der Steuerdeklaration das „corriMr la tortune" auf eine mehr oder minder legale Form geübt wurde, oder sie sind in verschwenderischen Luxus, dem diese Kreise huldigen, verschleudert worden. In Kunstwerken, Juwelen, Kostbarkeiten aller Art mag noch manche Million rechtzeitig festgelegt worden sein, wofür die Versteigerung der Sammlung Kaufmann in Berlin noch eins der erträglichsten Beispiele bietet. Es kann kein Zweifel darüber herrschen, daß die Heereslieferanten ent¬ scheidend mit dazu beigetragen haben, daß Deutschland den Krieg gewinne, der zu einem großen Teil ein Materialkrieg ist. Niemand wird die gewaltigen Leistungen unserer Industrie gerade in diesem Kriege verkennen. Deutschlands Bestand wäre ohne seine Industrie und ohne seine Landwirtschaft nicht möglich gewesen, und mit dem Gelde durfte nicht gespart werden, als aufs schleunigste Munition bereit¬ gestellt und dringende militärische Notwendigkeiten befriedigt werden mußten. Auch gegen die Bewilligung großer Entschädigungssummen im Augenblick der Umstellung und zur Anstachelung des Erwerbssinnes ist nichts einzuwenden. Mochte man dem Unternehmer, der sich und sein Werk in den Dienst der ratio-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333482
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333482/18
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333482/18>, abgerufen am 26.06.2024.