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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr.

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Tropenwirtschaft

dessen wirtschaftliches Schwergewicht. Wenn nun solche Gebiete gleichzeitig die
bevölkertsten des Landes sind und die Volksdichte daselbst beträchtlich ist, so können
die natürlichen Vorzüge dieser Landschaften in weitgehendem Matze ausgenutzt
werden, ohne daß die Arbeiterbeschaffung besondere Schwierigkeiten machte. Wenn
aber diese wirtschaftlich wichtigsten Gebiete ursprünglich sehr dünn oder gar nicht
bevölkert waren, so pflegt die Heranziehung einer genügenden Unternehmer- und
Arbeiterschaft mit Schwierigkeiten verknüpft zu sein, und zwar um so mehr, je
weiter entfernt die reicheren Menschenreservoire liegen, je schlechter und seltener
die Verbindungsmöglichkeiten sind und je mehr Klima und sonstige Lebens¬
bedingungen abweichen. Im Fall großer geographischer Entfernung oder seltener
Verbindungsmöglichkeiten werden dann oft jahrelange Arbeitskontrakte abgeschlossen
und damit das Familienleben der Arbeiter schwer geschädigt, die Volksvermehrung
wesentlich eingeschränkt, unter Umständen, wenn das Menschenreservoir verhältnis¬
mäßig klein ist (Südsee-Jnselnl) eine Volksabnahme bewirkt und damit die Mög¬
lichkeit künftigen Arbeiterersatzes immer mehr geschmälert. Wo das Wohn- und
das Arbeitsgebiet der Arbeiterschaft geringe klimatische Unterschiede aufweisen, da
pflegen bei kurzer Arbeitsdauer nennenswerte Schäden nicht zu entstehen, wie
z. B. die Hochlandsindianer von Guatemala oder Chiapas ihre mehrwochentlichen
bis mehrmonatlichen Arbeitskontrakte im mäßigwarmen Gebiet der Kaffeezonen
meist ohne jede Schädigung aushalten, während oft schon ein kurzer Aufenthalt
im tropischen Tiefland für Hochlandsbewohner sehr bedenklich ist und den Tod
eines großen Bruchteiles der Arbeiter bedeutet, gleichviel, ob es sich um Indianer
Amerikas, Um Neger Afrikas oder Malayen Australasiens handelt, und die Folgen
werden um so schlimmer, wenn zugleich noch die gesellschaftlichen Zustände in dem
Arbeitsgebiet ungünstig sind.*) Dann geht man der Gefahr entgegen, allmählich
das Reservoir ganz auszuschöpfen und schließlich die Betriebe selbst aus Arbeiter-
Mangel doch noch hinsiechen zu sehen, wenn es nicht glückt, klimagewohnte Arbeiter
aus anderen Gegenden zu gewinnen. In unentwickelten Gebieten empfiehlt es
sich daher dringend, vor Ausgestaltung des Wirtschaftsplanes vor allem die Arbeiter¬
frage in Betracht zu ziehen und möglichst wirtschaftliche Betätigungen ins Leben
zu rufen, die keine Gefahren für die Eingeborenenbevölkerung in sich bergen; selbst
dann, wenn sie zunächst minder einträglich sind, sollte man sie bevorzugen, denn
-- wir sehen hier von Humanitären Gründen ganz abi -- das wertvollste Gut
aller Tropenländer ist die einheimische Bevölkerung, besonders in den wärmeren
Landesteilen, wo sie von Europäern nicht ersetzt werden kann.

Die Bewohner der Tropenländer, die bedeutende Erhebungen haben, pflegen
den Besitz der vier produktiven Höhenregionen innerhalb der Grenzen ihrer Heimat
als besonders wertvolles Aktivum anzuführen. Sie haben damit von ihrem
Standpunkt aus zweifellos recht, denn dadurch sind sie der Möglichkeit der
Selbstversorgung wenigstens hinsichtlich pflanzlicher und tierischer Erzeugnisse nahe¬
gerückt: es kann dann die Landwirtschaft aller Zonen in ihrem Lande betrieben
werden, selbst wenn dessen Fläche nur klein ist. Ein solches Land ist z. B. Guate¬
mala, wo etwa ein Zehntel der Fläche europäische Landwirtschaft zuläßt. Wenn
aber trotzdem noch große Mengen von Mehl*") und anderen Erzengnissen der
gemäßigten Zone eingeführt werden müssen, so kommt' das teils davon her, daß
sich die Landwirtschaft des Hochlandes nicht genügend auf das Ziel der Landes¬
versorgung eingestellt hat, teils erklärt es sich aber auch aus der in jenen Gegen¬
den herrschenden hohen Volksdichte und vor allem aus dem Mangel an guten
Verbindungen von den Altos nach den übrigen Landesteilen: es ist vielfach
einfacher und billiger, diese Produkte aus dem Auslande zu beziehen.




*) Vergleiche z. B. die erschütternden Schilderungen des Missionars van der Bürge
über die Wcmyamwesi in der "Kolonialen Rundschau" 1913 S. 705--728 und 1914
S. 24--27.
*") 1912 wurden in Guatemala 74000 Quintales Mehl vom Lande, aber 157000
vom Ausland verbraucht.
Tropenwirtschaft

dessen wirtschaftliches Schwergewicht. Wenn nun solche Gebiete gleichzeitig die
bevölkertsten des Landes sind und die Volksdichte daselbst beträchtlich ist, so können
die natürlichen Vorzüge dieser Landschaften in weitgehendem Matze ausgenutzt
werden, ohne daß die Arbeiterbeschaffung besondere Schwierigkeiten machte. Wenn
aber diese wirtschaftlich wichtigsten Gebiete ursprünglich sehr dünn oder gar nicht
bevölkert waren, so pflegt die Heranziehung einer genügenden Unternehmer- und
Arbeiterschaft mit Schwierigkeiten verknüpft zu sein, und zwar um so mehr, je
weiter entfernt die reicheren Menschenreservoire liegen, je schlechter und seltener
die Verbindungsmöglichkeiten sind und je mehr Klima und sonstige Lebens¬
bedingungen abweichen. Im Fall großer geographischer Entfernung oder seltener
Verbindungsmöglichkeiten werden dann oft jahrelange Arbeitskontrakte abgeschlossen
und damit das Familienleben der Arbeiter schwer geschädigt, die Volksvermehrung
wesentlich eingeschränkt, unter Umständen, wenn das Menschenreservoir verhältnis¬
mäßig klein ist (Südsee-Jnselnl) eine Volksabnahme bewirkt und damit die Mög¬
lichkeit künftigen Arbeiterersatzes immer mehr geschmälert. Wo das Wohn- und
das Arbeitsgebiet der Arbeiterschaft geringe klimatische Unterschiede aufweisen, da
pflegen bei kurzer Arbeitsdauer nennenswerte Schäden nicht zu entstehen, wie
z. B. die Hochlandsindianer von Guatemala oder Chiapas ihre mehrwochentlichen
bis mehrmonatlichen Arbeitskontrakte im mäßigwarmen Gebiet der Kaffeezonen
meist ohne jede Schädigung aushalten, während oft schon ein kurzer Aufenthalt
im tropischen Tiefland für Hochlandsbewohner sehr bedenklich ist und den Tod
eines großen Bruchteiles der Arbeiter bedeutet, gleichviel, ob es sich um Indianer
Amerikas, Um Neger Afrikas oder Malayen Australasiens handelt, und die Folgen
werden um so schlimmer, wenn zugleich noch die gesellschaftlichen Zustände in dem
Arbeitsgebiet ungünstig sind.*) Dann geht man der Gefahr entgegen, allmählich
das Reservoir ganz auszuschöpfen und schließlich die Betriebe selbst aus Arbeiter-
Mangel doch noch hinsiechen zu sehen, wenn es nicht glückt, klimagewohnte Arbeiter
aus anderen Gegenden zu gewinnen. In unentwickelten Gebieten empfiehlt es
sich daher dringend, vor Ausgestaltung des Wirtschaftsplanes vor allem die Arbeiter¬
frage in Betracht zu ziehen und möglichst wirtschaftliche Betätigungen ins Leben
zu rufen, die keine Gefahren für die Eingeborenenbevölkerung in sich bergen; selbst
dann, wenn sie zunächst minder einträglich sind, sollte man sie bevorzugen, denn
— wir sehen hier von Humanitären Gründen ganz abi — das wertvollste Gut
aller Tropenländer ist die einheimische Bevölkerung, besonders in den wärmeren
Landesteilen, wo sie von Europäern nicht ersetzt werden kann.

Die Bewohner der Tropenländer, die bedeutende Erhebungen haben, pflegen
den Besitz der vier produktiven Höhenregionen innerhalb der Grenzen ihrer Heimat
als besonders wertvolles Aktivum anzuführen. Sie haben damit von ihrem
Standpunkt aus zweifellos recht, denn dadurch sind sie der Möglichkeit der
Selbstversorgung wenigstens hinsichtlich pflanzlicher und tierischer Erzeugnisse nahe¬
gerückt: es kann dann die Landwirtschaft aller Zonen in ihrem Lande betrieben
werden, selbst wenn dessen Fläche nur klein ist. Ein solches Land ist z. B. Guate¬
mala, wo etwa ein Zehntel der Fläche europäische Landwirtschaft zuläßt. Wenn
aber trotzdem noch große Mengen von Mehl*") und anderen Erzengnissen der
gemäßigten Zone eingeführt werden müssen, so kommt' das teils davon her, daß
sich die Landwirtschaft des Hochlandes nicht genügend auf das Ziel der Landes¬
versorgung eingestellt hat, teils erklärt es sich aber auch aus der in jenen Gegen¬
den herrschenden hohen Volksdichte und vor allem aus dem Mangel an guten
Verbindungen von den Altos nach den übrigen Landesteilen: es ist vielfach
einfacher und billiger, diese Produkte aus dem Auslande zu beziehen.




*) Vergleiche z. B. die erschütternden Schilderungen des Missionars van der Bürge
über die Wcmyamwesi in der „Kolonialen Rundschau" 1913 S. 705—728 und 1914
S. 24—27.
*") 1912 wurden in Guatemala 74000 Quintales Mehl vom Lande, aber 157000
vom Ausland verbraucht.
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[0170] Tropenwirtschaft dessen wirtschaftliches Schwergewicht. Wenn nun solche Gebiete gleichzeitig die bevölkertsten des Landes sind und die Volksdichte daselbst beträchtlich ist, so können die natürlichen Vorzüge dieser Landschaften in weitgehendem Matze ausgenutzt werden, ohne daß die Arbeiterbeschaffung besondere Schwierigkeiten machte. Wenn aber diese wirtschaftlich wichtigsten Gebiete ursprünglich sehr dünn oder gar nicht bevölkert waren, so pflegt die Heranziehung einer genügenden Unternehmer- und Arbeiterschaft mit Schwierigkeiten verknüpft zu sein, und zwar um so mehr, je weiter entfernt die reicheren Menschenreservoire liegen, je schlechter und seltener die Verbindungsmöglichkeiten sind und je mehr Klima und sonstige Lebens¬ bedingungen abweichen. Im Fall großer geographischer Entfernung oder seltener Verbindungsmöglichkeiten werden dann oft jahrelange Arbeitskontrakte abgeschlossen und damit das Familienleben der Arbeiter schwer geschädigt, die Volksvermehrung wesentlich eingeschränkt, unter Umständen, wenn das Menschenreservoir verhältnis¬ mäßig klein ist (Südsee-Jnselnl) eine Volksabnahme bewirkt und damit die Mög¬ lichkeit künftigen Arbeiterersatzes immer mehr geschmälert. Wo das Wohn- und das Arbeitsgebiet der Arbeiterschaft geringe klimatische Unterschiede aufweisen, da pflegen bei kurzer Arbeitsdauer nennenswerte Schäden nicht zu entstehen, wie z. B. die Hochlandsindianer von Guatemala oder Chiapas ihre mehrwochentlichen bis mehrmonatlichen Arbeitskontrakte im mäßigwarmen Gebiet der Kaffeezonen meist ohne jede Schädigung aushalten, während oft schon ein kurzer Aufenthalt im tropischen Tiefland für Hochlandsbewohner sehr bedenklich ist und den Tod eines großen Bruchteiles der Arbeiter bedeutet, gleichviel, ob es sich um Indianer Amerikas, Um Neger Afrikas oder Malayen Australasiens handelt, und die Folgen werden um so schlimmer, wenn zugleich noch die gesellschaftlichen Zustände in dem Arbeitsgebiet ungünstig sind.*) Dann geht man der Gefahr entgegen, allmählich das Reservoir ganz auszuschöpfen und schließlich die Betriebe selbst aus Arbeiter- Mangel doch noch hinsiechen zu sehen, wenn es nicht glückt, klimagewohnte Arbeiter aus anderen Gegenden zu gewinnen. In unentwickelten Gebieten empfiehlt es sich daher dringend, vor Ausgestaltung des Wirtschaftsplanes vor allem die Arbeiter¬ frage in Betracht zu ziehen und möglichst wirtschaftliche Betätigungen ins Leben zu rufen, die keine Gefahren für die Eingeborenenbevölkerung in sich bergen; selbst dann, wenn sie zunächst minder einträglich sind, sollte man sie bevorzugen, denn — wir sehen hier von Humanitären Gründen ganz abi — das wertvollste Gut aller Tropenländer ist die einheimische Bevölkerung, besonders in den wärmeren Landesteilen, wo sie von Europäern nicht ersetzt werden kann. Die Bewohner der Tropenländer, die bedeutende Erhebungen haben, pflegen den Besitz der vier produktiven Höhenregionen innerhalb der Grenzen ihrer Heimat als besonders wertvolles Aktivum anzuführen. Sie haben damit von ihrem Standpunkt aus zweifellos recht, denn dadurch sind sie der Möglichkeit der Selbstversorgung wenigstens hinsichtlich pflanzlicher und tierischer Erzeugnisse nahe¬ gerückt: es kann dann die Landwirtschaft aller Zonen in ihrem Lande betrieben werden, selbst wenn dessen Fläche nur klein ist. Ein solches Land ist z. B. Guate¬ mala, wo etwa ein Zehntel der Fläche europäische Landwirtschaft zuläßt. Wenn aber trotzdem noch große Mengen von Mehl*") und anderen Erzengnissen der gemäßigten Zone eingeführt werden müssen, so kommt' das teils davon her, daß sich die Landwirtschaft des Hochlandes nicht genügend auf das Ziel der Landes¬ versorgung eingestellt hat, teils erklärt es sich aber auch aus der in jenen Gegen¬ den herrschenden hohen Volksdichte und vor allem aus dem Mangel an guten Verbindungen von den Altos nach den übrigen Landesteilen: es ist vielfach einfacher und billiger, diese Produkte aus dem Auslande zu beziehen. *) Vergleiche z. B. die erschütternden Schilderungen des Missionars van der Bürge über die Wcmyamwesi in der „Kolonialen Rundschau" 1913 S. 705—728 und 1914 S. 24—27. *") 1912 wurden in Guatemala 74000 Quintales Mehl vom Lande, aber 157000 vom Ausland verbraucht.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333482/170>, abgerufen am 01.07.2024.