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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr.

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vorhanden und, wer mit Meinecke als Führer ihren Linien folgt, die aus der
kosmopolitischen Welt des achzehntcn in die nationalstaatliche des neunzehnten
Jahrhunderts -- oftmals kraus und verworren genug -- hinüberlausen, wird auch
bei der geistigen Geburt unserer neudeutschen Nation jenes alten Spruches gedenken:
l'antae nous erst ... I -- Die "Durchsicht" der vierten Auflage berührte vor
allem die allgemeinen Ausführungen: "Nation. Nationalstaat und Weltbürgertum."
Hier ist für die Wissenschaft besonders vulkanischer Boden, gelang bisher doch noch
nicht eine allgemeine Verständigung beispielsweise über die Begriffe Nation und
Volk, wie eine soeben erscheinende Studie des Grazer Geographen Robert Sieger
(in der "Geographischen Zeitschrift") beweist. Ferner hat das Kapitel: "Fichte
und die Idee des deutschen Nationalstaates in den Jahren 1M6 bis 1813" Änderungen
erfahren. Der Autor der Reden an die deutsche Nation ist ein besonders markantes
Beispiel für die "schroff und unvermittelt" auftretenden gegensätzlichen Strömungen
des Universalen und nationalen. Im zweiten Teile, wo die Alternative die Form:
Deutschland und Preußen annimmt, ist der Nachlaß Ludolf Kamphausens ver¬
wertet. Stärker denn je erklingt heute das Schlagwort von dem Aufgehen Preußens
in Deutschland, auf dessen Werden und Schicksal ja durch die Meineckesche Unter¬
suchung neues, besonders klares Licht gefallen ist. Wir möchten darum an seine
Schlußworte erinnern. "Die Geschichte des von uns untersuchten Gedankens lehrt,
daß das innere Verhältnis Preußens zu Deutschland keine radikalen und extremen
Methoden verträgt, aber auch nicht dem reinen Spiel der Kräfte überlassen werden
darf. Wieder harrt es heute, wie zur Zeit der oktroyierten Verfassung und der
V'.smarckschen Reichsgründung, der großen staatsmännischen Regulierung durch
eine besonnene, absr ganz feste Hand.""

Die "Historischen und politischen Aufsätze bringen eine Blütenlese Mei-
neckescher Geistesgaben, die bisher, in Zeitschriften verstreut, schwer zugänglich
waren. In den drei ersten Gruppen, welche die Gesmntgesckichte Preußens und
Deutschlands im neunzehnten und zwanzigsten Jahrhundert, die Zeit der Erhebung
und Restauration, sowie diejenige Friedrich Wilhelms des Vierten und des jungen
Bismarck betreffen, finden wir die Themen seiner großen Arbeiten "präludiert oder
zusammengefaßt" (wie es im Vorwort heißt). So z. B. gleich in dem einleitenden
Vortrag "Preußen und Deutschland im neunzehnten Jahrhundert", der die wich¬
tigsten Resultate von "Weltbürgertum und Nationalstaat" (besonders den Plan
einer Zerschlagung Preußens durch die Erbkaiscrlichen und den Gegenschlag der
oktroyierten Verfassung!) vorwegnahm. Daneben begrüßen wir mit besonderer
Freude die Studie: "Germanischer und romanischer Geist im Wandel der deutschen
Geschichtsauffassung," jenen zuerst in der "Historischen Zeitschrift" gedruckten Fest"
vortrag aus der Akademie der Wissenschaften, der im Rankeschen Sinne an einer
Einheit im Zwiespalt der "fruchtbarsten aller Kulturgemeinschaften" festhält.
"Sophrosyne" und ,"mi^e", die griechische Tugend der Besonnenheit und die
Ritterpflicht germanischen Mittelalters vereinigt hier der deutsche Gelehrte in wohl¬
tuendem Gegensatze zu dem Verhalten jener Pariser "Unsterblichen", die fast aus¬
nahmslos heute begeifern, was sie noch gestern rühmend anerkannten. Endlich sei
hier noch die Quellenuntersüchung: "Friedrich Wilhelm der Vierte und Deutsch¬
land" herausgehoben, mit der Meinecke seinerzeit in den Streit der Meinungen über
die Haltung des Monarchen während der Märzrevolution eingriff. -- Die vierte
Gruppe ist der deutschen Geschichtschreibung und -Forschung gewidmet und zeigt
Meinecke als Biographen. Die hier Männern wie Ranke, Alfred Dove, Max
Lehmann u. a. gewidmeten Aufsätze bezeichnet er als "Vorstufe zu geplanten
historiographischen Studien, zu denen erst der erkämpfte Friede innere Ruhe und
Muße geben kann." Hoffentlich ist es Meinecke vergönnt, seine Absicht in nicht
zu ferner Zeit auszuführen; findet sich doch unter diesen Prolegomena auch eine,
übrigens bisher noch nicht gedruckte, Würdigung Heinrich von Treitschkes, deren
breitere Ausführung man neben von Petersoorffs und Schiemanns Lebensskizzen
lebhaft erwartet. -- Den Schluß bilden Veröffentlichungen aus der Zeit des Welt¬
krieges, soweit sie nicht schon von dem früher hier (1917, Ur. 60) angezeigten


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vorhanden und, wer mit Meinecke als Führer ihren Linien folgt, die aus der
kosmopolitischen Welt des achzehntcn in die nationalstaatliche des neunzehnten
Jahrhunderts — oftmals kraus und verworren genug — hinüberlausen, wird auch
bei der geistigen Geburt unserer neudeutschen Nation jenes alten Spruches gedenken:
l'antae nous erst ... I — Die „Durchsicht" der vierten Auflage berührte vor
allem die allgemeinen Ausführungen: „Nation. Nationalstaat und Weltbürgertum."
Hier ist für die Wissenschaft besonders vulkanischer Boden, gelang bisher doch noch
nicht eine allgemeine Verständigung beispielsweise über die Begriffe Nation und
Volk, wie eine soeben erscheinende Studie des Grazer Geographen Robert Sieger
(in der „Geographischen Zeitschrift") beweist. Ferner hat das Kapitel: „Fichte
und die Idee des deutschen Nationalstaates in den Jahren 1M6 bis 1813" Änderungen
erfahren. Der Autor der Reden an die deutsche Nation ist ein besonders markantes
Beispiel für die „schroff und unvermittelt" auftretenden gegensätzlichen Strömungen
des Universalen und nationalen. Im zweiten Teile, wo die Alternative die Form:
Deutschland und Preußen annimmt, ist der Nachlaß Ludolf Kamphausens ver¬
wertet. Stärker denn je erklingt heute das Schlagwort von dem Aufgehen Preußens
in Deutschland, auf dessen Werden und Schicksal ja durch die Meineckesche Unter¬
suchung neues, besonders klares Licht gefallen ist. Wir möchten darum an seine
Schlußworte erinnern. „Die Geschichte des von uns untersuchten Gedankens lehrt,
daß das innere Verhältnis Preußens zu Deutschland keine radikalen und extremen
Methoden verträgt, aber auch nicht dem reinen Spiel der Kräfte überlassen werden
darf. Wieder harrt es heute, wie zur Zeit der oktroyierten Verfassung und der
V'.smarckschen Reichsgründung, der großen staatsmännischen Regulierung durch
eine besonnene, absr ganz feste Hand.""

Die „Historischen und politischen Aufsätze bringen eine Blütenlese Mei-
neckescher Geistesgaben, die bisher, in Zeitschriften verstreut, schwer zugänglich
waren. In den drei ersten Gruppen, welche die Gesmntgesckichte Preußens und
Deutschlands im neunzehnten und zwanzigsten Jahrhundert, die Zeit der Erhebung
und Restauration, sowie diejenige Friedrich Wilhelms des Vierten und des jungen
Bismarck betreffen, finden wir die Themen seiner großen Arbeiten „präludiert oder
zusammengefaßt" (wie es im Vorwort heißt). So z. B. gleich in dem einleitenden
Vortrag „Preußen und Deutschland im neunzehnten Jahrhundert", der die wich¬
tigsten Resultate von „Weltbürgertum und Nationalstaat" (besonders den Plan
einer Zerschlagung Preußens durch die Erbkaiscrlichen und den Gegenschlag der
oktroyierten Verfassung!) vorwegnahm. Daneben begrüßen wir mit besonderer
Freude die Studie: „Germanischer und romanischer Geist im Wandel der deutschen
Geschichtsauffassung," jenen zuerst in der „Historischen Zeitschrift" gedruckten Fest»
vortrag aus der Akademie der Wissenschaften, der im Rankeschen Sinne an einer
Einheit im Zwiespalt der „fruchtbarsten aller Kulturgemeinschaften" festhält.
„Sophrosyne" und ,„mi^e", die griechische Tugend der Besonnenheit und die
Ritterpflicht germanischen Mittelalters vereinigt hier der deutsche Gelehrte in wohl¬
tuendem Gegensatze zu dem Verhalten jener Pariser „Unsterblichen", die fast aus¬
nahmslos heute begeifern, was sie noch gestern rühmend anerkannten. Endlich sei
hier noch die Quellenuntersüchung: „Friedrich Wilhelm der Vierte und Deutsch¬
land" herausgehoben, mit der Meinecke seinerzeit in den Streit der Meinungen über
die Haltung des Monarchen während der Märzrevolution eingriff. — Die vierte
Gruppe ist der deutschen Geschichtschreibung und -Forschung gewidmet und zeigt
Meinecke als Biographen. Die hier Männern wie Ranke, Alfred Dove, Max
Lehmann u. a. gewidmeten Aufsätze bezeichnet er als „Vorstufe zu geplanten
historiographischen Studien, zu denen erst der erkämpfte Friede innere Ruhe und
Muße geben kann." Hoffentlich ist es Meinecke vergönnt, seine Absicht in nicht
zu ferner Zeit auszuführen; findet sich doch unter diesen Prolegomena auch eine,
übrigens bisher noch nicht gedruckte, Würdigung Heinrich von Treitschkes, deren
breitere Ausführung man neben von Petersoorffs und Schiemanns Lebensskizzen
lebhaft erwartet. — Den Schluß bilden Veröffentlichungen aus der Zeit des Welt¬
krieges, soweit sie nicht schon von dem früher hier (1917, Ur. 60) angezeigten


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[0146] Neue Bücher vorhanden und, wer mit Meinecke als Führer ihren Linien folgt, die aus der kosmopolitischen Welt des achzehntcn in die nationalstaatliche des neunzehnten Jahrhunderts — oftmals kraus und verworren genug — hinüberlausen, wird auch bei der geistigen Geburt unserer neudeutschen Nation jenes alten Spruches gedenken: l'antae nous erst ... I — Die „Durchsicht" der vierten Auflage berührte vor allem die allgemeinen Ausführungen: „Nation. Nationalstaat und Weltbürgertum." Hier ist für die Wissenschaft besonders vulkanischer Boden, gelang bisher doch noch nicht eine allgemeine Verständigung beispielsweise über die Begriffe Nation und Volk, wie eine soeben erscheinende Studie des Grazer Geographen Robert Sieger (in der „Geographischen Zeitschrift") beweist. Ferner hat das Kapitel: „Fichte und die Idee des deutschen Nationalstaates in den Jahren 1M6 bis 1813" Änderungen erfahren. Der Autor der Reden an die deutsche Nation ist ein besonders markantes Beispiel für die „schroff und unvermittelt" auftretenden gegensätzlichen Strömungen des Universalen und nationalen. Im zweiten Teile, wo die Alternative die Form: Deutschland und Preußen annimmt, ist der Nachlaß Ludolf Kamphausens ver¬ wertet. Stärker denn je erklingt heute das Schlagwort von dem Aufgehen Preußens in Deutschland, auf dessen Werden und Schicksal ja durch die Meineckesche Unter¬ suchung neues, besonders klares Licht gefallen ist. Wir möchten darum an seine Schlußworte erinnern. „Die Geschichte des von uns untersuchten Gedankens lehrt, daß das innere Verhältnis Preußens zu Deutschland keine radikalen und extremen Methoden verträgt, aber auch nicht dem reinen Spiel der Kräfte überlassen werden darf. Wieder harrt es heute, wie zur Zeit der oktroyierten Verfassung und der V'.smarckschen Reichsgründung, der großen staatsmännischen Regulierung durch eine besonnene, absr ganz feste Hand."" Die „Historischen und politischen Aufsätze bringen eine Blütenlese Mei- neckescher Geistesgaben, die bisher, in Zeitschriften verstreut, schwer zugänglich waren. In den drei ersten Gruppen, welche die Gesmntgesckichte Preußens und Deutschlands im neunzehnten und zwanzigsten Jahrhundert, die Zeit der Erhebung und Restauration, sowie diejenige Friedrich Wilhelms des Vierten und des jungen Bismarck betreffen, finden wir die Themen seiner großen Arbeiten „präludiert oder zusammengefaßt" (wie es im Vorwort heißt). So z. B. gleich in dem einleitenden Vortrag „Preußen und Deutschland im neunzehnten Jahrhundert", der die wich¬ tigsten Resultate von „Weltbürgertum und Nationalstaat" (besonders den Plan einer Zerschlagung Preußens durch die Erbkaiscrlichen und den Gegenschlag der oktroyierten Verfassung!) vorwegnahm. Daneben begrüßen wir mit besonderer Freude die Studie: „Germanischer und romanischer Geist im Wandel der deutschen Geschichtsauffassung," jenen zuerst in der „Historischen Zeitschrift" gedruckten Fest» vortrag aus der Akademie der Wissenschaften, der im Rankeschen Sinne an einer Einheit im Zwiespalt der „fruchtbarsten aller Kulturgemeinschaften" festhält. „Sophrosyne" und ,„mi^e", die griechische Tugend der Besonnenheit und die Ritterpflicht germanischen Mittelalters vereinigt hier der deutsche Gelehrte in wohl¬ tuendem Gegensatze zu dem Verhalten jener Pariser „Unsterblichen", die fast aus¬ nahmslos heute begeifern, was sie noch gestern rühmend anerkannten. Endlich sei hier noch die Quellenuntersüchung: „Friedrich Wilhelm der Vierte und Deutsch¬ land" herausgehoben, mit der Meinecke seinerzeit in den Streit der Meinungen über die Haltung des Monarchen während der Märzrevolution eingriff. — Die vierte Gruppe ist der deutschen Geschichtschreibung und -Forschung gewidmet und zeigt Meinecke als Biographen. Die hier Männern wie Ranke, Alfred Dove, Max Lehmann u. a. gewidmeten Aufsätze bezeichnet er als „Vorstufe zu geplanten historiographischen Studien, zu denen erst der erkämpfte Friede innere Ruhe und Muße geben kann." Hoffentlich ist es Meinecke vergönnt, seine Absicht in nicht zu ferner Zeit auszuführen; findet sich doch unter diesen Prolegomena auch eine, übrigens bisher noch nicht gedruckte, Würdigung Heinrich von Treitschkes, deren breitere Ausführung man neben von Petersoorffs und Schiemanns Lebensskizzen lebhaft erwartet. — Den Schluß bilden Veröffentlichungen aus der Zeit des Welt¬ krieges, soweit sie nicht schon von dem früher hier (1917, Ur. 60) angezeigten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333482/146>, abgerufen am 22.07.2024.