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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr.

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Der Frankfurter Friede und die französischen Sozialisten

zu wollen, daß Ordnung das erste Erfordernis rechtlicher Organisation ist, daß
der Inhalt der Ordnung die zweite Sorge ist. Mit anderen Worten, man erkennt
an, daß vor allem klare, feste, gesicherte Zustände geschaffen werden müssen, auf
die man sich einrichten kann.

Aber, so sagt man, Deutschland hat durch die Kriegserklärung an Frank¬
reich die Wirkungen des Frankfurter Friedens aufgehoben.

Wie diese Rechtsbehauptung gemeint sei, ist zunächst recht dunkel, und zwar
sowohl hinsichtlich der Voraussetzungen, als hinsichtlich des Inhaltes der behaupteten
Rechtsfolgen.

Was die Voraussetzungen anlangt, so sind diese mit der Berufung auf die
seitens Deutschlands erfolgte Kriegserklärung keineswegs klargestellt. Anscheinend
soll aber nicht auf den Verbalakt der Kriegserklärung vom 3. August 1914 das
entscheidende Gewicht gelegt werden, sondern auf den drüben behaupteten
Tatbestand der von Deutschland ausgegangenen tatsächlichen Eröffnung des Krieges.
Diese Unterscheidung ist nicht unwesentlich, weil durch sie verdeutlicht wird, daß
nicht etwa eine Art von Kündigungserklärung, sondern der Tatbestand eines völker¬
rechtlichen Deliktes behauptet wird, an welches die Auflösung des Frankfurter
Friedensvertrages als Strafwirkung geknüpft sein soll. Es soll also anscheinend
ungerechtfertigte Kriegseröffnung als strafbare Handlung durch Rechtsverlust
geahndet werden.

Dem geltenden Völkerrecht ist ein solches Ding vollkommen fremd. Es ist
eine völlig ausgemachte Sache, daß das Völkerrecht des Krieges keinen Unterschied
macht, je nachdem die Sache eines Kriegführenden gerecht oder nicht gerecht ist.
Der innere Grund für diesen Rechtszustand besteht darin, daß die Frage nach der
Gerechtigkeit des einzelnen Krieges viel zu verwickelt ist. zu abhängig von zweifel¬
haften Tatsachen und subjektiven Urteilen, abhängig von tiefgewurzelten und leiden¬
schaftlich "erfochtenen nationalen und politischen Vorurteilen, um einen geeig¬
neten Maßstab für die Entscheidung praktischer Rechtsfragen abzugeben. Im besten
Falle stellt sich bei der Nachwelt ein einigermaßen einseitiges Urteil heraus. Ein
solches Urteil ist aber nicht möglich, solange die Gegensätze der Interessen und
der Anschauungen die Welt verwirren. Der Weltkrieg führt uns das alles in so
fürchterlichen Maßstäben vor Augen, daß darüber kein Wort weiter zu ver¬
lieren ist. Irgendwelche Rechtsfolgen an die Vorentscheidung knüpfen zu wollen, auf
welcher Seite das gute Recht sei, heißt auf rechtliche Behandlung überhaupt
verzichten.

Unklar ist nun weiterhin, wie sich die Entente-Sozialisten den Umfang vor¬
stellen, in welchem die von ihnen behauptete Vernichtung des Frankfurter Friedens
infolge der deutschen Kriegserklärung eingetreten sein soll, und wie man sich die
angedeuteten Rechtsfolgen denkt."

Der Ausdruck "Frankfurter Friede bezeichnet an sich das am 10. Mai 1871
vollzogene Frankfurter Protokoll nebst der Gesamtheit der dem deutsch-französischen
Krieg folgenden Verhandlungen, deren erstes Dokument der Präliminar-Akt vom
26. Februar 1871 war und zu welchen wichtige Zusatzkonventionen, insbesondere
diejenigen vom 12. Oktober und 11. Dezember 1871 hinzukommen, in denen
unter anderem die grundsätzliche Wiederherstellung aller früheren deutsch-französi-
schen Verträge enthalten ist. Soll die Gesamtheit dieser Ergebnisse aufgehoben
sein? Oder ist nur der von Gebietsabtretungen handelnde Teil gemeint?

Der Zusammenhang der politischen und völkerrechtlichen Lage spricht für
letzteres.

Die Paris-Londoner Erklärung wird lediglich denjenigen Punkt des Frank¬
furter Friedens ins Auge fassen, auf welchen die hypnotische Verblendung der
französischen Revanchepolitiker die Betrachtung beschränkt, wenn von dem "Frank¬
furter Frieden" die Rede ist: die Abtretung Elsaß-Lothringens in Artikel I des
Versailler Präliminaraktes vom 26. Februar 1871.

Die Loslösung dieser Angelegenheit aus dem Rahmen des Ganzen entspricht
dem Umstand, daß in Wahrheit nicht rechtliche Erwägung, sondern politischer


Der Frankfurter Friede und die französischen Sozialisten

zu wollen, daß Ordnung das erste Erfordernis rechtlicher Organisation ist, daß
der Inhalt der Ordnung die zweite Sorge ist. Mit anderen Worten, man erkennt
an, daß vor allem klare, feste, gesicherte Zustände geschaffen werden müssen, auf
die man sich einrichten kann.

Aber, so sagt man, Deutschland hat durch die Kriegserklärung an Frank¬
reich die Wirkungen des Frankfurter Friedens aufgehoben.

Wie diese Rechtsbehauptung gemeint sei, ist zunächst recht dunkel, und zwar
sowohl hinsichtlich der Voraussetzungen, als hinsichtlich des Inhaltes der behaupteten
Rechtsfolgen.

Was die Voraussetzungen anlangt, so sind diese mit der Berufung auf die
seitens Deutschlands erfolgte Kriegserklärung keineswegs klargestellt. Anscheinend
soll aber nicht auf den Verbalakt der Kriegserklärung vom 3. August 1914 das
entscheidende Gewicht gelegt werden, sondern auf den drüben behaupteten
Tatbestand der von Deutschland ausgegangenen tatsächlichen Eröffnung des Krieges.
Diese Unterscheidung ist nicht unwesentlich, weil durch sie verdeutlicht wird, daß
nicht etwa eine Art von Kündigungserklärung, sondern der Tatbestand eines völker¬
rechtlichen Deliktes behauptet wird, an welches die Auflösung des Frankfurter
Friedensvertrages als Strafwirkung geknüpft sein soll. Es soll also anscheinend
ungerechtfertigte Kriegseröffnung als strafbare Handlung durch Rechtsverlust
geahndet werden.

Dem geltenden Völkerrecht ist ein solches Ding vollkommen fremd. Es ist
eine völlig ausgemachte Sache, daß das Völkerrecht des Krieges keinen Unterschied
macht, je nachdem die Sache eines Kriegführenden gerecht oder nicht gerecht ist.
Der innere Grund für diesen Rechtszustand besteht darin, daß die Frage nach der
Gerechtigkeit des einzelnen Krieges viel zu verwickelt ist. zu abhängig von zweifel¬
haften Tatsachen und subjektiven Urteilen, abhängig von tiefgewurzelten und leiden¬
schaftlich »erfochtenen nationalen und politischen Vorurteilen, um einen geeig¬
neten Maßstab für die Entscheidung praktischer Rechtsfragen abzugeben. Im besten
Falle stellt sich bei der Nachwelt ein einigermaßen einseitiges Urteil heraus. Ein
solches Urteil ist aber nicht möglich, solange die Gegensätze der Interessen und
der Anschauungen die Welt verwirren. Der Weltkrieg führt uns das alles in so
fürchterlichen Maßstäben vor Augen, daß darüber kein Wort weiter zu ver¬
lieren ist. Irgendwelche Rechtsfolgen an die Vorentscheidung knüpfen zu wollen, auf
welcher Seite das gute Recht sei, heißt auf rechtliche Behandlung überhaupt
verzichten.

Unklar ist nun weiterhin, wie sich die Entente-Sozialisten den Umfang vor¬
stellen, in welchem die von ihnen behauptete Vernichtung des Frankfurter Friedens
infolge der deutschen Kriegserklärung eingetreten sein soll, und wie man sich die
angedeuteten Rechtsfolgen denkt."

Der Ausdruck „Frankfurter Friede bezeichnet an sich das am 10. Mai 1871
vollzogene Frankfurter Protokoll nebst der Gesamtheit der dem deutsch-französischen
Krieg folgenden Verhandlungen, deren erstes Dokument der Präliminar-Akt vom
26. Februar 1871 war und zu welchen wichtige Zusatzkonventionen, insbesondere
diejenigen vom 12. Oktober und 11. Dezember 1871 hinzukommen, in denen
unter anderem die grundsätzliche Wiederherstellung aller früheren deutsch-französi-
schen Verträge enthalten ist. Soll die Gesamtheit dieser Ergebnisse aufgehoben
sein? Oder ist nur der von Gebietsabtretungen handelnde Teil gemeint?

Der Zusammenhang der politischen und völkerrechtlichen Lage spricht für
letzteres.

Die Paris-Londoner Erklärung wird lediglich denjenigen Punkt des Frank¬
furter Friedens ins Auge fassen, auf welchen die hypnotische Verblendung der
französischen Revanchepolitiker die Betrachtung beschränkt, wenn von dem „Frank¬
furter Frieden" die Rede ist: die Abtretung Elsaß-Lothringens in Artikel I des
Versailler Präliminaraktes vom 26. Februar 1871.

Die Loslösung dieser Angelegenheit aus dem Rahmen des Ganzen entspricht
dem Umstand, daß in Wahrheit nicht rechtliche Erwägung, sondern politischer


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[0125] Der Frankfurter Friede und die französischen Sozialisten zu wollen, daß Ordnung das erste Erfordernis rechtlicher Organisation ist, daß der Inhalt der Ordnung die zweite Sorge ist. Mit anderen Worten, man erkennt an, daß vor allem klare, feste, gesicherte Zustände geschaffen werden müssen, auf die man sich einrichten kann. Aber, so sagt man, Deutschland hat durch die Kriegserklärung an Frank¬ reich die Wirkungen des Frankfurter Friedens aufgehoben. Wie diese Rechtsbehauptung gemeint sei, ist zunächst recht dunkel, und zwar sowohl hinsichtlich der Voraussetzungen, als hinsichtlich des Inhaltes der behaupteten Rechtsfolgen. Was die Voraussetzungen anlangt, so sind diese mit der Berufung auf die seitens Deutschlands erfolgte Kriegserklärung keineswegs klargestellt. Anscheinend soll aber nicht auf den Verbalakt der Kriegserklärung vom 3. August 1914 das entscheidende Gewicht gelegt werden, sondern auf den drüben behaupteten Tatbestand der von Deutschland ausgegangenen tatsächlichen Eröffnung des Krieges. Diese Unterscheidung ist nicht unwesentlich, weil durch sie verdeutlicht wird, daß nicht etwa eine Art von Kündigungserklärung, sondern der Tatbestand eines völker¬ rechtlichen Deliktes behauptet wird, an welches die Auflösung des Frankfurter Friedensvertrages als Strafwirkung geknüpft sein soll. Es soll also anscheinend ungerechtfertigte Kriegseröffnung als strafbare Handlung durch Rechtsverlust geahndet werden. Dem geltenden Völkerrecht ist ein solches Ding vollkommen fremd. Es ist eine völlig ausgemachte Sache, daß das Völkerrecht des Krieges keinen Unterschied macht, je nachdem die Sache eines Kriegführenden gerecht oder nicht gerecht ist. Der innere Grund für diesen Rechtszustand besteht darin, daß die Frage nach der Gerechtigkeit des einzelnen Krieges viel zu verwickelt ist. zu abhängig von zweifel¬ haften Tatsachen und subjektiven Urteilen, abhängig von tiefgewurzelten und leiden¬ schaftlich »erfochtenen nationalen und politischen Vorurteilen, um einen geeig¬ neten Maßstab für die Entscheidung praktischer Rechtsfragen abzugeben. Im besten Falle stellt sich bei der Nachwelt ein einigermaßen einseitiges Urteil heraus. Ein solches Urteil ist aber nicht möglich, solange die Gegensätze der Interessen und der Anschauungen die Welt verwirren. Der Weltkrieg führt uns das alles in so fürchterlichen Maßstäben vor Augen, daß darüber kein Wort weiter zu ver¬ lieren ist. Irgendwelche Rechtsfolgen an die Vorentscheidung knüpfen zu wollen, auf welcher Seite das gute Recht sei, heißt auf rechtliche Behandlung überhaupt verzichten. Unklar ist nun weiterhin, wie sich die Entente-Sozialisten den Umfang vor¬ stellen, in welchem die von ihnen behauptete Vernichtung des Frankfurter Friedens infolge der deutschen Kriegserklärung eingetreten sein soll, und wie man sich die angedeuteten Rechtsfolgen denkt." Der Ausdruck „Frankfurter Friede bezeichnet an sich das am 10. Mai 1871 vollzogene Frankfurter Protokoll nebst der Gesamtheit der dem deutsch-französischen Krieg folgenden Verhandlungen, deren erstes Dokument der Präliminar-Akt vom 26. Februar 1871 war und zu welchen wichtige Zusatzkonventionen, insbesondere diejenigen vom 12. Oktober und 11. Dezember 1871 hinzukommen, in denen unter anderem die grundsätzliche Wiederherstellung aller früheren deutsch-französi- schen Verträge enthalten ist. Soll die Gesamtheit dieser Ergebnisse aufgehoben sein? Oder ist nur der von Gebietsabtretungen handelnde Teil gemeint? Der Zusammenhang der politischen und völkerrechtlichen Lage spricht für letzteres. Die Paris-Londoner Erklärung wird lediglich denjenigen Punkt des Frank¬ furter Friedens ins Auge fassen, auf welchen die hypnotische Verblendung der französischen Revanchepolitiker die Betrachtung beschränkt, wenn von dem „Frank¬ furter Frieden" die Rede ist: die Abtretung Elsaß-Lothringens in Artikel I des Versailler Präliminaraktes vom 26. Februar 1871. Die Loslösung dieser Angelegenheit aus dem Rahmen des Ganzen entspricht dem Umstand, daß in Wahrheit nicht rechtliche Erwägung, sondern politischer

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333482/125>, abgerufen am 23.07.2024.