Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Neue Bücher

faßten und dem vollen Verständnis schwer zugänglichen" Reichsverfassung zu lesen,
das das nüchterne Artikelrecht gleichsam materialisiert. An den Beispielen des
Bundesratsausschusses für auswärtige Angelegenheiten und der Stellung des
Kanzlers als eines "gemeinsamen Beamten der Bundesfürsten", wie der "föderative
Sprachgebrauch" es ausdrückt, wird einleuchtend gezeigt, wie sich hinter diesen
organisatorischen Einrichtungen funktionelle Verhältnisse bergen, die im ersten Falle
eine "pflichtmäßige Fühlungnahme zwischen Reichsleitung und Einzelstaatsregierung
in auswärtigen Angelegenheiten" überhaupt (wobei der Ausschuß nur einer der
möglichen Wege iftX im zweiten eben jene föderative Gesinnung aller Glieder des
Bundes und damit auch des mächtigsten zum Ausdruck bringon wollen. . Obwohl
samt in diesem Zusammenhange das föderalistische Moment in starkem Gegen¬
satze zu Neben (vgl. o.) betont, rückt er doch von den extremen Anschauungen der
Seydelschon Schule, die das Reich als Staatenbund konstruieren, ausdrücklich ab.

Den Beschluß macht eine rechtshistorische Untersuchung, die der Rostocker
Professor Nedslob den "Völkerrechtlichen Ideen der französischen Revolution"
gewidmet hat. "Stammen die Grundrechte der Menschen", so spitzt er seine Ge¬
danken zu, "aus den nordamerikanischen Kolonien (Jellinek), so atmen die Grund¬
rechte der Staaten den Geist der französischen Revolution." Neben die Souveränität
des Volkes im Innern, tritt die Souveränität des Staates nach außen, die jede
fremde Intervention in seine Angelegenheiten ausschließt. Die Lehre vom Staats¬
vertrag dort besitzt hier in dem Gedanken eines zwischenstaatlichen Bundesver¬
trages ihr Analogon. Gleichzeitig wird der Grundsatz der freien Staatenbildung,
das Nationalitätsprinzip verkündet, der bestimmt war, das folgende Jahrhundert
zu beherrschen und dessen berühmte Volksabstimmungen über politische Zugehörig¬
keit noch in der Gegenwart eine Rolle spielen. Letzten., Endes erträumt das
Völkerrecht der Revolution eine allgemeine Verbrüderung der Völker, eine
universelle Republik.

Vielleicht genügen diese Andeutungen, das Interesse zu wecken und die Scheu
zu überwinden, die das größere Publikum vor der Lektüre sogenannter Fach¬
Dr. Heinrich Otto Meisner abhandlungen besitzt.




Allen Manuskripten ist Porto hinzuzufügen, da andernfalls bei Ablehnung eine Rücksendung
nicht verbürgt werden kann.




Nachdruck sSmtlicher Aufsähe n"r mit ausdrücklicher Erlaubnis des Verlauf "Mallet.
Verantwortlich: der Herausgeber Georg Cleinow in Berlin-Lichterselde West. -- Manuslriptsenduugen und
Bricke werden erbeten unter der Adresse: A" die Schriftleitunn der Grenzboten in Berlin 8W 11, Tcmpclliafcr Ufer 35 a.
Fernsprecher des Herausgebers: Amt Lichterfelde <es8, des Verlags und der Schristleitung: Amt Lüizow 05!it,
Verlag: Verlag der Grenzboten G. in. b. H. in Berlin it, Tempelhofer User SSs,
Druck: "Der Reichsbrte" G, in. b, H. in Veriln LV 11, Dessauer Straße R'/"7,
Neue Bücher

faßten und dem vollen Verständnis schwer zugänglichen" Reichsverfassung zu lesen,
das das nüchterne Artikelrecht gleichsam materialisiert. An den Beispielen des
Bundesratsausschusses für auswärtige Angelegenheiten und der Stellung des
Kanzlers als eines „gemeinsamen Beamten der Bundesfürsten", wie der „föderative
Sprachgebrauch" es ausdrückt, wird einleuchtend gezeigt, wie sich hinter diesen
organisatorischen Einrichtungen funktionelle Verhältnisse bergen, die im ersten Falle
eine „pflichtmäßige Fühlungnahme zwischen Reichsleitung und Einzelstaatsregierung
in auswärtigen Angelegenheiten" überhaupt (wobei der Ausschuß nur einer der
möglichen Wege iftX im zweiten eben jene föderative Gesinnung aller Glieder des
Bundes und damit auch des mächtigsten zum Ausdruck bringon wollen. . Obwohl
samt in diesem Zusammenhange das föderalistische Moment in starkem Gegen¬
satze zu Neben (vgl. o.) betont, rückt er doch von den extremen Anschauungen der
Seydelschon Schule, die das Reich als Staatenbund konstruieren, ausdrücklich ab.

Den Beschluß macht eine rechtshistorische Untersuchung, die der Rostocker
Professor Nedslob den „Völkerrechtlichen Ideen der französischen Revolution"
gewidmet hat. „Stammen die Grundrechte der Menschen", so spitzt er seine Ge¬
danken zu, „aus den nordamerikanischen Kolonien (Jellinek), so atmen die Grund¬
rechte der Staaten den Geist der französischen Revolution." Neben die Souveränität
des Volkes im Innern, tritt die Souveränität des Staates nach außen, die jede
fremde Intervention in seine Angelegenheiten ausschließt. Die Lehre vom Staats¬
vertrag dort besitzt hier in dem Gedanken eines zwischenstaatlichen Bundesver¬
trages ihr Analogon. Gleichzeitig wird der Grundsatz der freien Staatenbildung,
das Nationalitätsprinzip verkündet, der bestimmt war, das folgende Jahrhundert
zu beherrschen und dessen berühmte Volksabstimmungen über politische Zugehörig¬
keit noch in der Gegenwart eine Rolle spielen. Letzten., Endes erträumt das
Völkerrecht der Revolution eine allgemeine Verbrüderung der Völker, eine
universelle Republik.

Vielleicht genügen diese Andeutungen, das Interesse zu wecken und die Scheu
zu überwinden, die das größere Publikum vor der Lektüre sogenannter Fach¬
Dr. Heinrich Otto Meisner abhandlungen besitzt.




Allen Manuskripten ist Porto hinzuzufügen, da andernfalls bei Ablehnung eine Rücksendung
nicht verbürgt werden kann.




Nachdruck sSmtlicher Aufsähe n»r mit ausdrücklicher Erlaubnis des Verlauf «Mallet.
Verantwortlich: der Herausgeber Georg Cleinow in Berlin-Lichterselde West. — Manuslriptsenduugen und
Bricke werden erbeten unter der Adresse: A« die Schriftleitunn der Grenzboten in Berlin 8W 11, Tcmpclliafcr Ufer 35 a.
Fernsprecher des Herausgebers: Amt Lichterfelde <es8, des Verlags und der Schristleitung: Amt Lüizow 05!it,
Verlag: Verlag der Grenzboten G. in. b. H. in Berlin it, Tempelhofer User SSs,
Druck: „Der Reichsbrte" G, in. b, H. in Veriln LV 11, Dessauer Straße R'/»7,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0356" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/333453"/>
          <fw type="header" place="top"> Neue Bücher</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1325" prev="#ID_1324"> faßten und dem vollen Verständnis schwer zugänglichen" Reichsverfassung zu lesen,<lb/>
das das nüchterne Artikelrecht gleichsam materialisiert. An den Beispielen des<lb/>
Bundesratsausschusses für auswärtige Angelegenheiten und der Stellung des<lb/>
Kanzlers als eines &#x201E;gemeinsamen Beamten der Bundesfürsten", wie der &#x201E;föderative<lb/>
Sprachgebrauch" es ausdrückt, wird einleuchtend gezeigt, wie sich hinter diesen<lb/>
organisatorischen Einrichtungen funktionelle Verhältnisse bergen, die im ersten Falle<lb/>
eine &#x201E;pflichtmäßige Fühlungnahme zwischen Reichsleitung und Einzelstaatsregierung<lb/>
in auswärtigen Angelegenheiten" überhaupt (wobei der Ausschuß nur einer der<lb/>
möglichen Wege iftX im zweiten eben jene föderative Gesinnung aller Glieder des<lb/>
Bundes und damit auch des mächtigsten zum Ausdruck bringon wollen. . Obwohl<lb/>
samt in diesem Zusammenhange das föderalistische Moment in starkem Gegen¬<lb/>
satze zu Neben (vgl. o.) betont, rückt er doch von den extremen Anschauungen der<lb/>
Seydelschon Schule, die das Reich als Staatenbund konstruieren, ausdrücklich ab.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1326"> Den Beschluß macht eine rechtshistorische Untersuchung, die der Rostocker<lb/>
Professor Nedslob den &#x201E;Völkerrechtlichen Ideen der französischen Revolution"<lb/>
gewidmet hat. &#x201E;Stammen die Grundrechte der Menschen", so spitzt er seine Ge¬<lb/>
danken zu, &#x201E;aus den nordamerikanischen Kolonien (Jellinek), so atmen die Grund¬<lb/>
rechte der Staaten den Geist der französischen Revolution." Neben die Souveränität<lb/>
des Volkes im Innern, tritt die Souveränität des Staates nach außen, die jede<lb/>
fremde Intervention in seine Angelegenheiten ausschließt. Die Lehre vom Staats¬<lb/>
vertrag dort besitzt hier in dem Gedanken eines zwischenstaatlichen Bundesver¬<lb/>
trages ihr Analogon. Gleichzeitig wird der Grundsatz der freien Staatenbildung,<lb/>
das Nationalitätsprinzip verkündet, der bestimmt war, das folgende Jahrhundert<lb/>
zu beherrschen und dessen berühmte Volksabstimmungen über politische Zugehörig¬<lb/>
keit noch in der Gegenwart eine Rolle spielen. Letzten., Endes erträumt das<lb/>
Völkerrecht der Revolution eine allgemeine Verbrüderung der Völker, eine<lb/>
universelle Republik.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1327"> Vielleicht genügen diese Andeutungen, das Interesse zu wecken und die Scheu<lb/>
zu überwinden, die das größere Publikum vor der Lektüre sogenannter Fach¬<lb/><note type="byline"> Dr. Heinrich Otto Meisner</note> abhandlungen besitzt. </p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p xml:id="ID_1328"> Allen Manuskripten ist Porto hinzuzufügen, da andernfalls bei Ablehnung eine Rücksendung<lb/>
nicht verbürgt werden kann.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <note type="byline">
            <p xml:id="ID_1329"> Nachdruck sSmtlicher Aufsähe n»r mit ausdrücklicher Erlaubnis des Verlauf «Mallet.<lb/>
Verantwortlich: der Herausgeber Georg Cleinow in Berlin-Lichterselde West. &#x2014; Manuslriptsenduugen und<lb/>
Bricke werden erbeten unter der Adresse:</p>
            <p xml:id="ID_1330"> A« die Schriftleitunn der Grenzboten in Berlin 8W 11, Tcmpclliafcr Ufer 35 a.<lb/>
Fernsprecher des Herausgebers: Amt Lichterfelde &lt;es8, des Verlags und der Schristleitung: Amt Lüizow 05!it,<lb/>
Verlag: Verlag der Grenzboten G. in. b. H. in Berlin   it, Tempelhofer User SSs,<lb/>
Druck: &#x201E;Der Reichsbrte" G, in. b, H. in Veriln LV 11, Dessauer Straße R'/»7,</p>
          </note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0356] Neue Bücher faßten und dem vollen Verständnis schwer zugänglichen" Reichsverfassung zu lesen, das das nüchterne Artikelrecht gleichsam materialisiert. An den Beispielen des Bundesratsausschusses für auswärtige Angelegenheiten und der Stellung des Kanzlers als eines „gemeinsamen Beamten der Bundesfürsten", wie der „föderative Sprachgebrauch" es ausdrückt, wird einleuchtend gezeigt, wie sich hinter diesen organisatorischen Einrichtungen funktionelle Verhältnisse bergen, die im ersten Falle eine „pflichtmäßige Fühlungnahme zwischen Reichsleitung und Einzelstaatsregierung in auswärtigen Angelegenheiten" überhaupt (wobei der Ausschuß nur einer der möglichen Wege iftX im zweiten eben jene föderative Gesinnung aller Glieder des Bundes und damit auch des mächtigsten zum Ausdruck bringon wollen. . Obwohl samt in diesem Zusammenhange das föderalistische Moment in starkem Gegen¬ satze zu Neben (vgl. o.) betont, rückt er doch von den extremen Anschauungen der Seydelschon Schule, die das Reich als Staatenbund konstruieren, ausdrücklich ab. Den Beschluß macht eine rechtshistorische Untersuchung, die der Rostocker Professor Nedslob den „Völkerrechtlichen Ideen der französischen Revolution" gewidmet hat. „Stammen die Grundrechte der Menschen", so spitzt er seine Ge¬ danken zu, „aus den nordamerikanischen Kolonien (Jellinek), so atmen die Grund¬ rechte der Staaten den Geist der französischen Revolution." Neben die Souveränität des Volkes im Innern, tritt die Souveränität des Staates nach außen, die jede fremde Intervention in seine Angelegenheiten ausschließt. Die Lehre vom Staats¬ vertrag dort besitzt hier in dem Gedanken eines zwischenstaatlichen Bundesver¬ trages ihr Analogon. Gleichzeitig wird der Grundsatz der freien Staatenbildung, das Nationalitätsprinzip verkündet, der bestimmt war, das folgende Jahrhundert zu beherrschen und dessen berühmte Volksabstimmungen über politische Zugehörig¬ keit noch in der Gegenwart eine Rolle spielen. Letzten., Endes erträumt das Völkerrecht der Revolution eine allgemeine Verbrüderung der Völker, eine universelle Republik. Vielleicht genügen diese Andeutungen, das Interesse zu wecken und die Scheu zu überwinden, die das größere Publikum vor der Lektüre sogenannter Fach¬ Dr. Heinrich Otto Meisner abhandlungen besitzt. Allen Manuskripten ist Porto hinzuzufügen, da andernfalls bei Ablehnung eine Rücksendung nicht verbürgt werden kann. Nachdruck sSmtlicher Aufsähe n»r mit ausdrücklicher Erlaubnis des Verlauf «Mallet. Verantwortlich: der Herausgeber Georg Cleinow in Berlin-Lichterselde West. — Manuslriptsenduugen und Bricke werden erbeten unter der Adresse: A« die Schriftleitunn der Grenzboten in Berlin 8W 11, Tcmpclliafcr Ufer 35 a. Fernsprecher des Herausgebers: Amt Lichterfelde <es8, des Verlags und der Schristleitung: Amt Lüizow 05!it, Verlag: Verlag der Grenzboten G. in. b. H. in Berlin it, Tempelhofer User SSs, Druck: „Der Reichsbrte" G, in. b, H. in Veriln LV 11, Dessauer Straße R'/»7,

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333095
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333095/356
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333095/356>, abgerufen am 22.07.2024.