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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Erstes Vierteljahr.

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Deutsche Flurbereinigung

Vereinzelung herauszukommen streben. Nicht nur Berlin wünscht eine kom¬
munalpolitische Flurbereinigung. Auch an der Mündung der Elbe werden nach¬
drücklich Stimmen laut, die eine staatliche Eingemeindung der vier preußischen
Nachbarstädte Altona, Wcmdsbek, Wilhelmsburg und Harburg in die freie Hanse¬
stadt Hamburg begehren. Die Frage der Erweiterung des hamburgischen Staats¬
gebiets, so wird mit Fug und Recht betont, sei eine deutschnationale Forderung,
die nicht in Feilschen über Gebietsstücke ausarten dürfe. Weit über das Matz
und die Grenzen einzelstaatlicher Sonderinteressen und Wünsche mündet auch die
Erörterung dieser kleineren Fragen der Flurbereinigung wie die thüringische und
wie unsere elsatz-lothringische Frage in das große Problem, das das Verhältnis
von Preußen zum Reich seit ebenfalls hundert Jahren bietet.

Aufs engste und innigste ist ja seit den Tagen der deutschen Einheitsbewe¬
gung das Hineinwachsen der norddeutschen Großmacht ins Reich, ihr Drängen
zur offenen See und uach der Westgrenze der deutschen Volksgemeinschaft mit
den eigentlich politischen Fragen der Verfassung und des Stacitsrechts verbunden.
AIs Preußen aus dem Wiener Kongreß unwillig genug anstatt des heiß begehrten
Königreichs Sachsen die Gebiete zwischen Saar, Maas und Ardennen dem alt-
hohenzollernschen Besitz von Kleve, Mark und Navensberg angliederte, vollzog es
unbewußt den entscheidenden und wichtigsten Schritt zum Vormarsch nach "Deutsch¬
land". Schon wenige Jahre später durfte der Dichter und Theaterleiter Karl
Immermann seine Düsseldorfer Masken es aussprechen lassen: "Die Vereinigung
dieser weiten Lande mit Preußen ist das größte und glücklichste Ereignis, welches
sich seit Jahrhunderten in der deutschen Geschichte zutrug, denn dadurch wurde,
wie sehr das auch die Oberflächlichkeit leugnen mag, eine mächtige historische
Wahlverwandtschaft gestiftet, die nur fruchtbar sein kann." In gemeinsamer
wirtschaftlicher, sozialer und politischer Arbeit verbanden sich die Kräfte des alten
Preußen mit den Altregungen, die ihm aus dem Westen, aus der beweglicheren
Rheinprovinz, zuflössen. In harten Kämpfen mußten sich Dynastie und Regie¬
rungspraxis mit den liberalen und mit den katholischen Anschauungen auseinander¬
setzen, die von hier aus in das konservative Gefüge des protestantischen Staates
eindrangen.

Zugleich aber hatten die Führer der preußischen Reformzeit ebenfalls in
den Entscheidungskämpfen des Wiener Kongresses den Versuch gemacht, durch
"moralische Eroberungen" den Einfluß Preußens in Süddeutschland zu weiten.
nachdrücklich mahnte Gneisenau, daß Preußen durch den dreifachen Primat in
Kriegsruhm. Verfassung und Gesetzen und Pflege von.Künsten und Wissenschaften
in den übrigen Staaten den Wunsch erwecken solle, mit Preußen vereinigt zu sein.
Mit Hilfe geheimer Gesellschaften und dnrch eifrige Werbung in Rede und Schrift
dachten einzelne seiner Freunde sogar an Gründung einer konstitutionellen Ver¬
bindung mit dem Endzweck der "Einigung der deutschen Nation, geknüpft an die
Dynastie Hohenzollern und die preußische Monarchie". Die Leiter dieser Be¬
wegung, der selbst der Staatskanzler Hardenberg zeitweise amtlich seine Unter¬
stützung lieh, hofften dadurch in allen Kreisen des Volkes die Überzeugung zu
festigen, die ihnen selbst bereits geläufig war: "es müsse Deutschland, eins
in sich selbst, auch unter einem Herrscher, zu einem Volke vereint, äußerlich
dastehen".

Wohl verebbte die Begeisterung, die allein solch unerhört neue Gedanken zu
wecken und zu tragen vermag, sehr bald unter dem Druck der wirtschaftlichen und
sozialen Not der ersten Friedensjahre. DaS nächste Ziel, das neue Staatengebilde,
das sich jetzt von der Memel zur Maas in zwei scharf geschiedenen Gruppen hin¬
zog, in sich' zu kräftigen und lebensfähig M gestalten, stellte die preußische Ver¬
waltung vor drängendere Aufgaben. Aber als Teilstück dieser "Probemvbil-
machung der Geister" ist doch auch das Versprechen König Friedrich Wilhelms des
Dritten vom 22. Mai 181S zu werten, dem Staate eine Verfassung und eine aus
den Provinzialständen zu wählende Landesrepräsentation zu gewähren. "Der


Deutsche Flurbereinigung

Vereinzelung herauszukommen streben. Nicht nur Berlin wünscht eine kom¬
munalpolitische Flurbereinigung. Auch an der Mündung der Elbe werden nach¬
drücklich Stimmen laut, die eine staatliche Eingemeindung der vier preußischen
Nachbarstädte Altona, Wcmdsbek, Wilhelmsburg und Harburg in die freie Hanse¬
stadt Hamburg begehren. Die Frage der Erweiterung des hamburgischen Staats¬
gebiets, so wird mit Fug und Recht betont, sei eine deutschnationale Forderung,
die nicht in Feilschen über Gebietsstücke ausarten dürfe. Weit über das Matz
und die Grenzen einzelstaatlicher Sonderinteressen und Wünsche mündet auch die
Erörterung dieser kleineren Fragen der Flurbereinigung wie die thüringische und
wie unsere elsatz-lothringische Frage in das große Problem, das das Verhältnis
von Preußen zum Reich seit ebenfalls hundert Jahren bietet.

Aufs engste und innigste ist ja seit den Tagen der deutschen Einheitsbewe¬
gung das Hineinwachsen der norddeutschen Großmacht ins Reich, ihr Drängen
zur offenen See und uach der Westgrenze der deutschen Volksgemeinschaft mit
den eigentlich politischen Fragen der Verfassung und des Stacitsrechts verbunden.
AIs Preußen aus dem Wiener Kongreß unwillig genug anstatt des heiß begehrten
Königreichs Sachsen die Gebiete zwischen Saar, Maas und Ardennen dem alt-
hohenzollernschen Besitz von Kleve, Mark und Navensberg angliederte, vollzog es
unbewußt den entscheidenden und wichtigsten Schritt zum Vormarsch nach „Deutsch¬
land". Schon wenige Jahre später durfte der Dichter und Theaterleiter Karl
Immermann seine Düsseldorfer Masken es aussprechen lassen: „Die Vereinigung
dieser weiten Lande mit Preußen ist das größte und glücklichste Ereignis, welches
sich seit Jahrhunderten in der deutschen Geschichte zutrug, denn dadurch wurde,
wie sehr das auch die Oberflächlichkeit leugnen mag, eine mächtige historische
Wahlverwandtschaft gestiftet, die nur fruchtbar sein kann." In gemeinsamer
wirtschaftlicher, sozialer und politischer Arbeit verbanden sich die Kräfte des alten
Preußen mit den Altregungen, die ihm aus dem Westen, aus der beweglicheren
Rheinprovinz, zuflössen. In harten Kämpfen mußten sich Dynastie und Regie¬
rungspraxis mit den liberalen und mit den katholischen Anschauungen auseinander¬
setzen, die von hier aus in das konservative Gefüge des protestantischen Staates
eindrangen.

Zugleich aber hatten die Führer der preußischen Reformzeit ebenfalls in
den Entscheidungskämpfen des Wiener Kongresses den Versuch gemacht, durch
„moralische Eroberungen" den Einfluß Preußens in Süddeutschland zu weiten.
nachdrücklich mahnte Gneisenau, daß Preußen durch den dreifachen Primat in
Kriegsruhm. Verfassung und Gesetzen und Pflege von.Künsten und Wissenschaften
in den übrigen Staaten den Wunsch erwecken solle, mit Preußen vereinigt zu sein.
Mit Hilfe geheimer Gesellschaften und dnrch eifrige Werbung in Rede und Schrift
dachten einzelne seiner Freunde sogar an Gründung einer konstitutionellen Ver¬
bindung mit dem Endzweck der „Einigung der deutschen Nation, geknüpft an die
Dynastie Hohenzollern und die preußische Monarchie". Die Leiter dieser Be¬
wegung, der selbst der Staatskanzler Hardenberg zeitweise amtlich seine Unter¬
stützung lieh, hofften dadurch in allen Kreisen des Volkes die Überzeugung zu
festigen, die ihnen selbst bereits geläufig war: „es müsse Deutschland, eins
in sich selbst, auch unter einem Herrscher, zu einem Volke vereint, äußerlich
dastehen".

Wohl verebbte die Begeisterung, die allein solch unerhört neue Gedanken zu
wecken und zu tragen vermag, sehr bald unter dem Druck der wirtschaftlichen und
sozialen Not der ersten Friedensjahre. DaS nächste Ziel, das neue Staatengebilde,
das sich jetzt von der Memel zur Maas in zwei scharf geschiedenen Gruppen hin¬
zog, in sich' zu kräftigen und lebensfähig M gestalten, stellte die preußische Ver¬
waltung vor drängendere Aufgaben. Aber als Teilstück dieser „Probemvbil-
machung der Geister" ist doch auch das Versprechen König Friedrich Wilhelms des
Dritten vom 22. Mai 181S zu werten, dem Staate eine Verfassung und eine aus
den Provinzialständen zu wählende Landesrepräsentation zu gewähren. „Der


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[0334] Deutsche Flurbereinigung Vereinzelung herauszukommen streben. Nicht nur Berlin wünscht eine kom¬ munalpolitische Flurbereinigung. Auch an der Mündung der Elbe werden nach¬ drücklich Stimmen laut, die eine staatliche Eingemeindung der vier preußischen Nachbarstädte Altona, Wcmdsbek, Wilhelmsburg und Harburg in die freie Hanse¬ stadt Hamburg begehren. Die Frage der Erweiterung des hamburgischen Staats¬ gebiets, so wird mit Fug und Recht betont, sei eine deutschnationale Forderung, die nicht in Feilschen über Gebietsstücke ausarten dürfe. Weit über das Matz und die Grenzen einzelstaatlicher Sonderinteressen und Wünsche mündet auch die Erörterung dieser kleineren Fragen der Flurbereinigung wie die thüringische und wie unsere elsatz-lothringische Frage in das große Problem, das das Verhältnis von Preußen zum Reich seit ebenfalls hundert Jahren bietet. Aufs engste und innigste ist ja seit den Tagen der deutschen Einheitsbewe¬ gung das Hineinwachsen der norddeutschen Großmacht ins Reich, ihr Drängen zur offenen See und uach der Westgrenze der deutschen Volksgemeinschaft mit den eigentlich politischen Fragen der Verfassung und des Stacitsrechts verbunden. AIs Preußen aus dem Wiener Kongreß unwillig genug anstatt des heiß begehrten Königreichs Sachsen die Gebiete zwischen Saar, Maas und Ardennen dem alt- hohenzollernschen Besitz von Kleve, Mark und Navensberg angliederte, vollzog es unbewußt den entscheidenden und wichtigsten Schritt zum Vormarsch nach „Deutsch¬ land". Schon wenige Jahre später durfte der Dichter und Theaterleiter Karl Immermann seine Düsseldorfer Masken es aussprechen lassen: „Die Vereinigung dieser weiten Lande mit Preußen ist das größte und glücklichste Ereignis, welches sich seit Jahrhunderten in der deutschen Geschichte zutrug, denn dadurch wurde, wie sehr das auch die Oberflächlichkeit leugnen mag, eine mächtige historische Wahlverwandtschaft gestiftet, die nur fruchtbar sein kann." In gemeinsamer wirtschaftlicher, sozialer und politischer Arbeit verbanden sich die Kräfte des alten Preußen mit den Altregungen, die ihm aus dem Westen, aus der beweglicheren Rheinprovinz, zuflössen. In harten Kämpfen mußten sich Dynastie und Regie¬ rungspraxis mit den liberalen und mit den katholischen Anschauungen auseinander¬ setzen, die von hier aus in das konservative Gefüge des protestantischen Staates eindrangen. Zugleich aber hatten die Führer der preußischen Reformzeit ebenfalls in den Entscheidungskämpfen des Wiener Kongresses den Versuch gemacht, durch „moralische Eroberungen" den Einfluß Preußens in Süddeutschland zu weiten. nachdrücklich mahnte Gneisenau, daß Preußen durch den dreifachen Primat in Kriegsruhm. Verfassung und Gesetzen und Pflege von.Künsten und Wissenschaften in den übrigen Staaten den Wunsch erwecken solle, mit Preußen vereinigt zu sein. Mit Hilfe geheimer Gesellschaften und dnrch eifrige Werbung in Rede und Schrift dachten einzelne seiner Freunde sogar an Gründung einer konstitutionellen Ver¬ bindung mit dem Endzweck der „Einigung der deutschen Nation, geknüpft an die Dynastie Hohenzollern und die preußische Monarchie". Die Leiter dieser Be¬ wegung, der selbst der Staatskanzler Hardenberg zeitweise amtlich seine Unter¬ stützung lieh, hofften dadurch in allen Kreisen des Volkes die Überzeugung zu festigen, die ihnen selbst bereits geläufig war: „es müsse Deutschland, eins in sich selbst, auch unter einem Herrscher, zu einem Volke vereint, äußerlich dastehen". Wohl verebbte die Begeisterung, die allein solch unerhört neue Gedanken zu wecken und zu tragen vermag, sehr bald unter dem Druck der wirtschaftlichen und sozialen Not der ersten Friedensjahre. DaS nächste Ziel, das neue Staatengebilde, das sich jetzt von der Memel zur Maas in zwei scharf geschiedenen Gruppen hin¬ zog, in sich' zu kräftigen und lebensfähig M gestalten, stellte die preußische Ver¬ waltung vor drängendere Aufgaben. Aber als Teilstück dieser „Probemvbil- machung der Geister" ist doch auch das Versprechen König Friedrich Wilhelms des Dritten vom 22. Mai 181S zu werten, dem Staate eine Verfassung und eine aus den Provinzialständen zu wählende Landesrepräsentation zu gewähren. „Der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333095/334>, abgerufen am 22.07.2024.